"Und, weißt du schon, was du mal machen willst?" Immer wieder bekommt die Abiturientin Marlies in diesem Sommer die Frage zu hören, auf die sie keine Antwort weiß. Stattdessen türmt er sich mächtig vor ihr auf, der Zukunftsberg: in Form eines gigantischen Haufens Berufs- und Studienwahlratgebern, die sich in ihrem Zimmer stapeln. Ein Praktikum soll Klarheit schaffen, doch es führt sie nicht wie gewünscht ins Ausland, sondern in die Lokalredaktion der örtlichen Zeitung. Und dort geschehen Dinge, die den Zukunftsberg nicht gerade überschaubarer machen...
Unterhaltsames über Berufswahl
Sie dürfen einer glänzenden Zukunft ins Auge blicken", verspricht der Direktor den Abiturienten auf der Abschiedsfeier. Doch Marlies Rothenbücher hat keine Ahnung, wie es weitergehen soll. Die Aschaffenburgerin hatte geglaubt, nach der Schule würde sie automatisch erwachsen sein. Stattdessen fühlt sie sich, als habe ihr jemand eine schwere Decke über den Kopf geworfen, unter der sie nach allen Seiten blind und ziellos tastet. In ihrem Erstlingsroman "Der Zukunftsberg" erzählt die 29 Jahre alte Autorin Susanne Hasenstab, die in Aschaffenburg aufwuchs, in Frankfurt Romanistik und Skandinavistik studierte und heute in Mömbris lebt, von einem Sommer in der Schwebe. Wie es sich anfühlt, wenn ein Lebensabschnitt abgeschlossen ist und man ständig gefragt wird, was man denn machen wolle. Wenn einem angeblich die ganze Welt offensteht.
Marlies fühlt sich überfordert. Während ihre Freundinnen ins Ausland gehen und Praktika machen, hat die Neunzehnjährige nicht die geringste Idee, was sie studieren will. Vielleicht etwas mit Sprachen, Kulturen, Medien, überlegt sie vage, wird aber von der Berufsberaterin belehrt, dass das alle machen wollen. Doch je mehr sie sich informiert, desto komplizierter wird es. Vor ihr türmt sich mächtig der "Zukunftsberg" auf.
Hasenstab beweist mit ihrem Ende 2012 erschienenen Debütroman, den sie bereits 2007 verfasst und im Eigenverlag herausgegeben hatte, ihre Beobachtungsgabe für skurrile Situationen und Typen. Mit feiner Ironie schildert sie nicht nur die Nöte und Dramen ihrer Hauptfigur, sondern widmet sich genussvoll auch den Schwächen der Familienmitglieder und der Freunde. Der "Zukunftsberg" ist aber auch eine Liebesgeschichte. Denn Marlies verknallt sich während des Praktikums beim "Aschaffenburger Tageblatt" ausgerechnet in ihren Betreuer.
Das amüsante Buch spielt zwar in Aschaffenburg und Umgebung. Aber auch jenseits der bayerischen Grenze dürften Leser Spaß an dieser Geschichte eines Sommers nach dem Abitur haben. Hasenstab schreibt witzig, frech und mit einem sicheren Sprachgefühl. Der Verlag hatte sich zur Veröffentlichung des "Zukunftsbergs" entschlossen, nachdem die Autorin ihr Talent in der wöchentlichen Main-Echo-Kolumne "Hohler Chaussee" bewiesen und unter dem Titel "Morgen ist Gelber Sack" einige Folgen aus dem "Kosmos des Gebabbels" (so die Autorin) 2011 im Cocon-Verlag veröffentlicht hatte.
AGNES SCHÖNBERGER
Susanne Hasenstab: "Der Zukunftsberg", Cocon-Verlag Hanau, 232 Seiten, 14,80 Euro
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