Produktdetails
  • Verlag: Murmann
  • ISBN-13: 9783867740463
  • ISBN-10: 3867740461
  • Artikelnr.: 23841989
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.11.2008

Die gläsernen Nutzer von Google
Lars Reppesgaard hat ein Buch über Google geschrieben, und die böseste aller möglichen Kurzkritiken ginge so: Es steht nichts drin, was man nicht beim Googeln auch über die Firma herausfinden könnte. Ein solches Urteil wäre aber ungerecht. Über nahezu alles, was sich im Internet tut, wird dort auch berichtet, überall geben die Nutzer ihre Kommentare ab. Obwohl das so ist, wissen die wenigsten Google-Nutzer, auf wie vielen Feldern die – insbesondere in Europa – nahe vollständig dominierende Suchmaschine bereits arbeitet.
Ein solcher Überblick macht tatsächlich erst deutlich, warum die Diskussion so wichtig ist, mit der sich der Konzern mehr und mehr auseinandersetzen muss: Was passiert eigentlich mit den nahezu unvorstellbar großen Datenbergen, die Google über die Jahre angehäuft hat und immer noch weiter anhäuft?
Reppesgaard, der als freier Journalist für verschiedene Medien über IT-Themen berichtet, hat sein Buch sinnvoll gegliedert. Er fängt an beim Prinzipiellen („Wie Google wirklich tickt”) und kommt dann zu konkreten Anwendungen („Google scannt die Bücherwelt”). Bis zum letzten Augenblick hat er in bester Journalistenmanier alles in sein Manuskript aufgenommen, was die Kalifornier auf den Markt warfen – und das war in der Tat eine ganze Menge. Für die am meisten beachtete Neuheit des Jahres 2008 hat es indessen nicht mehr gereicht, Googles eigenen Browser „Chrome” – ein Projekt, über das seit Jahren gemunkelt worden war.
Aber das Bild wird auch ohne diesen zweifellos sehr wichtigen Mosaikstein klar erkennbar. „Google kennt dich besser, als du denkst” – Kapitel für Kapitel macht Reppesgaard deutlich, dass dieser ziemlich reißerisch klingende Untertitel des Buches einiges an Wahrheit enthält. Mit all den Daten, die der amerikanische Suchmaschinenbetreiber gesammelt hat, könnte er Profile mit einem Detailreichtum anfertigen, wie ihn sich die Schleierfahnder dieser Welt schon immer gewünscht haben. Dabei stellt Reppesgaard keineswegs wilde Vermutungen an, er berichtet stets nüchtern und in aller Regel auch für normale Computeranwender gut verständlich, wie Google eigentlich arbeitet.
Da sich das Buch auch an weniger erfahrene Nutzer wendet, schadet es sicher nicht, wenn Reppesgaard ganz explizit schildert, dass der Konzern vollkommen personalisierte Daten seiner Nutzer erhält, wenn diese sich für Dienste wie etwa E-Mail oder Online-Textverarbeitung anmelden. „Nun ist eindeutig, wer vor dem Bildschirm sitzt”, schreibt Reppesgaard und fasst kurz darauf zusammen: „Dieses intime Verzeichnis des persönlichen Lebens steht Google zur freien Verfügung.”
Ein wenig scheint er beim Sammeln und Schreiben allerdings der Faszination erlegen zu sein, die das rasend schnell wachsende Unternehmen unzweifelhaft ausstrahlt. Ständig ist wie in Googles interner Kommunikation von „den Googlern” die Rede, wenn eigentlich das Unternehmen gemeint ist. Reppesgaards Bewunderung für die technische Expertise der Google-Mitarbeiter scheint nahezu keine Grenzen zu kennen: „. . . große Aufgaben sind genau das, was die Googler am liebsten mögen”, heißt es da zum Beispiel. Und manchmal hätte man sich schon gewünscht zu erfahren, woher der Autor die eine oder andere Information wohl hat, auch wenn das Buch zugunsten einer besseren Lesbarkeit generell auf Fußnoten oder auf Literaturhinweise verzichtet.
So bietet Reppesgaards Zusammenschau einen gut gegliederten und konzentrierten Überblick für alle, die mehr über die Firma wissen wollen, deren Produkte sie täglich nutzen. Enthüllungen oder gar Verschwörungstheorien liefert der Autor aber keine. Helmut Martin-Jung
Lars Reppesgaard:
Das Google-Imperium.
Murmann-Verlag, Hamburg August 2008, 278 Seiten, 19,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Tiefes Unbehagen beschleicht die Rezensentin bei der Lektüre. Die Lehren in Richtung Technologiebewusstsein, die sich dem Buch von Lars Reppesgaard gleichfalls entnehmen lassen, erscheinen Gesine Hindemith jedoch wertvoll genug, um weiterzulesen. Ob Hindemith ihr Datenschutzbewusstsein und ihre Internet-Suchgewohnheiten geändert hat und nun nicht mehr ausschließlich Google benutzt? Der Autor jedenfalls klärt sie mittels "unheimlicher Beispiele" eindringlich genug auf über die Zusammenhänge des Nutzerverhaltens. Das Motto: "Wer sucht, wird gefunden" geht Hindemith fortan nicht mehr aus dem Kopf. Gut so, sagt sie sich. Noch besser hätte sie gefunden, wäre der Autor ausführlicher auf zukünftige Trends in der Welt der Suchmaschinen eingegangen. Dezentrale Organisationsformen als datenschutzbewusste Alternativen zur Google-Krake - das interessiert Hindemith jetzt brennend.

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