Elias Canetti
Buch
Die Blendung
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Produktdetails
- Verlag: Fischer Taschenbuch Verlag
- ISBN-13: 9783436006884
- ISBN-10: 3436006882
- Artikelnr.: 24008806
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Menschenhassprosa
Nein, ich kann nicht nüchtern und sachlich über dieses Buch schreiben. Denn es ist kein nüchternes Buch. Es ist ein von sich selbst besoffenes, von seiner eigenen grenzenlosen Misanthropie berauschtes Romanmonstrum. Es ist ein Buch, das mich gequält hat, und nun will ich es zurückquälen. Was natürlich auf siebenundachtzig Zeilen ein Ding der Unmöglichkeit ist: siebenundachtzig Zeilen gegen fünfhundert Seiten. Und so wird Canetti, den selbst die herzensgute Hilde Spiel einmal eine "wirkliche Giftspritze" genannt hat, auch in diesem Zweikampf wieder Sieger bleiben, wie in allen Zweikämpfen seines an Giften und Gegengiften reichen Lebens. Aber ganz unbeleidigt kommt mir der große Beleidiger diesmal dennoch
Nein, ich kann nicht nüchtern und sachlich über dieses Buch schreiben. Denn es ist kein nüchternes Buch. Es ist ein von sich selbst besoffenes, von seiner eigenen grenzenlosen Misanthropie berauschtes Romanmonstrum. Es ist ein Buch, das mich gequält hat, und nun will ich es zurückquälen. Was natürlich auf siebenundachtzig Zeilen ein Ding der Unmöglichkeit ist: siebenundachtzig Zeilen gegen fünfhundert Seiten. Und so wird Canetti, den selbst die herzensgute Hilde Spiel einmal eine "wirkliche Giftspritze" genannt hat, auch in diesem Zweikampf wieder Sieger bleiben, wie in allen Zweikämpfen seines an Giften und Gegengiften reichen Lebens. Aber ganz unbeleidigt kommt mir der große Beleidiger diesmal dennoch
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nicht davon.
Die beiden Hauptfiguren der "Blendung" sind ein Sinologe namens Kien und seine Haushälterin Therese. Über die Frau heißt es einmal: "Sie hätte sich in ihre Hauptbestandteile, Rock, Schweiß und Ohren, aufgelöst, wenn der Hass gegen ihn, den er mit der Wollust eines Pedanten steigerte, nicht zu ihrem erhaltenden Zentrum geworden wäre." Der Sinologe seinerseits wird in einer Szene vorgestellt, in der er einen Jungen trifft, der sich für chinesische Bücher interessiert. Kien spricht freundlich mit ihm und verachtet sich anschließend dafür. Aber noch größer als sein Kinder- ist sein Frauenhass. Er hält sie für menschenähnlich aufgemotzte Tiere. Und wie ein Tier, ein Bluthund, kommt Therese über ihn.
Die Geschichte geht so, dass Therese Kien überredet, sie zu heiraten, aber schon in der Hochzeitsnacht werden die beiden zu Todfeinden, und von da an kämpfen sie verbissen um die fünfundzwanzigtausend Bände starke Bibliothek des Sinologen und das Geld, zu dem man sie machen könnte. Kien tut sich mit einem Zwerg und Zuhälter namens Fischerle zusammen, den er in der Bar "Zum idealen Himmel" kennengelernt hat, und Therese findet einen Beschützer in dem Hausmeister und Expolizisten Pfaff, der zuvor seine Frau und seine Tochter ins Grab gebracht hat. Am Ende kriegen alle ihre Strafe: Fischerle wird auf grausame Weise ermordet, Therese und Pfaff werden von Kiens Bruder kaltgestellt, und Kien selbst verbrennt in seiner Bibliothek.
Ich erinnere mich an den eisigen Winter von vierundachtzig, an den Fischgeruch vor dem Fenster, der sich mit dem Namen Fischerle und der fischigen Erscheinung Kiens verband, und an den Abscheu, mit dem ich die "Blendung" nach zwei Tagen verdrossener und vergrippter Lektüre in die Ecke warf. Noch heute weiß ich nicht, was schlimmer ist: die Selbstgefälligkeit, mit der Canetti gegen jede seiner Figuren recht behält, oder die kalte, methodische Arroganz seiner Menschenhassprosa. Es gibt schwache, unbeholfene, missglückte Bücher. "Die Blendung" ist der seltene Fall eines grauenhaft gelungenen Romans.
