Im Mai 1940 beginnt Anna Haag, 51 Jahre alt und Journalistin, ein schonungslos offenes und regimekritisches Tagebuch zu führen, das sie über Jahre im Kohlenkeller versteckt. Sie hört ihren Mitmenschen genau zu - in der Straßenbahn, bei Behördengängen oder in Geschäften. In pointierten Skizzen hält sie fest, was ganz gewöhnliche Deutsche schon während des Zweiten Weltkriegs über die Judenvernichtung und die Verbrechen des NS-Regimes wussten. Sie erzählt mit Ironie und Klarheit von Hamsterfahrten im Stuttgarter Umland, von verbotenen Treffen zum BBC-Hören oder von Wortgefechten mit ihrem Lieblingsgegner, dem regimetreuen Apotheker. Die Aufzeichnungen der späteren Politikerin erscheinen nun erstmals vollständig in der von Anna Haag selbst vorbereiteten Zusammenstellung.»Das Tagebuch der Anna Haag ist den berühmten Tagebüchern des Romanisten Victor Klemperer zur Seite zu stellen.«Frankfurter Allgemeine Zeitung
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Stephan Speicher empfiehlt das Kriegstagebuch der Anna Haag. Haag scheint ihm eine erstaunliche Frau, die 1941 ohne Nationalstolz auskommt, bei den Deutschen "Gehirnschwund" vermutet, ihnen eine lehrreiche Niederlage wünscht und ein offenes Ohr hat für Erzählungen über Massenerschießungen. So spannend das Tagebuch ist, so schwach ist die Kommentierung, bedauert Speicher. Dabei hätte er gern mehr über Haag und ihre Familie erfahren und woher die Autorin ihre Informationen hatte. Auch über die Aussagekraft der Quellen lässt die Herausgeberin ihn im Dunkeln.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 22.03.2021Als der Führer
für alle dachte
Die Pazifistin und Sozialdemokratin Anna Haag
führte 1940 bis 1945 Tagebuch über den NS-Staat.
Endlich liegt ihre klarsichtige Analyse komplett vor
VON KNUD VON HARBOU
Wann immer private Aufzeichnungen aus der Zeit des Dritten Reichs auftauchen, werden sie an Victor Klemperers Tagebüchern 1933 bis 1945 gemessen. Zu Recht gelten diese wegen ihres unmittelbaren Erlebens als außergewöhnliches Dokument eines jüdischen Gelehrten. Er wollte der Nachwelt eine private Chronik der Isolierung, Entmündigung, Drangsalierung und schließlich der systematischen Vernichtung der Dresdner Juden erhalten. In der DDR durften die Eintragungen als „bürgerliche Literatur“ nicht erscheinen, so kamen sie erst nach der Wende 1995 auf den Markt, wo sie einen ungewöhnlichen Nachhall auslösten.
Einen ähnlichen Mechanismus des Verschweigens erfuhren die jetzt vorliegenden Tagebücher von Anna Haag aus den Jahren 1940 bis 1945. Erst 1968 fand sich überhaupt ein Verlag, der wenigstens Teile, integriert in ihre Erinnerungen, unbemerkt von der Öffentlichkeit veröffentlichte. Immerhin konnte so auszugsweise aus den 20 Notizheften, die Haag während des Krieges versteckte, zitiert werden. Als ihre Enkelin das Konvolut durch Zufall fand, bearbeitete es ein englischer Germanist 2016 für eine englische Ausgabe, worauf eine Auswahl auf Deutsch folgte. Erst jetzt liegt das gesamte Tagebuch als Typoskript vor, von Haag nur gekürzt wegen privater Passagen und Wiederholungen. Es brauchte wohl nach dem Krieg einfach seine Zeit und eine andere Generation, sich damit auseinanderzusetzen. Das familiale Verschweigen der Kriegszeit wurde ja oft genug thematisiert.
Anna Haag konfrontiert die Leser, ähnlich wie Klemperer, unmittelbar mit Komplexen wie Euthanasie, Judenverfolgung, Polizeiterror, Gleichschaltung, Unterdrückung. Schildert Klemperer oft nur Kleinteiliges, was aber am verstörenden Gesamtbild des NS-Regimes nichts ändert, so versucht Haag Alltagsvorfälle in größere Bezüge zu setzen. Genau verfolgt sie die ideologischen Verschiebungen nach der „Machtergreifung“, den faschistischen Totalitarismus, das Ausblenden von Realität durch erfolgreich gesteuerte Desinformationskampagnen. Auch deswegen bleiben ihre Wahrnehmungen so aktuell.
