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Die Artenvielfalt, ihre Entwicklung im Laufe der Evolution und ihre Bedeutung für das Überleben des Menschen ist das große Thema des Harvard-Biologen Edward O. Wilson. Es gab immer wieder durch Katastrophen (Vulkanausbrüche, Meteoriteneinschläge, Klimaveränderungen u. a.) Rückschritte in der Evolution; und die "Reparatur" der eingetretenen Schäden dauerte zumeist Millionen von Jahren. Doch nun scheint sich der Mensch als die größte Naturkatastrophe zu erweisen, der schon heute ein nicht mehr gutzumachendes Massensterben unter den Arten verursacht hat. Wilson ruft zu einem treuhänderischen…mehr

Produktbeschreibung
Die Artenvielfalt, ihre Entwicklung im Laufe der Evolution und ihre Bedeutung für das Überleben des Menschen ist das große Thema des Harvard-Biologen Edward O. Wilson. Es gab immer wieder durch Katastrophen (Vulkanausbrüche, Meteoriteneinschläge, Klimaveränderungen u. a.) Rückschritte in der Evolution; und die "Reparatur" der eingetretenen Schäden dauerte zumeist Millionen von Jahren. Doch nun scheint sich der Mensch als die größte Naturkatastrophe zu erweisen, der schon heute ein nicht mehr gutzumachendes Massensterben unter den Arten verursacht hat. Wilson ruft zu einem treuhänderischen Umgang mit dem biologischen Reichtum, zur Versöhnung von Ökologie und Ökonomie auf und stellt konkrete Maßnahmen vor, die dem Artensterben ein Ende bereiten könnten.
Autorenporträt
Edward Osborne Wilson oder kurz E. O. Wilson, geboren 1929, ist der berühmteste Biologe unserer Zeit. Als (inzwischen emeritierter) Professor forscht und lehrt er über Umwelt, Tierverhalten, Evolution und Biodiversität. Sein Spezialgebiet ist die Erforschung des Zusammenlebens der Ameisen; international bekannt wurde er auch als Begründer der Soziobiologie. Unter seinen vielen wissenschaftlichen Auszeichnungen finden sich die amerikanische "National Medal of Science" und der "Crafoord-Preis" der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften - der weltweit renommierteste Preis für Ökologie. Für seine Veröffentlichungen erhielt er zweimal den "Pulitzer-Preis" in der Kategorie Sachbuch.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.1995

Das globale Kettensägen-Massaker
Die Natur ist mehr als die Summe des Nützlichen: Edward O. Wilson über die gefährdete Biodiversität / Von Henning Ritter

Die gegenwärtig lebenden Generationen sind Zeugen und Urheber eines

Ereignisses, über dessen Bedeutung sie sich zwar nicht täuschen, dessen Charakter und Größenordnung sie aber dennoch meistens verkennen. Das Artensterben ist ein publizistisch allpräsenter Vorgang. Sollten die Prognosen seriöser Biologen zutreffen, ohne daß rettende Maßnahmen Erfolg haben, dann dürfte es ein Ereignis von einem Typus und einer Größenordnung sein, wie er sich in der gesamten Geschichte des Lebens auf der Erde bisher nur fünfmal zugetragen hat, in den sogenannten "Massensterben". Es wäre das erste Mal nach der Entstehung der menschlichen Spezies, daß ein solches Massensterben sich ereignet. Der Mensch wäre dabei der Täter.

Ein Aspekt des globalen Problems läßt sich so formulieren: "Wenn die Vernichtung des Regenwaldes mit der gegenwärtigen Rate fortschreitet, dann wird im Jahr 2022 die Hälfte des heute noch erhaltenen Regenwaldes verschwunden sein." Das bedeutet, daß, vorsichtig geschätzt, mindestens fünf bis zehn Prozent aller Arten dadurch zugrunde gingen, und im Regenwaldareal selbst würde der Artenschwund zwischen zehn und fünfzig Prozent des heutigen Bestandes liegen; einige rechnen mit einer Abnahme von zwanzig Prozent. Er kommt zu dem Fazit, daß "wir uns somit zweifelsfrei inmitten eines der größten Massensterben der Erdgeschichte" befinden.

