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Der Sohn einer Inka-Prinzessin und eines adligen spanischen Eroberers kommt als Zwölfjähriger auf Wunsch seines Vaters nach Spanien und erhält eine standesgemäße Erziehung bei den Dominikanern. Als Soldat und Gelehrter spielt er später eine wichtige Rolle in der kastilischen Gesellschaft, bewahrt aber immer die Erinnerung an seine peruanische Herkunft und versucht, zwischen den Kulturen zu vermitteln. Dieser Inka, Garcilaso de la Vega, hat tatsächlich gelebt (1540 - 1616). Er gilt als erster Geschichtsschreiber des Anden-Volkes.

Produktbeschreibung
Der Sohn einer Inka-Prinzessin und eines adligen spanischen Eroberers kommt als Zwölfjähriger auf Wunsch seines Vaters nach Spanien und erhält eine standesgemäße Erziehung bei den Dominikanern. Als Soldat und Gelehrter spielt er später eine wichtige Rolle in der kastilischen Gesellschaft, bewahrt aber immer die Erinnerung an seine peruanische Herkunft und versucht, zwischen den Kulturen zu vermitteln. Dieser Inka, Garcilaso de la Vega, hat tatsächlich gelebt (1540 - 1616). Er gilt als erster Geschichtsschreiber des Anden-Volkes.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.08.1998

Zur Hälfte sein eigener Feind
Laura Pariani erinnert an Garcilaso, den Chronisten der Inka

Garcilaso wollte ein guter Spanier werden. Für Christus und für den König ließ der junge Hauptmann die Felder und Dörfer der aufständischen Mauren in Schutt und Asche legen. Die Überlebenden wurden als Sklaven verkauft. Erst viel später schrieb Garcilaso die Geschichte seines Volkes auf, das von den Spaniern geplündert und niedergemetzelt worden war. Nicht mit Feuer und Schwert, sondern mit Feder und Tinte hat sich der Sohn einer Inka-Prinzessin und eines spanischen Eroberers von der Last seiner Herkunft befreit. In einer fiktiven Biographie läßt die italienische Autorin Laura Pariani die Stimmen des berühmten Dichters und Chronisten Garcilaso de la Vega "el Inca" und seiner Begleiter sprechen. Wie in der Chronikenliteratur der Renaissance werden die fragmentarischen Erzählstränge der sprechenden Personen immer wieder von einem Erzähler aufgenommen und gebündelt. Doch Pariani hat sich mit ihrem Thema übernommen. Ihr Versuch, das Leben dieses außergewöhnlichen Schriftstellers nachzuerzählen, ist zwar verdienstvoll, doch stehen ihr dabei zwei Dinge im Weg: die Moral und die Innerlichkeit.

Fortwährend unterbricht die Autorin den Fluß der Handlung durch Reflexionen, die besagen: Achtung, hier wurde historisches Unrecht begangen. Auf der Spur des immensen Chronikenwerks über die Conquista und die Inka, das Garcilaso hinterlassen hat, versucht Pariani, das Motiv der Erinnerungswut zu entschlüsseln. Mit neunzehn Jahren schifft sich der junge Mann nach Spanien ein, das er nie mehr verlassen wird. Nur in der Erinnerung Garcilasos lebt das Wissen um die erloschene Kultur des Inka-Reiches fort. Den inkafeindlichen Chronistengenerationen vor ihm, vor allem unter dem spanischen Vizekönig Francisco de Toledo, setzt Garcilaso zwischen 1608 und 1617 seine Chronik entgegen. Leider läßt Pariani den Inka andauernd über die Bedeutung der Erinnerung nachdenken. Nicht das Leben Garcilasos, sondern die Erinnerung ist der Gegenstand dieses Romans. Sein Schicksal wird nur schemenhaft deutlich. Denn wo die Erinnerung an sich zum Thema wird, verschwimmt das Bild des Individuums, um dessen Geschichte es eigentlich geht.

Auch ihren Erzählstimmen mutet Pariani zuviel zu. Einerseits sollen die Figuren Momentaufnahmen ihrer fiktiven Gegenwart liefern, die allerdings durch die verordnete Innerlichkeit oft unscharf sind. Andererseits sollen sie von Garcilasos Schicksal berichten und werden so Mittel zum Zweck einer bloß berichtenden Erzählweise, die von der Erzählerstimme kaum zu unterscheiden ist. Dadurch verlieren die Figuren an Authentizität, und der Roman büßt seine Vielstimmigkeit zum Teil wieder ein. Anstatt das Leben Garcilasos zu beschreiben, kommentiert die Autorin es, und sie tut dies auf eine Weise, die auch sprachlich nicht gefallen kann: Ihren Helden nennt sie einmal "Ineinander von Widersprüchen".

Die Flucht der Autorin in die Innerlichkeit hat zur Folge, daß in manchmal ungenauen historischen Abrissen nachgeholt werden soll, was der Roman nicht erzählt. Schlüsselszenen werden mit einem Bedeutungsgehalt aufgeladen, der für den Leser nicht immer nachvollziehbar ist. So suggeriert etwa die fiktive Begegnung zwischen Garcilaso und dem indianerfreundlichen Pater Bartholomé de las Casas eine Freundschaft, die historisch nicht verbürgt ist. Garcilaso hatte den Pater vielmehr heftig für sein Engagement kritisiert, da er fürchtete, die von Las Casas angestrebte Aufhebung der Zwangsarbeit würde den Indianern die Existenzgrundlage entziehen.

Laura Pariani vergibt die Chance, ihren Lesern die hochinteressante Figur Garcilasos näherzubringen. Sie kommentiert, wo sie beschreiben möchte, sie läßt viele Stimmen erzählen, ohne daß sie sich zu einem Chor fügen. Nur in wenigen Passagen läßt Pariani Wach- und Traumbilder des Inka ineinandergreifen, ohne diese im nächsten Absatz gleich zu erklären. Dann bekommt der Leser eine Vorstellung vom inneren Kampf des Dichters, der, wie er selbst schrieb, zur Hälfte sein eigener Feind war. ANTJE SCHMELCHER

Laura Pariani: "Das Schwert und der Mond". Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Annette Kopetzki. Wagenbach Verlag, Berlin 1998. 236 Seiten, geb., 38,- DM.

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