Graham Greene
Buch
Der dritte Mann
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Produktdetails
- Verlag: Büchergilde Gutenberg
- ISBN-13: 9783763268894
- Artikelnr.: 48025950
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Lohnt es sich noch, Graham Greenes Roman "Der dritte Mann" trotz der legendären Verfilmung zu lesen?, fragt Verena Lueken. Definitiv, fährt die Kritikerin fort: Und zwar nicht nur wegen der brillanten Neuübersetzung durch Nikolaus Stingl, sondern vor allem, weil das eigentlich nur als Vorarbeit zum Drehbuch gedachte Werk einen wunderbaren Einblick in das Schreiben, die Figurenkonzeption, Atmosphäre und Erzählstruktur gewährt, erklärt die Rezensentin. Sie liest hier Sätze, deren sprachlicher Kunst der Film gar nicht gerecht werden kann. Darüber hinaus freut sich Lueken, dass die Beziehung zwischen Anna Schmidt und Holly Martins im Buch sanfter endet als im Film. Nicht zuletzt entdeckt die Kritikerin in diesem eigenständigen Buch einen ganz besonderen Witz und eine erstaunliche Portion Selbstironie Graham Greenes.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Harry Lime ist gar nicht tot
Der Welterfolg des Films "Der dritte Mann" stellte Graham Greenes gleichnamigen Roman in den Schatten. Jetzt liegt dieser auf Deutsch vor - und offenbart im Vergleich zum Drehbuch mehr Witz, Weichheit und Selbstironie.
Literaturverfilmungen halten oft dem Vergleich mit den Büchern nicht stand, die sie als Ausgangsmaterial benutzen und den Notwendigkeiten des Mediums entsprechend modellieren, dem Zeitgeschmack entsprechend verändern, verbiegen, glätten oder auch ganz brav wie in einem Kahn nur unfallfrei und devot von einem (dem Buch) zum anderen Ufer (dem Film) zu transportieren suchen. Die Enttäuschung bei denen, die ein Buch lieben, ist fast immer schon im ersten Bild des Films, dem es
Der Welterfolg des Films "Der dritte Mann" stellte Graham Greenes gleichnamigen Roman in den Schatten. Jetzt liegt dieser auf Deutsch vor - und offenbart im Vergleich zum Drehbuch mehr Witz, Weichheit und Selbstironie.
Literaturverfilmungen halten oft dem Vergleich mit den Büchern nicht stand, die sie als Ausgangsmaterial benutzen und den Notwendigkeiten des Mediums entsprechend modellieren, dem Zeitgeschmack entsprechend verändern, verbiegen, glätten oder auch ganz brav wie in einem Kahn nur unfallfrei und devot von einem (dem Buch) zum anderen Ufer (dem Film) zu transportieren suchen. Die Enttäuschung bei denen, die ein Buch lieben, ist fast immer schon im ersten Bild des Films, dem es
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zugrunde liegt, zementiert.
Wie aber sieht es umgekehrt aus? Wie liest sich ein Roman, dem ein Film vorausging? Noch dazu ein Film, der wie ein Massiv in der Nachkriegsfilmgeschichte steht, weil der grandios zum Diabolischen begabte Koloss Orson Welles darin die Figur spielt, um die sich alles dreht? In dem die wunderbare Alida Valli mit vor innerer und äußerer Kälte hochgezogenen Schultern aus dem verschneiten Bild läuft, als liege ihr Ziel jenseits der Welt? Und in dem eine Zithermelodie eine erzählende Rolle einnimmt? Es handelt sich, natürlich, um den "Dritten Mann". Der Film kam 1949 heraus. Der Roman 1950.
Graham Greene hatte das Drehbuch zu dem Film von Carol Reed geschrieben, und Graham Greene ist es auch, von dem der gleichnamige Roman stammt. Aber der Roman entstand nur, damit daraus der Film würde, weil Greene eine Geschichte nicht von vornherein als Drehbuch ("diese stumpfsinnige Kurzschrift") konzipieren konnte. "Man bringt", schreibt er in seiner Vormerkung zu dem Roman, "den ersten Schöpfungsakt nicht in Drehbuchform zustande."