Wer war Anna Haag, die von 1888 bis 1982 lebte? Aufgewachsen in einer kleinen Gemeinde im Rems-Murr-Kreis, heiratet sie ohne Berufsausbildung früh einen Mathematiklehrer, bekommt drei Kinder, ihr Leben verläuft in Schlesien, Pommern und während des Ersten Weltkriegs in Bukarest, den Schulstationen ihres Mannes. Hier fängt sie an, Kurzgeschichten und Romane zu schreiben. In der Weimarer Republik tritt sie der SPD bei, vermutlich suchte sie hier Rückhalt für ihr demokratisches und auf Völkerfreundschaft gerichtetes Denken. Ihr Engagement für die 1933 verbotene pazifistische Frauenliga beschert ihr ein Publikationsverbot. Den „Hitlerismus“ empfand sie schlicht als Negierung jeglicher Wertvorstellung, „die braune Pest“ habe „die Niedertracht zum Prinzip erhoben“. Wenigstens für sich selbst wollte sie ihre Stimme archivieren („Ich kann nicht ‚nichts‘ sagen“) und führte darum ein Tagebuch bis zum 22. April 1945. Der Druck, unter dem sie stand, wird deutlich: „Acht Tage lang habe ich nicht gewagt, meine Aufzeichnungen aus ihrem Versteck im Kohlenkeller hervorzuholen, mir sitzt wieder mal die Gestapo im Genick“; fertige Teile vergrub sie im Garten.
In einer nicht enden wollenden Folge von Aperçus spiegelt Haag aus allen Perspektiven die totalitäre Ideologie wider, stets bedacht, Einzelereignisse zu verallgemeinern. Wie nebenbei fließen Sätze ein wie: „Es gibt erschreckend wenige Menschen (…), die unter der Freiheitsbeschränkung leiden, nichts sagen dürfen, ‚der Führer‘ ist bereits eine mythische Gestalt im deutschen Volk, ein ‚böser Geist‘, gegen den niemand etwas zu äußern, ja nicht einmal im Geheimen zu denken wagt, weil man (…) fürchtet, er könne sich rächen, er sei ein Gott, ein böser Gott, der alles weiß und alles bestraft (…) ein Mensch, ein Parteiapparat denkt für alle.“ Es sind Abstrahierungen, die ihre Aufzeichnungen so wichtig machen. Als Beleg fügte sie Seite für Seite Zeitungsausschnitte bei (für deren Reproduktion man ein größeres Buchformat hätte wählen müssen).
Über den Zustand des Dritten Reichs nach Kriegseintritt hält sie fest: „Es sind ja viel zu wenige, die sich und ihren Idealen treu geblieben sind.“ Und sie schreibt von Leuten, die „nur so lange von Demokratie, Sozialismus, Freiheit der Gedankenäußerung, Friedenliebe (…) redeten, als dies Mode war und ihren Geschäften nützlich“. Nun stimmten sie ohne Skrupel in den Chor ein, „der Hass sang, dessen zweite Strophe ‚Überheblichkeit‘ zur völkischen Religion erhob, der in der dritten Strophe die ‚Rassenseele‘ entdeckte und verherrlichte und im Schlusschor die ‚Gewalt‘ und die scheußlichsten Verbrechen mit einer Gloriole umwand, weil all das notwendig sei im Gedanken an das ‚Vaterland‘“. Ganz wesentlich behielt sie den von der Propaganda betriebenen zerstörerischen Irrationalismus im Auge, „als ob ein Massenwahnsinn das deutsche Volk ergriffen habe (…) Denken ist heute überhaupt nicht mehr in Mode“.
Die Notizen lassen keinen gesellschaftlichen Bereich aus, weder Erziehung noch Propaganda, Hunger, Polizeiterror, Kriegsführung. Ganz offen spricht sie den Holocaust an, von dem sie präzise Kenntnisse hatte: „Ein junger SS-Mann, der in Polen (…) ‚im Taglohn‘ morden musste, sagte, entweder werde er wahnsinnig, oder er erschieße sich, oder er mache das Morden in Zukunft zu seinem Gewerbe“. Den gewöhnlichen Deutschen empfand sie als „Allesfresser“, er sei „fromm, gottgläubig, christusgläubig, hitlergläubig, vaterlandsgläubig, er ist voller Mitleid und – voll entsetzlicher Bestialität“. Kein Wunder, dass sich für solche Sätze nach dem Krieg kein Verlag fand. Kontinuierlich hörte Haag BBC-Nachrichten und diverse Geheimsender, sodass sie bestens über den Kriegsverlauf informiert war. Erstaunlich hingegen, dass weder Stalingrad noch der 20. Juli bei ihr Erwähnung finden. Natürlich wusste sie, dass das Abhören von Feindsendern als Volksverrat mit der Todesstrafe geahndet werden konnte, doch obwohl sie im Visier der Gestapo stand, schien Haag das egal zu sein. Sensibel registriert sie das Einsickern von Falschmeldungen in das Bewusstsein etwa in der Kriegsschuldfrage: „Polen hat angefangen, Russland hat angefangen! Das Gesindel bekommt seinen Lohn! Weg mit ihm! Lebensraum für uns!“ Genauso ihr Hinweis auf die zwanghafte Vorstellung, Hitler habe immer recht, bewahre in jeder Situation das Volk vor dem Schlimmsten und zur Not habe er ja noch die Wunderwaffe V2, um den Krieg zu gewinnen.