ANDREAS KILB
Elias Canetti: "Die Blendung". Verlag S. Fischer, 9,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die beiden Hauptfiguren der "Blendung" sind ein Sinologe namens Kien und seine Haushälterin Therese. Über die Frau heißt es einmal: "Sie hätte sich in ihre Hauptbestandteile, Rock, Schweiß und Ohren, aufgelöst, wenn der Hass gegen ihn, den er mit der Wollust eines Pedanten steigerte, nicht zu ihrem erhaltenden Zentrum geworden wäre." Der Sinologe seinerseits wird in einer Szene vorgestellt, in der er einen Jungen trifft, der sich für chinesische Bücher interessiert. Kien spricht freundlich mit ihm und verachtet sich anschließend dafür. Aber noch größer als sein Kinder- ist sein Frauenhass. Er hält sie für menschenähnlich aufgemotzte Tiere. Und wie ein Tier, ein Bluthund, kommt Therese über ihn.
Die Geschichte geht so, dass Therese Kien überredet, sie zu heiraten, aber schon in der Hochzeitsnacht werden die beiden zu Todfeinden, und von da an kämpfen sie verbissen um die fünfundzwanzigtausend Bände starke Bibliothek des Sinologen und das Geld, zu dem man sie machen könnte. Kien tut sich mit einem Zwerg und Zuhälter namens Fischerle zusammen, den er in der Bar "Zum idealen Himmel" kennengelernt hat, und Therese findet einen Beschützer in dem Hausmeister und Expolizisten Pfaff, der zuvor seine Frau und seine Tochter ins Grab gebracht hat. Am Ende kriegen alle ihre Strafe: Fischerle wird auf grausame Weise ermordet, Therese und Pfaff werden von Kiens Bruder kaltgestellt, und Kien selbst verbrennt in seiner Bibliothek.
Ich erinnere mich an den eisigen Winter von vierundachtzig, an den Fischgeruch vor dem Fenster, der sich mit dem Namen Fischerle und der fischigen Erscheinung Kiens verband, und an den Abscheu, mit dem ich die "Blendung" nach zwei Tagen verdrossener und vergrippter Lektüre in die Ecke warf. Noch heute weiß ich nicht, was schlimmer ist: die Selbstgefälligkeit, mit der Canetti gegen jede seiner Figuren recht behält, oder die kalte, methodische Arroganz seiner Menschenhassprosa. Es gibt schwache, unbeholfene, missglückte Bücher. "Die Blendung" ist der seltene Fall eines grauenhaft gelungenen Romans.
ANDREAS KILB
Elias Canetti: "Die Blendung". Verlag S. Fischer, 9,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Elias Canettis großartiger Roman "Die Blendung" als mehrstündiges Hörereignis von Deutschlands berühmtestem Hörspiel-Regisseur Klaus Buhlert inszeniert, dazu zahlreiche namhafte Schauspieler wie etwa Birgit Minichmayr, Karl Markovicz, Manfred Zapatka oder Samuel Finzi - bei so vielen Vorschusslorbeeren würde Rezensent Andreas Platthaus das Hörspiel fast ungehört empfehlen. Leider weicht die anfängliche Begeisterung aber schnell der Enttäuschung. Zunächst hätte sich der Kritiker von dem Erzähler Zapatka ein wenig mehr leise Ironie im Sinne Canettis gewünscht. Hart geht Platthaus aber insbesondere mit Buhlert ins Gericht: Allein dessen Idee, Canettis Prinzip verschiedene Erzählinstanzen in noch weitere Rollen aufzuteilen und dabei Hochdeutsch und Wiener Dialekt einander gegenüberzustellen, hält der Rezensent schon für überflüssig. Dass die Stimmen dann aber auch noch mit verschiedenen Effektgeräten bearbeitet werden und der Text durch einen selbstkomponierten Mix aus wienerischen und chinesischen Klängen strukturiert wird, erscheint Platthaus schlicht als "akustisches Massaker". Darüber hinaus hätte er sich im Booklet zumindest ein paar Erklärungen hinsichtlich der nicht immer nachvollziehbaren Kürzungen gewünscht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"[Ein] klanglich-musikalisch fabelhaft [maßgeschneidertes], gedanklich gut [durchdrungenes] und von großen Stimmen [getragenes] Hörwerk." Christiane Zintzen für die Neue Zürcher Zeitung
Wahrscheinlich das komplexeste Buch, das ich je gelesen habe! Man sollte vorher die autobiografischen Werke - Die gerettete Zunge, Die Fakel im Ohr und das Augenspiel gelesen haben - erst dann wird Die Blendung durchschaubar und zum Genuss.
