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Nach Medienschelte und Diskussionen, Begeisterung auf der einen und Empörung auf der anderen Seite wird deutlich: Eva Herman hat einen Nerv getroffen. Wie geht man damit um, die Person zu sein, die unbequeme Wahrheiten anspricht? Friedrich Hänssler ist mit der ehemaligen Tagesschaumoderatorin ins Gespräch gekommen: über Familie und Kinder in Deutschland; über Karriere, Emanzipation und die 68er; über Glauben und den Mut, neue Wege einzuschlagen. Entstanden ist ein sehr offenes, sehr persönliches Buch.

Produktbeschreibung
Nach Medienschelte und Diskussionen, Begeisterung auf der einen und Empörung auf der anderen Seite wird deutlich: Eva Herman hat einen Nerv getroffen. Wie geht man damit um, die Person zu sein, die unbequeme Wahrheiten anspricht? Friedrich Hänssler ist mit der ehemaligen Tagesschaumoderatorin ins Gespräch gekommen: über Familie und Kinder in Deutschland; über Karriere, Emanzipation und die 68er; über Glauben und den Mut, neue Wege einzuschlagen. Entstanden ist ein sehr offenes, sehr persönliches Buch.
Autorenporträt
Eva Herman ist als ehemalige Tagesschau-Sprecherin und Talkshow-Moderatorin einem Millionen-Publikum bekannt. Ihr Buch 'Das Eva-Prinzip' sorgte für kontroverse Diskussionen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.05.2008

"Ich bin immer erst an mir gescheitert"

Sieben Monate ließ sich Eva Herman nach ihrem Rauswurf bei Kerner nicht blicken. Nun ist sie wieder da und hält an alten Thesen fest - nicht nur in ihrem neuen Buch.

Von Lena Bopp

HAMBURG, im Mai. Eva Herman kommt mit dem Fahrrad. An der Ampel vor dem Hotel Louis C. Jacob steigt sie ab und wirft einen Blick ins Innere des Hauses, der sich zwischen Neugier und Misstrauen nicht entscheiden kann. Sie wohnt um die Ecke in einem Backsteinbungalow. Zu Interviews bittet sie ihre Gesprächspartner gerne in das Hotel. Der Ort ist nicht schlecht gewählt: die Elbe schimmert, Schiffshörner tönen, der Frühling hat in Hamburgs quartier bohème Einzug gehalten.

Eva Herman ist wieder da. Nach all der Aufregung um ihre Bücher, um das "Eva-Prinzip" und das "Arche-Noah-Prinzip", nach heftigen Angriffen aus nahezu jeder Richtung, nach dem "Ausrutscher" beim Thema Nationalsozialismus, dem Rauswurf bei Johannes B. Kerner und der Kündigung von ihrem Sender, dem NDR - nach all dem kehrt sie mit einem neuen Buch an die Öffentlichkeit zurück: "Das Überlebensprinzip".

Sieben Monate hat sie sich dafür Zeit gelassen. Die Ereignisse im vergangenen Herbst hatten einen Rückzug ins Private geradezu erzwungen. Nachdem sie am 9. Oktober die Sendung von Kerner hatte verlassen müssen, standen wochenlang Journalisten vor ihrer Tür. Wenn es ihr schlechtgegangen sei, sagt sie, habe sie manchmal an der Schulter ihres Manns - "er ist sehr belastbar" - geweint. Eine Weile traute sie sich gar nicht aus dem Haus. "Was mir zugesetzt hat, war vor allem, dass es Menschen gab, die tatsächlich glaubten, ich hätte mich lobend über die Familienpolitik des Dritten Reichs geäußert. Das hat mir weh getan." Während dieser Zeit habe sie einige Freunde verloren.

Für ihre Aussagen habe man sie in Kerners Sendung ungewohnt hart angefasst. "Das hatte schon Tribunalcharakter." Während der Sendung habe sie des Öfteren das Gefühl gehabt, da gehe nicht alles mit rechten Dingen zu. Etwas präziser wird sie in ihrem Buch. Dort spricht sie von Hinweisen "im Internet", wonach schon vor der Aufzeichnung einige Journalisten Nachrichten erhalten hätten, in denen man den Rauswurf von Eva Herman ankündigte. Außerdem habe der "Warm-upper" - also der Mann, der vor der Sendung das Publikum im Saal in Stimmung bringen soll - auch während der Aufnahme in fragwürdigen Momenten angefangen zu klatschen. "Ich selbst dachte mir an verschiedenen Stellen: ,Es kann nicht sein, dass hier jemand freiwillig klatscht.' Aber es klatschte ein ganzes Publikum. Man weiß ja, dass es einen Reflex bei den Menschen gibt: Wenn einer klatscht, klatschen meist alle anderen auch."

Eva Herman möchte im Gespräch zu diesen Spekulationen keine Stellung beziehen. Sie sagt: "Ich weise nur darauf hin, dass derartige Aussagen kursieren." So drückt sie sich oft aus. Ihre Sätze beginnen mit: "Ich behaupte nicht", "Ich fordere nicht" und "Ich betone". Dabei blinzeln ihre Augen auch mal angriffslustig, aber sie beharrt nicht auf etwas, wenn sie auf Gegenrede stößt. Allerdings fragt man sich, warum sie sich nach allem, was passiert ist, jetzt wieder an die Öffentlichkeit traut. "Es ist nicht so, dass ich zerstört bin und mich traurig in ein Loch verkrieche. Es geht mir gut, ich habe viel Freude am Leben und große Lust, meine Themen weiter voranzutreiben. Das werde ich auch tun."

