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Die erste Geschichte des mittelalterlichen Christentums, die alle damals bekannten Weltteile - Europa, Asien und Afrika - einbezieht.
Dieses Buch umfasst eine Zeitspanne von 1200 Jahren - vom Toleranzedikt des römischen Kaisers Konstantin (313 n. Chr.) bis zur Entdeckung Amerikas (1492). In dieser Zeit entwickelte sich das Christentum zur beherrschenden Religion in Mittel- und Westeuropa, in Byzanz und den slawischen Ländern. Selbst jenseits der Grenzen des "Fruchtbaren Halbmondes" gab es blühende christliche Gemeinschaften, in Armenien und Georgien, unter den Nomadenvölkern der Mongolei…mehr

Produktbeschreibung
Die erste Geschichte des mittelalterlichen Christentums, die alle damals bekannten Weltteile - Europa, Asien und Afrika - einbezieht.

Dieses Buch umfasst eine Zeitspanne von 1200 Jahren - vom Toleranzedikt des römischen Kaisers Konstantin (313 n. Chr.) bis zur Entdeckung Amerikas (1492). In dieser Zeit entwickelte sich das Christentum zur beherrschenden Religion in Mittel- und Westeuropa, in Byzanz und den slawischen Ländern. Selbst jenseits der Grenzen des "Fruchtbaren Halbmondes" gab es blühende christliche Gemeinschaften, in Armenien und Georgien, unter den Nomadenvölkern der Mongolei und in China, in den Hindureichen Südindiens und in Äthiopien. Die Kreuzzüge und der Welthandel italienischer Kaufleute wie Marco Polo eröffneten für die gewiefte Diplomatie der Päpste ungeahnte globale Möglichkeiten - bis der machtvolle Aufstieg des Osmanenreiches und die Glaubenskrise der Reformation diesen ehrgeizigen Plänen ein Ende setzten.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.12.2004

Lachende Mönche reden auch mit den Tieren
Bernard Hamiltons Geschichte der reichen christlichen Welt im Osten und im Westen

Als die Fürbitten der Klosterbrüder seinem Sohn die Gesundheit zurückgebracht hatten, bedankte sich der Bauer mit einem Korb Fischen. Der Abt wollte sie zu einem Mahl bereiten, da schlug ihm seine Katze den Braten aus der Pfanne und wollte mit der Beute abziehen. Der Mönch lachte und sprach zu ihr: "Der, der den Fisch brachte, erhielt nicht Heilung von dir, sondern durch die Gebete der Brüder; laß den Fisch los, elende Kreatur, damit nicht Strafe über dich komme!" Darauf krallte sich ein Adler den Räuber und trug die Katze in die Lüfte. Der Abt sagte: "Laß sie fahren und nicht noch ein zweites Mal sündigen." Der Vogel setzte die Katze unversehrt nieder.

Diese Geschichte stammt aus dem Mittelalter, doch werden kundige Leser kaum glauben wollen, daß sie seit dem neunten Jahrhundert zur Erbauung der Frommen erzählt worden ist. Ein Abt, der nach der reicheren Tafel giert und mit eigener Hand das Feuer im Herd entzündet? Der seine Kammer mit einer Katze teilt, die wie er selbst vor Sünde bewahrt werden muß? Der lacht? Haben nicht die Mönche des Mittelalters in der Nachfolge Christi, der nie lachte, das Lachen verteufelt? Benedikt von Nursia hatte ihnen vorgeschrieben, sanft und ohne Lachen zu sprechen, und keine Mönchsregel hätte anderes zugelassen. Den heiligen Martin von Tours, der das Klosterwesen in den Westen brachte, hat man nie lachen gesehen, wie sein Biograph rühmt, und ein frommer Kaiser, wie Karls Sohn Ludwig, "zeigte nicht einmal seine weißen Zähne beim Lachen". Zur Entlastung des Abtes wäre nur anzuführen, daß er wohl nicht laut und nur in Abwesenheit seiner Mönche lachte, denn das war zu dulden. Gewiß konnte er lachen, wenn er der göttlichen Hilfe gewiß war - wie vorher bei der Heilung des Kindes, so jetzt bei der Herrschaft über die Tiere.

