Nicht lieferbar

Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
Weitere Ausgaben:
Fredrik Welin, ehemaliger Chirurg, lebt allein auf einer kleinen Insel in den Schären. Ihm ist etwas widerfahren, was er nur "die Katastrophe" nennt, und er glaubt, mit dem Leben abgeschlossen zu haben. Da steht eines Morgens Harriet vor ihm, die er einmal sehr geliebt und dann trotzdem verlassen hat. Sie ist schwerkrank, deshalb soll er ihr eine letzte Bitte erfüllen. Mit "Die italienischen Schuhe" hat Henning Mankell einen spannenden Roman über die Liebe und über die Einsamkeit geschrieben, ein Buch voller komischer Situationen, nachdenklich undanrührend zugleich.
Henning Mankell, geboren 1948 in Härjedalen, Schweden, lebte als Theaterregisseur und Autor in Schweden und in Maputo (Mosambik). Seine Romane um Kommissar Wallander sind internationale Bestseller, u.a. Die fünfte Frau (1998) und Mittsommermord (2000). Zuletzt erschienen bei Zsolnay die Romane Daisy Sisters (2009) und Erinnerung an einen schmutzigen Engel (2012), die Krimis Der Chinese (2008), Der Feind im Schatten (2010) und Mord im Herbst (2013) sowie das Porträt Mankell über Mankell der dänischen Journalistin Kirsten Jacobsen. In seinem letzten und sehr persönlichen Buch Treibsand. Was es heißt, ein Mensch zu sein setzt er sich mit seiner schweren Krebserkrankung auseinander, der er am 5. Oktober 2015 erlegen ist. Im August erscheint mit "Die schwedischen Gummistiefel" sein letzter Roman.
Verena Reichel, geboren 1945 in Grimma, Sachsen, wuchs zweisprachig in Stockholm und in Süddeutschland auf. Nachdem sie eine Ausbildung an einer Journalistenschule absolviert hatte, studierte sie Skandinavistik, Germanistik und Theaterwissenschaft. Seit 1972 arbeitet sie als freie Übersetzerin von Prosa, Lyrik und Theaterstücken aus dem Schwedischen, Norwegischen und Dänischen.
Verena Reichel ist Mitglied im Verband Deutschsprachiger Übersetzer Literarischer und Wissenschaftlicher Werke im Verband Deutscher Schriftsteller. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen: 1987 den Übersetzerpreis der Schwedischen Akademie, 1992 den Helmut-M.-Braem-Preis, 1995 den Petrarca-Preis und den Nossack-Akademiepreis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (zusammen mit Lars Gustafsson), 1998 den Übersetzerpreis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung sowie 2008 den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung.
Verena Reichel, geboren 1945 in Grimma, Sachsen, wuchs zweisprachig in Stockholm und in Süddeutschland auf. Nachdem sie eine Ausbildung an einer Journalistenschule absolviert hatte, studierte sie Skandinavistik, Germanistik und Theaterwissenschaft. Seit 1972 arbeitet sie als freie Übersetzerin von Prosa, Lyrik und Theaterstücken aus dem Schwedischen, Norwegischen und Dänischen.
Verena Reichel ist Mitglied im Verband Deutschsprachiger Übersetzer Literarischer und Wissenschaftlicher Werke im Verband Deutscher Schriftsteller. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen: 1987 den Übersetzerpreis der Schwedischen Akademie, 1992 den Helmut-M.-Braem-Preis, 1995 den Petrarca-Preis und den Nossack-Akademiepreis der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz (zusammen mit Lars Gustafsson), 1998 den Übersetzerpreis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung sowie 2008 den Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung.
