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Das Buch behandelt die Repatriierung der sowjetischen Kriegsgefangenen aus deutscher Hand in die Sowjetunion - also jene entscheidende Zeit zwischen dem faktischen Ende der Kriegsgefangenschaft in der Hand des Feindes und der neuerlichen Stigmatisierung und Aufnahme als "Vaterlandsverräter" in der Sowjetunion. Durch die laufende Diskussion um die Zwangsarbeit ausländischer Arbeitskräfte im "Dritten Reich" hat das Buch eine besondere Aktualität erhalten.

Produktbeschreibung
Das Buch behandelt die Repatriierung der sowjetischen Kriegsgefangenen aus deutscher Hand in die Sowjetunion - also jene entscheidende Zeit zwischen dem faktischen Ende der Kriegsgefangenschaft in der Hand des Feindes und der neuerlichen Stigmatisierung und Aufnahme als "Vaterlandsverräter" in der Sowjetunion. Durch die laufende Diskussion um die Zwangsarbeit ausländischer Arbeitskräfte im "Dritten Reich" hat das Buch eine besondere Aktualität erhalten.

Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.02.2001

In der Heimat unerwünscht
Die Repatriierung sowjetischer Kriegsgefangener, die erst 1995 als Kriegsveteranen anerkannt wurden

Pavel Polian: Deportiert nach Hause. Sowjetische Kriegsgefangene im "Dritten Reich" und ihre Repatriierung. R. Oldenbourg Verlag, München 2001. 223 Seiten, 48,- Mark.

"Die Heimat wartet auf euch!" Mit diesem Versprechen umwarben sowjetische Offiziere nach Kriegsende Soldaten der Roten Armee, die in deutsche Gefangenschaft geraten waren. Nur wenige schenkten jedoch den zukunftsverheißenden Worten Vertrauen und tauften diejenigen, die sich für die Rückkehr entschieden, in "Freiwillige des Todes" um.

Bereits während des Ersten Weltkriegs hatte Deutschland Kriegsgefangene zur Arbeit eingesetzt, eine Praxis, die auch nach 1939 beibehalten wurde. Mit welcher brutalen Menschenverachtung gerade die Gefangenen der Roten Armee behandelt wurden, verdeutlicht insbesondere die Ermordung sowjetischer Kriegsgefangener durch mobile Gaskammern.

Die bösen Vorahnungen trogen nicht. Durch Gefangenschaft und Zwangsarbeit im "Dritten Reich" waren die Betroffenen in ihrer Heimat zu Außenseitern abgestempelt, die sich Mißtrauen und Verdächtigungen ausgesetzt sahen. Wer nicht als Kollaborateur zum Tode verurteilt wurde und die Arbeitslager überlebte, der blieb stigmatisiert. Als Bürger zweiter Klasse empfanden sich die Betroffenen selbst. Die Anerkennung als Kriegsveteranen hielt Rußland ehemaligen sowjetischen Kriegsgefangenen bis 1995 vor.

Das Schicksal von Millionen von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern wurde jahrzehntelang in der Sowjetunion totgeschwiegen. Erst als die anhaltende Diskussion in Deutschland über die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter die Betroffenen ermutigte, sich offener zu ihrer Geschichte zu bekennen, wagten sich russische Wissenschaftler an den Bruch des Tabus. In Deutschland bereiteten bereits seit Anfang der achtziger Jahre umfangreiche wissenschaftliche Forschungen dem Engagement für Entschädigung den Weg. Der Dissertation von Christian Streit ("Keine Kameraden") blieb es jedoch vorbehalten, die Perspektive auf die spezielle Gruppe der Kriegsgefangenen zu fokussieren. Immerhin waren fast ein Drittel der nach Deutschland verschleppten Sowjetbürger Angehörige der Roten Armee.

Aufgrund des militärischen Ehrenkodex und verstärkt durch das Mißtrauen des sowjetischen Staates gegen Einflüsse von außen sahen sich die ehemaligen Kriegsgefangenen einem besonders aggressiven Vorwurf der Kollaboration ausgesetzt.

Von russischer Seite fehlte bislang eine grundlegende Arbeit über Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit. Dank seines Engagements in der russischen Bürgerrechtsvereinigung "Memorial" entdeckte Pavel Polian diese Forschungslücke, die er 1996 mit seinem wichtigen Buch "Opfer zweier Diktaturen" schließen wollte, das nun in deutscher Übersetzung vorliegt. Er greift die Kriegsgefangenen als Sondergruppe unter den Zwangsarbeitern heraus und zeichnet auf breiter Quellenbasis akribisch den organisatorischen Verlauf ihrer Rückführung in die Sowjetunion nach.

Einem einleitenden Teil über den rechtlichen Status der sowjetischen Kriegsgefangenen in Deutschland und ihren Lebensbedingungen im Lager folgen zwei Kapitel über Registrierung und Rücktransport. Besonders eindringlich sind jene Passagen, in denen der Autor die Rücksichtslosigkeit aufzeigt, mit der die sowjetischen Repatriierungsbeauftragten "heimkehrunwillige" Kriegsgefangene in die Transporte zwangen. So geriet die Zwangsrückführung von Kriegsgefangenen aus dem ehemaligen Konzentrationslager Dachau im Januar 1946 zur Tragödie, da sich viele durch Selbstmord oder Selbstverstümmelung dem Transport zu entziehen versuchten.

Noch zu deutlich erinnerten sich die Kriegsgefangenen an Stalins Erlaß vom 16. August 1941, der sowjetische Soldaten, die sich dem Feind ergeben hatten, als Deserteure brandmarkte. Die vorweggenommene Schuldzuweisung suchten die Organe des sowjetischen Innenministeriums in speziellen Filtrationslagern zu bestätigen. Briten und Amerikaner zeigten sich entsetzt über den verzweifelten Widerstand und das brutale Vorgehen der sowjetischen Militärs. Da die Alliierten jedoch an einem raschen Austausch aller Kriegsgefangenen interessiert waren, kamen sie dem sowjetischen Beharren auf vollständige Erfassung und unbedingte Rückführung aller Sowjetbürger nach.

MARGARETE BUSCH

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Margarete Busch zeichnet in ihrer Rezension mit einem chronologischen und inhaltlichen Abriss verkürzt die Geschichte heimkehrender sowjetischer Kriegsgefangener nach, mit der sich auch das Buch auseinandersetzt. Beispielsweise erhielten die Heimkehrer erst 1995 ihre Anerkennung als Kriegsveteranen. Die Dimensionen dieser für lange Zeit nicht beachteten Geschichte, stelle das Buch ausführlich und "auf breiter Quellenbasis" dar. Der einleitende Teil gebe neben der Klärung rechtlicher und organisatorischer Fragen einen plastischen Eindruck von der Rücksichtslosigkeit des Vorgehens der sowjetischen Behörden. Busch stellt die Leistung des Autors Polian heraus, der insbesondere mit seinem bereits 1996 erschienen Buch "Opfer zweier Diktaturen", die Forschungslücke auf diesem Gebiet von russischer Seite geschlossen habe.

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