Bald weiß man, daß die Geschichte aus dem Mittelalter, doch nicht aus dem Okzident stammen kann. Tatsächlich hat sie Bischof Thomas von Maraga aufgeschrieben (832 bis 854), als er die Christianisierung von Heiden festhalten wollte, die kurz zuvor, unter muslimischer Herrschaft, auf altpersischer Erde am Kaspischen Meer gelungen war. Wiedergegeben hat sie Bernard Hamilton, ein Spezialist für die "Kirche des Ostens", die von Seleukia-Ktesiphon beziehungsweise Bagdad über Iran bis nach Indien, China und Thailand ausstrahlte. Hamilton hat sich nicht auf den christlichen Orient beschränkt, er wollte die ganze die mittelalterliche Welt umspannende Darstellung des Christentums geben. Nachdem unter der Ägide französischer Historiker im letzten Jahrzehnt eine vielbändige Geschichte aller christlichen Kirchen und Bekenntnisse erschienen ist, hält sich der englische Autor mit Recht zugute, der erste zu sein, der dergleichen als Monographie gewagt hat. Sein Ziel war der Nachweis einer Mannigfaltigkeit von Christentum und Kirche zwischen 300 und 1500; die Fülle sei verlorengegangen, als es den westlichen Mächten gelang, den größten Teil der Welt auf dem Seeweg zu erschließen. "Dieser westlich-religiöse Imperialismus bedeutete einen radikalen Bruch mit der Welt des Mittelalters, in der sich zahlreiche unterschiedliche Arten des Christentums in Asien und Afrika entwickelt hatten."

Hamilton hat seine Aufgabe solide gelöst, er urteilt mit Augenmaß und wahrt in der Einteilung des Stoffes die Proportionen. Allerdings ist er in seiner chronologisch wie geographisch unilinearen Darstellung oft in einer Addition der Sachverhalte hängengeblieben; den Ereignissen gönnt er kaum einen Kommentar, ganz zu schweigen von Versuchen, den Leser durch die Kunst des Wortes zu fangen. Es war ihm genug, eine Forschungslücke zu schließen - eine Bescheidenheit, die ambitionierte Geschichtswissenschaft nicht ziert.

Durch seinen kompilatorischen Charakter erlaubt das Buch aufschlußreiche Vergleiche. So wie der angelsächsische Bischof Bonifatius 723 eine Eiche bei Geismar gefällt hatte, um die heidnischen Hessen zu bekehren, so legte im selben Jahrhundert der erste Oberhirte von Mokta die Axt an eine Eiche namens Yazd. Allerdings zwang Bonifatius das in vier gleiche Teile geborstene Holz zum Dienst des allmächtigen Gottes, indem er es zum Bau eines Bethauses verwendete, während Mar Elias als neuer Metropolit der Provinz Dailam die Götzendiener dafür gewann, den Baum in Brand zu stecken, um dem Teufelstrug ein Ende zu setzen. Durch Hamilton erfährt man, daß Marco Polo nicht der einzige Reisende des dreizehnten Jahrhunderts war, der gemeinsame Kultstätten von Christen und Sarazenen beobachtet hat. Dem Grab des Apostels Thomas beim indischen Madras, das der Venezianer auf seiner Rückreise von China besucht haben will, ist in dieser Hinsicht der Sinai zur Seite zu stellen; hier hat der deutsche Pilger Thietmar Muslime und Christen bei der Verehrung des Mosesschreins und der Darstellung vom brennenden Dornbusch angetroffen.

