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Memoiren, Romane, Filme und Propagandaschriften haben den Ruf der Fremdenlegion als Sammelbecken von Kriminellen und Aussteigern, als sadistisch-militaristische Hölle oder als exotische Lebenswelt romantischer Helden verbreitet. Christian Kollers faszinierendes Buch liefert die erste auf aktuellen sozial- und kulturgeschichtlichen Zugängen basierende Beschreibung dieser Söldnertruppe. Gestützt auf Selbstzeugnisse, Archivalien und Quellen zu den politischen und medialen Diskussionen über die Legion, beschreibt er deren Rolle als Instrument des Kolonialimperialismus, ihre nationale und soziale…mehr

Produktbeschreibung
Memoiren, Romane, Filme und Propagandaschriften haben den Ruf der Fremdenlegion als Sammelbecken von Kriminellen und Aussteigern, als sadistisch-militaristische Hölle oder als exotische Lebenswelt romantischer Helden verbreitet. Christian Kollers faszinierendes Buch liefert die erste auf aktuellen sozial- und kulturgeschichtlichen Zugängen basierende Beschreibung dieser Söldnertruppe. Gestützt auf Selbstzeugnisse, Archivalien und Quellen zu den politischen und medialen Diskussionen über die Legion, beschreibt er deren Rolle als Instrument des Kolonialimperialismus, ihre nationale und soziale Zusammensetzung, ihre Darstellung und Mythisierung in Politik, Medien und Kultur. Auch die Identitätspolitik der Fremdenlegion, der eigene Blick der Legionäre auf Hierarchie, Disziplin, Kameradschaft, den mysteriösen "Cafard", Alkohol, Prostitution und Homosexualität werden eingehend behandelt. Darüber hinaus findet das Verhältnis der Legionäre zu den kolonisierten Bevölkerungen eingehend Berücksichtigung - von kriegerischen Aufeinandertreffen bis zu mehr oder weniger gewaltgeprägten sexuellen Beziehungen.
Autorenporträt
Christian Koller, Prof. Dr. phil., ist derzeit Senior Lecturer in Modern History an der Bangor University und Titularprofessor für Geschichte der Neuzeit an der Universität Zürich.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Thomas Speckmann erwartet Mythen und Legenden und erhält stattdessen eine historisch orientierte, mit neuestem Forschungsinstrumentarium erstellte wissenschaftliche Darstellung über die Fremdenlegion. Was der Historiker Christian Koller aus Selbstzeugnissen, Archiven und Dokumenten über die politischen und medialen Diskussionen um die Fremdenlegion und an Sozial- und Kulturgeschichtlichem zutage fördert, findet der Rezensent erstaunlich. Formal besticht die erste Darstellung dieser Art überhaupt laut Speckmann durch breite Anlage, klare Strukturierung und verständliche Sprache. Über Zusammensetzung, Identitätspolitik, Hierarchie, Ausrichtung und Neuorientierung der Legion in neuerer Zeit liest er also entsprechend gerne bei Koller.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.05.2014