Eine Zukunft nach dem Krieg konnte Haag sich nur schwer vorstellen, engagierte sich aber im Wiederaufbau und im Paritätischen Wohlfahrtsverband, ließ sich für die SPD als Abgeordnete in den ersten baden-württembergischen Landtag wählen und setzte die Aufnahme des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz durch. Bis heute blieb diese für Völkerverständigung und Frieden streitende Demokratin unbekannt.
Doch nun sollten Haags so wichtige Aufzeichnungen auch nachträglich jeder Familie zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte als Pflichtlektüre dienen. Sie lesen sich noch immer als eindrucksvolle Bestätigung jüngster NS-Forschung.
„Ich kann nicht nichts sagen“,
schrieb Haag und vergrub
ihr Tagebuch im Garten
Anna Haag:
„Denken ist heute überhaupt nicht mehr in Mode“.
Tagebuch 1940 – 1945.
Herausgegeben und
mit einem Nachwort
von Jennifer Holleis.
Reclam Verlag,
Ditzingen 2021. 448 Seiten, 35 Euro. E-Book: 29,99 Euro.
„… als ob ein Massenwahnsinn das deutsche Volk ergriffen habe“. Hitler und seine Fans beim Sängerfest in Breslau 1937.
Foto: Scherl / SZ Photo
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
für alle dachte
Die Pazifistin und Sozialdemokratin Anna Haag
führte 1940 bis 1945 Tagebuch über den NS-Staat.
Endlich liegt ihre klarsichtige Analyse komplett vor
VON KNUD VON HARBOU
Wann immer private Aufzeichnungen aus der Zeit des Dritten Reichs auftauchen, werden sie an Victor Klemperers Tagebüchern 1933 bis 1945 gemessen. Zu Recht gelten diese wegen ihres unmittelbaren Erlebens als außergewöhnliches Dokument eines jüdischen Gelehrten. Er wollte der Nachwelt eine private Chronik der Isolierung, Entmündigung, Drangsalierung und schließlich der systematischen Vernichtung der Dresdner Juden erhalten. In der DDR durften die Eintragungen als „bürgerliche Literatur“ nicht erscheinen, so kamen sie erst nach der Wende 1995 auf den Markt, wo sie einen ungewöhnlichen Nachhall auslösten.
Einen ähnlichen Mechanismus des Verschweigens erfuhren die jetzt vorliegenden Tagebücher von Anna Haag aus den Jahren 1940 bis 1945. Erst 1968 fand sich überhaupt ein Verlag, der wenigstens Teile, integriert in ihre Erinnerungen, unbemerkt von der Öffentlichkeit veröffentlichte. Immerhin konnte so auszugsweise aus den 20 Notizheften, die Haag während des Krieges versteckte, zitiert werden. Als ihre Enkelin das Konvolut durch Zufall fand, bearbeitete es ein englischer Germanist 2016 für eine englische Ausgabe, worauf eine Auswahl auf Deutsch folgte. Erst jetzt liegt das gesamte Tagebuch als Typoskript vor, von Haag nur gekürzt wegen privater Passagen und Wiederholungen. Es brauchte wohl nach dem Krieg einfach seine Zeit und eine andere Generation, sich damit auseinanderzusetzen. Das familiale Verschweigen der Kriegszeit wurde ja oft genug thematisiert.
Anna Haag konfrontiert die Leser, ähnlich wie Klemperer, unmittelbar mit Komplexen wie Euthanasie, Judenverfolgung, Polizeiterror, Gleichschaltung, Unterdrückung. Schildert Klemperer oft nur Kleinteiliges, was aber am verstörenden Gesamtbild des NS-Regimes nichts ändert, so versucht Haag Alltagsvorfälle in größere Bezüge zu setzen. Genau verfolgt sie die ideologischen Verschiebungen nach der „Machtergreifung“, den faschistischen Totalitarismus, das Ausblenden von Realität durch erfolgreich gesteuerte Desinformationskampagnen. Auch deswegen bleiben ihre Wahrnehmungen so aktuell.
Wer war Anna Haag, die von 1888 bis 1982 lebte? Aufgewachsen in einer kleinen Gemeinde im Rems-Murr-Kreis, heiratet sie ohne Berufsausbildung früh einen Mathematiklehrer, bekommt drei Kinder, ihr Leben verläuft in Schlesien, Pommern und während des Ersten Weltkriegs in Bukarest, den Schulstationen ihres Mannes. Hier fängt sie an, Kurzgeschichten und Romane zu schreiben. In der Weimarer Republik tritt sie der SPD bei, vermutlich suchte sie hier Rückhalt für ihr demokratisches und auf Völkerfreundschaft gerichtetes Denken. Ihr Engagement für die 1933 verbotene pazifistische Frauenliga beschert ihr ein Publikationsverbot. Den „Hitlerismus“ empfand sie schlicht als Negierung jeglicher Wertvorstellung, „die braune Pest“ habe „die Niedertracht zum Prinzip erhoben“. Wenigstens für sich selbst wollte sie ihre Stimme archivieren („Ich kann nicht ‚nichts‘ sagen“) und führte darum ein Tagebuch bis zum 22. April 1945. Der Druck, unter dem sie stand, wird deutlich: „Acht Tage lang habe ich nicht gewagt, meine Aufzeichnungen aus ihrem Versteck im Kohlenkeller hervorzuholen, mir sitzt wieder mal die Gestapo im Genick“; fertige Teile vergrub sie im Garten.
