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Das Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) ist bislang von der Forschung nur unter seinem deutschland- und rußlandpolitischen Aspekt behandelt worden. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich erstmals mit der Reaktion der Amerikaner, Briten und Franzosen auf das NKFD und auf seine tatsächlichen oder vermeintlichen Zweigorganisationen in aller Welt. Nicht nur die intensive interne Debatte der Westalliierten über die sowjetischen Motive bei der Gründung des Komitees und ihre Beobachtung der Aktivitäten von NKFD und Freien Deutschen Bewegungen von 1943 bis weit nach Kriegsende stehen im…mehr

Produktbeschreibung
Das Nationalkomitee Freies Deutschland (NKFD) ist bislang von der Forschung nur unter seinem deutschland- und rußlandpolitischen Aspekt behandelt worden. Die vorliegende Untersuchung beschäftigt sich erstmals mit der Reaktion der Amerikaner, Briten und Franzosen auf das NKFD und auf seine tatsächlichen oder vermeintlichen Zweigorganisationen in aller Welt.
Nicht nur die intensive interne Debatte der Westalliierten über die sowjetischen Motive bei der Gründung des Komitees und ihre Beobachtung der Aktivitäten von NKFD und Freien Deutschen Bewegungen von 1943 bis weit nach Kriegsende stehen im Mittelpunkt der Arbeit; auch die konkreten Gegenmaßnahmen des Westens, wie die Gründung von Gegenkomitees und der geheimdienstliche Einsatz deutscher Kriegsgefangener, werden ausführlich behandelt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.02.1999

Im Westen überschätzt
Die Alliierten maßen der Gründung des Nationalkomitees große Bedeutung bei

Heike Bungert: Das Nationalkomitee und der Westen. Die Reaktion der Westalliierten auf das NKFD und die Freien Deutschen Bewegungen 1943-1948. Transatlantische Historische Studien, Band 8. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1998. 341 Seiten, 76,- Mark.

Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 und die Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten im Dezember 1941 machten die Sowjetunion und die westlichen Alliierten unerwartet zu Verbündeten im Kampf gegen Deutschland. Das Bündnis war von großem gegenseitigen Mißtrauen bestimmt. Gegenüber der Sowjetunion fand es neue Nahrung, als im Juli 1943 in Moskau die Gründung eines "Nationalkomitees Freies Deutschland" (NKFD), bestehend aus kommunistischen Exilpolitikern und deutschen Kriegsgefangenen, bekanntgegeben wurde, dem im September 1943 der "Bund deutscher Offiziere" folgte. Welche Absichten verfolgte die Sowjetunion mit der - für den Westen überraschenden - Gründung dieser beiden Organisationen?

Heike Bungert untersucht die Absichten der Sowjetunion mit und die Reaktionen der Westmächte auf die Gründung des Nationalkomitees. Westliche Beobachter zweifelten nicht daran, daß die Bildung des Nationalkomitees auf hoher politischer Ebene der Sowjetunion entschieden worden war. Unterschiedlicher Meinung war man jedoch über die Ziele, die Moskau verfolgte. Sollte das Komitee nur als Instrument der Propaganda und der psychologischen Kriegsführung eingesetzt werden, oder sollte es weitreichenderen politischen Zielen dienen, etwa der Vorbereitung eines deutsch-sowjetischen Separatfriedens? War es als Trumpfkarte bei inter-alliierten Verhandlungen gedacht, um die sowjetischen Vorstellungen für die Neuordnung Europas nach dem Kriege durchsetzen zu können, oder sollte dem Komitee eine Rolle bei einer zukünftigen Bolschewisierung Deutschlands zufallen? Im Verlauf des Krieges trat einmal die eine, dann eine andere Auslegung in den Vordergrund, dem jeweiligen Maß des Vertrauens oder Mißtrauens unter den Koalitionspartnern entsprechend. Offensichtlich jedoch war, daß die Westalliierten der Existenz und der vermuteten Tätigkeit des Nationalkomitees eine große Bedeutung zumaßen, wenn auch dabei beträchtliche Bewertungsunterschiede auftraten, etwa zwischen Amerika und Frankreich, das oft der Sowjetunion gegenüber eine wohlwollendere Haltung einnahm, nicht zuletzt um sich einen starken Partner gegen ein wiedererstarktes Deutschland zu sichern.