© Ulla Montan
Produktdetails
- Fredrik Welin Bd.1
- Verlag: Paul Zsolnay Verlag
- Originaltitel: Italienska skor
- Seitenzahl: 364
- Erscheinungstermin: August 2007
- Deutsch
- Abmessung: 210mm
- Gewicht: 525g
- ISBN-13: 9783552054158
- ISBN-10: 3552054154
- Artikelnr.: 22793662
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
In "Die italienischen Schuhe" zeigt sich Henning Mankell einmal nicht als Krimiautor, sondern als Schöpfer einer Familiengeschichte, die eines Ingmar Bergman würdig wäre, meint Arnd Rühle eingenommen. Mit dem ehemaligen Chirurgen Fredrik Walen, der sich nach einem fatalen Kunstfehler auf eine kleine Insel zurückgezogen hat und den die eigene Geschichte einholt, geht der Autor allerdings über die Grenzen einer Familiensaga hinaus und weitet den Blick auf Geschichte und Gegenwart unserer Zeit, stellt der Rezensent fest. Ihn fesseln die zum Teil witzigen, dann wieder spannenden und bedeutungsvollen Wendungen in einer bis zur äußersten Isolation zurückgezogenen Existenz, die unversehens aufbricht, und er preist diesen Roman als weitreichend und "schön".
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Gutes Schuhwerk ist wichtig
Eisige Sache: Henning Mankells symbolträchtiges Familiendesaster
Literatur sei die Axt für das gefrorene Meer in uns, sagte Kafka. Der Schwede Henning Mankell erzählt in seinem Roman "Die italienischen Schuhe", wie ein Mann gegen die Kälte und gegen die Einsamkeit ankämpft.
Ein Stoff, aus dem Bergman-Filme sein könnten. Der Schwiegersohn des Regisseurs, gerühmt als Krimi-Autor, wagt sich ganz unkriminalistisch aufs Eis und in frostige Familienbeziehungen. Niemand wird ermordet, doch gibt es Tote trotzdem; auch Hund und Katze überleben nicht. Das Sterben scheint allgegenwärtig. Henning Mankell lässt den Mann seines Romanvertrauens gegen die Kälte ebenso wie gegen die Einsamkeit
Eisige Sache: Henning Mankells symbolträchtiges Familiendesaster
Literatur sei die Axt für das gefrorene Meer in uns, sagte Kafka. Der Schwede Henning Mankell erzählt in seinem Roman "Die italienischen Schuhe", wie ein Mann gegen die Kälte und gegen die Einsamkeit ankämpft.
Ein Stoff, aus dem Bergman-Filme sein könnten. Der Schwiegersohn des Regisseurs, gerühmt als Krimi-Autor, wagt sich ganz unkriminalistisch aufs Eis und in frostige Familienbeziehungen. Niemand wird ermordet, doch gibt es Tote trotzdem; auch Hund und Katze überleben nicht. Das Sterben scheint allgegenwärtig. Henning Mankell lässt den Mann seines Romanvertrauens gegen die Kälte ebenso wie gegen die Einsamkeit
Mehr anzeigen
kämpfen. Fredrik Welin lebt seit zwölf Jahren auf einer kleinen Insel, die er vom Großvater, einem Fischer, geerbt hat, allein mit Hund und Katze und einem Ameisenhügel im Wohnzimmer, der sich schon einen Zipfel des Tischtuchs einverleibt hat. Das Leben: ein Ast über dem Abgrund, "daran hänge ich, solange ich die Kraft habe".
So beginnt Fredrik seinen rückblickenden Bericht von Wintersonnenwende zu Wintersonnenwende. Jeden Morgen hackt er mit der Axt ein Loch ins Eis, legt Bademantel und abgeschnittene Stiefel weg und taucht in das körnige Wasser. "Ich steige in mein schwarzes Loch, um zu spüren, dass ich noch lebe." Warum diese Qual mit sechsundsechzig Jahren? Der Traumatiker hat den Kontakt verloren mit der Welt. Eine Katastrophe hat ihn stumpf gemacht. Er hat seinen Beruf aufgegeben, weil er, der gewissenhafte Chirurg, einen schlimmen Fehler verantworten muss. Einer krebskranken Frau hat er den gesunden Arm amputiert. Gewiss, es gibt entlastende Erklärungen, doch keine Entschuldigung.
Aus dem Desaster entwickelt Mankell sensibel, zuweilen komisch eine spannende, symbolträchtige Familiengeschichte der Entschuldung; er findet Sinnbilder und Gleichnisse des winterlichen Zustandes und des Wunders, wie es dem gewesenen Arzt und nicht wissenden Familienvater mit Hilfe anderer gelingt, aus Einsamkeit und Lebensüberdruss ins gegenwärtige Leben zu kommen. Zunächst das Boot: Es steht nutzlos auf dem Trockenen. "Hin und wieder hob ich die Persenning und dachte, ich sei es eigentlich selbst, den ich betrachtete. Die abblätternde Farbe war meine, die Risse und die Feuchtigkeit ebenso. Vielleicht auch der Geruch von Holz, das langsam vermoderte."