In einer nicht enden wollenden Folge von Aperçus spiegelt Haag aus allen Perspektiven die totalitäre Ideologie wider, stets bedacht, Einzelereignisse zu verallgemeinern. Wie nebenbei fließen Sätze ein wie: „Es gibt erschreckend wenige Menschen (…), die unter der Freiheitsbeschränkung leiden, nichts sagen dürfen, ‚der Führer‘ ist bereits eine mythische Gestalt im deutschen Volk, ein ‚böser Geist‘, gegen den niemand etwas zu äußern, ja nicht einmal im Geheimen zu denken wagt, weil man (…) fürchtet, er könne sich rächen, er sei ein Gott, ein böser Gott, der alles weiß und alles bestraft (…) ein Mensch, ein Parteiapparat denkt für alle.“ Es sind Abstrahierungen, die ihre Aufzeichnungen so wichtig machen. Als Beleg fügte sie Seite für Seite Zeitungsausschnitte bei (für deren Reproduktion man ein größeres Buchformat hätte wählen müssen).
Über den Zustand des Dritten Reichs nach Kriegseintritt hält sie fest: „Es sind ja viel zu wenige, die sich und ihren Idealen treu geblieben sind.“ Und sie schreibt von Leuten, die „nur so lange von Demokratie, Sozialismus, Freiheit der Gedankenäußerung, Friedenliebe (…) redeten, als dies Mode war und ihren Geschäften nützlich“. Nun stimmten sie ohne Skrupel in den Chor ein, „der Hass sang, dessen zweite Strophe ‚Überheblichkeit‘ zur völkischen Religion erhob, der in der dritten Strophe die ‚Rassenseele‘ entdeckte und verherrlichte und im Schlusschor die ‚Gewalt‘ und die scheußlichsten Verbrechen mit einer Gloriole umwand, weil all das notwendig sei im Gedanken an das ‚Vaterland‘“. Ganz wesentlich behielt sie den von der Propaganda betriebenen zerstörerischen Irrationalismus im Auge, „als ob ein Massenwahnsinn das deutsche Volk ergriffen habe (…) Denken ist heute überhaupt nicht mehr in Mode“.
Die Notizen lassen keinen gesellschaftlichen Bereich aus, weder Erziehung noch Propaganda, Hunger, Polizeiterror, Kriegsführung. Ganz offen spricht sie den Holocaust an, von dem sie präzise Kenntnisse hatte: „Ein junger SS-Mann, der in Polen (…) ‚im Taglohn‘ morden musste, sagte, entweder werde er wahnsinnig, oder er erschieße sich, oder er mache das Morden in Zukunft zu seinem Gewerbe“. Den gewöhnlichen Deutschen empfand sie als „Allesfresser“, er sei „fromm, gottgläubig, christusgläubig, hitlergläubig, vaterlandsgläubig, er ist voller Mitleid und – voll entsetzlicher Bestialität“. Kein Wunder, dass sich für solche Sätze nach dem Krieg kein Verlag fand. Kontinuierlich hörte Haag BBC-Nachrichten und diverse Geheimsender, sodass sie bestens über den Kriegsverlauf informiert war. Erstaunlich hingegen, dass weder Stalingrad noch der 20. Juli bei ihr Erwähnung finden. Natürlich wusste sie, dass das Abhören von Feindsendern als Volksverrat mit der Todesstrafe geahndet werden konnte, doch obwohl sie im Visier der Gestapo stand, schien Haag das egal zu sein. Sensibel registriert sie das Einsickern von Falschmeldungen in das Bewusstsein etwa in der Kriegsschuldfrage: „Polen hat angefangen, Russland hat angefangen! Das Gesindel bekommt seinen Lohn! Weg mit ihm! Lebensraum für uns!“ Genauso ihr Hinweis auf die zwanghafte Vorstellung, Hitler habe immer recht, bewahre in jeder Situation das Volk vor dem Schlimmsten und zur Not habe er ja noch die Wunderwaffe V2, um den Krieg zu gewinnen.
Eine Zukunft nach dem Krieg konnte Haag sich nur schwer vorstellen, engagierte sich aber im Wiederaufbau und im Paritätischen Wohlfahrtsverband, ließ sich für die SPD als Abgeordnete in den ersten baden-württembergischen Landtag wählen und setzte die Aufnahme des Rechts auf Kriegsdienstverweigerung im Grundgesetz durch. Bis heute blieb diese für Völkerverständigung und Frieden streitende Demokratin unbekannt.
Doch nun sollten Haags so wichtige Aufzeichnungen auch nachträglich jeder Familie zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte als Pflichtlektüre dienen. Sie lesen sich noch immer als eindrucksvolle Bestätigung jüngster NS-Forschung.
