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Die Philosophie der Neuzeit hat ein gespaltenes Verhältnis zum Menschen. Einerseits vollzieht sich die Wende zum Subjekt seit der Renaissance über die Zentrierung des Menschen, andererseits muss das Erkenntnissubjekt vom konkreten Menschen gereinigt werden, um die Objektivität wissenschaftlicher Beobachtung zu gewährleisten. Das cogito funktioniert zwar seit Descartes als das unerschütterliche Fundament aller Bestimmung von Wirklichkeit - der Mensch darf sich deshalb aber nicht zum Maß aller Dinge erklären.Im Lichte dieser allgemeinen Fragestellung steht insbesondere das…mehr

Produktbeschreibung
Die Philosophie der Neuzeit hat ein gespaltenes Verhältnis zum Menschen. Einerseits vollzieht sich die Wende zum Subjekt seit der Renaissance über die Zentrierung des Menschen, andererseits muss das Erkenntnissubjekt vom konkreten Menschen gereinigt werden, um die Objektivität wissenschaftlicher Beobachtung zu gewährleisten. Das cogito funktioniert zwar seit Descartes als das unerschütterliche Fundament aller Bestimmung von Wirklichkeit - der Mensch darf sich deshalb aber nicht zum Maß aller Dinge erklären.Im Lichte dieser allgemeinen Fragestellung steht insbesondere das Anthropomorphismus-Problem, das heißt die Schwierigkeit, dass wir nicht anders als menschlich in die Welt hineinschauen können, wodurch diese grosso modo auch 'menschlich' zurückblickt. Mag es unsere Vorstellung von einem göttlichen Wesen sein, der Kraftbegriff der Physik oder das Bewusstsein von Tieren - überall laufen wir Gefahr, Nichtmenschliches zu vermenschlichen. Über die Möglichkeit, den Anthropomorphismusgänzlich zu vermeiden oder zumindest kritisch zu wenden, ist in der Philosophie seit der Aufklärung bis in unsere Tage viel diskutiert worden. Die Studie verfolgt diese Debatte von Hume, Hamann und Kant über Feuerbach und Nietzsche zu Husserl, Cassirer und Hans Jonas. Dabei werden drei Typen von Anthropomorphismus unterschieden, die zugleich als geschichtlich sich entfaltende Paradigmen der Erkenntnistheorie verstanden werden können: So löst in der Analyse der anthropomorphen Beobachtung der Wirklichkeit das konstruktivistische Zuschreibungsparadigma das Analogiedenken ab, um schließlich der zirkulären Struktur einer Hermeneutik des Selbstverständnisses und der teilnehmenden Beobachtung Platz zu machen. Der Mensch steht der Welt nicht nur gegenüber, sondern ist selbst Teil dessen, was er beobachtet. So erschließt sich das Ganze vom Teil wie der Teil vom Ganzen her.
Autorenporträt
PD Dr. phil. Ralf Becker lehrt Philosophie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.10.2011

Vermenschlicht

Kann man die Welt auch anders sehen als vom menschlichen Standpunkt aus? Hinter dieser nur scheinbar trivialen Frage - Antwort: nein, natürlich nicht! - verbirgt sich eine gelehrte Debatte, die in der Philosophie unter dem Stichwort Anthropomorphismus geführt wird. Die durchaus abgründige Voraussetzung dieser Debatte lautet: Auch wenn die menschliche Sicht auf die Dinge für Menschen unvermeidlich erscheint, so ist sie doch nur eine unter mehreren möglichen. Denn die Dinge hören ja nicht auf zu sein, wenn Menschen ihren Blick von ihnen abwenden; mit anderen Worten: Die Dinge, Tiere, Naturgewalten stellen sich auch unabhängig vom menschlichen Beobachter dar. Wie aber erscheinen sie in nicht-menschlicher Perspektive? Sind Weisen der menschlichen Erkenntnis denkbar, die nicht der Vermenschlichung ihrer Gegenstände anheimfallen? In der Geschichte der Philosophie finden sich dazu wegweisende Überlegungen, die Ralf Becker in einer lesenswerten Monographie zusammengestellt hat. Eine Grundthese seiner das wissenschaftliche Objektivitätsideal berührenden Habilitationsschrift lautet: "Der puristische Versuch, unser Weltverhältnis von den anthropomorphen Elementen zu reinigen, droht, wenn es über das Ziel hinausschießt, unseren Aufenthaltsort in der Welt zu verwischen." Übrig bleibe in diesem Fall eine Perspektive ohne Standpunkt. Den Schluss des Buches bildet denn auch die Skizze einer "Ethik des Beobachtens", welche "über die hermeneutischen Widersprüche des szientifischen Reduktionismus aufzuklären" sucht. (Ralf Becker: "Der menschliche Standpunkt". Perspektiven und Formationen des Anthropomorphismus. Verlag Vittorio Klostermann, Frankfurt am Main 2011. 383 S., br., 39,80 [Euro].) gey

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