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Israel Finkelstein beschreibt in seinem bahnbrechenden Buch die Geschichte des Königreichs Israel konsequent aus archäologischer Sicht. In diesem vom 10. bis zum 8. Jahrhundert v. Chr. bestehenden, von der Bibel als sündig verworfenen und von der Forschung vergessenen Reich findet er die wahren Ursprünge von zentralen biblischen Erzählungen. Für die Bibel waren die Könige von Israel treulose Sünder im Gegensatz zu den Königen von Juda. Das hat dazu geführt, dass man vom Königreich Israel über die biblische Sicht hinaus wenig weiß. Israel Finkelstein rekonstruiert auf der Grundlage von…mehr

Produktbeschreibung
Israel Finkelstein beschreibt in seinem bahnbrechenden Buch die Geschichte des Königreichs Israel konsequent aus archäologischer Sicht. In diesem vom 10. bis zum 8. Jahrhundert v. Chr. bestehenden, von der Bibel als sündig verworfenen und von der Forschung vergessenen Reich findet er die wahren Ursprünge von zentralen biblischen Erzählungen. Für die Bibel waren die Könige von Israel treulose Sünder im Gegensatz zu den Königen von Juda. Das hat dazu geführt, dass man vom Königreich Israel über die biblische Sicht hinaus wenig weiß. Israel Finkelstein rekonstruiert auf der Grundlage von jahrzehntelangen Ausgrabungen erstmals dessen wahre Geschichte. Dabei zeigt sich das überraschende Bild eines altorientalischen Reiches, das viel weiter entwickelt war als das südlich angrenzende Königreich Juda mit seiner Hauptstadt Jerusalem. Hier, in Israel, standen in Wirklichkeit der Palast und der Tempel, die später den legendären Königen David und Salomo zugeschrieben wurden. Hier entstanden so zentrale Erzählungen wie die vom Stammvater Jakob oder vom Auszug aus Ägypten. Dass dieses Königreich erobert, verworfen und vergessen wurde, aber sein Name und seine Mythen schließlich um die Welt gingen, ist das eigentliche Wunder, das Israel Finkelstein höchst anschaulich erklärt.
Autorenporträt
Rita Seuß arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit Bernhard Jendricke zusammen. Gemeinsam haben sie neben Romanen von Clare Clark Werke von Gore Vidal, Peter Heather und Jeremy Scahill ins Deutsche übertragen.

Israel Finkelstein, geboren 1949, ist Direktor des Archäologischen Instituts der Universität Tel Aviv und hat als Gastprofessor in Chicago, Harvard und an der Sorbonne gelehrt. Er gehört zu den führenden Archäologen in Israel und gilt als "einer der wichtigsten Innovatoren". (FAZ)

Rita Seuß arbeitet seit mehr als zwanzig Jahren mit Bernhard Jendricke zusammen. Gemeinsam haben sie neben Romanen von Clare Clark Werke von Gore Vidal, Peter Heather und Jeremy Scahill ins Deutsche übertragen.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Ulf von Rauchhaupt ziegt sich enttäuscht vom neuen Buch des Archäologen Israel Finkelstein. Dessen These von der Nichtexistenz des Königreichs Davids und Salomos kennt er schon. Was der Autor ihr hier nun hinzufügt, weckt zwar Rauchhaupts Interesse, schnell merkt der Rezensent jedoch, dass die Eisenzeit Israels, um die es geht, ein schwieriger Fall ist und der Autor nicht sonderlich viel unternimmt, sie dem Leser zu ergründen noch eine überzeugende Methodik zu entwickeln, die Historie von Fiktion scheidet. Stattdessen hat der Rezensent den Eindruck, der Autor habe seine Textauswahl im Sinne seiner Interpretation getroffen. Dass Finkelstein auf dünnen Eis wandelt, erkennt Rauchhaupt auch an seiner verknappten Chronologie der Eisenzeit. Die jedoch sei keineswegs Forscherkonsens, meint er, und im Buch wenig überzeugend dargelegt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.12.2014

War König David nie Herrscher über Israel?

Kronzeuge gegen die Bibel: Der Archäologe Israel Finkelstein ist für seine Extremposition bekannt. Jetzt revidiert er die alttestamentlichen Texte über das Königreich Israel. Mit guten Gründen?

Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an den 1955 erschienenen Bestseller "Und die Bibel hat doch recht". Darin stellte der Journalist Werner Keller reihenweise archäologische Befunde zusammen, die seiner Ansicht nach die Historizität der verschiedenen alttestamentarischen Überlieferungen belegten. Heute sind die gegenteiligen Bemühungen modern. Gerade zur Weihnachtszeit erscheinen alle Jahre wieder Medienbeiträge, um uns zu belehren, dass das alles gar nicht so war, wie der Religionslehrer das immer erzählt hat.

