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Die Autoren beschreiben die Anfänge und die Erfolge des Liberalismus und der FDP, und sie zeigen die verpaßten Chancen: das Scheitern des Sozialliberalismus, das Versäumnis, ein eigenständiges, besonders für die neuen Mittelschichten attraktives Profil zu begründen. Angesichts programmatischer Schwächen, personellen Notstands und nicht zuletzt auch der Konkurrenz der Grünen scheint für die Liberalen kein Platz mehr im deutschen Parteiensystem zu sein. Wo liegen die Perspektiven, wo die Zukunft der FDP?

Produktbeschreibung
Die Autoren beschreiben die Anfänge und die Erfolge des Liberalismus und der FDP, und sie zeigen die verpaßten Chancen: das Scheitern des Sozialliberalismus, das Versäumnis, ein eigenständiges, besonders für die neuen Mittelschichten attraktives Profil zu begründen. Angesichts programmatischer Schwächen, personellen Notstands und nicht zuletzt auch der Konkurrenz der Grünen scheint für die Liberalen kein Platz mehr im deutschen Parteiensystem zu sein. Wo liegen die Perspektiven, wo die Zukunft der FDP?
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.02.1996

Modern bis zum Gehtnichtmehr
Warum die FDP mit so viel Anstrengung so wenig erreicht

Peter Lösche, Franz Walter: Die FDP. Richtungsstreit und Zukunftszweifel. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996. 219 Seiten, 24,90 Mark.

Der Ausgangsgedanke ist einfach, doch frappierend. Im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts formierten sich die großen politischen Lager, deren Wettstreit, deren Erfolge und deren Versagen seither die deutsche Geschichte mitbestimmt haben: das liberale, das sozialdemokratische, das katholische und das konservative.

Der Liberalismus ragt in mehrfacher Hinsicht hervor. Er kann ein Erstgeburtsrecht als politische "Bewegung" überhaupt für sich reklamieren. Und er war alles in allem erfolgreicher als seine Konkurrenten, jedenfalls wenn man deren am Anfang stehende Generalziele zum Maßstab nimmt. Aus Deutschland ist weder ein sozialistischer Volksstaat noch ein christlicher Ständestaat geworden, noch ist es Monarchie geblieben. Deutschland ist eine marktwirtschaftliche, parlamentarische Demokratie. Der Liberalismus als Partei in Gestalt der FDP allerdings scheint auf dem Totenbett zu liegen.

Die allgemeinste Erklärung dafür lautet, er habe sich zu Tode gesiegt. Sie ist nicht ganz falsch, aber doch unbefriedigend. Die Grundentscheidungen im Sinne liberaler und demokratischer Traditionen sind in der Bundesrepublik früh getroffen und auch von den großen Parteien bald mitgetragen worden. In diesem Sinne "überflüssig" ist die FDP schon lange. Gleichwohl hat sie sich bis in die jüngste Vergangenheit eine Schlüsselrolle im Parteiensystem bewahrt und ist an allen politischen Richtungsentscheidungen der Nachkriegsgeschichte beteiligt gewesen. Die Funktion als Scharnier zwischen Union und Sozialdemokratie wurde schließlich unter Genscher zu ihrem einzigen Lebensinhalt. Das ist heute, da ihr in den Grünen vitale Konkurrenz erwachsen ist, möglicherweise ihr Todesurteil.

Nicht immer war die FDP so auf Machtfunktion und Machttaktik reduziert. Peter Lösche und Franz Walter, Politikwissenschaftler an der Universität Göttingen, zeichnen anschaulich die Geschichte der Partei seit 1945 nach. Schon mit ihrem Buch über die Sozialdemokraten (Die SPD. Klassenpartei, Volkspartei, Quotenpartei) haben sie sich als ein Autorenpaar erwiesen, das souveräne Beherrschung der politologischen Begrifflichkeit und Methoden mit einem für Wissenschaftler ungewöhnlichen Erzähltemperament verbindet. Wieder gilt ihr besonderes Interesse den politischen, sozialen und kulturellen Milieus, in denen die Parteiakteure verwurzelt sind. Jener "Mittelstand" ergibt in den fünfziger und sechziger Jahren ein buntes Bild vielfachen Eigensinns.

Tempi passati. Markt, Kommunikation und Mobilität - von Anfang an liberale Leitsterne - haben ganze Arbeit geleistet. Die Milieus sind in einer armseligen Individualisierung fast verschwunden, der Parteiliberalismus ist es nahezu auch - obwohl er spätestens seit Genscher jedes soziale Aroma abzulegen suchte, Modernität pur sein wollte. Ja, ist die FDP nicht die "modernste" Partei Deutschlands - "koalitionspolitisch flexibel, im Verhältnis zur Macht ohne Neurosen"?

Es sei gerade diese Modernität gewesen, welche den Niedergang der Partei bewirkt habe, heißt es bei Lösche und Walter: "Sie hat der FDP die Resistenz- und Beharrungskräfte genommen, ihr die Korsettstangen weggezogen, die in den großen Mitgliederparteien auch in Krisenzeiten noch stabilisierend wirken. Die FDP hat keinen schützenden Panzer, nicht die Schutzschilder der Weltanschauungen, der Organisation, der Tradition, der Milieus und Mitglieder, der fest verwurzelten Rituale und Konventionen."

Gibt es eine Rettung für die FDP? Theoretisch könnte sie nach Meinung der Autoren - die selbst eher der politischen Linken zuzurechnen sind - in einer Wendung zu einem Rechtspopulismus liegen, wie ihn Haider in Österreich praktiziert. Dieses politische Feld sei in Deutschland nicht besetzt, das politische Potential dafür aber vorhanden. Eine reale Möglichkeit für die FDP ist das - so sehen es auch die Autoren - nicht. Sie hat einfach nicht das Zeug, sich in eine lärmende Oppositionsbewegung zu verwandeln.

ECKHARD FUHR

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