Ein illegitimes Kind der Revolution
Seit der Eroberung Algeriens immer dabei: Christian Koller erzählt die Geschichte der französischen Fremdenlegion
Fast immer, wenn Frankreich militärisch interveniert, ist sie dabei: die Fremdenlegion. Um sie ranken sich Mythen und Legenden. Sie bildet die Kulisse für Romane und Filme. Sie gilt als Sammelbecken für gescheiterte Existenzen, Aussteiger und Kriminelle. Ihr Ruf bewegt sich zwischen sadistisch-militaristischer Hölle und exotischer Lebenswelt romantischer Helden. Doch was ist die Fremdenlegion wirklich? Christian Koller hat sich auf ihre historischen Spuren begeben. Der Senior Lecturer an der britischen Bangor University, Fellow der Royal Historical Society und Titularprofessor an der Universität Zürich bedient sich des aktuellen Forschungsinstrumentariums, um erstmals eine wissenschaftliche Darstellung der Geschichte der Fremdenlegion vorlegen zu können. Dabei setzt er sozialgeschichtliche und kulturgeschichtliche Schwerpunkte. Seine Quellen sind Selbstzeugnisse von Fremdenlegionären, Archivalien und Dokumente, in denen sich die politischen und medialen Diskussionen über die Legion spiegeln.
  Das Ergebnis ist eine breit angelegte, klar strukturierte und auch für den militärischen Laien gut verständliche Schilderung der Legionsgeschichte: ihre Rolle als Instrument des Kolonialimperialismus, ihre nationale und soziale Zusammensetzung, ihre Darstellung und Mythisierung in Politik, Medien und Kultur. Hinzu kommen die Identitätspolitik der Fremdenlegion, der eigene Blick der Legionäre auf Hierarchie, Disziplin, Kameradschaft, Alkohol, Prostitution und Homosexualität. Und nicht zuletzt schließlich das Verhältnis der Legionäre zu den kolonisierten Bevölkerungen – vom kriegerischen Aufeinandertreffen bis zu mehr oder weniger gewaltgeprägten sexuellen Beziehungen.
  Kaum bekannt sein dürfte in Deutschland, dass zwischen 1870 und 1962 Deutsche die mit Abstand größte Gruppe in der Fremdenlegion bildeten: Von den rund 350 000 Soldaten in diesem Zeitraum stammten etwa 125 000 und damit mehr als ein Drittel aus Deutschland. Dabei gab es drei Phasen, in denen sogar mehr als die Hälfte der Fremdenlegionäre Deutsche waren: die beiden Jahrzehnte nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 sowie Mitte der Zwanzigerjahre und auf dem Höhepunkt des Indochinakrieges 1953/54. Während bei der Rekrutierung zunächst die Bevorzugung von Elsässern und Lothringern bis 1880 zur deutschen Dominanz beitrug, waren es in den Zwanziger- und Fünfzigerjahren neben den schlechten Lebensbedingungen in den französischen Besatzungszonen in Deutschland die dortigen Anwerbebemühungen.
  Koller bezeichnet die Fremdenlegion als ein, „wenn auch vielleicht illegitimes“, Kind des europäischen Revolutionsjahres 1830. Hinter der Gründung einer aus Ausländern gebildeten militärischen Einheit durch die neue französische Regierung am 10. März 1831 habe kein längerfristiges sicherheitspolitisches oder gar geostrategisches Kalkül gestanden. Vielmehr waren kurzfristige Erwägungen ausschlaggebend, die Koller im weitesten Sinne als „bio-politisch“ charakterisiert: Aufgrund der europaweiten Unruhen befanden sich 1831 zahlreiche politische Flüchtlinge in Frankreich, die von der Regierung als potenzieller politischer Unruheherd gesehen wurden. Eine neue Söldnertruppe für den Einsatz in Übersee sollte die Gelegenheit schaffen, diese Personen außer Landes zu bringen, ohne Frankreichs Ansehen eines liberalen Asyllandes bei den fortschrittlichen Kräften in Europa zu gefährden. Eine weitere Rekrutierungsbasis sollten dann die vielen durch die Julirevolution arbeitslos werdenden königlichen Söldner bilden.
  Im Unterschied zu ihren Vorläufereinheiten durfte die Fremdenlegion nicht im Inland eingesetzt werden und erschien daher entsprechend den liberalen Forderungen nicht als ein Machtmittel der Krone, sondern als ein Instrument der Nation. Zwar stand die transnationale und transkulturelle Konzeption der Legion im Gegensatz zur nationalen Wehrpflichtigenarmee, die im 19. Jahrhundert zur europäischen Norm wurde, aber sie war dennoch kein französischer Sonderfall. Vielmehr entsprach sie dem Trend, Kriege innerhalb Europas mit Wehrpflichtigen, Imperialkriege außerhalb Europas mit vor Ort rekrutierten Kämpfern sowie Söldnern zu führen. So verfügten auch andere Kolonialmächte zeitweise über ähnliche Einheiten.
  Die französische Fremdenlegion war von Beginn an primär ein Instrument des Imperialkrieges. Ihr erster Einsatz begann mit der Eroberung Algeriens. Ihre Feuertaufe erlebte sie am 17. April 1832 bei einem Gefecht in der Nähe von Algier. Bis zu seiner Unabhängigkeit 1962 sollte Algerien dann auch die „Heimat“ der Legion sein: Dort stand ihr Hauptquartier. Dort durchliefen ihre Rekruten die Grundausbildung. Umso stärker folgte dem Abzug aus Algerien eine Existenzkrise der Legion. Nach dem Zusammenbruch des französischen Kolonialimperiums war ihre weitere Verwendung zunächst unklar. Doch schon bald zeigte sich, dass Frankreich auch weiterhin eine globalpolitische Rolle zu spielen gedachte, eingeschlossen der Einsatz militärischer Mittel.
  In der Folge wandelte sich die Fremdenlegion zu einer Eliteeinheit mit gegenüber der kolonialen Zeit stark erhöhten Eintrittsanforderungen an die Legionäre. Ihr neuer Hauptsitz wurde das südfranzösische Aubagne. Ihre Einheiten wurden darüber hinaus auf Korsika, in Djibuti, auf Madagaskar, auf Tahiti und in Französisch-Guayana stationiert. Seither ist die Legion auf einer Vielzahl von über den ganzen Globus verstreuten Schauplätzen im Einsatz gewesen. Dabei wurde sie vor allem in Gebiete entsandt, in denen Wehrpflichtigenverbände nicht oder nur eingeschränkt eingesetzt werden konnten. Dies gilt umso mehr, seitdem Frankreich die Wehrpflicht 2001 ausgesetzt hat. Daher ist die Legion heute beinahe immer dabei, wenn Paris militärisch interveniert.
THOMAS SPECKMANN
Die Fremdenlegion
darf nicht im Inland
eingesetzt werden
  
  
  
  
Christian Koller: Die
Fremdenlegion. Kolonialismus, Söldnertum, Gewalt 1831-1962. Ferdinand
Schöningh Verlag, Paderborn 2013. 340 Seiten, 34,90 Euro.
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