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  • Buch mit Leinen-Einband

Produktdetails
  • Klassiker der Geschichtsschreibung
  • Verlag: Magnus, Essen
  • Nachdr.
  • Seitenzahl: 731
  • Abmessung: 200mm
  • Gewicht: 894g
  • ISBN-13: 9783888510571
  • ISBN-10: 3888510570
  • Artikelnr.: 24222380
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.03.2003

Der Peloponnesische Krieg

Im Jahr 432 vor Christus gab es das Wort "Globalisierung" noch nicht. Es gab noch nicht mal richtiges Hochlatein, und es gab auch kein römisches Imperium. Alles, was es - jedenfalls in unserem Teil der Welt - gab, war (außer den paar Holzhütten, die damals "Rom" hießen, und einem Dutzend Etruskerstädte) ein langsam verfallendes persisches Landreich und ein griechisches Seehandelsreich. Letzteres gehörte den Athenern, die sich aber nichts aus Monarchen und Despoten machten; deshalb hatten sie eine Bundesgenossenschaft gegründet, die nach dem Prinzip einer Raiffeisenbank funktionierte: Die Partner - so gut wie alle ägäischen Inseln, dazu Städte und Landschaften an den Küsten ringsum - zahlen ein, Athen hütet die Kasse. Das ging eine Weile gut, dann merkten die Genossen, daß sie meistens viel mehr einzahlten, als sie herausbekamen. Also bildete sich Gegendruck. Dessen Epizentrum war Sparta, wo die hellenische Tradition gehütet wurde und Männer mit Eisenmuskeln und kurzen Röcken Blutsuppe aßen und ihre Frauen schlugen. Also doch das alte Spiel: Regionalismus versus Globalisierung. Und das 432 vor Christus! In diesem Jahr also geraten sich zwei neutrale Mächte, Korinth und Kerkyra, in die Haare und rufen Athen respektive Sparta zu Hilfe. Und dann geht der Höllentanz los: Sommerfeldzüge, Winterfeldzüge, Seeschlachten, Landschlachten, Blockaden und Belagerungen, dazu alle Arten von Verrat, Verschwörung, Lynchjustiz, Massaker und obendrauf noch Pest und Hunger. Nach knapp dreißig Jahren, im Jahr 404, sind die Athener am Boden, die siegreichen Spartaner ausgeblutet, die griechische Klassik ist vorbei, und es beginnt die Zeit der Philosophen, der Sinndeuter des großen Unheils. Wir wüßten wenig von alledem, hätte nicht Thukydides, ein Offizier aus Athen, den seine Landsleute ins Exil geschickt hatten, diesen "Peloponnesischen Krieg" aufgeschrieben und damit die moderne Geschichtsschreibung begründet. Thukydides war ein Mann, der sich lieber auf Fakten als auf Sagen stützte, der mit Augenzeugen sprach und Dokumente abschrieb, und so liest sich auch sein Buch: nüchtern, knapp, mit einer kalten Sachlichkeit berichtend, unter der bisweilen dunkle Feuer aus Mitleid, Empörung und Trauer aufglühen. Unvergeßlich die Abschlachtung der Gefangenen von Plataiai, die nach dem Untergang ihrer Stadt um ihr Leben bitten; als Antwort wird jeder der Gefangenen gefragt, ob er Sparta und seinen Kriegsgenossen auf irgendeine Weise gedient habe, und "so oft einer mit Nein antwortete, ließen sie ihn abführen und hinrichten, und niemanden verschonten sie." Auch das Buch verschont niemanden; es ist die erste kritische Studie über den Wahnsinn des Menschen. Man muß es einfach lesen.

Andreas Kilb.

Thukydides: "Der Peloponnesische Krieg". Philipp Reclam Jun. 2000. 865 Seiten. 15,10 [Euro].

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