„Ich kann nicht nichts sagen“,
schrieb Haag und vergrub
ihr Tagebuch im Garten
Anna Haag:
„Denken ist heute überhaupt nicht mehr in Mode“.
Tagebuch 1940 – 1945.
Herausgegeben und
mit einem Nachwort
von Jennifer Holleis.
Reclam Verlag,
Ditzingen 2021. 448 Seiten, 35 Euro. E-Book: 29,99 Euro.
„… als ob ein Massenwahnsinn das deutsche Volk ergriffen habe“. Hitler und seine Fans beim Sängerfest in Breslau 1937.
Foto: Scherl / SZ Photo
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.07.2021Sie sehnte die Niederlage der Deutschen herbei
Als Denunziationen, Kriegslust und Habgier blühten: Anna Haags Tagebuch aus der Zeit von 1940 bis 1945 ist ein Dokument bemerkenswerter Standhaftigkeit
"Erfüllt von Menschenhass und Menschenverachtung" sei sie, notiert Anna Haag am 8. Januar 1944 in ihr Tagebuch. Gerade hat sie eine Traueranzeige gelesen, in der stolz vom "Soldatentod" des Sohnes die Rede ist. Und weiter zitieren die Eltern aus einem seiner letzten Briefe: "An meinem eigenen persönlichen Leben hänge ich nicht. Die Wirkung, der Auftrag ist alles." Warum hat, so fragt sich die Tagebuchautorin, "der Vater seinen Sohn nicht belehrt (der Vater hat sich uns gegenüber als Anti-Nazi und Kriegsgegner ausgegeben. Er ist ein gelehrter Herr), dass ,Auftrag' und ,Wirkung' nur dann einen großen Sinn haben kann, wenn der ,Auftrag' edel und seine ,Wirkung' entsprechend ist?"
In Deutschland sei "gegenwärtig die Niedertracht zum Prinzip erhoben", es blühten die Denunziationen, Kriegslust und Habgier. Genau beobachtet Anna Haag, dass noch nie so viele Frauen in Pelzmänteln ausgingen, Beutestücke der Männer, es sei "wie Weihnachten". Nicht weniger empört ist sie über die intellektuelle Verwahrlosung, den um sich fressenden "Gehirnschwund". Wie sonst könnten Deutsche "begeisterte Verehrer Albert Schweitzers und gleichzeitig glühende Anhänger des Nationalsozialismus sein"? Immer wieder stößt sie auf den blinden Glauben, das eigene Land könne den Krieg gar nicht verlieren.
Überhaupt der Glaube! Im März 1943 ermahnt die Direktorin einer Mädchenoberschule ihre Abiturientinnen: "Lieber gebt ein gut Teil Eures Verstandes hin, als Euren Glauben an Hitler!" Das ist allerdings nach dem Zusammenbruch der 6. Armee bei Stalingrad gesagt, da gab es womöglich Anlass zu solcher Ermahnung, es mehrten sich jedenfalls Zeichen der Ernüchterung.
Über Anna Haag, die Autorin des Kriegstagebuchs, das unter dem Titel "Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode" erschienen ist, teilt uns das Nachwort nicht viel mit. Sie wurde 1888 geboren, mit einundzwanzig Jahren heiratete sie den Mathematiklehrer Albert Haag, mit dem sie drei Kinder hatte. In der Zwischenkriegszeit begann sie Romane zu schreiben und engagierte sich pazifistisch, mit ihrem Mann trat sie in die SPD ein. 1933 wurde der aus politischen Gründen strafversetzt, die Kriegszeit verbrachten die beiden in Stuttgart oder Umgebung. Nach dem Krieg war Anna Haag Abgeordnete des Landtags von Württemberg-Baden und engagierte sich besonders für das Recht auf Wehrdienstverweigerung.
Anna Haag verfügte nicht über außergewöhnliche Informationsquellen (hörte allerdings BBC), aber erfuhr erstaunlich viel. Ein "kleiner städtischer Beamter", der die Wasseruhr abliest, erzählt Ende 1941 von der Judenverfolgung, der Behandlung russischer Kriegsgefangener und dass ihm ein SS-Mann berichtet habe, er habe fünfhundert Juden, Frauen und Kinder, in Polen "abknallen müssen".
Die Briefe deutscher Soldaten, die von den Verbrechen im Osten sprechen, scheinen in ihren Kreisen umzulaufen, immer wieder zitiert sie daraus. Die Gaskammern sind ihr nicht bekannt, aber dass Massenerschießungen von Juden nicht etwa seltene Vorkommnisse sind, das ist klar. Grafeneck, Tötungsanstalt der Aktion T4, der systematischen Ermordung von Behinderten, wird mehrfach genannt. Im November 1941 flüstert ihr jemand zu, "man bringe die Juden weg von unserer Stadt. Die armen Menschen seien der Auffassung, dass dies nur eine Etappe sei auf dem Weg nach Grafeneck!"