Ein gefragter Kronzeuge dafür ist Israel Finkelstein von der Universität Tel Aviv. Der 1949 geborene Gelehrte gehört zu den prominentesten Archäologen seines Landes, als Leiter der Ausgrabungen in Megiddo, aber auch wegen seines Einsatzes für eine naturwissenschaftliche Herangehensweise und gegen die Tradition, archäologische Funde im Heiligen Land naiv im Licht biblischer Texte zu interpretieren. Damit war er ein Pionier, bedenkt man, dass manche Archäologen bis weit ins 20. Jahrhundert dem Alten Testament hinterhergruben wie weiland Heinrich Schliemann seinem Homer. Da archäologische Spuren antiker jüdischer Kultur (oder deren Fehlen) in Israel und bei seinen Nachbarn immer auch ein Politikum sind, machte Finkelsteins innovative Herangehensweise Hoffnung auf eine Entpolitisierung seines Faches.

In seinem 2001 zusammen mit dem Amerikaner Neil Silberman veröffentlichten Bestseller "The Bible unearthed" (auf Deutsch unter dem Titel "Keine Posaunen vor Jericho") bemühte sich Finkelstein dann aber um eine umfassende Dekonstruktion alttestamentarischer Texte als Chroniken tatsächlicher historischer Ereignisse. Besonderes Furore machte seine These, das glanzvolle Königreich Davids und Salomos habe es nie gegeben. Der historische David, an dessen Existenz seit der Entdeckung einer Inschrift im nordisraelischen Tel Dan allerdings kaum zu zweifeln ist, sei im 10. Jahrhundert vor Christus Herr über einen Zwergstaat und Jerusalem auch zu Zeiten seines Nachfolgers Salomo nicht mehr als eine klägliche Bergsiedlung gewesen. Erst später, als nach dem Bericht der biblischen Autoren Salomos Territorium in ein Nordreich Israel und das Südreich Juda zerfallen war, habe im 9. Jahrhundert vor Christus im Norden unter König Omri und seinen Nachfolgern eine Blüte eingesetzt, und die Bauwerke, die man einst der davidisch-salomonischen Zeit zurechnete, seien in Wahrheit omridisch.

Finkelsteins neues Buch, "Das vergessene Königreich", führt diese These weiter. Das titelgebende Reich ist das Nordreich Israel, und vergessen sei es, weil die judäischen Autoren biblischer Texte wie des "Buchs der Könige" es lange nach der Vernichtung des nördlichen Königtums durch die Assyrer um das Jahr 720 vor Christus aus ideologischen und religionspolitischen Gründen kleingeschrieben und so im Bewusstsein der Nachwelt marginalisiert hätten. Aller Glanz sollte auf Juda und den Jerusalemer Tempel fallen. In Wahrheit aber, so Finkelstein, habe es ein unter den Königen David oder Salomo vereinigtes Großreich der Israeliten nie gegeben.

Keine Frage, das interessiert nicht nur Althistoriker. Schon für die aber ist die frühe Eisenzeit Israels ein äußerst kniffliger Fall. Die Bedeutung der biblischen Texte als Quellen hat ihren Grund vor allem in dem Umstand, dass wir sonst so wenig über diese Epoche wissen. Während aus der vorangegangenen späten Bronzezeit noch viele schriftliche Zeugnisse, nicht zuletzt aus der diplomatischen Korrespondenz der tonangebenden Großmächte, erhalten sind, versiegen diese Quellen nun plötzlich. Um 1200 vor Christus geht im Norden das Hethiterreich unter, etwa um 1150 verliert der ägyptische Pharao die Kontrolle über die südliche Levante.

Gleichzeitig ist Assyrien im Osten noch weit von seiner späteren Macht entfernt. Stattdessen treiben geheimnisvolle Seevölker ihr Unwesen, die Philister setzen sich im Gebiet von Gaza fest, und in Syrien und Palästina entstehen viele kleine und mittelgroße Staatswesen, die aber nicht mehr mittels Keilschrifttafeln korrespondieren. Hinterlassen haben sie nur archäologische Spuren wie Scherben oder Mauerwerk, wovon an später intensiv überbauten Orten wie Jerusalem zudem besonders wenig übrig ist. Erst Ende des 8. Jahrhunderts machen die assyrischen Eroberungen in der Region die Quellenlage wieder besser.

Vor diesem Hintergrund wünschte man sich eine populärwissenschaftliche Darstellung, in welcher ein kundiger Ausgräber wie Finkelstein die aktuellen archäologischen Befunde vorstellt und erklärt, welche Schlüsse auf den Quellenwert des Alten Testaments für die fragliche Zeit man daraus ziehen kann. Leider leistet das Buch dies höchstens ansatzweise. Denn zum einen fehlt jegliche Einführung in die Problematik der Eisenzeit Israels. Gerade in den ersten vier Kapiteln liest sich das Buch wie eine Fachmonographie, deren Leser nicht nur im Jargon der Keramikperiodisierung geübt sein, sondern auch die einschlägigen Bücher des Alten Testaments am Schnürchen haben müssen.