Reformen, wie sie aus der lateinischen Kirche zur Zeit Gregors VII. bekannt sind, sollten in der uralten Christenheit von Äthiopien erst rund zweihundert Jahre später durchgesetzt werden, mit bemerkenswerten Varianten. Es war ein Mönch, kein Herrscher, Kleriker oder Bischof wie gewöhnlich im Westen, der die Abschaffung der Simonie unter dem Klerus forderte, durch die kirchliche Ämter für Geld oder andere Gaben zu erwerben waren. Begründet war dies darin, daß die kirchliche Hierarchie durch den koptischen Patriarchen mit landfremden Ägyptern besetzt wurde, so daß die Volksreligiosität ihre Basis im Mönchtum finden mußte. Die monastischen Reformer wollten Konkubinat und Polygamie unter den Laien bekämpfen, scheiterten jedoch am Widerstand des Königs, der sich nicht auf eine Frau beschränken wollte. Nach längeren Auseinandersetzungen fand man Lösungen für verschiedene Stände; Hamilton sieht sie von einer Sexualmoral bestimmt, "die an Realitätsnähe von keinem anderen Zweig einer mittelalterlichen Kirche übertroffen wurde". Heiratswilligen Priestern und Diakonen wurde die kirchliche Eheschließung zur Pflicht gemacht, die Klerikerehe für unauflöslich erklärt. Die Laien waren nicht zur kirchlichen Heirat verpflichtet; nur zivil getraut, konnten sie sich jederzeit scheiden lassen und mußten nicht monogam leben. Allerdings reichten sonstige Sanktionen des Sexualverhaltens aus, daß trotz eifrigen Kirchgangs unter den Laien meist nur Kinder und alte Leute die Kommunion empfingen.

Kompromißfähig bis zum Verrat der schönsten Teile der Frohen Botschaft konnten mittelalterliche Missionare sein, wenn es galt, in eine fremde Kultur zu dringen. Die Thomaschristen Indiens haben das Kastensystem akzeptiert und den Unberührbaren, auch wenn sie getauft waren, die Teilnahme am Gottesdienst mit den übrigen Gläubigen verwehrt. In diesem Fall hat erst ein neuzeitlicher Papst durch Anweisung an die Jesuiten den Grundsatz von der Gleichheit aller Kinder Gottes zur Geltung gebracht.

Seine These, daß katholische Portugiesen und reformierte Holländer oder Engländer die Vielfalt des mittelalterlichen Kirchenwesens in Asien und Afrika eingeebnet hätten, belegt Hamilton nicht. Sie greift zu kurz. Abgesehen vom Fortbestand altorientalischer Kirchen bis zur Gegenwart (zum Beispiel Äthiopien, Armenien, Georgien), waren es protestantische Missionsgesellschaften aus Europa und Amerika, die in Asien die konfessionelle Vielfalt ihrer Gründerkirchen wiederholt haben. Wie bunt sich ein Kirchenwesen darstellen kann, in dem sich autochthone Traditionen und westchristliche Einflüsse neuerer Zeit durchdringen und voneinander abgrenzen, ließe sich in der Gegenwart an Indien belegen.

MICHAEL BORGOLTE

Bernard Hamilton: "Die christliche Welt des Mittelalters". Der Osten und der Westen. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt. Artemis & Winkler Verlag, Düsseldorf, Zürich 2004. 320 S., 40 S/W-Abb., geb., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Zufrieden zeigt sich Rezensent Michael Borgolte mit Bernard Hamiltons Monografie über die "christliche Welt des Mittelalters", die Okzident wie Orient umfasst. Hamilton wolle die Mannigfaltigkeit des Christentum zwischen 300 und 1500 aufzeichnen, eine Fülle, die verlorengegangen sei, als es den westlichen Mächten gelang, den größten Teil der Welt auf dem Seeweg zu erschließen. Hamilton löse seine Aufgabe "solide", urteile mit Augenmaß und wahre in der Einteilung des Stoffes die Proportionen. Allerdings bleibe er oft in einer Addition der Sachverhalte hängen, moniert Borgolte. Er gönne Ereignissen kaum einen Kommentar, ganz zu schweigen von Versuchen, den Leser durch die "Kunst des Wortes" zu fangen. Nicht einverstanden ist Borgolte zudem mit Hamiltons These, dass die katholischen Portugiesen und reformierten Holländer oder Engländer die Vielfalt des mittelalterlichen Kirchenwesens in Asien und Afrika eingeebnet hätten.

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