So musste er, selbst wenn der Auftrag von dem Filmproduzenten Alexander Korda kam und auf ein Drehbuch lautete wie im Fall des "Dritten Manns", erst einmal eine Geschichte in Form einer Erzählung oder eines Romans schreiben, aus dem er dann das Drehbuch herausschneiden konnte - in einem kollektiven Akt, so beschreibt er es, an dem sowohl Reed wie auch Orson Welles beteiligt waren. Greene bezeichnet daher seinen "Dritten Mann" als ein Buch, das "nicht gelesen, sondern gesehen werden" sollte. Und dann kam es doch auf den Buchmarkt, wurde gelesen und übersetzt und schießlich vergessen. Nun liegt es in der eleganten Neuübersetzung von Nikolaus Stingl auf Deutsch vor. Lohnt die Lektüre? Brauchen wir das?
Ja, schon. Nicht, weil wir vergessen hätten, dass Harry Lime, die Figur, um die alles kreist, gar nicht tot ist, obwohl etwa vier Fünftel der Geschichte davon ausgehen. Nicht, weil wir nicht mehr wüssten, wie die vier Besatzungsmächte nach Kriegsende das zerstörte Wien zwischen sich aufgeteilt hatten und wie der Personen- und Warenverkehr zwischen den Sektoren von hin und her huschenden Gestalten in der Dunkelheit vonstatten ging, die nur die Reflektion schütterer Beleuchtung im Schnee ein wenig brach. Wir erinnern uns ganz ohne Buch daran, mit welcher Skrupellosigkeit Harry Lime seine Schiebereien mit verschnittenem Penicillin rechtfertigte, haben noch den Ausdruck enttäuschter lebenslanger Liebe auf dem Gesicht von Joseph Cotton als Westernautor Holly Martins vor Augen, als er der Machenschaften seines alten Jugendfreunds Harry Lime gewahr wird, der ihn immer nur benutzt hat. Für all dies brauchen wir das Buch (in dem Holly Martins Rollo heißt) nicht.
Aber um über das Schreiben, um über die Entstehung von Figuren, von Atmosphäre, von Erzählstruktur etwas zu erfahren, dafür brauchen wir diesen Roman unbedingt. Denn der literarische Überschuss, den Greene produziert hat, obwohl er doch eigentlich nur ein Buch zum Sehen schrieb, ist erheblich. Wobei der Überschuss Sätze wie dieser sind, die in einem Film kaum ihre Entsprechung finden können: "Martins spürte den leisen Stich der Entbehrlichkeit, als er an der Bustür stand und zusah, wie der Schnee so dünn und sanft herabschwebte, dass die großen Verwehungen zwischen den zerstörten Gebäuden eine Anmutung von Dauerhaftigkeit besaßen, als wären sie nicht die Folge dieses mageren Geriesels, sondern lägen für alle Zeiten oberhalb der Linie ewigen Schnees." Die Enttäuschung Rollos über seinen Jugendfreund klingt bei Greene so: "Jede Erinnerung - Nachmittage im hohen Gras, die verbotenen Jagden auf dem Brickworth Common, die Träume, die Spaziergänge, jedes gemeinsame Erlebnis - wurde gleichzeitig kontaminiert, wie die Erde einer atomar verseuchten Stadt. Man konnte sie nicht mehr lange gefahrlos betreten." Und über das Gesicht von Anna Schmidt schreibt er: "Es war kein schönes Gesicht - das war das Problem. Es war ein Gesicht, mit dem man leben kann, tagein, tagaus. Ein Gesicht zum Tragen."
Wer Alida Valli vor Augen hat, wird über diese Beschreibung staunen, denn ihr Gesicht ist von einiger Schönheit. Aber wer begreifen will, warum Rollo Martins, der mit Frauen in jeder Stadt, an jedem Flughafen und über jeder Bar zu tun hat, hier zurückhaltend ist und etwas spürt, das er Liebe nennt (und das unerwidert bleibt), erfährt aus diesen Sätzen, die im Film niemand spricht, warum die Beziehung der beiden auch anders hätte enden können, als sie es tat. Und im Buch übrigens auch anders endet als im Film. Weicher.
Aus dem Buch zum Sehen wurde also nichts. "Der dritte Mann" ist ein eigenständiger Roman, mit einer anderen Erzählperspektive (nicht Holly/Rollo ist der Erzähler hier, sondern Major Calloway) und einem Witz, der im Film deutlich zurückgefahren wurde. Dieser Witz speist sich nicht nur aus den Gegensätzen zwischen Engländern und Amerikanern, die auch im Film Teil der Geschichte sind, sondern aus der Gegenüberstellung von hoher und niederer Literatur - die Verwechselung von Holly/Rollo, dem Westernautor, mit einem britischen Romanautor gleichen Namens nimmt deutlich mehr Platz ein, und die Herablassung, die Rollo der britischen Moderne gegenüber zeigt, ist zum Schießen. Es ist eine Selbstreflexion Greenes, der sich hier über seinen Status als Unterhaltungsschriftsteller lustig macht. Und dabei ein Buch schreibt, das es gar nicht geben sollte, weil aus ihm ein Drehbuch wurde und dann ein Film und damit sein Zweck erfüllt sein sollte.
VERENA LUEKEN
Graham Greene: "Der dritte Mann". Roman.
Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl. Mit einem Nachwort von Hanns Zischler. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2016. 160 S., geb., 18,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie aber sieht es umgekehrt aus? Wie liest sich ein Roman, dem ein Film vorausging? Noch dazu ein Film, der wie ein Massiv in der Nachkriegsfilmgeschichte steht, weil der grandios zum Diabolischen begabte Koloss Orson Welles darin die Figur spielt, um die sich alles dreht? In dem die wunderbare Alida Valli mit vor innerer und äußerer Kälte hochgezogenen Schultern aus dem verschneiten Bild läuft, als liege ihr Ziel jenseits der Welt? Und in dem eine Zithermelodie eine erzählende Rolle einnimmt? Es handelt sich, natürlich, um den "Dritten Mann". Der Film kam 1949 heraus. Der Roman 1950.
Graham Greene hatte das Drehbuch zu dem Film von Carol Reed geschrieben, und Graham Greene ist es auch, von dem der gleichnamige Roman stammt. Aber der Roman entstand nur, damit daraus der Film würde, weil Greene eine Geschichte nicht von vornherein als Drehbuch ("diese stumpfsinnige Kurzschrift") konzipieren konnte. "Man bringt", schreibt er in seiner Vormerkung zu dem Roman, "den ersten Schöpfungsakt nicht in Drehbuchform zustande."
So musste er, selbst wenn der Auftrag von dem Filmproduzenten Alexander Korda kam und auf ein Drehbuch lautete wie im Fall des "Dritten Manns", erst einmal eine Geschichte in Form einer Erzählung oder eines Romans schreiben, aus dem er dann das Drehbuch herausschneiden konnte - in einem kollektiven Akt, so beschreibt er es, an dem sowohl Reed wie auch Orson Welles beteiligt waren. Greene bezeichnet daher seinen "Dritten Mann" als ein Buch, das "nicht gelesen, sondern gesehen werden" sollte. Und dann kam es doch auf den Buchmarkt, wurde gelesen und übersetzt und schießlich vergessen. Nun liegt es in der eleganten Neuübersetzung von Nikolaus Stingl auf Deutsch vor. Lohnt die Lektüre? Brauchen wir das?
Ja, schon. Nicht, weil wir vergessen hätten, dass Harry Lime, die Figur, um die alles kreist, gar nicht tot ist, obwohl etwa vier Fünftel der Geschichte davon ausgehen. Nicht, weil wir nicht mehr wüssten, wie die vier Besatzungsmächte nach Kriegsende das zerstörte Wien zwischen sich aufgeteilt hatten und wie der Personen- und Warenverkehr zwischen den Sektoren von hin und her huschenden Gestalten in der Dunkelheit vonstatten ging, die nur die Reflektion schütterer Beleuchtung im Schnee ein wenig brach. Wir erinnern uns ganz ohne Buch daran, mit welcher Skrupellosigkeit Harry Lime seine Schiebereien mit verschnittenem Penicillin rechtfertigte, haben noch den Ausdruck enttäuschter lebenslanger Liebe auf dem Gesicht von Joseph Cotton als Westernautor Holly Martins vor Augen, als er der Machenschaften seines alten Jugendfreunds Harry Lime gewahr wird, der ihn immer nur benutzt hat. Für all dies brauchen wir das Buch (in dem Holly Martins Rollo heißt) nicht.
Aber um über das Schreiben, um über die Entstehung von Figuren, von Atmosphäre, von Erzählstruktur etwas zu erfahren, dafür brauchen wir diesen Roman unbedingt. Denn der literarische Überschuss, den Greene produziert hat, obwohl er doch eigentlich nur ein Buch zum Sehen schrieb, ist erheblich. Wobei der Überschuss Sätze wie dieser sind, die in einem Film kaum ihre Entsprechung finden können: "Martins spürte den leisen Stich der Entbehrlichkeit, als er an der Bustür stand und zusah, wie der Schnee so dünn und sanft herabschwebte, dass die großen Verwehungen zwischen den zerstörten Gebäuden eine Anmutung von Dauerhaftigkeit besaßen, als wären sie nicht die Folge dieses mageren Geriesels, sondern lägen für alle Zeiten oberhalb der Linie ewigen Schnees." Die Enttäuschung Rollos über seinen Jugendfreund klingt bei Greene so: "Jede Erinnerung - Nachmittage im hohen Gras, die verbotenen Jagden auf dem Brickworth Common, die Träume, die Spaziergänge, jedes gemeinsame Erlebnis - wurde gleichzeitig kontaminiert, wie die Erde einer atomar verseuchten Stadt. Man konnte sie nicht mehr lange gefahrlos betreten." Und über das Gesicht von Anna Schmidt schreibt er: "Es war kein schönes Gesicht - das war das Problem. Es war ein Gesicht, mit dem man leben kann, tagein, tagaus. Ein Gesicht zum Tragen."
Wer Alida Valli vor Augen hat, wird über diese Beschreibung staunen, denn ihr Gesicht ist von einiger Schönheit. Aber wer begreifen will, warum Rollo Martins, der mit Frauen in jeder Stadt, an jedem Flughafen und über jeder Bar zu tun hat, hier zurückhaltend ist und etwas spürt, das er Liebe nennt (und das unerwidert bleibt), erfährt aus diesen Sätzen, die im Film niemand spricht, warum die Beziehung der beiden auch anders hätte enden können, als sie es tat. Und im Buch übrigens auch anders endet als im Film. Weicher.
Aus dem Buch zum Sehen wurde also nichts. "Der dritte Mann" ist ein eigenständiger Roman, mit einer anderen Erzählperspektive (nicht Holly/Rollo ist der Erzähler hier, sondern Major Calloway) und einem Witz, der im Film deutlich zurückgefahren wurde. Dieser Witz speist sich nicht nur aus den Gegensätzen zwischen Engländern und Amerikanern, die auch im Film Teil der Geschichte sind, sondern aus der Gegenüberstellung von hoher und niederer Literatur - die Verwechselung von Holly/Rollo, dem Westernautor, mit einem britischen Romanautor gleichen Namens nimmt deutlich mehr Platz ein, und die Herablassung, die Rollo der britischen Moderne gegenüber zeigt, ist zum Schießen. Es ist eine Selbstreflexion Greenes, der sich hier über seinen Status als Unterhaltungsschriftsteller lustig macht. Und dabei ein Buch schreibt, das es gar nicht geben sollte, weil aus ihm ein Drehbuch wurde und dann ein Film und damit sein Zweck erfüllt sein sollte.
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Graham Greene: "Der dritte Mann". Roman.
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"Die ausgezeichnete Neuübersetzung seines hierzulande berühmtesten Werks "Der dritte Mann" ist ein guter Anlass, Greene neu zu entdecken." Marcus Müntefering, Spiegel online, 14.03.16 "'Der dritte Mann', man muss es voller Wehmut sagen, entstammt einer Zeit, als es noch die großen Erzählungen gab, die ziemlich raffiniert als kleine schmutzige Geschichten daherkamen." Jochen Schimmang, taz, 10.05.16
»Graham Greene hat so viele Filmregisseure inspiriert wie sonst nur noch Georges Simenon und William Shakespeare.« DIE ZEIT »Messerscharf und sezierend.« Der Spiegel
Broschiertes Buch
Der britische Schriftsteller Graham Greene gilt als der Autor mit den meisten Nominierungen für den Nobelpreis, erhalten hat er ihn nie. Manchen galt er als nicht idealistisch genug oder als nicht hinreichend moralisch, Anderen als kommunismusverdächtig oder zu wenig liberal, nach seiner …
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Der britische Schriftsteller Graham Greene gilt als der Autor mit den meisten Nominierungen für den Nobelpreis, erhalten hat er ihn nie. Manchen galt er als nicht idealistisch genug oder als nicht hinreichend moralisch, Anderen als kommunismusverdächtig oder zu wenig liberal, nach seiner Konversion den Katholiken als zu ketzerisch, den Atheisten als zu katholisch, ein Individualist also, der schwer einzuordnen war. Literarisch thematisiert er, häufig in Form von Abenteuer-, Spionage- oder Kriminalgeschichten, die Problematik von Schuld, Treue und Verrat, kein Wunder, gab es in seiner bewegten Vita immerhin auch eine kurze Phase geheimdienstlicher Tätigkeit. Fast alle seine Werke sind verfilmt worden, so auch der Roman «Der dritte Mann», mit Orson Welles in der Hauptrolle einer der unsterblichen Klassiker des Spielfilms. Wobei der Zitherspieler Anton Karas mit seinem Harry-Lime-Theme eine kongeniale Filmmusik geschaffen hat, die ihrerseits lange Zeit ein Gassenhauer war, Synonym geradezu für diesen berühmten Thriller.
Im Vorwort seines Romans schreibt Green: «Der dritte Mann wurde nicht geschrieben, um gelesen, sondern um gesehen zu werden». Für das geplante Filmprojekt mit Carol Reed als Regisseur sollte er das Drehbuch schreiben, mehr als ein paar Zeilen, eine Idee, lagen aber noch nicht vor. «Es ist für mich nahezu unmöglich, ein Drehbuch zu schreiben, ohne den Stoff zunächst als Erzählung zu behandeln», lässt er uns wissen. Diesem Unvermögen also verdanken wir einen spannenden Roman, die zeitlich im Wien der Nachkriegszeit angesiedelt ist, als die Stadt sich unter dem Vier-Mächte-Status in einer politisch seltsam anmutenden Konstellation befand. Die dafür symptomatischen Polizeistreifen mit ihren vier aus den jeweiligen Siegernationen stammenden Militärpolizisten, immer zusammen in einem Jeep, jeder in der Uniform seines Landes, dürften für jüngere Leser, vermute ich mal, kaum noch vorstellbar sein. Der Schwarzmarkt blühte damals, es gab viele Schieberbanden, die illegal mit allem Möglichen handelten und die Polizei in Atem hielten. In diesem Milieu ist die ziemlich mysteriöse Geschichte von Harry Lime angesiedelt, die von einem englischen Polizisten, Oberst Calloway erzählt wird.
Rollo Martins, unter dem Pseudonym Buck Dexter wenig erfolgreicher Autor billiger Wildwestromane, bekommt durch Vermittlung seines Freundes Harry den lukrativen Auftrag, in Wien einen bestimmten Zeitungsartikel zu schreiben. Als er dort eintrifft, erfährt er, dass Harry bei einem Verkehrsunfall getötet wurde. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive des Ich-Erzählers Calloway, abwechselnd wird immer wieder protokollartig das Geschehen neutral geschildert, die Polizeiakten zitierend, die über Lime angelegt sind. Denn der war, zum Entsetzen seines gutgläubigen Freundes, in kriminelle Schwarzmarktgeschäfte verwickelt. Nach und nach gelingt es Martins zusammen mit dem Oberst, die Hintergründe des rätselhaften Todes vom Lime aufzuklären, hier mehr zu erzählen verbietet sich aber. Einerseits, um die Spannung nicht zu verderben, andererseits ist der Fortgang der Geschichte vielen Kinobesuchern längst hinreichend bekannt.
«Tatsächlich ist der Film besser als die Erzählung», schreibt Green im Vorwort. Dem kann ich nicht zustimmen, denn der Film, der in meinem Kopf entstand, als ich das Buch jetzt gelesen habe, war ebenso spannend, ebenso unterhaltend, er war darüber hinaus aber auch amüsant. Der schwarze englische Humor schimmert häufiger durch, und besonders köstlich ist für Buchleser der literarische Abend im British Council, den Martins alias Dexter zu bestreiten hat, unter diesem Synonym wurde er nämlich mit einem namensgleichen berühmten Autor verwechselt. Als er dort gefragt wird, wie er denn James Joyce literarisch einordnen würde, antwortet er zum Erstaunen des Auditoriums: «Ich habe noch nie von ihm gehört». Es lohnt also doch, zu lesen!
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Rollo Martins trifft im Wien der Nachkriegszeit ein. Zu seinem Erstaunen holt ihn sein alter Freund Harry Lime nicht ab, obwohl der ihn doch eingeladen hatte. Eine weitere Überraschung trifft ihn als er hört, dass Harry bei einem Autounfall ums Leben kam. Auf dessen Beerdigung hört er …
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Rollo Martins trifft im Wien der Nachkriegszeit ein. Zu seinem Erstaunen holt ihn sein alter Freund Harry Lime nicht ab, obwohl der ihn doch eingeladen hatte. Eine weitere Überraschung trifft ihn als er hört, dass Harry bei einem Autounfall ums Leben kam. Auf dessen Beerdigung hört er von einem britischen Besatzungspolizist vom Verdacht, dass Harry in Medikamentenschmuggel und anderen Betrügereien verwickelt sein könnte. Nur sein überraschender Tod hat verhindert, dass die Polizei Harry verhaften konnte. Voller Abscheu über diese niederträchtigen Anschuldigungen entschließt sich Martins, die Unschuld seines alten Freundes zu beweisen. Unter einigen Schwierigkeiten kann Martins mit einem Nachbarn sprechen, der Zeuge des Unfalls war. Seltsam ist nur, dass alle Unfallbeteiligten einander kannten. Langsam dämmert es Martins, dass an der Geschichte des Polizisten etwas wahres sein könnte. Nach und nach muss er erkennen, sich in Harry Lime getäuscht zu haben. In der Tat ist der für den Tod einiger Kinder durch schlechte Medikamente verantwortlich. Durch Zufall sieht Martins den lebendigen Harry und kann auch mit ihm sprechen. Alles ist wahr, was die Polizei vorbringt. Martins entschließt sich, Harry eine Falle zusammen mit der Polizei zu stellen. Der Plan gelingt, Harry stirbt jetzt wirklich. Martins trauert zwar, aber wenigstens hat die Gerechtigkeit gesiegt.<br />Spannend bis zum Ende. Man erkennt schnell, dass Martins sich getäuscht haben muss. Man will aber wissen, was alles passieren muss, damit Martins die Wahrheit herausfindet. Ein bisschen Liebesgeschichte ist es auch und so bleibt am Ende die Hoffnung auf ein HappyEnd für Martins.
