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Ludwig lebt allein mit seiner Mutter, bis die beiden bei einem heftigen Sturm ihr Haus verlieren. Von nun an ist er heimatlos, auf der Suche nach seinem eigenen Platz im Leben. Schockiert über seine Mutter, die nach Amerika reist, um ihr früheres Leben als Pornodarstellerin wieder aufzunehmen, folgt er ihr und verdient sein Geld in Los Angeles als Barpianist. In zwei Nächten erzählt Ludwig einer Zufallsbekanntschaft die Geschichte seines rastlosen Lebens. Tommy Wieringa schreibt den Roman einer Generation: eine verrückte, extreme Lebensgeschichte über den Aufbruch eines jungen Mannes ins Ungewisse.…mehr

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Produktbeschreibung
Ludwig lebt allein mit seiner Mutter, bis die beiden bei einem heftigen Sturm ihr Haus verlieren. Von nun an ist er heimatlos, auf der Suche nach seinem eigenen Platz im Leben. Schockiert über seine Mutter, die nach Amerika reist, um ihr früheres Leben als Pornodarstellerin wieder aufzunehmen, folgt er ihr und verdient sein Geld in Los Angeles als Barpianist. In zwei Nächten erzählt Ludwig einer Zufallsbekanntschaft die Geschichte seines rastlosen Lebens. Tommy Wieringa schreibt den Roman einer Generation: eine verrückte, extreme Lebensgeschichte über den Aufbruch eines jungen Mannes ins Ungewisse.
Autorenporträt
Tommy Wieringa, geb. 1967, studierte Geschichte und Journalistik, war Redakteur einer Literaturzeitschrift und Musiker. Er schreibt Erzählungen, Reisereportagen, Hörspiele und Gedichte. Wieringa lebt auf einem Bauernhof in der Nähe von Amsterdam.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.09.2011

Soundtrack inklusive
Tommy Wieringas dramatische Familiengeschichte

Jeder hat ihn wohl auf die eine oder andere Weise schon einmal erlebt: den Moment, in dem man einem relativ fremden oder auch völlig fremden Menschen plötzlich etwas erzählt, was man sonst für sich behalten würde. Darauf folgen kann der schnelle Rückzug in die Verschwiegenheit, man beißt sich auf die Zunge - oder aber die Dämme brechen ganz, und es beginnt das wasserfallartige, nicht selten selbsttherapeutische Erzählen. Alkohol kann dabei als Katalysator dienen.

In Tommy Wieringas zweitem Roman ereignet sich diese menschliche Elementarsituation in einer Kneipe an der englischen Küste. Die Szenerie kann man sich ziemlich genau so vorstellen, wie es in Billy Joels Songklassiker "Piano Man" geschildert wird: Sie sind alle in the mood for a melody, die bier- und cocktailseligen, ganz verschiedenen Menschentypen an der Bar, und der Pianomann muss sie bedienen. Hören wollen sie, neben Gershwin und Elton John, vor allem Filmmusik. Da kommt etwa eine Dame und fragt: "Können Sie etwas aus ,Schindlers Liste' spielen?"

Die erzählerischen Dämme brechen dann allerdings nicht bei den Gästen, sondern der Tastenmann selbst ist es, der sich nach Dienstschluss einer Fremden anvertraut: So kommt es, dass Ludwig Unger, ein junger, aber weitgereister Mann, der etwas älteren Linny Wallace seine Familiengeschichte erzählt.

Das Buch wird dadurch geprägt von einer Rahmen-Binnen-Struktur, bei der jedoch auf beiden Ebenen dieselbe Person spricht: Der erwachsene Ludwig Unger berichtet zunächst von seiner Rückkehr in den Küstenort, an dem er als Jugendlicher gelebt hat, und schildert, wie er in der Kneipe "Schooner's Inn" nach zwölf Jahren Abwesenheit wieder als Klavierspieler anheuert - bis hin zur Begegnung mit Linny Wallace, die ihn fragt: "Wie wird ein Junge aus Alburgh aus Versehen Barpianist?" Ludwig versteht dies als "magische Frage", die "eine Brücke schlägt zwischen damals und heute, zwischen meinen frühesten Erinnerungen und dem jetzigen Augenblick" - und schafft sich so den Anlass für seine eigene Binnenerzählung, die den weitaus größeren Teil des Romans ausmacht.

