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Beste Geschichten, schönste Autoren, fescheste Kneipen.
Wer hat gesagt, München besäße keine Kneipenkultur? Alles Schickimicki? Sperrstunde nach Sonnenuntergang? Bayerische Biederkeit? Es gibt solche, die es besser wissen: Die Autoren der Isar-Metropole zeigen uns, wo Nächte lang und Bierkrüge tief sind. Trink- und schreibselig erzählen sie von Englischen Rasen-Oasen der Ruhe, stoßen an mit populären Soapnasen aus Unterföhring und essen ihr Hendl im legendären Hofbräuhaus. Am Ende sind alle überzeugt: die Kneipenstorys der bayerischen Hauptstadt - Da, wo die grüne Isar fließt / Wo man…mehr

Produktbeschreibung
Beste Geschichten, schönste Autoren, fescheste Kneipen.
Wer hat gesagt, München besäße keine Kneipenkultur? Alles Schickimicki? Sperrstunde nach Sonnenuntergang? Bayerische Biederkeit? Es gibt solche, die es besser wissen: Die Autoren der Isar-Metropole zeigen uns, wo Nächte lang und Bierkrüge tief sind. Trink- und schreibselig erzählen sie von Englischen Rasen-Oasen der Ruhe, stoßen an mit populären Soapnasen aus Unterföhring und essen ihr Hendl im legendären Hofbräuhaus. Am Ende sind alle überzeugt: die Kneipenstorys der bayerischen Hauptstadt - Da, wo die grüne Isar fließt / Wo man mit"Grüß Gott"dich grüßt / Liegt meine schöne Münch ner Stadt / Die ihresgleichen nirgends hat - müssen in die Welt hinausgetragen werden!
Autorenporträt
Björn Kuhligk, geboren 1975 in Berlin, arbeitet als Buchhändler und freier Autor. Seine Arbeiten wurden mit zahlreichen Förder- und Literaturpreisen ausgezeichnet.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.06.2009

„Bei der Jugend sehr beliebt”
Kaum eine Kneipe ist spartanischer und zugleich belebter als die „Favorit-Bar”. Eine literarische Würdigung
Von Nikolai Vogel
Früh hier sein ist auch schön! Kurz vor zehn, wenn noch Platz ist. Zusehen, wie der DJ kommt. Sich überlegen, was für eine Musik er wohl spielen wird. Ist ja immer anders. Jeder Abend ein eigener. Zuschauen, wie der Rauch langsam den Raum füllt. Das erste Bier trinken. Hinter der Bar geht es noch gemächlich zu. Handgriffe für später. Tröpfeln so rein. Gruppen, Pärchen, Einzelgänger. Düfte sortieren. Warten auf Freunde. Langsam in Gang kommen. Na also, da bist du ja! Ja, ich glaub’s selber kaum . . . vom Sendlinger Tor ist der Weg einfach, aber vom Marienplatz aus weiß ich es jedes Mal wieder nicht. Geht mir genauso, geht vielen so. Man weiß, wo es ist, und läuft trotzdem drum herum. Jedes Mal wieder – allmählich sollte ich es doch wissen. Das Favorit muss man finden! Aber Favorit, was ist das für ein Name? Favorit klingt schon etwas vermessen, findest du nicht? Ja, selbstbewusst, bisschen stylish vielleicht. Und dann weiß ich nie, wie es heißt! Favorit oder Favorit-Bar? Und mit oder ohne Bindestrich? Zusammen oder getrennt? Völlig egal, was trinkst du? Becks oder noch ein Augustiner? Na, aus der Blutbank hol ich's mir nicht! Blutbank? Ja, du weißt schon, der alte, verbeulte Kühlschrank, keine Ahnung, warum der so heißt, jedenfalls ist da auch das Segelschiffpils drin. Jeder, wie er’s mag, ich halt’s mit den Mönchen, ich bleib beim Hellen vom Fass. Ich auch. Schmeckt hier so gut wie nirgendwo sonst. Findest du? Ja, du nicht? Wunderbar frisch und die Temperatur genau richtig, das läuft nur so runter – grüß dich … Kennst du den? Klar, das war doch der Dings, du weißt schon … Supersüffig, du hast recht. Und trotzdem geht auch das Flaschenbecks, als wär's warmer Leberkäs'. Lass sie doch, jeder, wie er mag. Gut, aber wir sind doch schließlich in München, als ob es da nicht genug gutes Bier gäbe, muss man doch nicht extra weit durch die Lande schippern. Ach hör doch auf mit deinem Lokalpatriotismus, jeder trinkt, was er will. Lokal-Patriotismus passt doch genau, gehört schließlich zur Kultur hier – das gute Favorit hat es ja sogar schon in die Stadtführung geschafft. Machst du Witze? Nein, ehrlich. Hatte mal einen Gutschein, Geburtstagsgeschenk, und bin am letzten Tag der Gültigkeit kurz entschlossen mit. – Hallo! Die hab ich lang nicht gesehen, muss ich später mal rüber . . . – Also, die Führung: Schaden kann’s nicht, dachte ich, lerne ich vielleicht noch was. Ein bitterkalter Samstagvormittag. Kurz ins Programm geschaut und los zum Treffpunkt am Sendlinger Tor. Thema Henker und Huren, Künstler und Kirchen. Das ist ja mal ein Titel!