Man weiß, dass es eine Reihe von Deutschen gab, die den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus erkannten und doch dem eigenen Land den Sieg wünschten, sei es aus unüberwindlicher Loyalität, sei es aus Angst vor Rache oder Strafe für die begangenen Untaten. Anna Haag denkt anders. Sie sehnt die Niederlage herbei, weil sie mit den Opfern der Deutschen fühlt, weil die Niederlage nur gerecht wäre und allein diese die Deutschen wieder zu Verstand bringen könnte. Nationalgefühl scheint ihr ganz fremd: "Selbst Nazihasser meinen vielfach, sie müssten noch irgendetwas zur Ehre deutschen Wesens vorbringen. Vermutlich, weil sie nichts Eigenes haben, das ihnen vor sich selbst Wert und Bedeutung verleihen könnte."
Doch schon einen Tag darauf stellt sie fest, wie schwer es ist, ohne sozialen oder kulturellen Halt zu leben, "wie leicht kann ich das Gleichgewicht verlieren und in die Unendlichkeit hinausstürzen". Erst jetzt verstehe sie, was das Wort "entwurzelt" meine. Ihre Tochter ist in England verheiratet, von den Enkeln wünscht die Großmutter, dass sie ihrem "Vaterland nützen und ihm Ehre machen".
Bedauerlich, dass ein so interessantes Tagebuch so schwach kommentiert ist. Nicht einmal fünf Seiten Erklärungen für 420 Seiten Text, das ist kümmerlich, vor allem wenn auf den fünf Seiten erklärt wird, wer Churchill und Roosevelt waren, nicht aber, was es mit dem Propagandasender Gustav Siegfried 1 auf sich hatte. Ein Tagebuch aus diesen Jahren gibt auch Gerüchte wieder und zwangsläufig auch falsche. Nur ein Beispiel: Im Mai 1941 berichtet die Autorin von "Razzien auf Frauen", wer sich nicht genügend ausweisen könne, werde "zur Arbeit abgeführt". Wenig wahrscheinlich, dass das stimmt (Hitler war gegen den Arbeitseinsatz von Frauen) - wenn es nicht eine lokale Besonderheit war. Der Kommentar müsste so etwas einordnen, tut es aber nicht. Schade auch, dass man so wenig über Anna Haag und ihre Familie erfährt. Geben die Quellen nicht mehr her? Die Herausgeberin schweigt darüber. Stattdessen meint sie, Anna Haags Denken sei "so aktuell wie selten zuvor".
Anna Haag muss eine eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein. Von keinem der (vermeintlichen) Erfolge des Nationalsozialismus hat sie sich irritieren lassen, dem Meinungsdruck der Verwandten, Bekannten und Nachbarn hat sie immer standgehalten. Müsste der Leser eine Zeitreise in die Jahre 1940 bis 1945 antreten, er wünschte sich wohl die Klarheit und Festigkeit dieser Frau. Selbst wenn vieles uns Heutigen auch fremd bleibt. Pazifismus und Nationalismuskritik sind uns vertraut, aber daneben stehen andere Züge: etwa die Klage über eine ",entgötterte' Welt", das Festhalten an "ewigen Menschheitsidealen" und eine Form von Religiosität, die mit sich bringt, dass die Erfolge der Alliierten von ihr mit Chorälen begangen werden. Das Ineinander selbstverständlich bewunderter und fremder Züge, es macht einen guten Teil des Interesses aus, das diese Autorin weckt. STEPHAN SPEICHER.
Anna Haag: "Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode". Tagebuch 1940-1945. Hrsg. und mit einem Nachwort von Jennifer Holleis. Reclam Verlag, Ditzingen 2021. 448 S., Abb., geb., 35,- Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Als Denunziationen, Kriegslust und Habgier blühten: Anna Haags Tagebuch aus der Zeit von 1940 bis 1945 ist ein Dokument bemerkenswerter Standhaftigkeit
"Erfüllt von Menschenhass und Menschenverachtung" sei sie, notiert Anna Haag am 8. Januar 1944 in ihr Tagebuch. Gerade hat sie eine Traueranzeige gelesen, in der stolz vom "Soldatentod" des Sohnes die Rede ist. Und weiter zitieren die Eltern aus einem seiner letzten Briefe: "An meinem eigenen persönlichen Leben hänge ich nicht. Die Wirkung, der Auftrag ist alles." Warum hat, so fragt sich die Tagebuchautorin, "der Vater seinen Sohn nicht belehrt (der Vater hat sich uns gegenüber als Anti-Nazi und Kriegsgegner ausgegeben. Er ist ein gelehrter Herr), dass ,Auftrag' und ,Wirkung' nur dann einen großen Sinn haben kann, wenn der ,Auftrag' edel und seine ,Wirkung' entsprechend ist?"
In Deutschland sei "gegenwärtig die Niedertracht zum Prinzip erhoben", es blühten die Denunziationen, Kriegslust und Habgier. Genau beobachtet Anna Haag, dass noch nie so viele Frauen in Pelzmänteln ausgingen, Beutestücke der Männer, es sei "wie Weihnachten". Nicht weniger empört ist sie über die intellektuelle Verwahrlosung, den um sich fressenden "Gehirnschwund". Wie sonst könnten Deutsche "begeisterte Verehrer Albert Schweitzers und gleichzeitig glühende Anhänger des Nationalsozialismus sein"? Immer wieder stößt sie auf den blinden Glauben, das eigene Land könne den Krieg gar nicht verlieren.