Ein Ansporn

Die Westmächte schätzten das Nationalkomitee als so wichtig ein, daß sie seine Tätigkeit auf der Außenminister-Konferenz von Moskau und auf der Gipfelkonferenz von Teheran zur Sprache brachten. Die Tätigkeit des Komitees veranlaßte die Westmächte, über mögliche Gegenmaßnahmen nachzudenken. Auch hier zeigten sich unterschiedliche Ansätze und Vorstellungen, die allerdings fast alle im Stadium der Planung steckenblieben. Der Plan, ein westliches Gegen-Komitee zu bilden, wurde aufgegeben, zum Teil, weil eine Abneigung gegen eine Zusammenarbeit mit deutschen Offizieren bestand, zum Teil, weil mehrere kriegsgefangene Generale eine Mitarbeit verweigerten. Eine andere Reaktion lag auf politischem Gebiet, nämlich in der Überlegung, ob man mit einer Abschwächung der Forderung nach bedingungsloser Kapitulation, auf die sich der Westen festgelegt hatte, den großzügigeren, nationalen Angeboten des Komitees den Wind aus den Segeln nehmen könnte.

Den Westmächten war jedenfalls bewußt, daß sie durch die Gründung des Nationalkomitees in eine Wettbewerbssituation um die Deutschen gedrängt worden waren, auf die sie zu reagieren gezwungen waren. Das veranlaßte sie unter anderem dazu, sich konkret mit der Nachkriegspolitik für Deutschland zu befassen, da sie davon ausgingen, daß auch dem Nationalkomitee eine wichtige Rolle im Nachkriegsdeutschland zugedacht war. Obwohl das Komitee im November 1945 aufgelöst wurde, erreichte das westliche Mißtrauen gegenüber den Absichten der Sowjetunion einen neuen Höhepunkt, als Anfang 1946 Gerüchte über die Bildung einer "Paulus-Armee" auftauchten; sie riefen Erinnerungen an frühere deutsch-russische militärische Zusammenarbeit wach, erwiesen sich jedoch wenig später als Phantasiegebilde.

Heike Bungert bezieht auch die im Westen - in Frankreich, Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Mexiko - gebildeten Komitees oder Frei-Deutschen-Bewegungen in ihre Studie ein, ihre politischen Aktivitäten und ihre Zusammenarbeit mit westlichen Nachrichtendiensten, zum Beispiel in Form von Agenteneinsätzen in Deutschland. Auch die Auswirkungen des Attentats vom 20. Juli 1944 auf die Beurteilung des Nationalkomitees und dessen - begrenzte - Tätigkeit in der ersten Phase der Besetzung behandelt sie.

Die Verfasserin kommt zu dem Schluß, daß die westliche Wahrnehmung des Nationalkomitees Einfluß auf das Verhältnis zur Sowjetunion und der Nachkriegspolitik gegenüber Deutschland nahm; zutreffend macht sie darauf aufmerksam, daß Tätigkeit und politischer Einfluß des Komitees im Westen erheblich überschätzt wurden. Letztlich habe Stalin mit seinem "psychologischen Meisterstück" - so ein zeitgenössischer Beobachter - eher das Gegenteil von dem bewirkt, was er eigentlich erreichen wollte: Er habe eine Annäherung zwischen den Westmächten und Deutschen erleichtert.

HANS KLUTH

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Yet Bungert, whose primary research in US, British, and French archives is impressively thorough and wide-ranging, shows convincingly that the National Committee in Moscow and the Soviet-inspired Free German Movements in Western exile communities were the subjects of intense discussion at senior levels of government in the West, especially in the United States."
The International History Review