Und das Favorit steht sicher für Künstler? Vom Favorit wussten die kaum was, jedenfalls sind wir doch tatsächlich auf der gegenüberliegenden Straßenseite stehen geblieben, haben rübergegafft, und der Führer hat erzählt, dass hier mal ein anrüchiger Animierladen war. Also die Huren. Ja, so war’s wohl gemeint. Und dass da jetzt so eine komische Kneipe drin wäre, die angeblich bei der Jugend sehr beliebt wäre. Der hat das gar nicht fassen können, war ein Unort für ihn. Ich glaube, der hat Stühle und Tische vermisst. Wie alt war er denn? Vierzig vielleicht. Das muss man sich mal vorstellen. „Bei der Jugend sehr beliebt.” Als ob er selbst schon ein Opa ist. Vierzig sind wir doch auch gleich. Klar, und gehen dann nach wie vor hier was trinken und Musik hören. Müssen die uns nachfolgenden Jahrzehnte schließlich im Auge behalten … Die hinterm Tresen sind richtig erschrocken, als ich erzählt habe, dass sie in der Stadtführung vorkommen. Schließlich machen sie absichtlich kaum Werbung. So wie Augustiner, die brauchen das auch nicht. Eine Sightseeing-Kneipe will hier niemand. Touristen gibt es genug, überall. Und die dürfen hier nicht rein? Doch, warum nicht, aber ist nicht das Hofbräuhaus hier, den Touri kann man woanders raushängen lassen. Rumsprechen tut es sich, auch ohne Werbung. Allerdings. Und man trifft überall welche, die es kennen. Halt mal mein Bier, mein Schnürsenkel ist offen! Diesen Sommer saß ich in Florenz und bekam eine Mail, ob ich nicht was über eine Münchner Kneipe schreiben möchte. In Florenz! Wo man sich in den Bars zum Aperitivo den Bauch vollschlägt. Brötchen mit Hühnerleber, Olivenpaste, paniertes Gemüse, Pasta. Ein, zwei Dutzend offene Weine! Und im Favorit gibt’s nichts zu essen, außer Eiswürfel. Trotzdem passt es. Dastehen, das Glas in der Hand, die Musik um die Ohren und Leute, die beim Auflegen noch was ausprobieren. So wie jetzt eben! Was läuft da gerade für eine Platte? Keine Ahnung, musst du den DJ fragen. Oder die Lesungen und Filme – verpasst man zu oft. Muss man wissen. Gehen wir rüber zur Ventilatorenwand? Nein, hier an der Tür ist es trotzdem kühler. Und man sieht, wer reinkommt. Wenn überhaupt noch wer reinkommt, allmählich wird’s eng! Ja, ich geh schnell aufs Klo, bevor’s zu anstrengend wird. Dann frag doch gleich den DJ, was läuft. DJane! Ist eine DJane heute! Hol uns gleich noch zwei Halbe. Irgendwie trinke ich hier nie einen Longdrink. Gibt es aber. Klar, ich weiß, Wein auch, aber irgendwie trinke ich hier immer nur Bier. Schuster, bleib bei deinen Leisten. Wenn’s schmeckt! Das erste Mal war ich mit einem Arbeitskollegen hier. Ist schon eine Weile her. Der wusste immer, wo es was Neues gibt. War noch gar nicht richtig eröffnet. Keinerlei Einrichtung. Also noch spartanischer als jetzt? Ja, ganz ohne die eingebauten Ledersitzflächen. Nichts. Keine Ventilatoren, kein richtiges Licht, viel dunkler, also nicht dieses schöne Rot, nicht mal ’ne Bar oder DJ-Anlage. War aber rappelvoll. Die Leute standen dicht an dicht. Irgendwo hat ein Ghettoblaster gescheppert und ein Typ kam immer wieder aufs Neue mit einem Kasten Bier, hat sich draufgesetzt und das unter seinem Arsch weg verkauft. Abgefahren. Ja, voll wie in der U-Bahn um fünf, aber niemand hat sich gelangweilt oder wollte nach Hause. Wände genauso unverputzt wie jetzt. Schön, dass sie das alles so roh gelassen haben. Verrückt ist nur, dass der an der Tür sagt, das kann nicht sein, die Bar wäre schon am ersten Tag aufgebaut gewesen. Meinst du den, der sagt, man soll leise sein, beim Rausgehen? Der ist doch aber der Chef hier, der müsste es doch wissen? Müsste er, aber ich erinnere mich doch. Dann warst du eben woanders? War aber genau wie hier . . . das war schon hier . . . dachte ich zumindest immer. Egal, Prost. Ich hol dann mal noch was zu trinken . . . Hast du den DJ jetzt gefragt, was das vorhin war? Die DJane? Nein, vergessen, ich vergesse das eh immer, auch wenn ich frage. . . Wird schon leerer, komm, noch einen Schnitt! Das geht dann immer so schnell, gerade noch zehn, und schon kurz vor zwei. Auch schön. Man sieht den Boden wieder. Die plattgetretenen Kippen. Bleiben wir hier, trinken wir aus, schauen wir zu, wie zusammengefegt wird.
Den Text entnehmen mir mit freundlicher Genehmigung aus dem gerade erschienenen Band „Das Münchner Kneipenbuch”, herausgegeben von Björn Kuhligk und Tom Schulz (9,95 Euro).
Der Schrifsteller Nikolai Vogel, geboren 1971 in München, hat zuletzt das Buch „Der König schläft im Schloss REMIX” veröffentlicht.
Zwar sind die Herausgeber des Münchner Kneipenbuchs Berliner, die Geschichten drehen sich jedoch alle um die Bars und Spelunken dieser Stadt.
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