Überhaupt der Glaube! Im März 1943 ermahnt die Direktorin einer Mädchenoberschule ihre Abiturientinnen: "Lieber gebt ein gut Teil Eures Verstandes hin, als Euren Glauben an Hitler!" Das ist allerdings nach dem Zusammenbruch der 6. Armee bei Stalingrad gesagt, da gab es womöglich Anlass zu solcher Ermahnung, es mehrten sich jedenfalls Zeichen der Ernüchterung.
Über Anna Haag, die Autorin des Kriegstagebuchs, das unter dem Titel "Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode" erschienen ist, teilt uns das Nachwort nicht viel mit. Sie wurde 1888 geboren, mit einundzwanzig Jahren heiratete sie den Mathematiklehrer Albert Haag, mit dem sie drei Kinder hatte. In der Zwischenkriegszeit begann sie Romane zu schreiben und engagierte sich pazifistisch, mit ihrem Mann trat sie in die SPD ein. 1933 wurde der aus politischen Gründen strafversetzt, die Kriegszeit verbrachten die beiden in Stuttgart oder Umgebung. Nach dem Krieg war Anna Haag Abgeordnete des Landtags von Württemberg-Baden und engagierte sich besonders für das Recht auf Wehrdienstverweigerung.
Anna Haag verfügte nicht über außergewöhnliche Informationsquellen (hörte allerdings BBC), aber erfuhr erstaunlich viel. Ein "kleiner städtischer Beamter", der die Wasseruhr abliest, erzählt Ende 1941 von der Judenverfolgung, der Behandlung russischer Kriegsgefangener und dass ihm ein SS-Mann berichtet habe, er habe fünfhundert Juden, Frauen und Kinder, in Polen "abknallen müssen".
Die Briefe deutscher Soldaten, die von den Verbrechen im Osten sprechen, scheinen in ihren Kreisen umzulaufen, immer wieder zitiert sie daraus. Die Gaskammern sind ihr nicht bekannt, aber dass Massenerschießungen von Juden nicht etwa seltene Vorkommnisse sind, das ist klar. Grafeneck, Tötungsanstalt der Aktion T4, der systematischen Ermordung von Behinderten, wird mehrfach genannt. Im November 1941 flüstert ihr jemand zu, "man bringe die Juden weg von unserer Stadt. Die armen Menschen seien der Auffassung, dass dies nur eine Etappe sei auf dem Weg nach Grafeneck!"
Man weiß, dass es eine Reihe von Deutschen gab, die den verbrecherischen Charakter des Nationalsozialismus erkannten und doch dem eigenen Land den Sieg wünschten, sei es aus unüberwindlicher Loyalität, sei es aus Angst vor Rache oder Strafe für die begangenen Untaten. Anna Haag denkt anders. Sie sehnt die Niederlage herbei, weil sie mit den Opfern der Deutschen fühlt, weil die Niederlage nur gerecht wäre und allein diese die Deutschen wieder zu Verstand bringen könnte. Nationalgefühl scheint ihr ganz fremd: "Selbst Nazihasser meinen vielfach, sie müssten noch irgendetwas zur Ehre deutschen Wesens vorbringen. Vermutlich, weil sie nichts Eigenes haben, das ihnen vor sich selbst Wert und Bedeutung verleihen könnte."
Doch schon einen Tag darauf stellt sie fest, wie schwer es ist, ohne sozialen oder kulturellen Halt zu leben, "wie leicht kann ich das Gleichgewicht verlieren und in die Unendlichkeit hinausstürzen". Erst jetzt verstehe sie, was das Wort "entwurzelt" meine. Ihre Tochter ist in England verheiratet, von den Enkeln wünscht die Großmutter, dass sie ihrem "Vaterland nützen und ihm Ehre machen".
Bedauerlich, dass ein so interessantes Tagebuch so schwach kommentiert ist. Nicht einmal fünf Seiten Erklärungen für 420 Seiten Text, das ist kümmerlich, vor allem wenn auf den fünf Seiten erklärt wird, wer Churchill und Roosevelt waren, nicht aber, was es mit dem Propagandasender Gustav Siegfried 1 auf sich hatte. Ein Tagebuch aus diesen Jahren gibt auch Gerüchte wieder und zwangsläufig auch falsche. Nur ein Beispiel: Im Mai 1941 berichtet die Autorin von "Razzien auf Frauen", wer sich nicht genügend ausweisen könne, werde "zur Arbeit abgeführt". Wenig wahrscheinlich, dass das stimmt (Hitler war gegen den Arbeitseinsatz von Frauen) - wenn es nicht eine lokale Besonderheit war. Der Kommentar müsste so etwas einordnen, tut es aber nicht. Schade auch, dass man so wenig über Anna Haag und ihre Familie erfährt. Geben die Quellen nicht mehr her? Die Herausgeberin schweigt darüber. Stattdessen meint sie, Anna Haags Denken sei "so aktuell wie selten zuvor".