Denn tatsächlich kann keine Rede davon sein, dass Finkelstein die Interpretationen der präsentierten Funde unter Ausblendung der Bibel anfertigt, um sie dann mit biblischen Berichten zu vergleichen. Vielmehr erkennt er in vielen Bibeltexten durchaus historische Erinnerungen - etwa die positiven Berichte über Davids Vorgänger Saul in den Büchern Samuel, von denen er glaubt, es handele sich um Überlieferungen, die Flüchtlinge aus dem Nordreich nach Juda brachten, wo sie dann Teil des Alten Testaments wurden.

Das wird zwar in jedem Einzelfall begründet, insgesamt aber ist keine Methodik zu erkennen, die bestimmt, wann einer alttestamentarischen Geschichte ein erkennbarer historischer Kern zuerkannt wird und wann es sich nur um eine ideologische Fiktion oder Projektion späterer Chronisten handeln kann. Die Auswahl danach zu treffen, was jeweils besser zur angezielten Interpretation der Funde passt, kann es ja nicht sein. Ein weiterer Nachteil des Buches ist, wie Finkelstein seinen Lesern den Weg zu den Jahreszahlen erläutert, die er zu den Funden nennt. Hier wird man mit einem "durch Radiokarbonmethode zuverlässig datiert" abgespeist oder mit einem Literaturverweis. Der Leser erfährt, nicht, dass die Radiokarbonmethode für die fragliche Epoche eine äußerst kitzlige Sache ist.

Die Kalibrierungskurve, mittels deren man aus dem Gehalt an radioaktivem Kohlenstoff in einem Fundstück sein tatsächliches Alter berechnet, verläuft zwischen dem 12. und 9. Jahrhundert vor Christus alles andere als gerade, so dass zum Beispiel Fundschichten, zwischen denen in Wahrheit Jahrzehnte liegen, gleichzeitig erscheinen. Das macht genauere Datierungen zwar nicht unmöglich, aber sie werden eben zu einem Puzzlespiel der Integration vieler Daten, typisch archäologischen Indizienargumenten nicht unähnlich, und sind alles andere als das, was sich mancher Laie unter einer exakten naturwissenschaftlichen Messung vorstellt.

Seit Jahren tobt daher eine Fachdebatte um die Chronologie der frühen Eisenzeit in Israel, in der Finkelstein eine extreme Position einnimmt. Er favorisiert die sogenannte "kurze Chronologie" (low chronology), nach der eine durch die Keramik definierte Epoche namens Eisenzeit IIA zwischen 920 und 900 vor Christus begann und zwischen 800 und 780 endete. Der Beginn dieser Eisenzeit IIA fällt in etwa mit den Anfängen des israelitischen Königreiches zusammen; nach der bisherigen sogenannten konventionellen Chronologie begann diese Eisenzeit IIA 80 Jahre früher. Finkelsteins Bestimmung der konventionellerweise als davidisch/salomonisch angesehenen Spuren etwa in Hazor, Megiddo oder Gezer als omridisch - und damit die These von der Nichtexistenz eines Vereinigten Königreiches - hat entschieden mit dieser Herunterdatierung zu tun.

Doch Finkelsteins kurze Chronologie ist eben alles andere als Forscherkonsens. Untersuchungen unter Mitwirkung des Radiokarbonexperten Christopher Bronk Ramsey von der Universität Oxford aus dem Jahr 2013 zum Beispiel stützen eine modifizierte konventionelle Chronologie mit einer sehr langen Dauer der Eisenzeit IIA von etwa anderthalb Jahrhunderten - genug, dass David, Salomo und die Omriden Platz darin fänden - und einem Beginn um 980 vor Christus.

Wer aus diesen oder anderen Gründen nicht an die kurze Chronologie glaubt, für den bleibt von Finkelsteins Thesen nicht mehr übrig, als dass die Anfänge des israelitischen Königreiches hinsichtlich der Bautätigkeit bescheiden waren und dass das spätere Nordreich deutlich größer und mächtiger war als Juda im Süden. Aber all das lässt sich zum Beispiel auch in Herders "Neuem Bibel-Atlas" nachlesen, Finkelsteins Buchs hätte es dazu nicht bedurft.

Für alles andere ist die Präsentation der Funde und Befunde zu unübersichtlich und zu sehr mit Interpretationen von Bibeltexten verquickt sowie mit komplexen Argumentationsketten zur Verteidigung der Position des Autors in Fachdebatten, die dem Leser höchstens andeutungsweise oder (im Falle der Chronologie) gar nicht offengelegt werden. Fast hat man den Eindruck, als ginge es dem Autor - vielleicht aus wohlmeinenden politischen Gründen im Hinblick auf die Konflikte in seiner Heimat - um nicht viel anderes als weiland Werner Keller in "Und die Bibel hat doch recht" - nur eben mit umgekehrtem Vorzeichen.

ULF VON RAUCHHAUPT

Israel Finkelstein: "Das vergessene Königreich". Israel und die verborgenen Ursprünge der Bibel. Aus dem Englischen von Rita Seuß. Verlag C. H. Beck, München 2014. 234 S., geb., 24,95 [Euro].

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