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Produktdetails
  • Verlag: Volk und Welt
  • ISBN-13: 9783353000095
  • ISBN-10: 3353000097
  • Artikelnr.: 24142127
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.10.2018

Warum weint Kwatschi?
Micheïl Dshawachischwilis historischer Schelmenroman

Wenn der Sohn Kwatschi heißt und die Mutter Pupi, dann ist ein Schelmenroman schon mal auf einem sehr guten Weg. Die Namensassoziationen mögen für Deutschsprachige noch witziger sein als für Georgier, aber auch sonst sprüht das Werk vor barockem Erzählstil, der die Ab-ovo-Biographie des Kwatschi von der ersten Zeile an shandyhaft ironisiert. Der Knabe mischt sich schon im Alter von sechs Jahren in die Geschäfte der Eltern ein und redet als Schüler altklug über die Weinkeller von Tiflis. Früh wird ihm prophezeit, dass er einst "unter fürstlichem Pseudonym" nach Petersburg, London und Paris reisen werde - wo er später tatsächlich "die französische Sprache und die französische Liebe" kennenlernt.

Man folgt einer steilen Hochstaplergeschichte, die allerdings aus märchenhaften Gefilden bald auch in historische und brennend aktuelle Zusammenhänge führt: Kwatschi erlebt den Ersten Weltkrieg und die Russische Revolution, er bezeugt Georgiens kurze Unabhängigkeit, bevor dort die Sowjets die Macht übernehmen (der Roman erschien 1924). Aus Kwatschi wird ein Gauner, der als Opportunist mit gegen die "Weißen" kämpft, nur um den "Roten" nach erfolgreicher Bereicherung am Volksvermögen zu sagen, dass sie nicht mehr gebraucht werden.

So etwas fanden die Sowjets leider nicht lustig, und angesichts der Biographie seines Verfassers kann einem bei diesem Roman das Lachen wohl auch im Halse stecken bleiben: 1924 bereits nur knapp der Hinrichtung entgangen, ereilte Micheïl Dshawachischwili diese schließlich 1937, er wurde als "konterrevolutionärer Terrorist" erschossen.

Genaueres erfährt man im vorzüglichen Nachwort von Kristiane Lichtenfeld, das den Roman historisch einordnet und für die vorliegende Ausgabe aktualisiert wurde. Allein seine Publikationsgeschichte ist ein Abenteuer, welches bis in die Gegenwart weitergeht und manche Frage aufwirft, nicht zuletzt die, warum Kwatschi am Ende weint.

wiel.

Micheïl Dshawachischwili: "Das fürstliche Leben des Kwatschi K.". Ein Gaunerroman.

Aus dem Georgischen und mit einem Nachwort von Kristiane Lichtenfeld. Nora Verlag, Berlin 2018. 472 S., geb., 29,90 [Euro].

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