Antworten 3 von 5 finden diese Rezension hilfreich
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Broschiertes Buch
Die Blendung erzählt von einem Büchernarren, der durch die Leidenschaft zu seinen Bänden dem Wahnsinn schrittweise verfällt. Der Autor selbst verpasst keine Gelegenheit seine eigene Belesenheit dem Leser unter die Nase zu reiben und das störte mich doch sehr. Von Kant …
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Die Blendung erzählt von einem Büchernarren, der durch die Leidenschaft zu seinen Bänden dem Wahnsinn schrittweise verfällt. Der Autor selbst verpasst keine Gelegenheit seine eigene Belesenheit dem Leser unter die Nase zu reiben und das störte mich doch sehr. Von Kant über Nietzsche, bis hin zu Freud hat er alles verschlungen, doch geholfen hat es ihm meiner Ansicht nach bei dieser Geschichte nicht wirklich. Die Handlung wirkt sehr konstruiert wenn auch witzig geschrieben, einfangen konnte mich das Geschehen nicht. Die Absicht Canettis war vermutlich, sehr spezielle Charaktere zu schaffen, was dazu führte, dass keiner zum unmittelbaren Sympathieträger wurde, doch erfüllen alle ohne Ausnahme ihren zugedachten Zweck. Dass das Buch auf einem sehr hohem Niveau geschrieben ist, will ich gar nicht bestreiten, Ausdruck und Form gepaart mit Verstand und stimmige Detailwiedergabe ergeben eine Runde Geschichte, doch ist sie keine leichte Kost. Im Gegenteil: beschwerlich vor allem wegen den vielen Wiederhollungen, die zwar Sinn ergeben, dem Lesespaß aber nichts Gutes tun. Was im ersten Drittel spannend anfing, verflüchtigte sich ab dem zweiten Drittel unaufhaltsam und ich wollte nur noch fertig werden. Und weil diese Buch von mir mehr Mühe als Spaß abverlangte, bekommt es auch nur 3 Sterne.
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Audio CD
Der 1935 erschienene Roman „Die Blendung“ ist der einzige Roman des späteren Literaturnobelpreisträgers (1981) Elias Canetti (1905-1994). Es blieb auch das erzählerische Hauptwerk des zu diesem Zeitpunkt 30jährigen Autors. Zunächst blieb der Roman ziemlich …
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Der 1935 erschienene Roman „Die Blendung“ ist der einzige Roman des späteren Literaturnobelpreisträgers (1981) Elias Canetti (1905-1994). Es blieb auch das erzählerische Hauptwerk des zu diesem Zeitpunkt 30jährigen Autors. Zunächst blieb der Roman ziemlich unbeachtet, obwohl Kritiker ihn nicht zu Unrecht neben die Prosa Kafka, Musil oder Joyce stellten und „Die Blendung“ als „Jahrhundertroman“ bezeichneten.
Protagonist des Romans ist der weltfremde Professor Peter Kien, ein Sinologe, ein hagerer Privatgelehrter der chinesischen Kulturwissenschaften, der die „bedeutendste Privatbibliothek dieser großen Stadt“ besitzt. Hier lebt er inmitten der unzähligen „spröden und schweren Werke“ wie in einem Schneckengehäuse, allein durch ein Oberlicht dringt Tageslicht herein. Seine Bücher bedeuten ihm alles, die Außenwelt mit ihren Mitmenschen ist ihm eine Last. Nur zu der wesentlich älteren Haushälterin Therese sucht er Kontakt, die sich pedantisch um den Haushalt und die Pflege seiner Bibliothek kümmern soll.
