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  • Gebundenes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Pattloch
  • Seitenzahl: 1685
  • Abmessung: 255mm
  • Gewicht: 3967g
  • ISBN-13: 9783629008619
  • ISBN-10: 3629008615
  • Artikelnr.: 24797617
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.02.2000

Der Sehnsucht eine Sprache geben
„Der Glaube der Christen” – ein ungewöhnliches Ökumenisches Hand- und Wörterbuch
Dieses zweibändige Handbuch über den christlichen Glauben ist eine Rarität im theologischen Betrieb: Mehr als 100 evangelische und katholische Theologen lieferten Beiträge und Lexikonartikel; die Texte der Katholiken wurden von Protestanten gegengelesen und umgekehrt. Das Herausgeber-Gremium um den katholischen Religionsphilosophen Eugen Biser, den evangelischen Neutestamentler Ferdinand Hahn und den katholischen Religionspädagogen Michael Langer arbeitete ohne kirchlichen Auftrag und ohne bischöfliches Geld – riskant für die beiden Verlage. Doch den Autorinnen und Autoren hat es die Unabhängigkeit gegeben, sich nur ihrem Ruf und ihrem Leser verpflichtet zu fühlen.
Es ist schwer, einem 1800 Seiten starken Handbuch mit mehr als 60 Aufsätzen und Hunderten von Lexikonartikeln gerecht zu werden. Zudem sollen Handbücher einen Überblick über Vorhandenes bieten und so dem Leser dienen – die Kür findet meist woanders statt. Trotzdem geht das Ökumenische Handbuch über die Pflichterfüllung hinaus. Nicht nur die Aufsätze der bekannten Theologen wie Biser, Herbert Vorgrimler oder Paul Zulehner sind gelungen, sondern auch die meisten Beiträge der jungen und weniger bekannten Wissenschaftler. Die Autoren bemühen sich, verständlich zu schreiben – manchmal so angestrengt, dass sie vor lauter Beispiel- und Erlebniserzählung den roten Faden verlieren.
Und sie spannen den Bogen ihrer Themen weit: von den Fragen „Was treibt mich im Leben?” und „Warum ist überhaupt etwas?” über das Verhältnis von Christen zu Juden und Muslimen, über Atheismus und Leben-Jesu-Forschung, Politik und Mystik, feministische Theologie und Ökumene bis zu den „Bildern des Jenseits”. Das ganze Leben, so die Botschaft, ist irgendwie eine Glaubensfrage.
Die wichtigste Leistung des Werkes ist aber diese: Obwohl so viele Menschen zu so verschiedenen Themen schreiben, hat das Handbuch einen gemeinsamen Geist, einen Spannungsbogen. Der Glaube der Christen erzählt von den Möglichkeiten des Christentums – berichtet von der Fähigkeit des Glaubens, der Sehnsucht des Menschen eine Sprache zu geben, seinem Traum vom gelingenden Leben und von einer gerechten Welt. Das Buch reibt sich an den real existierenden Kirchen, wo diese unter ihren Möglichkeiten bleiben, ihre Chancen zunichte machen.
Die Autoren verschweigen nicht die Ambivalenzen jeglicher Observanz, die neben der heilenden Kraft auch eine krankmachende Macht besitzt. Doch ihr Blick konzentriert sich auf die Potenz der Botschaft Jesu. Entsprechend reden die Kapitelüberschriften von Entdeckungen: der Entdeckung des Menschen, der Religion, Gottes und Jesu; der Entdeckung der Gemeinschaft und der Zukunft.
Das Doktrinäre, das die real existierenden christlichen Kirchen in mehr oder weniger starkem Maße haben, tritt bei dieser Betrachtungsweise in den Hintergrund. Die Autoren leugnen die unterschiedlichen Lehrgebäude der einzelnen Kirchen nicht – sie tun das mit kritischer Sachlichkeit, ohne gegen die Mauern des Vatikans oder der einen oder anderen Landeskirche anzurennen. Doch der Tenor der Beiträge lautet: Verglichen mit den Grundfragen, den Herausforderungen und den Chancen des Christentums insgesamt nimmt die Bedeutung der gegenwärtigen Erscheinungsformen ab.
Eine Position, die Kritiker von zwei Seiten anziehen wird: Die Konservativen in den Kirchen werden darauf bestehen, dass es sehr wohl auf den Unterschied zwischen den Konfessionen ankommt. Und Kirchenkritiker werden monieren, dass die Ausrichtung auf die Möglichkeiten des Christentums die Schwächen des Jesus-Glaubens und seiner Kirchen zu verkleinern sucht.
Diese doppelte Abgrenzung zeigt, für wen das Handbuch gedacht ist: für kritische Christen aller Konfessionen, die Informationen und Anregungen zugleich wünschen, und denen die Frage nach der Zukunft des Christentums nicht gleichgültig ist.
MATTHIAS DROBINSKI
EUGEN BISER, FERDINAND HAHN, MICHAEL LANGER (Hrsg. ): Der Glaube der Christen. Band I: Ökumenisches Handbuch. Band II: Ökumenisches Wörterbuch. Pattloch Verlag, München, Calwer Verlag, Stuttgart 1999. 1800 S. , 168 Mark, kart. Studienausgabe 98 Mark.
Der Heilige wartet, im heimeligen Bauch der Kirche – Sankt Jakob in Santiago de Compostela, dem Zielort des Jakobwegs, einer der schönsten Pilgerstraßen. Ihr und den Wegen nach Rom und Jerusalem widmet sich zum Heiligen Jahr der Band Pilgerziele der Christenheit (hrsg. Paolo Caucci von Saucken, Belser, Stuttgart, 384 S. , 198 Mark). Nächste Woche läuft im Münchner Filmmuseum Die Milchstraße, Luis Buñuels Film einer Reise nach Santiago.
Foto: Verlag
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