Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.06.2009Ohne jeglichen Zauber
In "Die Abenteuer der Mieze A." erkundet der serbische Erfolgsautor Vladan Matijevic das Phantasma der Schlampe. 76 Miniaturkapitel drehen sich um die erotische Unersättlichkeit der Titelfigur und ihren pausenlosen Eroberungszug. Mieze A. treibt es aufs heftigste mit Männern von allen Sorten und benimmt sich dabei genau so, wie es ihr Name verspricht: als läufige Katze. Ihre Partner überfällt sie in Hauseingängen, Autos, Kinos, Wäldern, Lastwagen oder bei der Orchesterprobe und laugt dabei ihre Manneskraft hemmungslos aus. Mieze ist ein Naturereignis, entwaffnend naiv, frei von Scham und Schuldgefühlen, eine animalische Schöpfung, die einem Autor des politisch korrekten Westens nicht so schnell unterlaufen wäre. Matijevic bezeichnet seine Beschwörung einer unbegrenzt sinnlichen Frau als Gedicht und räumt gelegentliche Lücken ein, wo ihn die Vorstellungskraft überwältigt. Man könnte dieses Hohelied auf die göttliche Hure mit einem bis auf die einschlägigen Stellen eingekochten "Decamerone" vergleichen, wenn die ohne List und mit fataler Folgerichtigkeit herbeigeführte Balz bei Matijevic nicht so viel langweiliger wäre. Seine Heldin preist der Erzähler als Verführerin, doch mit entsprechenden Strategien hält sich ihr schlichtes Triebleben nicht auf. Was Miezes Derbheit und explosive Energie betrifft, hält ihr Erfinder vor allem in den pornographischen Passagen locker mit. Die stimulierende Dämonie der lüsternen Dame mag sich so vermitteln, ihr mutmaßlicher Zauber eher nicht. Dies könnte daran liegen, dass Matijevic in seinen erotischen Impromptus eine Kampfschrift zu verstecken scheint: "Nicht weniger unverständlich sind ihr Feministinnen. Was zum Geier wollen die eigentlich?" (Vladan Matijevic: "Die Abenteuer der Mieze A.". Ein Roman in 76 Kapiteln. Aus dem Serbischen von Patric Alac. Verlag Schirmer Graf, München 2009. 192 S., geb., 16,80 [Euro].) harms
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In "Die Abenteuer der Mieze A." erkundet der serbische Erfolgsautor Vladan Matijevic das Phantasma der Schlampe. 76 Miniaturkapitel drehen sich um die erotische Unersättlichkeit der Titelfigur und ihren pausenlosen Eroberungszug. Mieze A. treibt es aufs heftigste mit Männern von allen Sorten und benimmt sich dabei genau so, wie es ihr Name verspricht: als läufige Katze. Ihre Partner überfällt sie in Hauseingängen, Autos, Kinos, Wäldern, Lastwagen oder bei der Orchesterprobe und laugt dabei ihre Manneskraft hemmungslos aus. Mieze ist ein Naturereignis, entwaffnend naiv, frei von Scham und Schuldgefühlen, eine animalische Schöpfung, die einem Autor des politisch korrekten Westens nicht so schnell unterlaufen wäre. Matijevic bezeichnet seine Beschwörung einer unbegrenzt sinnlichen Frau als Gedicht und räumt gelegentliche Lücken ein, wo ihn die Vorstellungskraft überwältigt. Man könnte dieses Hohelied auf die göttliche Hure mit einem bis auf die einschlägigen Stellen eingekochten "Decamerone" vergleichen, wenn die ohne List und mit fataler Folgerichtigkeit herbeigeführte Balz bei Matijevic nicht so viel langweiliger wäre. Seine Heldin preist der Erzähler als Verführerin, doch mit entsprechenden Strategien hält sich ihr schlichtes Triebleben nicht auf. Was Miezes Derbheit und explosive Energie betrifft, hält ihr Erfinder vor allem in den pornographischen Passagen locker mit. Die stimulierende Dämonie der lüsternen Dame mag sich so vermitteln, ihr mutmaßlicher Zauber eher nicht. Dies könnte daran liegen, dass Matijevic in seinen erotischen Impromptus eine Kampfschrift zu verstecken scheint: "Nicht weniger unverständlich sind ihr Feministinnen. Was zum Geier wollen die eigentlich?" (Vladan Matijevic: "Die Abenteuer der Mieze A.". Ein Roman in 76 Kapiteln. Aus dem Serbischen von Patric Alac. Verlag Schirmer Graf, München 2009. 192 S., geb., 16,80 [Euro].) harms
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