In seinem Kern liegt ein Trauma, das die Geschichte vom verlorenen Sohn umkehrt in die eines verlassenen Sohnes: Ludwigs Vater hat sich früh aus dem Staub gemacht, als die Familie noch im ägyptischen Alexandria lebte; allein mit der Mutter bezieht Ludwig nach Umwegen ein holzwurmbefallenes Haus, das jedoch noch von einer anderen Gefahr bedroht ist: Es steht an einem Küstenabschnitt, dem das Meer Stück um Stück Land abtrotzt. Das Motiv der Erosion, das auch dem ersten Teil des Buches als Überschrift voransteht, ist damit überdeutlich eingesetzt - natürlich geht es nicht nur um die Erosion des Bodens unter dem Haus, sondern auch um die der Familienstrukturen, die Ludwigs Leben von Beginn an prägt.

Verloren ist aber in zunehmendem Maße nicht nur der Sohn, sondern auch der Plot der Erzählung: Ludwig muss herausfinden, dass seine Mutter früher als Pornodarstellerin gearbeitet hat; er folgt ihr nach Los Angeles und macht Bekanntschaft mit der einschlägigen Szene, die ausführlich beschrieben wird. An den Haaren herbeigezogen wirkt dann die Suche nach dem Vater, einem selbstzerstörerischen Künstler, der sich geradezu wie ein Colonel Kurtz aus Joseph Conrads "Herz der Finsternis" im Urwald von Panama verschanzt hat und niemanden an sich heranlässt. Folglich ist er auch nicht begeistert, als Ludwig ihn dort aufspürt.

So dramatisch sich die Geschichte des verlorenen Sohnes in dieser aktualisierten ausnimmt, hätte man gern teilweise weniger von ihr, dafür mehr von der Geschichte des erwachsenen Rahmenerzählers gehabt: mehr von der Lakonik und Abgebrühtheit des Rückblickenden, mehr von der sich anbahnenden Liebesgeschichte zwischen ihm und Linny Wallace. Die Haltung des älteren Ludwig ist nur erklärbar aus dem Leidensweg des jüngeren. Tommy Wieringas Erzählen hat, trotz einiger schablonenhaft abgehandelter Episoden auf diesem Weg und trotz seines zu dicken Auftragens mit Katastrophen, immer wieder lichte und zuweilen auch rührende Momente.

JAN WIELE

Tommy Wieringa: "Der verlorene Sohn". Roman.

Aus dem Niederländischen von Bettina Bach. Hanser Verlag, München 2010. 332 S., geb., 21,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Licht und Rührung bietet dieser Roman, doch leider nicht genug davon. Den Rezensenten Jan Wiele enttäuscht die als klassische Kneipenstory vielversprechend beginnende Geschichte des Barpianisten Ludwig Unger durch den stetig erodierenden Plot, der sich im Hinundher zwischen dem erinnerten Damals und dem Heute der Hauptfigur Stück für Stück selbst zerlegt, wie er uns mitteilt. Das im Mittelpunkt dieser biografischen Spurensuche stehende Trauma vom Verlust der Eltern erscheint Wiele mitunter an den Haaren herbeigezogen. Die Gegenwart des Rückschau haltenden Erzählers kommt seiner Meinung nach dagegen zu kurz.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Tommy Wieringa lässt seine Figuren so ziemlich alles erleben, was möglich ist, auch wenn es unmöglich erscheint." Annette Mingels, Neue Zürcher Zeitung, 28.11.10