Solche Aussagen und Schätzungen müssen freilich vor dem Hintergrund gesehen werden, daß die Biologie bis heute nur einen verschwindend kleinen Teil der existierenden Artenvielfalt überhaupt registriert, geschweige denn erforscht hat. Es ist beispielsweise unklar, ob die Gesamtzahl der Arten auf unserem Planeten zehn, dreißig oder hundert Millionen beträgt. Wie immer man die Frage nach der Anzahl der Arten beantworten mag, so liegt über dem Resultat, wenn es eines Tages vielleicht verläßlich ermittelt wurde, der Schatten, daß die endlich erfaßte Vielfalt dann nicht mehr vorhanden sein wird oder sich nicht mehr bewahren läßt.

Auf dieses Geschehen, das sich aus Gründen der Artendichte und -vielfalt vor allem in den tropischen Regenwaldregionen abspielt, richten sich viele Befürchtungen, und an apokalyptischen Szenarien ist kein Mangel. Das Erstaunliche ist aber, daß darüber, was da geschieht, was es bedeutet und was in diesem Abgrund der Vernichtung zugrunde geht, nur schwer gesicherte Aussagen zu machen sind. Die Biologie, so darf man wohl sagen, hat diese Vorgänge zwar frühzeitig bemerkt, ist aber in ihrer eigenen wissenschaftlichen Verfassung offenbar nicht hinreichend darauf vorbereitet, die Erscheinungen und die Besonderheit der biologischen Artenvielfalt ins Visier zu nehmen.

Der angesehene Harvard-Biologe Edward O. Wilson war in den siebziger Jahren, als er ein programmatisches Mammutwerk über "Soziobiologie" schrieb, die "bête noire" der Zunft. Seither ist er nicht zuletzt durch vielgerühmte und preisgekrönte Darstellungen der Ameisengesellschaften (zusammen mit dem Tübinger Zoologen Bert Hölldobler) hervorgetreten. Das Spektrum seiner wissenschaftlichen Interessen hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren erstaunlich erweitert. Seit einigen Jahren hat er sich der Frage nach dem Wesen der biologischen Artenvielfalt, der sogenannten "Biodiversität", zugewandt. Das vorliegende Buch ist der Versuch, die Wissenschaft vom Leben systematisch auf die Probleme, die mit der Vielfalt des Lebens zusammenhängen, zu orientieren. Es ist ein populär gehaltenes und spannend zu lesendes Plädoyer für den Respekt vor jenem Phänomen, durch das sich das Leben nach den Millionen von Jahren seiner Entwicklung auf unserer Erde auszeichnet: für das Phänomen der Vielfalt und Verschiedenheit, die vom Leben hervorgebracht wird als sein wesentliches Merkmal.

In dieser Neuorientierung auf die Biodiversität hin entdecken die Wissenschaften vom Leben nicht etwa nur ein neues Thema oder ein neues Forschungsgebiet. Sie schicken sich vielmehr an, ganz neu zu definieren, was eigentlich das Leben sei. Insofern haben wir es mit einer dramatischen, weil unter enormem Zeitdruck stehenden Abwendung von herkömmlichen Lebensanschauungen zu tun, die im Rahmen der Evolutionsbiologie bleibt, aber die seit Darwin mit dem Entwicklungsbegriff verbundenen Vorstellungen verabschiedet. Das ist ein ganz einzigartiger und auch philosophisch bedeutsamer Vorgang. Auch wenn Wilson in dieser Dimension seines großartigen Buches nicht zu Formulierungen gelangt, die als solche schon Bestand haben können, gelingt es ihm, die Probleme sichtbar zu machen und den Leser durch die wichtigsten Bereiche der gegenwärtigen Biologie, wie Evolutionstheorie, Genetik und Ökologie, zu lenken.

