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Seit dem Tod ihres Mannes muss sich Nora mit ihrem kleinen Sohn Jason alleine durchs Leben schlagen, daher ist sie für die Unterstützung ihres farbigen Nachbarn dankbar. Als dieser plötzlich ermordet wird, glauben alle an die Tat von Rassisten. Nur Nora erkennt schließlich die Wahrheit. Doch es könnte bereits zu spät sein: Die Mörder sind auf dem Weg zu ihr ...

Produktbeschreibung
Seit dem Tod ihres Mannes muss sich Nora mit ihrem kleinen Sohn Jason alleine durchs Leben schlagen, daher ist sie für die Unterstützung ihres farbigen Nachbarn dankbar. Als dieser plötzlich ermordet wird, glauben alle an die Tat von Rassisten. Nur Nora erkennt schließlich die Wahrheit. Doch es könnte bereits zu spät sein: Die Mörder sind auf dem Weg zu ihr ...
Autorenporträt
Richard Bausch wurde 1945 in Georgia geboren, hat Literatur studiert und mehrere Romane und Erzählungen verfasst sowie zahlreiche Preise und Stipendien erhalten. Richard Bausch lebt mit seiner Frau und fünf Kindern in Virginia auf dem Land.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.2000

Frieden mit der Furcht
Die Spuren alter Narben: Richard Bauschs Roman "Des Nachts"

Man mag darüber streiten, ob sich literarisches Schreiben lehren und lernen läßt. Die Tatsache, daß manchmal aus einer Schreibwerkstatt ein gutes Buch hervorgeht, ist kein Beweis: Vielleicht hatte der Absolvent einfach Talent. Der amerikanische Autor Richard Bausch hat vor Jahren einen solchen "Writer's Workshop" besucht und ist heute Professor für "Fiction Writing". Seit er 1980 sein erstes Buch vorlegte, wurde er mit Preisen bedacht. Wo immer er es gelernt haben mag, eins ist sicher: Richard Bausch kann schreiben, und er weiß, wie man es handwerklich macht. Von Richard Bausch kann man einiges lernen.

Sein jüngster Roman "Des Nachts" ist, auf den ersten Blick, ein Krimi. Er enthält Spannung, eine beklemmende Stimmung, einen klar umrissenen Plot, eine Handvoll überzeugender Figuren und einen Ermittler mit unverwechselbarem Profil. Doch Richard Bausch will mehr und kann mehr. Der Roman spielt in Virginia, tief in der Provinz, wo der Autor lebt. Gleich zu Beginn legt er eine Fährte, die für eine Südstaatengeschichte wohl typisch ist, aber letztlich in die Irre führt. Eine Front anonymer Rassisten treibt rund um das Kaff Steel Run Creek ihr Unwesen. Einen haben sie besonders im Visier: Edward Bishop, einen Schwarzen, der bei seiner unlängst verwitweten weißen Nachbarin auf Haus und Kind aufpaßt. Eine zarte Freundschaft bahnt sich an zwischen der einsamen jungen Frau und dem einsamen schwarzen Mann. Durch die Drohbriefe der "Virginia Front" wird sie jäh zerstört. Als Edward Bishop tot in seiner Küche aufgefunden wird, kommt die Geschichte ins Rollen. Die Polizei ermittelt, mit mäßigem Elan. Detectiv Shaw weiß aus Erfahrung, wie gering seine Chancen sind, im Sumpf dieses landläufigen Rassismus auf die wahren Schuldigen zu stoßen. Der Leser weiß mehr als die Polizei. Diese "Virginia Front" gibt es zwar; mit der Ermordung von Bishop indes hat sie nichts zu tun. Diese hängt mit den Vorgängen im Nachbarhaus zusammen: mit den Männern, die dort gewaltsam eindringen und Schulden des verstorbenen Mannes einfordern, von denen die Witwe nichts weiß.

Mehr sei hier vom Inhalt nicht verraten. Der Tod des Edward Bishop ist der blutige Auftakt zu einer quälenden Story voller Gier und Gewalt auf der einen, voller Angst und Entsetzen auf der anderen Seite. Aber auch voller Hoffnung, eines Tages aus diesem Albtraum zu erwachen, zurückzukehren in die beruhigende Banalität eines Alltags und zu wissen: Es ist alles gut. Auch als alles vorüber ist, bleibt die Angst bestehen, die Verbrecher könnten am Ende gewonnen haben. "Wenn ich es lernen kann, mit meiner Furcht Frieden zu schließen", sagt Nora zum Schluß und weiß, daß von diesem "Wenn" die Qualität ihres weiteren Lebens abhängen wird. Noch ist alles lebendig: Die Spuren der Gewalt auf ihrer Haut, das Wissen, wozu der Mensch fähig ist, wenn es ums Überleben geht, und vor allem die Entdeckung, wie erbärmlich und verlogen ihr früheres Leben gewesen war. Nichts war so gewesen, wie man es wahrgenommen hatte, vor allem nicht ihre Ehe mit Jack, von dessen kriminellen Aktivitäten sie nichts geahnt hatte.

Es sind drei Dinge, die Richard Bauschs Roman "Des Nachts" über das Niveau des landläufigen Krimis hinausheben: Es ist die Art, wie er, immer wieder aus einem anderen Blickwinkel, das fragmentierte Geschehen nach und nach zu einem kohärenten Bild zusammenfügt. Es ist die Schilderung der Gewaltszenen, brutal zwar und doch nie die Grenze des noch Erträglichen überschreitend. Und es ist das Interesse am Innenleben seiner Figuren, an den unsichtbaren Verwundungen, die sie davontragen. Demgegenüber bleiben die Täterfiguren platt. Sie sind Menschen ohne Gesicht und ohne Geschichte, Verbrecher, mehr nicht. Das ist eine Schwäche dieses so raffiniert gebauten und psychologisch fein gezeichneten Romans, der ein Krimi ist, den man ebenso gut als Geschichte einer Ehe, als Protokoll einer Freundschaft und als Schilderung eines amerikanischen Milieus lesen kann.

KLARA OBERMÜLLER

Richard Bausch: "Des Nachts". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Sabine Roth. Luchterhand Literaturverlag, München 2000. 384 S., geb., 44,- DM.

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