Ein Mensch wie das Boot, das er nicht in Ordnung bringen kann, bevor er sich nicht selber in Ordnung gebracht hat. Dann dieser stetig wachsende Ameisenhügel im Wohnzimmer. Am Schluss der Romansymphonie mit den Kapiteln "Das Eis" (erkaltete Seele), "Der Wald" (Verirrung im Leben), "Das Meer" (der Mensch in Seenot) weist der Epilog "Wintersonnenwende" den Weg aus der Finsternis. Das Ameisenrätsel wird mit der Schubkarre schlicht und einfach entsorgt. An einem Frühlingsmorgen setzt Fredrik den Spaten an. "Es war jetzt an der Zeit. Es duldete keinen Aufschub."
Ein Bild begleitet Fredrik durch die Jahrzehnte, in diesem Bild kann er sein Leben zusammenfassen. Der kolossale Vater, standesbewusster Kellner in schmerzenden Schuhen, der im Sohn einen tüchtigen Kollegen heranwachsen sieht, entledigt sich eines schönen Tages an einem Waldteich der Berufsrüstung, stürzt sich ins dunkle Wasser, wälzt sich wie ein Wal darin herum und veranstaltet ein Gebrüll des Wohlbehagens. Der Sohn verharrt, nackt wie der Vater, zwischen den Bäumen und schaut dem Treiben zu. "Wir waren zwei Menschen, die zusammengehörten und schon getrennt waren." Zusammengehörend und getrennt wie später er und Harriet, seine Geliebte, die er ohne Abschied verlassen hat, ohne zu wissen, dass sie eine gemeinsame Tochter gebären wird.
Nach fast vierzig Jahren steht diese Frau auf dem zugefrorenen Meer vor seiner Anlegestelle, todkrank; sie wird im selben Jahr auf dem Feldbett neben den Ameisen sterben. Was will sie hier nach so langer Zeit? Er soll ihr eine Bitte erfüllen: mit ihr durch das kalte Land zum Waldteich fahren, wo er als Kind das prägende Trennungserlebnis hatte. So beginnt eine Familiensaga, die eigentlich schon Jahrzehnte hinter sich hat. Fredrik bricht auf dem Teich ins Eis ein, Harriet rettet ihn. Und führt nach dieser Müh und Not endlich die Tochter Louise der Beziehung zu. Das gibt Gelegenheit, die enge Fredrik-Geschichte in die weite Welt hinauszuführen.
Denn Mankell will mehr bieten als nur eine bezwingende Geschichte über Liebe, Familie und das glückhafte insulare Sommerfest für die Lebenden und die Toten, auf dem der hypochondrische Postbote mit kräftiger Stimme das Ave Maria anstimmt. Einbezogen in Frederiks Rückschau ist nun dies und das über die Wunden unserer Zeit, über Flüchtlingselend und alles andere, was falsch läuft in der heutigen Welt. Louise leistet Widerstand, indem sie Brandbriefe an Staatsmänner schreibt. Und weil das nichts nützt, zeigt sie sich nackt vor Chirac und Tony Blair. Eine aufsehenerregende, doch selbstverständlich scheiternde Aktion zur Rettung der prähistorischen Höhlenmalerei von Lascaux. Auch das chirurgische Katastrophenopfer wird mit einer ausschweifenden erzählerischen Sonderbehandlung gewürdigt.
