Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 24,99 €
  • Gebundenes Buch

Erstmaliger Einblick in die Bedeutung der Galerie Thannhauser für die Werke van Goghs- Vom bekannten van Gogh- und Kunstmarktexperten Stefan Koldehoff.

Produktbeschreibung
Erstmaliger Einblick in die Bedeutung der Galerie Thannhauser für die Werke van Goghs- Vom bekannten van Gogh- und Kunstmarktexperten Stefan Koldehoff.
Autorenporträt
Stefan Koldehoff, geboren 1967 in Wuppertal, hat nach einem Studium der Kunstgeschichte, Germanistik und Politikwissenschaft zunächst als freier Journalist für FAZ, taz und WDR gearbeitet. Von 1998 bis 2001 war er Redakteur und zuletzt stellvertretender Chefredakteur des Kunstmagazins ART in Hamburg. Heute arbeitet er als Kulturredakteur beim Deutschlandfunk in Köln.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.09.2017

Wieder zwei Originale weniger

Das Van Gogh Museum in Amsterdam findet weitere Fälschungen: Es sind ein Gemälde und ein Aquarell.

Seit im Jahr 1970 das - nach wie vor verbindliche - Verzeichnis der Werke Vincent van Goghs erschienen ist, hat es zahlreiche Zu- und Abschreibungen gegeben. Die maßgebliche Instanz dafür ist das 1973 eröffnete Van Gogh Museum in Amsterdam, in dem Kunsthistoriker, Dokumentaristen und Restauratoren ausführlich untersuchen, was ihnen vorgelegt wird. Voraussetzung für eine solche, manchmal Monate dauernde Begutachtung ist allerdings, dass das Werk nicht schon vorher als absurde Fälschung oder Fehlzuschreibung zu erkennen war: Nicht jede Zeichnung, jedes Aquarell, jedes Gemälde schafft es bis in die Werkstätten am Museumplein. Wer aber von dort kein positives Gutachten erhält, braucht es mit seinem Werk in einer seriösen Galerie oder einem anerkannten Auktionshaus gar nicht erst zu versuchen.

Die siebenjährige Arbeit an einem neuen Band über die legendäre Galerie Thannhauser und ihre erfolgreichen Bemühungen, van Gogh in Deutschland am Kunstmarkt zu etablieren, hat nun einmal mehr Veränderungen für das Werkverzeichnis ergeben. Ein Gemälde und ein Aquarell, die seit Jahrzehnten als eigenhändige Arbeiten galten, werden fortan einem unbekannten Künstler zugeschrieben - und nicht mehr van Gogh.

Die großformatige Ansicht einer Wassermühle im südniederländischen Gennep hatte die Galerie Heinrich Thannhauser, damals noch in München, im Juni 1916 vom Berliner Kollegen Paul Cassirer übernommen, zusammen mit van Goghs Gemälde einer Blumenwiese, heute im Kunstmuseum Winterthur, für 9000 Mark. Selbst Cassirer, der damals wohl weltweit wichtigste Van-Gogh-Händler, fiel gelegentlich auf falsche Zuschreibungen und auf Betrüger herein: Bei ihm lassen sich mindestens fünf VanGogh-Fälschungen nachweisen, die später die Galerie Thannhauser weiterverkaufte. Das unten links signierte Bild mit der Mühle hatte Cassirer im Januar 1912 vom Pariser Kunsthistoriker Théodore Duret erworben. Dieser Förderer der Impressionisten gilt heute als Quelle zahlreicher Fälschungen. Datiert wurde das Gemälde, das sich in amerikanischem Privatbesitz befindet, bislang auf 1884, als van Gogh gemeinsam mit seinem sieben Jahre älteren Freund und Malerkollegen Anton Kerssemakers in Gennep gearbeitet hatte. Eine ganz ähnliche, noch größere - und eigenhändige - Darstellung der Wassermühle befindet sich seit zwanzig Jahren in der Sammlung Thyssen-Bornemisza in Madrid.

Das nun abgeschriebene Aquarell, das eine Ansicht des Parks der Heilanstalt im südfranzösischen Saint-Rémy-de-Provence wiedergibt, scheint ebenfalls nach einem authentischen Vorbild entstanden zu sein: nämlich nach einem nahezu gleichen Blatt, das immer im Besitz der Van-Gogh-Familie blieb und sich heute im Van Gogh Museum in Amsterdam befindet. Die ausgeschiedene Fassung wurde ohne Herkunftsangabe erstmals im Dezember 1927 in der Berliner Galerie Wacker gezeigt. Eine gleichzeitige Ausstellung von Gemälden Van Goghs bei Cassirer führte damals zu der Erkenntnis, dass der ehemalige Tänzer Otto Wacker in den Jahren zuvor dreißig gefälschte Van-Gogh-Leinwände in prominentesten Sammlungen untergebracht hatte. Der folgende Skandal, in den neben Thannhauser auch andere namhafte Galerien und Experten wie Julius Meier-Graefe verwickelt waren, beschäftigte die Öffentlichkeit über Monate hin und endete mit der Verurteilung Wackers. Untersuchungen des Van Gogh Museums bewiesen dann im Jahr 2013, dass es sich auch bei dem Aquarell um eine Fälschung handelt. Bislang ist es die einzige überlieferte Van-Gogh-Arbeit auf Papier, die nachweislich aus der Galerie Wacker stammt. Die Besitzer übergaben sie nach der negativen Diagnose als Dauerleihgabe ans Van Gogh Museum.

STEFAN KOLDEHOFF

Der Autor ist gemeinsam mit Chris Stolwijk Herausgeber des Bandes "Die Galerie Thannhauser. Van Gogh wird zur Marke", der jetzt im Belser Verlag, Stuttgart, erscheint.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr