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Wer kennt sie nicht, die Multimedienstars Ludwig II. König von Bayern und Elisabeth Kaiserin von Österreich? Ihren Weltruhm verdanken sie vor allem der Foto- und Spielfilmbranche und dies bis zur unmittelbaren Gegenwart. Ohne die Erfindung der Fotografie und des Films allerdings wäre der allumfassende Bekanntheitsgrad der Wittelsbacher undenkbar.Doch wie sah die Welt der Fotografie und des Films für die Wittelsbacher im 19. und frühen 20. Jahrhundert aus? Abseits der gegenwärtigen Royals, des modernen Blitzlichtgewitters, der Argusaugen übergriffiger Paparazzi und der Vermarktung durch die…mehr

Produktbeschreibung
Wer kennt sie nicht, die Multimedienstars Ludwig II. König von Bayern und Elisabeth Kaiserin von Österreich? Ihren Weltruhm verdanken sie vor allem der Foto- und Spielfilmbranche und dies bis zur unmittelbaren Gegenwart. Ohne die Erfindung der Fotografie und des Films allerdings wäre der allumfassende Bekanntheitsgrad der Wittelsbacher undenkbar.Doch wie sah die Welt der Fotografie und des Films für die Wittelsbacher im 19. und frühen 20. Jahrhundert aus? Abseits der gegenwärtigen Royals, des modernen Blitzlichtgewitters, der Argusaugen übergriffiger Paparazzi und der Vermarktung durch die Regenbogenpresse? Wie kamen die Mitglieder der bayerischen Herrscherfamilie mit diesen Massenmedien in Berührung? Was veränderte sich in ihrer Erwartungshaltung und in ihrem Leben? Warum nahmen sie selbst eine Kamera in die Hand? Auf welche Weise beeinflussten beide Entdeckungen den Alltag und die Kunstwelt im Königreich Bayern?Diese Fragen beantworten sich im Spannungsbogen zwischen der europäischen und bayerischen Entwicklungsgeschichte von Fotografie und Film, der Ablehnung und Begeisterung der neuen Technik und dem Aufstieg und Erfolg konkurrierender Fotografen und Fotografinnen. Dieser Zusammenklang erzählt sich in einem opulenten Bildband über eine Vielzahl bislang unveröffentlichter Abbildungen und im Fokus überaus aufregender, zum Teil tragischer Einzelschicksale aus den beiden Familienzweigen der bayerischen Herrscherdynastie.Ein prachtvolles Standardwerk zur Fotografie und zum Film aus dem Blickwinkel der Wittelsbacher Familie!
Autorenporträt
Bernhard Graf, geboren 1962 in Landshut, studierte Geschichte, Kunstgeschichte und Germanistik. International bekannt geworden ist er durch seine zahlreichen Publikationen und kulturhistorischen Features als jahrzehnte- langer Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks. Zudem lehrt er als Dozent seit vielen Jahren an den Universitäten in München und Darmstadt und setzt sich kritisch mit der Darstellbarkeit von Geschichte in Film und Fernsehen auseinander.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.01.2023

Das Spielzeug der
Eitelkeitswütigen
Das Haus Wittelsbach und die Fotografie –
das neue Medium veränderte
den Alltag des Herrscherhauses.
Es setzte die neue Technik zu Werbezwecken ein,
doch dreiste Paparazzi sorgten für größten Verdruss
VON HANS KRATZER
München – Zu den großen Medienstars des 19. Jahrhunderts zählen ganz sicher der bayerische König Ludwig II. und seine Cousine, die österreichische Kaiserin Elisabeth, genannt Sisi. Ihren bis in die Gegenwart strahlenden Weltruhm verdanken sie nicht zuletzt der Fotografie, deren Erfindung den Hype um diese Figuren erst möglich machte. Nach und nach sonnten sich fast alle royalen Familien dieser Welt im Glanz des Blitzlichts, manchmal leiden sie auch darunter, was die Verwerfungen im britischen Königshaus bestens belegen.
Auch dem bayerischen Herrscherhaus bescherten Fotografie- und Filmkunst viele Höhen und Tiefen. Diese Ambivalenz trat schon im 19. und im frühen 20. Jahrhundert offen zu Tage. Wie die Wittelsbacher in der Frühzeit der Fotografie mit diesem Medium umgingen, dieser Frage ging der Historiker und Filmautor Bernhard Graf nach, der mehrere große Bände über das Herrscherhaus vorgelegt hat. Beispielsweise über Sisis Vater, Herzog Maximilian in Bayern, und über Sisis Geschwister. Nun hat Graf einen opulenten Band zum Thema „Das Haus Wittelsbach und die Fotografie“ nachgereicht, in dem er die Entwicklung des Mediums spannend und faktenreich am Beispiel der Familie nacherzählt.
Die Mitglieder des Hauses Wittelsbach kamen schon früh mit der Fotografie in Berührung. Schlagartig veränderte sich dadurch ihr ganzes Leben, denn plötzlich waren Einblicke in das Leben der Herrscherfamilie möglich. Etliche Herrschaften nahmen sehr schnell auch selber Kameras in die Hand, was sich zum Beispiel auf die Erfahrungs- und Kunstwelt im Königreich Bayern direkt auswirkte. Mehrere Mitglieder der beiden Wittelsbacher Familienzweige veröffentlichten im 19. Jahrhundert Aufnahmen aus damals unbekannten Landstrichen. Zwar wurden durchaus auch ablehnende Stimmen laut, aber dennoch setzte sich die im Haus vorhandene Begeisterung für Innovation und Fortschritt durch. Die Technik der Fotografie profitierte sehr von der Begeisterung im Hause Wittelsbach. Nicht zuletzt durch den Konkurrenzkampf, der in der Folge bei den Fotografen entbrannte.
Trotzdem fuhren die Skeptiker schweres Geschütz auf. Graf widmet ihrem Widerstand ein ganzes Kapitel. Sie hoben etwa die im Vergleich zur Ölmalerei deutlichen Defizite in der Wiedergabe von Objekten hervor. Der Leipziger Stadtanzeiger äußerte gar religiöse Bedenken gegen die Fotografie, darin käme eine Gotteslästerung zum Ausdruck. „Gottes Bild kann durch keine menschliche Maschine festgehalten werden“, hieß es kompromisslos. Es werde „eine Massenkrankheit von Eitelkeitswütigen ausbrechen, wenn sich jedes Gesicht billig dutzendweise verschenken lässt“, unkten die Kritiker. Die Fotografie mache die Menschen gottlos eitel.
Für ein Herrscherhaus wie die Wittelsbacher war es enorm wichtig, ihre Familienmitglieder, die in fernen Residenzstädten lebten oder dort verheiratet waren, zumindest in Form von Porträts um sich zu wissen. Zu diesem Zweck wurden Ölgemälde oft unter großem Aufwand kopiert. Die Bilder sollten ja auch eine erfolgreiche Heirats- und Herrschaftspolitik dokumentieren. So betrachtet, kam der Familie das kostengünstigere und schnellere litho- und fotografische Verfahren sehr gelegen.
Eine wichtige Rolle bei der Verbreitung der Fotografie spielte der Unternehmer Franz Seraph Hanfstaengl (1804-1877), der zugleich ein Konkurrent des ersten Hofphotographen Joseph Albert (1825-1886) war. Die Männer waren ehedem Mitarbeiter des Apothekers und Fotopioniers Alois Löcherer und dominierten über Jahrzehnte hinweg ihre Branche. Und das, obwohl ja nicht sie, sondern der Mineralogieprofessor Franz von Kobell und der Optiker Carl August von Steinheil anno 1839 die allerersten Lichtbilder im Königreich angefertigt hatten. Mit einer tubusförmigen Kamera fotografierten sie in München die Glyptothek und die Türme der Frauenkirche.
Die Kunst der Fotografie offenbarte aber schnell ihre Schattenseiten. Graf schildert ausführlich die Versuche von Ganoven, von den Herrscherhäusern Geld zu erpressen. Sie fertigten zu diesem Zweck Aktfotos an, setzten darauf die Köpfe etwa der sizilianischen Königin Marie Sophie oder der Kaiserin Sisi und verbreiteten sie. Die Monarchinnen litten unter diesen Fakes entsetzlich, schreibt Graf über dieses Faktum, das bislang kaum beachtet wurde.
Wie sehr sich der Berufszweig in der Prinzregentenzeit veränderte, verdeutlicht laut Graf die Ernennung einer Vielzahl von Hofphotographen. Dies sollte das Metier gegen die Hobby-Knipserei abgrenzen. Tatsächlich haben sich die Grenzen, die damals noch existierten, heute, im Zeitalter der Smartphone-Kameras, gänzlich aufgelöst.
Bernhard Graf: Das Haus Wittelsbach und die Fotografie, Allitera Verlag, 225 Seiten, 35 Euro.
Ganoven fertigten Aktfotos an
und setzten darauf die Köpfe
von Königinnen und Kaiserinnen
Transport des Kopfs der Bavaria von der Königlichen Erzgießerei zur Theresienhöhe. Kalotypie von Alois Löcherer vom 7. August 1850.
Foto: privat
Ludwig II. und seine
Verlobte Sophie (oben) auf einer Fotografie. Solche fertige der bayerische
Hoffotograf Joseph Albert (li.). Zu seinem
Konkurrenten wurde Franz Seraph Hanfstaengl (unten). Kaiserin Sisi (ganz links) wurde mit dieser
Fotomontage Opfer des
Erpressers Josef Kievits.
Fotos: Bildarchiv Peter graf
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