Ist von Unternehmern im "Dritten Reich" die Rede, so denkt man in erster Linie an die Vertreter von Großindustrie und Banken, die in Hitlers Aufstieg und Fall verstrickt waren, von der Kriegswirtschaft profitiert hatten und nach dem Krieg von den Siegermächten als Kriegsverbrecher angeklagt wurden. Hans Kehrl steht für eine andere Verbindung von Wirtschaftund Politik: Als Textilunternehmer absolvierte er eine glänzende Karriere auf verschiedenen Ebenen des nationalsozialistischen Apparats, die ihn schließlich in den letzten Kriegsjahren in die Position des eigentlichen Organisators der deutschen Kriegswirtschaft und Rüstungsindustrie führte: als quasi "Generalstabschef" Albert Speers im Reichswirtschaftsministerium. Hans Kehrl war fasziniert von der Politik. 1900 geboren, gehörte er zu den durchsetzungsstarken Politikern der jüngeren Generation, die an verschiedenen Stellen des nationalsozialistischen Machtapparats wirkten. Rolf-Dieter Müller zeigt den Weg des Unternehmers in die Politik. Er führt dabei in das Innere des nationalsozialistischen Wirtschaftsmanagements und schildert, wie Kehrl in den letzten Kriegsjahren dazu beitrug, die Rüstungswirtschaft zu außerordentlicher Produktivität zu bringen. Die Biographie dieses Mannes bildet eine wichtige Etappe der deutschen Geschichte ab. Sie verbindet allgemeine Wirtschaftsgeschichte, Elitengeschichte und Branchengeschichte. Sie ist zugleich ein Spiegelbild seiner Generation und ein Lehrstück über Möglichkeiten und Grenzen der wirtschaftspolitischen Einflußnahme eines Unternehmers im totalitären Staat.