Edward O. Wilson bietet eine perfekte Einführung in die mit der Artenvielfalt zusammenhängenden Probleme und die institutionellen Möglichkeiten, auf die dramatische aktuelle Lage zu reagieren. Er läßt es dabei nicht an brillanten Wiedergaben von ausgreifenden Forschungen fehlen, gespickt mit Zahlen und Hochrechnungen und Schätzungen. Aber der Ehrgeiz des Autors geht weiter. Er will die Natur nicht nur erkennen, er will sie auch schildern, und gelegentlich gelingen ihm suggestive Bilder. Sie alle scheinen aber einem amerikanischen Muster naturgeschichtlicher Darstellung verpflichtet zu sein, deren verwandte Erscheinungen hierzulande längst keine Nachfolge in der Gegenwart mehr finden. Dieser Autor ist einer der letzten Romantiker unberührter Natur. Er glaubt an sie, auch wenn bald jeder Quadratkilometer durchstreift und durchkämmt sein wird. Wilson hat die unberührte Natur, die einstmals die der großen Arten war, miniaturisiert. Im kleinen und in den für das unbewaffnete Auge nicht wahrnehmbaren Welten sieht er die eigentlichen Dramen sich abspielen.

An die Stelle der Superlative im Sichtbaren sind längst die Superlative des Funktionierens getreten, der Überlebenschancen, der verborgenen Leistungen, die noch der Nutzung harren. Wilsons Natur hat ganz neue Helden. In erster Linie gehörten gewiß seine Ameisen dazu, über die er bedeutende neue Erkenntnisse gewonnen und die er zum Gegenstand faszinierender Schilderungen gemacht hat. An die Stelle der gewalttätigen Naturszenen, die das neunzehnte Jahrhundert liebte, ist längst die Welt des Biotops mit ihren genauen Passungen, den Wundern der Funktionalität und Feinabstimmung von Organismen füreinander getreten: eine Welt der Rücksichtnahme. Doch Wilsons Naturbilder zeichnen sich durch die Ehrlichkeit aus, daß ihr Autor das Moment des Gewaltigen und Gewalttätigen, um welches man sich heute gerne herummogelt, nicht unterschlägt. So erspart er seinen Lesern die Besorgnisse und die Betulichkeiten des kleinlich um das Überleben jeder Art besorgten ökologischen Naturfreundes.

Dazu paßt die Unbefangenheit, mit der die Frage des Nutzens der Natur angegangen wird. Auch diese Nüchternheit dürfte amerikanisch sein. Der Autor scheut sich nicht, eine strenge Nutzenkalkulation der Natur ins Auge zu fassen und den Nutzen sogar am schnöden Geldwert zu messen. Wortreich schildert er, welche Gewinne aus dem ungeheuren chemischen Labor, als welches die Natur seit unzähligen Generationen tätig ist, gezogen werden könnten, zumal den tropischen Regenwäldern. Er rechnet nach, wie viele Berufsleben von Chemikern aufgeboten werden müßten, um auch nur einen Bruchteil der Laborstunden des unausgesetzt experimentierenden Regenwaldes zustande zu bringen. Auf Schritt und Tritt könnten die Menschen als intelligente Nutzer dieser Schätze Reichtümer heben, die alle Gewinne, die sie heute aus den Holzvorräten und durch Rodung erzielen, um ein Vielfaches übertreffen würden. Eine klüger gewordene Menschheit würde bald dessen innewerden, welch ungeheuren Reichtum man für Kinkerlitzchen hingegeben hat.

Der Utilitarismus, mit dem der Autor an die moralisch hochsensibel gewordenen Fragen des Artenschutzes herangeht, dürfte hierzulande irritierend wirken, wo der naturschützerische Impuls etwas Asketisches zu haben pflegt. Aber die utilitaristische Perspektive verliert hier den Ruch des Raffgierigen. Der wahre Nutzen, so ließen sich all diese Überlegungen bündeln, bestünde darin, daß die Menschen mit dem Lebendigen auf dessen eigenem Niveau einen Nutzungspakt eingingen. Eine Voraussetzung, um in den Genuß der eigentlichen Güter der Natur zu gelangen, bestünde demnach in der Schonung ihrer Lebensräume, die als hochsensible Fabriken nur dann optimal arbeiten können, wenn man sie in Ruhe läßt.