Anna Haag muss eine eindrucksvolle Persönlichkeit gewesen sein. Von keinem der (vermeintlichen) Erfolge des Nationalsozialismus hat sie sich irritieren lassen, dem Meinungsdruck der Verwandten, Bekannten und Nachbarn hat sie immer standgehalten. Müsste der Leser eine Zeitreise in die Jahre 1940 bis 1945 antreten, er wünschte sich wohl die Klarheit und Festigkeit dieser Frau. Selbst wenn vieles uns Heutigen auch fremd bleibt. Pazifismus und Nationalismuskritik sind uns vertraut, aber daneben stehen andere Züge: etwa die Klage über eine ",entgötterte' Welt", das Festhalten an "ewigen Menschheitsidealen" und eine Form von Religiosität, die mit sich bringt, dass die Erfolge der Alliierten von ihr mit Chorälen begangen werden. Das Ineinander selbstverständlich bewunderter und fremder Züge, es macht einen guten Teil des Interesses aus, das diese Autorin weckt. STEPHAN SPEICHER.
Anna Haag: "Denken ist heute überhaupt nicht mehr Mode". Tagebuch 1940-1945. Hrsg. und mit einem Nachwort von Jennifer Holleis. Reclam Verlag, Ditzingen 2021. 448 S., Abb., geb., 35,- Euro.
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»Endlich liegt ihre klarsichtige Analyse komplett vor. [...] Bis heute blieb diese für Völkerverständigung und Frieden streitende Demokratin unbekannt. Doch nun sollten Haags so wichtige Aufzeichnungen auch nachträglich jeder Familie zur Aufarbeitung ihrer eigenen Geschichte als Pflichtlektüre dienen. Sie lesen sich noch immer als eindrucksvolle Bestätigung jüngster NS-Forschung.« Süddeutsche Zeitung, 22.03.2021 »Tagebücher sind wie Zeitkapseln, denn sie halten Eindrücke des jeweiligen Moments fest. Gerade aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs sind sie von besonderer Bedeutung für die historische Forschung, weil sie Einblick in das gewähren, was Menschen wirklich dachten - jenseits dessen, was die Propaganda ihnen zu denken vorgab. [...] Es ist zu hoffen, dass Anna Haags Schriften jetzt endlich eine breitere Aufmerksamkeit bekommen.« DIE ZEIT, »10 nach 8«-Newsletter, 23.03.2021 »Wirklich erstaunliche Texte - eine wirklich interessante Frau und ein faszinierendes Lebenswerk, das gerade neu entdeckt wird« SWR2 Lesenswert Kritik, 04.04.2021 »Ich habe schon lange kein so ergreifendes und derart Mut machendes Buch mehr gelesen - was für eine Feier der Zivilcourage!« Deutschlandfunk Kultur LESART, 10.04.2021 »Ein ungeheuerlich eindrucksvolles, atemberaubendes Dokument, das nun endlich vorliegt. [...] Als einer, der seit Jahrzehnten die Verbrechen Hitlerdeutschlands erforscht, musste ich zum Selbstschutz professionelle Distanz entwickeln. Aber Anna Haags Buch las ich aufgewühlt und von ihren Beobachtungen gebannt in einem Zug. Wie konnte unser Volk so tief herabsinken? Diese noch immer unbeantwortete Frage trieb Anna Haag um - und sie erklärt uns Heutigen vieles.« Berliner Zeitung, 04.05.2021 »Kaum ein zeithistorisches Dokument gewährt ähnlich tiefe, schonungslose und vor allem authentische Einblicke in den Alltag und die Stimmung in der Bevölkerung. Früh schon stellte Haag die Frage, mit der sich sämtliche Nachkriegsgenerationen bis heute befassen: Wie konnte sich ein ganzes Volk von einem Massenmörder verführen lassen? Wie konnte eine gebildete Nation jeden Anstand, jede Moral und jedes Gefühl für Recht und Unrecht verlieren? Die akribische Arbeit der Herausgeberin war von großer historischer und wissenschaftlicher Bedeutung.« SPIEGEL ONLINE, 03.05.2021 »Anna Haags Tagebuch aus der Zeit von 1940 bis 1945 ist ein Dokument bemerkenswerter Standhaftigkeit. [...] Müsste der Leser eine Zeitreise in die Jahre 1940 bis 1945 antreten, er wünschte sich wohl die Klarheit und Festigkeit dieser Frau.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.07.2021 »Es ist eine Chronik, die ähnlich wie von Victor Klemperer einen Einblick gibt in den Alltag im Nationalsozialismus.« Deutschlandfunk, 05.08.2021 »Demokratie muss gelernt und verteidigt werden - heute ganz aktuell. Dieses Buch ist eine gute Lektüre dafür.« vorwärts-Stand - Frankfurter Buchmesse 2021, 23.10.2021 »Eine großartige Ausarbeitung. Es hat mich sofort verschlungen und gebunden.« vorwärts-Stand - Frankfurter Buchmesse 2021, 23.10.2021