Nicht lieferbar

Versandkostenfrei!
Nicht lieferbar
"Ich freue mich, dass ich dieses Buch gelesen habe!" -- Marcel Reich-Ranicki
Noch vor kurzem sonnte sich Vorzeigeprofessor Hanno Hackmann in akademischem Ruhm. Jetzt kocht der Campus, die Stadt ist entsetzt, und die Presse reißt sich um die Story: der Star-Soziologe soll eine Studentin vergewaltigt haben...
Dietrich Schwanitz, geb. 1940, stammt aus dem Ruhrgebiet und wuchs bei mennonitischen Bergbauern in der Schweiz auf. Er studierte Anglistik, Geschichte und Philosophie in Münster, London, Philadelphia und Freiburg. Von 1978-997 lehrte er als Professor für Englische Literatur an der Universität Hamburg. Mit seinen Romanen 'Der Campus' (1995) und 'Der Zirkel' (1998) erreichte der Chefkritiker deutscher Hochschulpolitik ein Millionenpublikum. Sein Wissenshandbuch 'Bildung' (1999) entwickelte sich zum Top- und Longseller. Dietrich Schwanitz verstarb im Dezember 2004.
Produktdetails
- Goldmann Taschenbücher Bd.45835
- Verlag: Goldmann
- Seitenzahl: 384
- Deutsch
- Abmessung: 28mm x 114mm x 180mm
- Gewicht: 296g
- ISBN-13: 9783442458356
- ISBN-10: 3442458358
- Artikelnr.: 12849085
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Dem Grauen entbunden
Weltneuheit: Ein lustiger Roman aus der deutschen Universität
Es gibt keinen freieren Menschen als einen deutschen Ordinarius, sagt Dietrich Schwanitz. Er muß es wissen, denn er ist einer. Wer frei ist, kann sich manifestieren, und so hat er nach Ansicht seines flotten Verlags "Hier!" gerufen, als Marcel Reich-Ranicki fragte: "Wo sind die deutschen Autoren, die schreiben wie dieser David Lodge, überaus intelligent und dabei höchst unterhaltsam?" Jedenfalls liegt nun vor, was hierzulande noch fehlte: ein komischer Campusroman nach angelsächsischem Muster, der sich im Titel gleich als Prototyp des Genres präsentiert.
Das Problem ist nur, daß es in Deutschland den Campus als eigene
Weltneuheit: Ein lustiger Roman aus der deutschen Universität
Es gibt keinen freieren Menschen als einen deutschen Ordinarius, sagt Dietrich Schwanitz. Er muß es wissen, denn er ist einer. Wer frei ist, kann sich manifestieren, und so hat er nach Ansicht seines flotten Verlags "Hier!" gerufen, als Marcel Reich-Ranicki fragte: "Wo sind die deutschen Autoren, die schreiben wie dieser David Lodge, überaus intelligent und dabei höchst unterhaltsam?" Jedenfalls liegt nun vor, was hierzulande noch fehlte: ein komischer Campusroman nach angelsächsischem Muster, der sich im Titel gleich als Prototyp des Genres präsentiert.
Das Problem ist nur, daß es in Deutschland den Campus als eigene
Mehr anzeigen
soziale und kulturelle Sphäre so recht nicht gibt. Deshalb müßte die Übersetzung von "campus novel" eigentlich "Universitätsroman" lauten, und das klingt zwar intelligent, aber nicht unterhaltsam. Überdies gibt es bekanntlich die teutonische Formel: Humor ist, wenn man trotzdem lacht, und nur einfach lustig wollte der professorale Romancier offenbar nicht sein. Dem Kenner der englischen Literatur stehen aber noch andere Muster zur Verfügung, die in ihrem Unterhaltungswert schon approbiert sind, zum Beispiel die "gothic novel", der Schauerroman, in dem seit Horace Walpoles "Das Schloß von Otranto" die gotische Architektur den Schrecken so angenehm gruselig behaust, daß auch der Puritaner seine Freude hat.
Mit dieser Perspektive erfährt man in Schwanitz' Roman bald, daß auch in den Betonburgen der deutschen Universität das Grauen nistet. Während sich der konservative Herr Professor zu Hause noch mit seiner schnippischen Ehefrau streitet, schmiedet im "administrativen Herzen" der Hamburger Hochschule "der große Häuptling" (ein Überlebender "der großen Rebellion", der natürlich, wie alle Personen im Roman, frei erfunden ist), nämlich der Präsident, schon dunkle Ränke. Am Hauptportal geben sich korrupte Politiker und sensationsgeile Journalisten nur deshalb nicht die Klinke in die Hand, weil es sich um eine Drehtür handelt. In der "finsteren Eingangshalle" trifft man auf Schizophrene, die sich für promovierte Psychiater halten. Durch schmuddelige Gänge irren seelisch gestörte Studentinnen, geistig behinderte Studenten sagen in unwirtlichen Hörsälen dauernd "irgendwie", und im Sitzungszimmer dürstet die Frauenbeauftragte nach Männerblut. Im schäbigen Büro neben der Toilette aber lauert das schlimmste aller Übel: Dort brütet der intrigante Herr Kollege sadistische Pläne aus.
Zum Opfer ist an diesem letzten noch von Göttern und Dämonen beherrschten Ort des Schreckens, gegen den das Labyrinth des Minotauros ein Sanatorium gewesen sein muß, der Starsoziologe und reine Tor Hanno Hackmann ausersehen. Fast ohne eigene Schuld ist sein "sachliches Büro zum Schauplatz einer hemmungslosen Orgie" geworden, weil er nicht wußte, daß Frauen nicht zu trauen ist, die sich nach Dienstschluß Babsi nennen. So soll er nun geschlachtet und der feministischen Gottheit dargebracht werden, und zwar "kunstgerecht": "Ist es denn wenigstens jemand, der sich als Schlachtopfer eignet?" - "Ein Prachtstier, Frau Wagner. Am Freitag können Sie sehen, wie ich in der Arena auf der Spitze meiner Muleta sein Leben aufspieße, und in der Sekunde der Wahrheit widme ich Ihnen seine Hoden." Darauf freut sich die Frauenbeauftragte schon im voraus und läßt "ein wohltönendes Gelächter durch den Hörer perlen". Da schaudert es die LeserInnen nicht zum ersten Mal.
Was Hanno Hackmann dann jenseits dieser mythischen Rituale widerfährt, wird natürlich nicht verraten. Nur soviel: daß der mehr oder weniger reine Tor, wie es ihm im komischen Genre gebührt, alle äußere Schädigung, unter anderem die Vernichtung seiner bürgerlichen Existenz, überwindet und am Ende - wie es schon Hegel verlangte - als Subjekt nicht nur aufrecht stehenbleibt, sondern sich gar gegen die gesellschaftliche Meinung sicher im Besitz der Wahrheit weiß. Die Hegelsche Bestimmung des komischen Helden war freilich aus der antiken Komödie abgeleitet und richtete sich gegen die zeitgenössische Dramatik, in der Hegel die "franke Lustigkeit" vermißte.
Jakob Michael Reinhold Lenz zum Beispiel hatte in dem Lustspiel "Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" dargestellt, wie ein Lehrer sich mit seiner Schülerin einläßt und sich hernach im Vorgriff auf die gesellschaftliche Schande selbst entmannt. Das brachte die Rezensenten in ihrer Gattungsvorstellung ziemlich durcheinander: "Wenn das kein Trauerspiel ist, worinne ein Vater in Raserei verfällt, eine Tochter ihre Ehre verliert, Gefängnisse und Bettlerhütten erscheinen, Verwundungen, Ersäufungen und Kastrierungen vorgehen, so möchte manche französische Tragödie dagegen Lustspiel heißen."
Wenn von Lenz' Hofmeister am Ende des Stücks heiter gesagt wird, er sei "der Nichtigkeit entbunden", so könnte man mit Brecht im deutschen Humor die "teutsche Misere" erblicken. Und wenn es denn so sein sollte, daß von der deutschen Universität vor allem zu berichten ist, daß inzwischen die "political correctness" und die Frauenbeauftragte die Funktionen des Ständestaats und der repressiven Sexualmoral übernommen haben, könnte man melancholisch werden wie Lenz. Aber zum Glück ist Schwanitz' Universitätsroman tatsächlich unterhaltsam und intelligent geschrieben, allenfalls gehen einem gelegentlich die Hemmungslosigkeit der Einfälle (Kind fällt Treppe hinunter) und der überreiche Einsatz des schmückenden Beiworts auf die Nerven.
Am besten ist Schwanitz da, wo er sich nun einmal auskennt: in der Verwandlung des akademischen Jargons zum autopoetischen Gallimathias, in der Übersteigerung intellektueller Paranoia zur Rabelaisschen Raserei. AkademikerInnen sollen sich wiedererkennen, NichtakademikerInnen können den Roman als amüsanten ethno-psychologischen Bericht aus einer vergessenen Welt lesen. Also ein Semesterferienbuch auch für die, die keine Semesterferien haben. FRIEDMAR APEL
Dietrich Schwanitz: "Der Campus." Roman. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1995. 382 S., geb., 38,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Mit dieser Perspektive erfährt man in Schwanitz' Roman bald, daß auch in den Betonburgen der deutschen Universität das Grauen nistet. Während sich der konservative Herr Professor zu Hause noch mit seiner schnippischen Ehefrau streitet, schmiedet im "administrativen Herzen" der Hamburger Hochschule "der große Häuptling" (ein Überlebender "der großen Rebellion", der natürlich, wie alle Personen im Roman, frei erfunden ist), nämlich der Präsident, schon dunkle Ränke. Am Hauptportal geben sich korrupte Politiker und sensationsgeile Journalisten nur deshalb nicht die Klinke in die Hand, weil es sich um eine Drehtür handelt. In der "finsteren Eingangshalle" trifft man auf Schizophrene, die sich für promovierte Psychiater halten. Durch schmuddelige Gänge irren seelisch gestörte Studentinnen, geistig behinderte Studenten sagen in unwirtlichen Hörsälen dauernd "irgendwie", und im Sitzungszimmer dürstet die Frauenbeauftragte nach Männerblut. Im schäbigen Büro neben der Toilette aber lauert das schlimmste aller Übel: Dort brütet der intrigante Herr Kollege sadistische Pläne aus.
Zum Opfer ist an diesem letzten noch von Göttern und Dämonen beherrschten Ort des Schreckens, gegen den das Labyrinth des Minotauros ein Sanatorium gewesen sein muß, der Starsoziologe und reine Tor Hanno Hackmann ausersehen. Fast ohne eigene Schuld ist sein "sachliches Büro zum Schauplatz einer hemmungslosen Orgie" geworden, weil er nicht wußte, daß Frauen nicht zu trauen ist, die sich nach Dienstschluß Babsi nennen. So soll er nun geschlachtet und der feministischen Gottheit dargebracht werden, und zwar "kunstgerecht": "Ist es denn wenigstens jemand, der sich als Schlachtopfer eignet?" - "Ein Prachtstier, Frau Wagner. Am Freitag können Sie sehen, wie ich in der Arena auf der Spitze meiner Muleta sein Leben aufspieße, und in der Sekunde der Wahrheit widme ich Ihnen seine Hoden." Darauf freut sich die Frauenbeauftragte schon im voraus und läßt "ein wohltönendes Gelächter durch den Hörer perlen". Da schaudert es die LeserInnen nicht zum ersten Mal.
Was Hanno Hackmann dann jenseits dieser mythischen Rituale widerfährt, wird natürlich nicht verraten. Nur soviel: daß der mehr oder weniger reine Tor, wie es ihm im komischen Genre gebührt, alle äußere Schädigung, unter anderem die Vernichtung seiner bürgerlichen Existenz, überwindet und am Ende - wie es schon Hegel verlangte - als Subjekt nicht nur aufrecht stehenbleibt, sondern sich gar gegen die gesellschaftliche Meinung sicher im Besitz der Wahrheit weiß. Die Hegelsche Bestimmung des komischen Helden war freilich aus der antiken Komödie abgeleitet und richtete sich gegen die zeitgenössische Dramatik, in der Hegel die "franke Lustigkeit" vermißte.