Und was hat es mit den Schuhen auf sich? Sie sind Leid- und Leitmotiv. Fredriks Vater hatte dem Sohn einen guten Rat auf den Lebensweg mitgegeben: Vergiss nicht, ordentliche Schuhe zu tragen. Am letzten Bett des alten Mannes standen welche, tadellos geputzt, und sterbend winkt er diesen noch einmal zu. Den Buchtitel liefert der ehrwürdige Schuhmacherkünstler Gianconelli, von Louise freundschaftlich in den Roman hereingeholt. Er fertigt im Jahr nicht mehr als zwei Paar seiner weltberühmten Maßwerke. Ein Paar bekommt Fredrik eines Tages mit der Post, schwarz mit Violettschattierung. Das Geschenk wird begleitet von einer seltsamen Nachricht: Der Künstler zollt mit Freude den Füßen des Trägers großen Respekt. Verständlich dessen Reaktion: "Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt eine solche Freude empfunden hatte." Er dreht nun täglich in der Küche ein paar Runden mit den Edelprodukten, zeigt sich stolz den Ameisen und legt die Prachtstücke ehrfürchtig zurück in die Schachtel.
Das Leben gleicht der Beziehung des Menschen zu seinen Schuhen, sagt Harriet einmal. Sie muss es wissen, sie hat ihre schönste Zeit als Verkäuferin im Schuhgeschäft verbracht. "Wenn der Schuh passt, denkt man nicht an den Fuß." Eine chinesische Weisheit. Dem Buch ein Motto. Und ein passender Sinnspruch für einen sehr weit gehenden und alles in allem auch schönen Roman.
ARND RÜHLE
Henning Mankell: "Die italienischen Schuhe". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Verena Reichel. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2007. 367 S., geb., 21,50 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
So beginnt Fredrik seinen rückblickenden Bericht von Wintersonnenwende zu Wintersonnenwende. Jeden Morgen hackt er mit der Axt ein Loch ins Eis, legt Bademantel und abgeschnittene Stiefel weg und taucht in das körnige Wasser. "Ich steige in mein schwarzes Loch, um zu spüren, dass ich noch lebe." Warum diese Qual mit sechsundsechzig Jahren? Der Traumatiker hat den Kontakt verloren mit der Welt. Eine Katastrophe hat ihn stumpf gemacht. Er hat seinen Beruf aufgegeben, weil er, der gewissenhafte Chirurg, einen schlimmen Fehler verantworten muss. Einer krebskranken Frau hat er den gesunden Arm amputiert. Gewiss, es gibt entlastende Erklärungen, doch keine Entschuldigung.
Aus dem Desaster entwickelt Mankell sensibel, zuweilen komisch eine spannende, symbolträchtige Familiengeschichte der Entschuldung; er findet Sinnbilder und Gleichnisse des winterlichen Zustandes und des Wunders, wie es dem gewesenen Arzt und nicht wissenden Familienvater mit Hilfe anderer gelingt, aus Einsamkeit und Lebensüberdruss ins gegenwärtige Leben zu kommen. Zunächst das Boot: Es steht nutzlos auf dem Trockenen. "Hin und wieder hob ich die Persenning und dachte, ich sei es eigentlich selbst, den ich betrachtete. Die abblätternde Farbe war meine, die Risse und die Feuchtigkeit ebenso. Vielleicht auch der Geruch von Holz, das langsam vermoderte."
Ein Mensch wie das Boot, das er nicht in Ordnung bringen kann, bevor er sich nicht selber in Ordnung gebracht hat. Dann dieser stetig wachsende Ameisenhügel im Wohnzimmer. Am Schluss der Romansymphonie mit den Kapiteln "Das Eis" (erkaltete Seele), "Der Wald" (Verirrung im Leben), "Das Meer" (der Mensch in Seenot) weist der Epilog "Wintersonnenwende" den Weg aus der Finsternis. Das Ameisenrätsel wird mit der Schubkarre schlicht und einfach entsorgt. An einem Frühlingsmorgen setzt Fredrik den Spaten an. "Es war jetzt an der Zeit. Es duldete keinen Aufschub."
Ein Bild begleitet Fredrik durch die Jahrzehnte, in diesem Bild kann er sein Leben zusammenfassen. Der kolossale Vater, standesbewusster Kellner in schmerzenden Schuhen, der im Sohn einen tüchtigen Kollegen heranwachsen sieht, entledigt sich eines schönen Tages an einem Waldteich der Berufsrüstung, stürzt sich ins dunkle Wasser, wälzt sich wie ein Wal darin herum und veranstaltet ein Gebrüll des Wohlbehagens. Der Sohn verharrt, nackt wie der Vater, zwischen den Bäumen und schaut dem Treiben zu. "Wir waren zwei Menschen, die zusammengehörten und schon getrennt waren." Zusammengehörend und getrennt wie später er und Harriet, seine Geliebte, die er ohne Abschied verlassen hat, ohne zu wissen, dass sie eine gemeinsame Tochter gebären wird.