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Rollo Martins ist ein Schriftsteller billiger Wildwestromane. Er kann von diesen Einkünften leben, aber er ist trotzdem recht froh, als ihn sein alter Freund Harry Lime nach Wien einlädt. Die Stadt ist nach Ende des Krieges genauso geteilt wie Berlin und unter diesen Umständen betreibt Harry Lime einen schwunghaften Schmuggel mit Medikamenten. Pech für die Patienten ist allerdings, dass diese Medikamente nichts taugen. Einige Kinder haben das schon mit dem Leben bezahlt. Von all dem ahnt Martins nichts. Bei seiner Ankunft muss er erfahren, dass Harry bei einem Autounfall ums Leben kam. Bei der Beerdigung erzählt ein englischer Polizist, dass der Unfall Harry vor der Verhaftung gerettet habe. Und er erzählt Martins die ganze Geschichte. Martins ist empört und will Harrys Unschuld beweisen. Je mehr er sich aber mit der Sache befasst, umso mehr Zweifel kommen ihm an seinem alten Freund. Inzwischen hat sich Martins in Harrys Freundin verliebt und eines Abends sieht er Harry gegenüber stehen. Martins muss nach einen Gespräch mit Harry erkennen, dass alles wahr ist, was er so hörte. Aus Abscheu arbeitet er mit der Polizei zusammen, Harry wird eine Falle gestellt und getötet. Am Ende bleibt die Hoffnung, dass es eine neue Liebe für Martins gibt und die Übeltäter alle gefasst werden.<br />Ein kurzer Roman, aber spannend von Anfang bis Ende. Man empfindet Genugtuung, dass Harry nicht entkommt. Gier nach Geld darf kein Menschenleben kosten.
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Broschiertes Buch
Das Buch spielt in Wien nach Ende des Krieges. Die Stadt ist aufgeteilt wie Berlin. In all der Not trifft ein Schriftsteller Rollo Martins ein, weil ein alter Freund ihn eingeladen hat. Er weiß nicht, dass dieser ein Verbrecher ist, der viel Geld mit dem Handel sehr schlechter Medikamente …
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Das Buch spielt in Wien nach Ende des Krieges. Die Stadt ist aufgeteilt wie Berlin. In all der Not trifft ein Schriftsteller Rollo Martins ein, weil ein alter Freund ihn eingeladen hat. Er weiß nicht, dass dieser ein Verbrecher ist, der viel Geld mit dem Handel sehr schlechter Medikamente verdient. Einige Kinder sind schon deswegen gestorben. Am Tage seines Eintreffens stirbt sein alter Freund in einem seltsamen Autounfall. Seltsam deswegen, weil alle Beteiligten, selbst der Autofahrer seinen alten Freund gut kannten. Martins wird von einem britischen Polizisten befragt, weil die Polizei Harry Lime, seinen Freund, schon länger beobachtet hatten und ihn jetzt festnehmen wollten. Der Polizei kommt Limes Tod auch merkwürdig vor. Martins will aber den Verdacht gegen Lime nicht glauben und weil er aus Freundschaft die Unschuld Limes beweisen will, forscht er auf eigene Faust nach. Er trifft all die Bekannten Harrys und immer mehr hat er das Gefühl, dass der Autounfall eine Lüge ist. Nach und nach muss er sich eingestehen, dass er sich in Harry Lime schwer getäuscht hat und die Geschichte der Polizei möglicherweise wahr sein könnte. Eines Abends trifft Martins durch Zufall Harry, der völlig kerngesund und auch wirklich der Verbrecher ist, für den ihn die Polizei hält. Martins Enttäuschung ist groß und er sorgt dafür, dass die Polizei eine Falle stellen kann, in der Harry Lime ums Leben kommt. Martins ist traurig aber auch froh, denn Harry Lime kann keine verschmutzen Medikamente mehr verkaufen.<br />Es ist eine Geschichte über enttäuschte Freundschaften, die immer mal vorkommen. Man merkt schnell, dass der Unfall nur vorgetäuscht war. Trotzdem ist es spannend, weil es auch zwei Tote gibt und man mitfiebert, ob Martins gesund aus der Geschichte herauskommt. Man kann einiges über die Zeit nach dem Krieg lernen und auch, dass nicht nur Berlin eine aufgeteilte Stadt war. Wer also Geschichte mag, ist mit dem Buch gut beraten.
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