zwitschern, während der glückliche Prinz artig den Allmächtigen preist. Ende gut, alles gut.
"Der glückliche Prinz" war das erste Märchen des Abends, mit dem Udo Samel sein Publikum in der Frankfurter Oper beglückte. Der Schauspieler und Regisseur hatte es sich trotz einer leichten Erkältung nicht nehmen lassen, aus den Werken von Oscar Wilde zu lesen. Ein antiker Tisch mit Stuhl, eine Leselampe mit grünem Schirm und Messingfuß, an der eine Fotografie des berühmten Schriftstellers lehnte, daneben ein Glas Wasser - mehr bedurfte es nicht, um sowohl den praktischen als auch den ästhetischen Anforderungen des Sujets gerecht zu werden. Wer sich auf eine erbauliche Märchenstunde eingestellt hatte, wurde indes bitter enttäuscht. Konnte das erste Stück noch mit einem Happy End aufwarten, so zeigten die anderen Erzählungen, dass in der Welt einiges im Argen liegt.
Da gibt es etwa den verliebten Studenten, der seine Angebetete mit einer roten Rose bezaubern möchte. Da er eine solche Blume aber nirgends findet, eilt ihm eine Nachtigall zur Hilfe. Sie opfert ihr Leben, indem sie ihr Herz gegen den Dorn eines Rosenstrauchs presst, bis das Blut dem Strauch Leben einflößt und schließlich eine Rosenblüte hervortreibt. Der Student pflückt die Rose, eilt zu seiner großen Liebe und wird prompt abgewiesen, weil sich die junge Dame nichts aus Rosen macht. Madame bevorzugt Juwelen, die seien schließlich etwas wert. Angewidert von diesem Materialismus, beschließt der Student, sich fortan nur noch der Lektüre metaphysischer Werke zu widmen. Undankbare Welt.
Unglücklich verliebt ist auch ein verwachsener Zwerg, der die kindliche Freude der Prinzessin ob seiner Tanzdarbietung als Zuneigung missversteht. Nachdem er die Wahrheit erfahren hat, durchzuckt ihn ein Schmerz, er stürzt zu Boden und stirbt. Die Prinzessin, die ihm das Herz gebrochen hat, wendet sich daraufhin hochmütig ab. Fortan will sie auf Spielzeuge mit Herzen verzichten. Dahin die heile Märchenwelt.
ERIK ZYBER
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