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Fotografien der Assyrer, Memeldeutschen, Tartaren, Zipser, Degesi, Zimbern und Schwarzmeerdeutschen

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Produktbeschreibung
Fotografien der Assyrer, Memeldeutschen, Tartaren, Zipser, Degesi, Zimbern und Schwarzmeerdeutschen
Autorenporträt
Herbert Maurer, geboren 1965 in Wien, studierte ebendort Theologie, dann Sprachwissenschaften und Altarmenisch in Venedig, Jerusalem, und nach Aufenhalten in Bilbao, Moskau, Tiflis, an der Universität Jerewan. Lebt seit 1992 wieder in Wien als Dichter, Publizist und Übersetzer. Teilnahme an den Ingeborg-Bachmann-Lesungen 1996 in Klagenfurt. Rheingauer Literaturpreis 1996.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.04.2006

Die Würde der Randständigen
Kurt Kaindl und Kal-Markus Gauß reisen zu den versprengten Minderheiten Europas
Wie früher die Cowboys im Grenzland, in dem sich die letzten Vorposten der westlichen Zivilisation endgültig in der ungebändigten Prärie verlieren, so streifen der Fotograf Kurt Kaindl und der Autor Karl-Markus Gauß gegenwärtig immer wieder an den Rändern Europas entlang: verwurzelt in der westlichen Kultur, jedoch neugierig auf das Unbekannte, mitunter auch Waghalsige. Wobei diese Ränder nicht identisch sind mit den geografischen Begrenzungen des Kontinents. „Der Rand der Mitte” heißt deshalb auch das gemeinsame neue Buch der beiden. An einer Stelle schreibt Gauß, dass „der Nationalstaat, diese Zwangsvorstellung eines Staates, in dessen Grenzen eine national homogene Bevölkerung lebt, dem europäischen Osten völlig unangemessen ist: auch in Litauen kann man es studieren.” Oder in der Slowakei, der Ukraine, in Schweden, in Italien. Beinahe jede europäische Gesellschaft weist diese Ränder auf - selten in den Grenzregionen.
Kaindl und Gauß haben sich aufgemacht in die am wenigsten bekannten dieser fremden, eigenständigen Welten. Sie sind für viele unsichtbar und gänzlich umschlossen von dem, was wir für Europa halten. So haben die beiden die Assyrer in Schweden aufgesucht, Christen aus dem einstigen Osmanischen Reich, die nach dem Zweiten Weltkrieg vor Übergriffen und Pogromen aus der Türkei geflohen sind und sich in den Gastländern als religiöse oder ethnische Gruppe zu identifizieren versuchten. Das gewährte man ihnen allerdings kaum, sie wurden meist als Türken oder Kurden klassifiziert. Nur in Schweden konnten sie ihre Identität behaupten. In der südwestlich von Stockholm gelegenen Stadt Södertälje gibt es sogar einen assyrischen Fußballclub, die Assyriska Fotbollsföreningen, die vergangene Saison in der ersten Liga spielte.
Zwischen zwei und vier Seiten kurz sind die Aufsätze von Karl-Markus Gauß über die „unbekannten Nationalitäten Europas”. Knapp skizziert er deren Herkunft, soweit sie bekannt ist, und einige Begegnungen auf der Reise. Erst zusammen mit Kaindls Schwarzweiß-Fotografien kann der Leser ein Gespür für die jeweilige Atmosphäre entwickeln. Auf den ersten Blick wirken viele Bilder trist, die Motive mitunter öde. Doch wohnt den Aufnahmen eine große Spannung inne, die aus der Kombination von bescheidener Ernsthaftigkeit und unbekümmerter Heiterkeit resultiert. An den Zipsern in der Slowakei zeigen Kaindl und Gauß, wie sich „das Gediegene und das Heruntergekommene, Anmut und Brutalität” ineinander geschoben haben. Am Rand vieler Zipser Städte wohnen wiederum die Degesi, „eine verachtete Kaste der Unberührbaren innerhalb der verachteten Minderheit der slowakischen Roma”. Schockierende Bilder der Verwahrlosung hat Kaindl dort gemacht, und doch ist ihm das Wichtigste gelungen: Er hat den Porträtierten ihre Würde belassen - ihnen vielleicht auch erst eine verliehen. So stolz wie für Kaindls Aufnahme hat ein Junge seinen struppigen Hund wohl noch nie präsentiert. Auf seinem Pullover steht „Success Kids”, und für einen Augenblick ist man versucht, dieser Verheißung zu trauen.
Saturierter leben die Memeldeutschen und die Tataren in Litauen, die Schwarzmeerdeutschen in der Ukraine, die Zimbern in Italien. Aber auch sie trotzen „dem großen Gleichmacher, dem Fortschritt”. Anders lässt sich regionale Kultur nicht bewahren.
STEFAN FISCHER
KURT KAINDL und KARL-MARKUS GAUß: Der Rand der Mitte. Reisen ins unbekannte Europa. Edition Fotohof im Otto Müller Verlag, Salzburg 2006. 144 Seiten, 25 Euro.
Kurt Kaindl und Karl-Markus Gauß erkunden die wenig bekannten Nationalitäten Europas. Oftmals leben sie abgeschottet, so wie die Zimbern in Italien oder die Tataren in Litauen. Nur die Schwarzmeerdeutschen haben auch in größeren, heterogen bevölkerten Städten ihre Spuren hinterlassen, zum Beispiel dieses Palais eines vormaligen Großindustriellen in Odessa. Foto: Kurt Kaindl
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