Die zwar einfältige, aber gierige Therese erfüllt ihre Pflichten den Büchern gegenüber zu Kiens Zufriedenheit. Listig weiß sie Interesse an den Büchern vorzutäuschen, womit sie Kien zur Ehe verleitet, der sie auch wirklich heiratet. Doch von Anfang an will Therese Kien aus den vier Wänden verdrängen. Es entbrennt zwischen dem ungleichen Paar ein schonungsloser Kampf um die Wohnung, in dem Kien schließlich unterliegt. Doch der Außenwelt ist er noch weniger gewachsen. Als Therese einige seiner Bücher in einem Pfandleihhaus veräußern will, zündet Kien schließlich seine 25.000 Bände umfassende Bibliothek an und verbrennt mit seinen geliebten Büchern („Als ihn die Flammen endlich erreichen, lacht er so laut, wie er in seinem ganzen Leben nie gelacht hat“).
Das vorliegende Audiobuch präsentiert das zwölfteilige Hörspiel „Die Blendung“ (Spieldauer über 10 Std.) - eine Gemeinschaftsproduktion des Bayerischen Rundfunks und des Österreichischen Rundfunks (unter der Regie von Klaus Buhlert). Insgesamt 27 Sprecher/innen (darunter Manfred Zapatka als Erzähler und Samuel Finzi als Peter Kien) machen diese komplexe und vielstimmige Geschichte hörbar, in der sich jede Figur seinen eigenen Lebensraum schafft. Das Hörbuch verdeutlicht den Kontrast zwischen der kühlen Erzählweise Canettis und dem chaotischen Leben Kiens eindrucksvoll. Da die literarische Vorlage durch genaue Beschreibungen bestimmt wird, in die die Dialoge oft wie Collagen eingebunden sind, wird auch die akustische Umsetzung des Erzählwerkes mit Musik und Stimmen untermalt. Lobenswert ist auch das 60seitige Booklet mit zahlreichen Informationen zum literarischen Werk und zur Hörspielproduktion.
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Die Blendung erzählt von einem Büchernarren, der durch die Leidenschaft zu seinen Bänden dem Wahnsinn schrittweise verfällt. Der Autor selbst verpasst keine Gelegenheit seine eigene Belesenheit dem Leser unter die Nase zu reiben und das störte mich doch sehr. Von Kant …
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Die Blendung erzählt von einem Büchernarren, der durch die Leidenschaft zu seinen Bänden dem Wahnsinn schrittweise verfällt. Der Autor selbst verpasst keine Gelegenheit seine eigene Belesenheit dem Leser unter die Nase zu reiben und das störte mich doch sehr. Von Kant über Nietzsche, bis hin zu Freud hat er alles verschlungen, doch geholfen hat es ihm meiner Ansicht nach bei dieser Geschichte nicht wirklich. Die Handlung wirkt sehr konstruiert wenn auch witzig geschrieben, einfangen konnte mich das Geschehen nicht. Die Absicht Canettis war vermutlich, sehr spezielle Charaktere zu schaffen, was dazu führte, dass keiner zum unmittelbaren Sympathieträger wurde, doch erfüllen alle ohne Ausnahme ihren zugedachten Zweck. Dass das Buch auf einem sehr hohem Niveau geschrieben ist, will ich gar nicht bestreiten, Ausdruck und Form gepaart mit Verstand und stimmige Detailwiedergabe ergeben eine Runde Geschichte, doch ist sie keine leichte Kost. Im Gegenteil: beschwerlich vor allem wegen den vielen Wiederhollungen, die zwar Sinn ergeben, dem Lesespaß aber nichts Gutes tun. Was im ersten Drittel spannend anfing, verflüchtigte sich ab dem zweiten Drittel unaufhaltsam und ich wollte nur noch fertig werden. Und weil diese Buch von mir mehr Mühe als Spaß abverlangte, bekommt es auch nur 3 Sterne.
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