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Wie Luciano De Crescento von großen Männern, ihren bedeutendsten Worten und Taten erzählt, ist unnachahmlich. Nichts und niemand ist vor seinem analytischen Witz und seiner respektlosen Neugier sicher. Unermüdlich wirbelt er den Staub in den Ruhmeshallen von Philosophie und Geschichte auf. Und hat den hehren Wissenschaften zu ganz ungewohnter Ehre verholfen, zu Bestsellerehren. In seinem neuen Buch erzählt er die antiken Mythen um den Trojanischen Krieg neu. Vom Vorspiel rund um einen veritablen Göttinenstreit über die falsche Entscheidung des schönen, aber dummen Paris bis hin zum größten Gemetzel der Antike.…mehr

Produktbeschreibung
Wie Luciano De Crescento von großen Männern, ihren bedeutendsten Worten und Taten erzählt, ist unnachahmlich. Nichts und niemand ist vor seinem analytischen Witz und seiner respektlosen Neugier sicher. Unermüdlich wirbelt er den Staub in den Ruhmeshallen von Philosophie und Geschichte auf. Und hat den hehren Wissenschaften zu ganz ungewohnter Ehre verholfen, zu Bestsellerehren. In seinem neuen Buch erzählt er die antiken Mythen um den Trojanischen Krieg neu. Vom Vorspiel rund um einen veritablen Göttinenstreit über die falsche Entscheidung des schönen, aber dummen Paris bis hin zum größten Gemetzel der Antike.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.1997

Damenwahl: Max Klingers feministisches Paris-Urteil

"Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land?" Nur im Märchen antwortet der Spiegel. Im wirklichen Leben sind es Juroren, zumeist männlichen Geschlechts, die sich für kompetent erachten, bei sogenannten Miß-Wahlen darüber zu befinden, wer die Schönste im ganzen Land, auf dem ganzen Kontinent, ja sogar auf der ganzen Welt sei. Die "Zurichtung" des Weiblichen durch den männlichen Blick hat eine lange Geschichte. Sie findet ihren Ursprung im Mythos vom Urteil des Paris. Der Sterbliche Paris sollte mit einem goldenen Apfel darüber urteilen, wer unter den olympischen drei Göttinnen Hera, Athena und Aphrodite die Schönste sei. Er sprach den Apfel der Göttin der Liebe zu. Die Folgen sind bekannt.

Dem Mythos und seinen Wandlungen im Spiegel der Kunstgeschichte widmet sich Annegret Friedrich. Zwischen 1885 und 1887 schuf der dem Jugendstil und frühen Symbolismus zuzurechnende Bildhauer, Maler und Graphiker Max Klinger sein frühestes monumentales Gemälde, das sich das Urteil des Paris zum Thema nahm. (Heute hängt es im Belvedere in Wien, es ist obenstehend abgebildet.) Dieses Gemälde, seine Entstehung und Rezeption stellt Annegret Friedrich ins Zentrum ihrer Untersuchungen. Sie vergleicht die Motivkonzeption Klingers mit anderen Darstellungen seiner Zeit. Das Bild provozierte und spaltete das zeitgenössische Publikum. Schockierte Ablehnung stand neben ehrerbietiger Bewunderung. Konservative Kritiker tadelten eine unbotmäßige Profanierung der drei olympischen Göttinnen, Klinger nehme den Figuren ihre Idealität. In der Tat lädt der Maler seine Gestalten psychologisch auf, individualisiert sie und sprengt somit den Rahmen einer akademisch-klassizistisch ausgerichteten Deutung des Paris-Urteils. Er sucht Möglichkeiten, den Mythos zu aktualisieren. So legt Klinger die Figur des Paris indifferent und passiv an und ordnet sie infolgedessen nicht eindeutig der Funktion des Wählenden zu, wohingegen die Göttinnen sich dem reinen Betrachtetwerden entziehen und ihre Reize bewußt ins Spiel bringen.

Diese Beobachtung setzt Annegret Friedrich in einen direkten Bezug zur gesellschaftlichen Lage in Klingers Epoche, in der Frauen sich gegen herrschende Normen zur Wehr setzten und ihre Rechte einklagten - darunter bezeichnenderweise das Wahlrecht. Die Autorin wagt die These, daß weibliche Betrachter besonders positiv auf Klingers "Urteil des Paris" reagiert hätten, verweist aber selbst einschränkend auf die problematische Quellenlage. Plausibel jedenfalls verknüpft Annegret Friedrich die Mythengestaltung Klingers mit dem zeitgenössischen Bestreben der Frau, aus ihrer traditionellen "Zuweisung zum schönen sprachlosen Objekt" herauszutreten. Vielfältiger belegt sie, wie Klinger dem sich wandelnden Bild der Frau im neunzehnten Jahrhundert Rechnung zu tragen versuchte.

Das reich mit Materialien und Illustrationen ausgestaltete Buch beweist den Nutzen einer feministischen Perspektive, ohne sie zur einzig möglichen zu erklären. Gelegentliche populärfeministische Floskeln sind nur ein kleiner Schönheitsfehler, über den das Urteil des Lesers mühelos hinwegblicken kann. KIRSTEN MUHLE

Annegret Friedrich: "Das Urteil des Paris". Ein Bild und sein Kontext um die Jahrhundertwende. Jonas Verlag, Marburg 1997. 304 S., Abb., br., 48,- DM.

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