Nach fast vierzig Jahren steht diese Frau auf dem zugefrorenen Meer vor seiner Anlegestelle, todkrank; sie wird im selben Jahr auf dem Feldbett neben den Ameisen sterben. Was will sie hier nach so langer Zeit? Er soll ihr eine Bitte erfüllen: mit ihr durch das kalte Land zum Waldteich fahren, wo er als Kind das prägende Trennungserlebnis hatte. So beginnt eine Familiensaga, die eigentlich schon Jahrzehnte hinter sich hat. Fredrik bricht auf dem Teich ins Eis ein, Harriet rettet ihn. Und führt nach dieser Müh und Not endlich die Tochter Louise der Beziehung zu. Das gibt Gelegenheit, die enge Fredrik-Geschichte in die weite Welt hinauszuführen.
Denn Mankell will mehr bieten als nur eine bezwingende Geschichte über Liebe, Familie und das glückhafte insulare Sommerfest für die Lebenden und die Toten, auf dem der hypochondrische Postbote mit kräftiger Stimme das Ave Maria anstimmt. Einbezogen in Frederiks Rückschau ist nun dies und das über die Wunden unserer Zeit, über Flüchtlingselend und alles andere, was falsch läuft in der heutigen Welt. Louise leistet Widerstand, indem sie Brandbriefe an Staatsmänner schreibt. Und weil das nichts nützt, zeigt sie sich nackt vor Chirac und Tony Blair. Eine aufsehenerregende, doch selbstverständlich scheiternde Aktion zur Rettung der prähistorischen Höhlenmalerei von Lascaux. Auch das chirurgische Katastrophenopfer wird mit einer ausschweifenden erzählerischen Sonderbehandlung gewürdigt.
Und was hat es mit den Schuhen auf sich? Sie sind Leid- und Leitmotiv. Fredriks Vater hatte dem Sohn einen guten Rat auf den Lebensweg mitgegeben: Vergiss nicht, ordentliche Schuhe zu tragen. Am letzten Bett des alten Mannes standen welche, tadellos geputzt, und sterbend winkt er diesen noch einmal zu. Den Buchtitel liefert der ehrwürdige Schuhmacherkünstler Gianconelli, von Louise freundschaftlich in den Roman hereingeholt. Er fertigt im Jahr nicht mehr als zwei Paar seiner weltberühmten Maßwerke. Ein Paar bekommt Fredrik eines Tages mit der Post, schwarz mit Violettschattierung. Das Geschenk wird begleitet von einer seltsamen Nachricht: Der Künstler zollt mit Freude den Füßen des Trägers großen Respekt. Verständlich dessen Reaktion: "Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich zuletzt eine solche Freude empfunden hatte." Er dreht nun täglich in der Küche ein paar Runden mit den Edelprodukten, zeigt sich stolz den Ameisen und legt die Prachtstücke ehrfürchtig zurück in die Schachtel.
Das Leben gleicht der Beziehung des Menschen zu seinen Schuhen, sagt Harriet einmal. Sie muss es wissen, sie hat ihre schönste Zeit als Verkäuferin im Schuhgeschäft verbracht. "Wenn der Schuh passt, denkt man nicht an den Fuß." Eine chinesische Weisheit. Dem Buch ein Motto. Und ein passender Sinnspruch für einen sehr weit gehenden und alles in allem auch schönen Roman.