Die konsequente Nutzenkalkulation der natürlichen Artenvielfalt, wie Wilson sie in den Schlußkapiteln seines Buches vorführt, ist alles andere als ein Triumph des banalen menschlichen Egoismus. Sie stößt vielmehr ein Tor zu dessen Gegenteil auf. Die derzeitige Praxis, wonach beispielsweise fast der gesamte Regenwald Ecuadors gerodet wurde, um die vermeintlich so hochwertigen Hölzer zu gewinnen oder das Land für einen primitiven und schnell erschöpften Ackerbau freizumachen, offenbart eine verheerende Niederlage der menschlichen Intelligenz. Wie sollen Menschen, die für den größten Schatz, der sich in greifbarer Nähe befand, so blind waren, daß sie statt der Wunderlampe in Aladins Höhle nur billigen Flitterkram ergriffen, je wieder mit Autorität auf ihr Interesse und ihren Nutzen pochen?

Wer die Geschichte der noch immer fortschreitenden Zerstörung der Ballungszentren der Artenvielfalt liest, kann sich des Eindrucks kaum erwehren, daß der Mensch nicht der clevere Meister im Ausnutzen von allem und jedem ist, als der er sich selbst gerne sieht, sondern ein ahnungsloser Tor, der an allem überragend Wertvollem vorbeitaumelt. Wären die Menschen doch nur so egoistisch und auf ihren Nutzen bedacht, wie man es ihnen immer nachsagt! Der amerikanische Biologe John Terborgh hat gegen diese utilitaristische Argumentationslinie von Edward O. Wilson eingewandt, daß die Biodiversität auch dann zerstört würde, wenn wir alles von uns konkret als nützlich Erkannte bewahren würden; der Nutzenkalkül verfehle grundsätzlich, was die Natur ist.

Angesichts dieser Kluft, die sich zwischen dem Menschen und der Natur unübersehbar auftut, um sich nie wieder zu schließen, erhält der demographische Erfolg der menschlichen Spezies etwas Gespenstisches und Rätselhaftes. Sollten die Menschen die Rolle als Begünstigte der Natur und des Lebens ausgeschlagen haben, sollten sie tatsächlich die aus dem Paradies Vertriebenen sein, um auf kleinliche Weise eine Art Rache an jener großherzigen Natur zu üben, mit der sie es aus Dummheit verdarben? So muß es wohl gesehen werden angesichts des Dramas, dessen Zeuge die heute lebenden Generationen sind.

Wilson beendet sein Buch mit einer großen Schlußbetrachtung: "Die grüne Erde vor dem Auftreten des Menschen ist das Rätsel, dessen Lösung uns aufgegeben ist, und zugleich ist sie ein Führer zur Geburtsstätte unseres Geistes, der sich jedoch heimlich davonstiehlt. Der Weg zurück wird mit jedem Jahr schwerer. Die Gefahr, die der Menschheit auf ihrem Weg in die Zukunft droht, bezieht sich weniger auf das Überleben unserer eigenen Art als vielmehr auf die Erfüllung der höchsten Ironie der organischen Entwicklung: daß Leben in dem Augenblick, da es durch den Geist des Menschen zur Selbsterkenntnis gelangt, seine schönsten Schöpfungen dem Untergang geweiht hat. So schließt der Mensch die Tür zu seiner Vergangenheit."

Düsteres Fazit eines Optimisten. Denn Wilson ist von der Idee besessen, daß die Rettung in der gedanklichen Durchdringung der Lebensphänomene liegt, die er in seinem Buch zum Thema gemacht hat. Er glaubt, daß es in der verbleibenden Frist noch möglich sein könnte, mit einer ungeheuren gemeinsamen Anstrengung wenigstens große Teile der unregistrierten und unerkannten Arten zu erfassen und durch diese Anstrengung jenes Bewußtsein zu erzeugen, an welchem es allenthalben mangelt. In jeder Zeile des Buches ahnt man, daß ein moralisches oder ethisches Engagement für das Leben nicht genug sein wird, solange man nicht versteht, was dieses Lebendige in der ganzen Vielfalt seiner Erscheinungen ist.

