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In einem großangelegten Forschungsprojekt zur deutschen Geschichte haben Michael Wolffsohn und Thomas Brechenmacher erstmals eine neue empirische Methode angewandt: Ausgehend von den Vornamen, die Eltern ihren Kindern gaben, ziehen sie Schlüsse über die politischen Einstellungen und sozialen Orientierungen der Deutschen in den vergangenen 200 Jahren. Wie - so fragen die Autoren - schlugen sich die Krisen, Revolutionen und Umbrüche des 19. und 20. Jahrhunderts in der Vornamengebung nieder? Wie obrigkeitshörig oder kosmopolitisch waren die Deutschen wirklich? Waren sie tatsächlich Hitlers…mehr

Produktbeschreibung
In einem großangelegten Forschungsprojekt zur deutschen Geschichte haben Michael Wolffsohn und Thomas Brechenmacher erstmals eine neue empirische Methode angewandt: Ausgehend von den Vornamen, die Eltern ihren Kindern gaben, ziehen sie Schlüsse über die politischen Einstellungen und sozialen Orientierungen der Deutschen in den vergangenen 200 Jahren. Wie - so fragen die Autoren - schlugen sich die Krisen, Revolutionen und Umbrüche des 19. und 20. Jahrhunderts in der Vornamengebung nieder? Wie obrigkeitshörig oder kosmopolitisch waren die Deutschen wirklich? Waren sie tatsächlich Hitlers willige Vollstrecker? Wie stark identifizierten sich die Bürger der ehemaligen DDR mit ihrem Staat? Diese und andere Fragen beantworten die Autoren ebenso fundiert wie überzeugend und zeigen frappierende Zusammenhänge zwischen der Vergabe der Vornamen und zeitgeschichtlichen Tendenzen auf.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.1999

Bärbel

VORNAMEN sind ein möglicher Indikator für die Erforschung der öffentlichen Meinung. Denn in die Beantwortung der banalen Frage "Welchen Namen bekommt unser Kind?" fließen religiöse, politische, familiäre und soziale Voraussetzungen ein. Bisher hat sich das weder die Geschichtswissenschaft noch die linguistische Namenforschung systematisch zunutze gemacht. Das liegt an datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Deutschland, die es verbieten, die Namenbestände, gekoppelt mit sozialen Daten, zu erheben. Das liegt aber auch daran, dass beide Disziplinen nur mühsam zur Zusammenarbeit finden. Eine Idee des Soziologen Sasha Weitman aufgreifend, der in einem wegweisenden "Annales"-Aufsatz von 1987 israelische Vornamen als Indikator sozialen Wandels untersuchte, haben Michael Wolffsohn und Thomas Brechenmacher von der Universität der Bundeswehr in München nun dieses Modell auf Deutschland angewendet. Sie zeigen, dass die Vornamen von 1,1 Millionen Münchnern mit den dazugehörigen Geburtsjahrgängen ausreichend Daten bieten, um Aussagen über gesellschaftliche Entwicklungen des Jahrhunderts treffen zu können. Allein die Konjunktur der Namen Horst und Adolf in den dreißiger Jahren (Nationalsozialismus), die Zunahme des Anteils slawischer Vornamen zwischen 1965 und 1975 (Ostpolitik), die Mode der hebräisch-jüdischen Vornamen seit Ende der siebziger Jahre (Ausstrahlung der Serie "Holocaust") zeigen, wie eng Vornamen mit gesellschaftlichen und politischen Veränderungen verknüpft sind. Gewiß sollte man die Beweiskraft von Vornamen für soziale Strömungen nicht überbewerten - wozu die Autoren schon mit Überschriften wie "Der Untertan wird Bürger" und einigen unzulässig generalisierenden Aussagen neigen. Auch die Trennschärfe der Namenkategorien scheint nicht immer gegeben; wo "nordische Namen" aufhören und wo "germanische" beginnen, wissen viele Eltern nicht und kann mit der quantitativen Analyse nicht regionenspezifisch herausgearbeitet werden. Doch eröffnet die Studie Ausblicke auf die Zusammenhänge von Name und Gesellschaft, wie sie bisher nur in kleinen Ausschnitten geboten wurden. Die beiden Historiker planen eine Ausweitung ihrer Forschungen auf andere europäische Länder, was auch Einsichten in das Zusammenwachsen der Europäischen Union verspricht. Die freizügigeren Datenschutzbestimmungen etwa in Frankreich werden helfen. (Michael Wolffsohn, Thomas Brechenmacher: "Die Deutschen und ihre Vornamen". 200 Jahre Politik und öffentliche Meinung. Diana-Verlag, München und Zürich 1999. 463 Seiten, 46,- Mark.)

kai.

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