ARND RÜHLE
Henning Mankell: "Die italienischen Schuhe". Roman. Aus dem Schwedischen übersetzt von Verena Reichel. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2007. 367 S., geb., 21,50 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
"Tiefgründig und poetisch erzählt." Matthias Hannemann, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.09.16 "Ein Stoff, aus dem Bergman-Filme sein könnten. ... Eine bezwingende Geschichte über Liebe, Familie und das glückhafte insulare Sommerfest für die Lebenden und die Toten." Arnd Rühle, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.08.07 "Ein Roman von existenzieller Wucht." Susanne Rössler, Buch Woche, 04.08.07 "Wie kaum einem anderen Gegenwartsautor gelingt es Mankell, mit einfachen Worten Tiefe zu schaffen. 'Die italienischen Schuhe' sind zudem ein weiteres Zeugnis dafür, dass Mankell gesellschaftspolitische Probleme und die Politik seines Landes gegenüber Migranten alles andere als egal sind." Annett Klimpel, Hamburger Abendblatt, 11.08.07 "Henning Mankell hat mit seinem neuen Roman 'Die italienischen Schuhe' ein trauriges Buch über das Leben geschrieben. Und trotzdem kann der begnadete Erzähler immer wieder mit ein paar Beschreibungen zeigen, dass es manchmal eben doch unschlagbar schön ist." Brigitte, 15.08.07
"Traumhaft gelesen von Axel Milberg."
Das Cover dieses gebundenen Buches zeigt mir einen Teil der Schärenwelt in Schweden mit zwei Holzhäusern, das Bild ist in blau-grau Tönen gehalten, welches mir persönlich Ruhe und Stille vermittelt.
Frederik Welin, seines Zeichens Chirurg, zog sich nach einem Kunstfehler auf …
Mehr
Das Cover dieses gebundenen Buches zeigt mir einen Teil der Schärenwelt in Schweden mit zwei Holzhäusern, das Bild ist in blau-grau Tönen gehalten, welches mir persönlich Ruhe und Stille vermittelt.
Frederik Welin, seines Zeichens Chirurg, zog sich nach einem Kunstfehler auf seine Schäreninsel zurück, und lebt dort nur mit seinem alten Hund und seiner betagten Katze.
Einmal die Woche kommt das Postboot und Fredrik plaudert einige Sätze mit Jansson dem Postboten. Ansonsten lebt er dort völlig für sich. In seinem Wohnzimmer beherbergt er einen Ameisenhaufen, diesen lässt dort, weil er das Wohnzimmer eh nicht benutzt.
Im tiefsten Winter schaut er aus dem Küchenfester und sieht dass eine Frau mit einem Gehwagen übers Eis auf seine Insel zusteuert. Er traut seinen Augen nicht als er meint diese Frau zu erkennen. Und er hat sich nicht getäuscht, es ist Herriet seine Jugendliebe die er für sein Medizinstudium verlassen hat.
Herriet ist unheilbar krank und erinnert Frederik an ein Versprechen, das er jetzt einlösen soll.
Damit beginnt eine Geschichte die einen Menschen der mit seinem Leben schon abgeschlossen hatte, wieder in die Wirklichkeit zurückbringt.
Henning Mankell bedient sich hier wieder einer für seine Romane typischen Ruhe und nachdenklichen Zurückgezogenheit, die mir niemals Langweilig wurde. Die Protagonisten wachsen einem Stück für Stück ans Herz, da man im Laufe der Geschichte immer mehr erfährt aus der Vergangenheit, aber auch aus der Gegenwart. Dadurch das Herriet sehr krank ist verspürte ich unterschwellig eine gewisse Spannung, die sich durch die ganze Geschichte zieht.
Diese Geschichte zeigte mir wie schwer es einem Menschen fallen kann über seinen eigenen Schatten zu springen und begangene Fehler anzunehmen wie sie sind. Die Lösung von Frederiks Ängsten und Sorgen wurde sehr ausgearbeitet und in einem sehr schönen Rahmen beendet.
Mir hat diese Geschichte sehr gut gefallen. Und ich muss sagen dass dies wieder ein echter Mankell war so wie ich ihn lieben gelernt habe. Auch wenn weder Wallander noch Afrika das Thema war.