So lautet der erste Punkt der Maßnahmen, die Wilson empfiehlt und die den

Blick auf das Machbare nicht verschmähen, konsequenterweise: "vollständige Erfassung der Fauna und Flora der Erde." Angesichts dessen, daß die Biologie heute kaum anzugeben weiß, wie viele Arten es überhaupt gibt, daß die große Mehrheit unbekannt ist und neunzig Prozent von ihnen bisher nicht einmal einen wissenschaftlichen Namen erhalten haben, kann man ahnen, welche Anstrengung gefordert wäre, um das Massensterben abzuwenden. Es folgen vier weitere Programmpunkte, die ein atemberaubendes Arbeitspensum der Menschheit umreißen: Schaffung biologischen Reichtums; Förderung ökologisch zumutbarer Entwicklungen; Bewahrung einer größtmöglichen Vielfalt; Wiederherstellung natürlicher Lebensräume. Wilson scheut sich beispielsweise auch nicht, dem Ökotourismus dabei eine hilfreiche Rolle zuzuweisen, wie peinlich die Konfrontation von Arm und Reich dabei auch sein mag.

Ein tragisches Paradox nennt es Wilson, daß die ärmsten Nationen die Verantwortung für die größten und artenreichsten Lebensräume haben. Die Tragik liegt darin, daß sich angesichts des menschlichen und sozialen Elends in diesen Ländern Maßnahmen zur Rettung der Artenvielfalt besonders schwer plausibel machen und durchsetzen lassen. Dieser Unterschied der Perspektiven kann nicht durch Belehrung oder moralische Appelle ausgeglichen werden. In den Interessenkonflikten, die sich heute schon in den sensiblen Regionen abspielen, zeichnet sich düster die tragische Wahl zwischen der Erhaltung der Menschheit und der Natur ab.

Der Mensch scheint keineswegs dazu disponiert, die Vielfalt der Natur als solche zu erkennen, zu respektieren und zu hegen. Er scheint dies erst zu wollen, wenn er der Natur ferngerückt ist und sie mit nostalgischem Blick anschaut. Wilson, der sich der Versuchung zu Horrorgeschichten wacker entgegenstemmt, erzählt von dem mexikanischen Lastwagenfahrer, der einen der letzten beiden Kaiserspechte, den größten Specht der Erde, erlegte und verspeiste und dies nur mit dem Satz zu kommentieren wußte: "Es war ein großes Stück Fleisch." Wie will man diesem Esser erklären, was er verspeist hat?

Am Ende müssen die Zweifel wachsen, ob der Mensch überhaupt ein positives Verhältnis zum Leben jenseits seiner eigenen Lebendigkeit und der von seinesgleichen gewinnen kann. Ist er, der auf Vielfalt und auf seinen Sinn für Vielfalt sich so viel zugute hält, nicht vielmehr in Wahrheit der große Gleichmacher und Reduzierer? Der Mensch schlägt Schneisen ins Unübersichtliche, er legt Pfade an durchs Unwegsame, auf denen er von dem, was sich ihm in den Weg stellte, absehen kann. Er hat die Werkzeuge der Rodung, des Umpflügens und Planierens erfunden. Er ist der ewige Gleichmacher. Das Zeichen, an dem man ihn erkennt, ist im zwanzigsten Jahrhundert die Motorsäge.

Edward O. Wilson: "Der Wert der Vielfalt". Die Bedrohung des Artenreichtums und das Überleben des Menschen. Aus dem Amerikanischen von Thorsten Schmidt. Piper Verlag, München 1995. 512 S., 18 Farbtafeln und 42 Abbildungen, geb., 68,- DM.

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