Eigentlich würde man eine Überzeugungstäterin erwarten, eine Frau, die sagt: "Ich kann nicht anders." Eva Herman steht auch da und sagt, sie könne nicht anders. Doch die fast Fünfzigjährige ist keine Kämpferin. "Kämpfen bedeutet, dass man siegen will. Ich will nicht siegen." Ihr neuer Vorstoß wirkt viel offensiver, als er in Wahrheit wohl gemeint ist. Bei Eva Herman kommen Überzeugung, Hochmut und Trotz zusammen. Zur Diskussion anregen will sie - und zur Überprüfung des eigenen Lebensentwurfs. Mit ihren alten Thesen: Frauen sollten sich auf ihre "natürliche Aufgabe" besinnen, sich um Kinder und Familie kümmern und nicht weiter der Mär von der Selbstverwirklichung hinterherlaufen, die der Feminismus in die Welt gesetzt habe.

Eine Karriere muss nicht glücklich machen - das hat Eva Herman selbst erfahren. Sie hat drei Scheidungen hinter sich. Ihr wurde deswegen oft vorgeworfen, ein Lebensmodell zu predigen, das sie selbst nicht erfülle. Eva Herman erwidert dann stets, dass es auch ihr lieber wäre, auf eine Ehe und vier Kinder zu blicken als auf vier Ehen und ein Kind.

Der Sinneswandel begann, als vor zehn Jahren ihr Sohn zur Welt kam. Sie gab das Kind zunächst in die Obhut der Schwiegermutter. "Wenn ich abends nach Hause kam, war ich müde und hatte das Selbstverständnis, jetzt erst mal diejenige zu sein, die zu schonen ist. Ich bin immer erst an mir selbst gescheitert. Ich musste mich überwinden, mehr zu geben, als ich eigentlich geben wollte." Das Kontrastprogramm bot die Schwiegermutter, die stets ansprechbar und hilfsbereit gewesen sei. "Sie hat immer gesagt: ,Komm, Kind, setz dich, du hast ja wirklich viel gearbeitet.' Und irgendwann dachte ich: ,Was bist du eigentlich armselig. Die Frau ist viel älter als du und hat selbst den ganzen Tag gearbeitet.'" Sie begann, sich zu schämen. Außerdem war sie fasziniert von Ehen, die glücklich waren und lange dauerten. Schon vor vielen Jahren habe sie sich gefragt: "Woran liegt es, dass die einen das schaffen und die anderen nicht?" Sie habe dann festgestellt, dass hinter den guten, langen Ehen zumeist selbstlose Frauen standen, "die gelernt hatten, zurückzustecken".

Eva Herman sitzt im Gespräch nahezu bewegungslos da, obwohl sie zwei Stunden lang redet. Sie sendet keine Signale mit ihrem Körper aus, Akzente setzt sie mit ihrer Stimme - immerhin war sie "Tagesschau"-Sprecherin. Sie formuliert präzise, setzt Pausen, senkt den Ton zuweilen ins fast Unhörbare. Das verleiht ihrer Stimme Sinnlichkeit und Kraft. So wirkt das Gesagte reflektiert, als hätte sie den Gedanken, den sie ausspricht, gerade eben erst entwickelt. Zuweilen steht er aber so schon in ihrem Buch.

Im Buch ist sie oft radikaler als im persönlichen Gespräch. "Das liegt daran, dass es mir um das Wohl der Kinder geht." Da sind klare Forderungen erlaubt. Etwa was das Stillen der Säuglinge betrifft - ein Thema, über das sie schon vor Jahren ein ganzes Buch schrieb. Eva Herman hat "weltweite Recherchen" angestellt und herausgefunden, dass das Stillen nur Vorteile bringt: "Länger gestillte Menschen sind nachweislich erfolgreicher, intelligenter und sogar schöner." Oder wenn es darum geht, dass sie Mütter für besonders qualifiziert hält, ein Unternehmen zu leiten: "Wo sich solch lebenserfahrene Frauen ihren Aufgaben widmen, werden es zersetzende Mechanismen wie Mobbing oder Parteinahme schwer haben, denn auch die Gerechtigkeit ist in ihrer mütterlichen Existenz ein wichtiger Markierungsstein."

Vielleicht hängt der forsche Auftritt auf dem Papier aber auch damit zusammen, dass sich Friedrich Hänssler, der Verleger, als ein guter Freund erweist. Er hatte sie gefragt, ob sie ein "Interviewbuch" mit ihm machen möchte. Nach längerem Nachdenken sagte Eva Herman zu. In dem Buch liefert nun Hänssler die Stichworte, und Eva Herman greift sie auf. Wenn man sie auf einzelne Passagen anspricht, sagt sie manchmal: "Ich bin das gefragt worden" - als sei sie für den Gedanken ihrer Antwort gar nicht verantwortlich.

Der Öffentlichkeit wird freilich an diesem Montag ein Buch präsentiert, das sie als Autorin auf dem Titel führt. Ob sie sich vor den Reaktionen fürchtet, die da kommen können? "Nein", sagt sie. "Wer durch das Meer geschwommen ist, der scheut die Pfütze nicht." Und mit was für Reaktionen rechnet sie? "Mit denselben, die ich gewohnt bin. Aber - was stört's den Mond, wenn ihn der Mops anbellt. Ich meine, es ist doch egal, oder?"

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