Jakob Michael Reinhold Lenz zum Beispiel hatte in dem Lustspiel "Der Hofmeister oder Vorteile der Privaterziehung" dargestellt, wie ein Lehrer sich mit seiner Schülerin einläßt und sich hernach im Vorgriff auf die gesellschaftliche Schande selbst entmannt. Das brachte die Rezensenten in ihrer Gattungsvorstellung ziemlich durcheinander: "Wenn das kein Trauerspiel ist, worinne ein Vater in Raserei verfällt, eine Tochter ihre Ehre verliert, Gefängnisse und Bettlerhütten erscheinen, Verwundungen, Ersäufungen und Kastrierungen vorgehen, so möchte manche französische Tragödie dagegen Lustspiel heißen."
Wenn von Lenz' Hofmeister am Ende des Stücks heiter gesagt wird, er sei "der Nichtigkeit entbunden", so könnte man mit Brecht im deutschen Humor die "teutsche Misere" erblicken. Und wenn es denn so sein sollte, daß von der deutschen Universität vor allem zu berichten ist, daß inzwischen die "political correctness" und die Frauenbeauftragte die Funktionen des Ständestaats und der repressiven Sexualmoral übernommen haben, könnte man melancholisch werden wie Lenz. Aber zum Glück ist Schwanitz' Universitätsroman tatsächlich unterhaltsam und intelligent geschrieben, allenfalls gehen einem gelegentlich die Hemmungslosigkeit der Einfälle (Kind fällt Treppe hinunter) und der überreiche Einsatz des schmückenden Beiworts auf die Nerven.
Am besten ist Schwanitz da, wo er sich nun einmal auskennt: in der Verwandlung des akademischen Jargons zum autopoetischen Gallimathias, in der Übersteigerung intellektueller Paranoia zur Rabelaisschen Raserei. AkademikerInnen sollen sich wiedererkennen, NichtakademikerInnen können den Roman als amüsanten ethno-psychologischen Bericht aus einer vergessenen Welt lesen. Also ein Semesterferienbuch auch für die, die keine Semesterferien haben. FRIEDMAR APEL
Dietrich Schwanitz: "Der Campus." Roman. Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 1995. 382 S., geb., 38,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Schließen
"Ich freue mich, dass ich dieses Buch gelesen habe!"
(Marcel Reich-Ranicki)
(Marcel Reich-Ranicki)
"Schwanitz kann glänzend schreiben, geistreich und eloquent, manchmal tiefernst, meist witzig, böse, sarkastisch." Die Zeit
An der Uni braut sich was zusammen. Hanno Hackmann, Professor für Soziologie, ist in einen Skandal verwickelt. Er soll Studentin Barbara Clauditz vergewaltigt haben. Eine Kolonne Bauarbeiter hat ihn durch ein Fenster beobachtet. Aus einer Affäre wird ein Fall für den …
Mehr
An der Uni braut sich was zusammen. Hanno Hackmann, Professor für Soziologie, ist in einen Skandal verwickelt. Er soll Studentin Barbara Clauditz vergewaltigt haben. Eine Kolonne Bauarbeiter hat ihn durch ein Fenster beobachtet. Aus einer Affäre wird ein Fall für den Staatsanwalt.
Dietrich Schwanitz beschreibt und überzeichnet die Verhältnisse an der Uni, wie es nur einem Insider möglich ist. Er kreiert eine Atmosphäre, die beim Lesen spürbar wird. Hierzu gehören markante Charaktere, gestelzte Dialoge und das Intrigenspiel in den Sitzungen verschiedener Ausschüsse. Es handelt sich um eine humorvolle Persiflage auf den Betrieb einer Universität.
Allerdings werden die Protagonisten dermaßen klischeehaft dargestellt, dass es schon ein wenig nervt. Das gilt für die Arbeiter, die Professoren, die Gleichstellungsbeauftragte, die Mitarbeiter der Presse, Hackmanns Ehefrau und letztlich auch für die Studenten. Das gelungene Ende der Geschichte entschädigt für diesen Mangel.
Weniger
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich
Antworten 0 von 0 finden diese Rezension hilfreich