Weniger
Antworten 13 von 16 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 13 von 16 finden diese Rezension hilfreich
Ich sehe mich bei der momentanen, hochspannenden ernsten Literatur doch immer wieder in der etwas lächerlichen Situation des Literaturkritikers: Zwar, aber! Dies Buch ist zwar von tiefer Ernsthaftigkeit und unwiderstehlicher Genauigkeit seines Ortes, seiner Situationen, seiner Personen und es …
Mehr
Ich sehe mich bei der momentanen, hochspannenden ernsten Literatur doch immer wieder in der etwas lächerlichen Situation des Literaturkritikers: Zwar, aber! Dies Buch ist zwar von tiefer Ernsthaftigkeit und unwiderstehlicher Genauigkeit seines Ortes, seiner Situationen, seiner Personen und es ist daher ein empfehlenswertes Buch. Aber vielleicht schreibt Henning Mankell zur Zeit einfach zu viele Bücher auf einmal. Denn einige Dinge funktionieren nicht so gut und mindern die literarische Qualität. Da ist einmal dieser Sensationseffekt, der manchen Büchern anhängt: Der Autor möchte mit den ersten 35 Seiten nur deutlich machen, dass er aus dem Leben des Held danach wirklich etwas Besonderes erzählt, das vorher lange nicht denkbar war. Statt die ersten 35 auszudehnen, und das Gewöhnliche des Lebens des Helden wirklich erspüren zu lassen, sodaß dann auch die Veränderung eine Sache des Gefühls wäre und nicht eines der spürbar gewollten Dramaturgie des Autors. Und manche Schlüsselszenen, wie die des Helden mit der Frau am zugefrorenen Waldsee sind irgendwie starr, obwohl soviel auf sie hinkomponiert wurde. Fazit: Dieses Buch ist sehr gut, aber nicht gänzlich ausgereift. Der Autor hätte sich damit noch etwas Zeit lassen sollen. So schreibt der lächerliche, hochmütige Literaturkritiker in mir.
Weniger
Antworten 9 von 16 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 9 von 16 finden diese Rezension hilfreich
Broschiertes Buch
Ich gebe zu, ich war mehr als skeptisch – kein Krimi, kein Afrikaroman und doch von Mankell? Ja, und das ist gut so! kann ich jetzt nach dem gelesenen Roman nur sagen. Die Zeit ist mir beim Lesen wie im Fluge vergangen. Jede einzelne Person ist mir ans Herz gewachsen und schon in der Mitte des …
Mehr
Ich gebe zu, ich war mehr als skeptisch – kein Krimi, kein Afrikaroman und doch von Mankell? Ja, und das ist gut so! kann ich jetzt nach dem gelesenen Roman nur sagen. Die Zeit ist mir beim Lesen wie im Fluge vergangen. Jede einzelne Person ist mir ans Herz gewachsen und schon in der Mitte des Buches habe ich nicht mehr von Romanfiguren geredet, sondern von guten alten Bekannten, war gespannt wie es weitergeht mit „uns“. Bei mir selber ist nämlich beim Lesen etwas passiert, was zeigt, dass es ein gutes Buch gewesen sein muss. Mit Martin Walser kann ich nur sagen: „Ein Buch ist für mich eine Art Schaufel, mit der ich mich umgrabe.“ Genau das kann beim Lesen der „italienischen Schuhe“ passieren. Der Held, Fredrik Welin, ist eigentlich alles andere als ein sympathischer Zeitgenosse, manche würden sogar eher von einem Sonderling reden. Um so mehr Mankell aus dessen Leben preisgibt, um so mehr schockiert einen das Gelesene, um so mehr erkennt man aber auch eigene Charaktereigenschaften und sieht manche eigene Lebensentscheidungen aus einem anderen Blickwinkel. Es ist ein Buch voll Schuld und Vergebung, Verwicklungen und Entscheidungen, Liebe und Entfremdung. Ein Buch das aber gerade deswegen Mut machen kann zum Leben.
Weniger
Antworten 24 von 27 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 24 von 27 finden diese Rezension hilfreich
Broschiertes Buch
Fredrik Welin amputierte einer Höchstleistungsschwimmerin, die als Patientin zu ihm gekommen war, den falschen Arm . Danach fiel er in ein tiefes Loch und zog sich auf eine kleine Insel in den schwedischen Schären zurück. Dort lebte er einsam mit seiner alten Katze und dem alten Hund …
Mehr
Fredrik Welin amputierte einer Höchstleistungsschwimmerin, die als Patientin zu ihm gekommen war, den falschen Arm . Danach fiel er in ein tiefes Loch und zog sich auf eine kleine Insel in den schwedischen Schären zurück. Dort lebte er einsam mit seiner alten Katze und dem alten Hund und hatte mit seinem Leben abgeschlossen. Doch eines Tages steht Harriet, seine Jugendliebe, mit ihrem Rollator auf der Insel - auf Schnee und Eis. Sie erinnert ihn, der sie ohne ein Wort hatte sitzen lassen, an das Versprechen, mit ihr zu einem Waldsee zu fahren ... auf der Reise erfährt er, dass Harriet totkrank ist und er mit ihr eine Tochter hat, die ihm in dem Bedürfnis nach Einsamkeit ähnlich ist und italienische, nach Maß gefertigte Schuhe liebt. Zurück in den Schären schafft er es endlich, die einarmige Agnes anzurufen und sich mit ihr zu treffen. Agnes betreut schwer erziehbare Mädchen, und Fredrik öffnet seine enge Welt immer weiter.<br />Ein tolles Buch. Ich mag den geschwätzigen Jansson und den wortkargen, klugen Lars, die alten Tiere, den schwierigen Fredrik, die kratzbürstige Harriet und die düstere, eisige, klare Landschaft.
Weniger
Antworten 10 von 11 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 10 von 11 finden diese Rezension hilfreich
In gedämpften Tönen geht es um das verpasste Leben, um das Altern und die damit verbundene Vereinsamung, gewollt oder vom Schicksal verordnet, um Vergebung und Einsicht. Der renommierte 66-jährige Chirurg Fredrik Welin isoliert sich nach der „Katastrophe", wie er sie …
Mehr
In gedämpften Tönen geht es um das verpasste Leben, um das Altern und die damit verbundene Vereinsamung, gewollt oder vom Schicksal verordnet, um Vergebung und Einsicht. Der renommierte 66-jährige Chirurg Fredrik Welin isoliert sich nach der „Katastrophe", wie er sie nennt, auf die Insel seiner Großeltern. Im Zuge einer Amputation, entfernt er einer sehr erfolgreichen Schwimmerin den falschen Arm. Zerfressen von Schuldgefühlen, setzt er seiner Kariere ein Ende.
Auf dieser Insel lebt er einfach, Kontakt hat er nur mit dem Postbote Jansson und vom Leben erwartet er nichts mehr. Doch eines Tages, um die Wintersonnenwende, steht eine alte Frau mit ihrem Rollator vor seinem Haus. Es ist Harriet, die einzige große Liebe seines Lebens, die er vor fast 40 Jahren verlassen hat. Harriet ist todkrank, ein unheilbarer Krebs zerfrisst sie merklich. Sie sucht noch immer eine Antwort auf ihre wütende Frage, warum sie damals verlassen wurde und verlangt die Einlösung eines längst vergessenen Versprechens. Eine Reise beginnt die Welins Leben von Grund auf ändern wird.
Henning Mankell hat ein sehr stilles und einfühlsames, dennoch nicht minder engagiertes Buch geschrieben über Erkenntnisse und Auseinandersetzungen des letzten Lebensabschnittes. Wer bereit ist Henning Mankell auch mal anders kennenzulernen, sanft und tiefsinnig, der wird an diesem Buch sein Gefallen finden.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Ein Buch, das Lebensthemen anspricht. Von der ersten bis zur letzten Seite kämpft Fredrik Welin um seine Identität, hadert mit seiner Unehrlichkeit und muss erkennen, dass man vor allem, nur nicht vor sich selbst davonlaufen kann. Schließlich lernt er mühsam, Verantwortung …
Mehr
Ein Buch, das Lebensthemen anspricht. Von der ersten bis zur letzten Seite kämpft Fredrik Welin um seine Identität, hadert mit seiner Unehrlichkeit und muss erkennen, dass man vor allem, nur nicht vor sich selbst davonlaufen kann. Schließlich lernt er mühsam, Verantwortung für sein eigenes Handeln zu übernehmen und entdeckt, dass dadurch alles leichter und die Einsamkeit geringer wird. Ein sehr lesenswertes und bewegendes Buch.
Weniger
Antworten 0 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 1 finden diese Rezension hilfreich
Andere Kunden interessierten sich für