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Was bedeutete der Untergang des Römischen Reiches für Rätien? Politisch-geographisch wandelte sich die Grenzprovinz Raetia prima von einem nördlichen Rand- und Grenzgebiet Italiens zu einem südlichen des Frankenreichs. Die politische Umpolung hatte dauerhafte Nachwirkungen: Die quasi autonome Bischofsherrschaft der Familie der Zacconen-Victoriden wurde Anfang des 9. Jahrhunderts durch eine duale Form der Herrschaft ersetzt, die in ottonischer Zeit in das Nebeneinander von gräflicher und bischöflicher Herrschaft mündete.Kirchlich löste die Umpolung die Zugehörigkeit Rätiens zur Metropole…mehr

Produktbeschreibung
Was bedeutete der Untergang des Römischen Reiches für Rätien? Politisch-geographisch wandelte sich die Grenzprovinz Raetia prima von einem nördlichen Rand- und Grenzgebiet Italiens zu einem südlichen des Frankenreichs. Die politische Umpolung hatte dauerhafte Nachwirkungen: Die quasi autonome Bischofsherrschaft der Familie der Zacconen-Victoriden wurde Anfang des 9. Jahrhunderts durch eine duale Form der Herrschaft ersetzt, die in ottonischer Zeit in das Nebeneinander von gräflicher und bischöflicher Herrschaft mündete.Kirchlich löste die Umpolung die Zugehörigkeit Rätiens zur Metropole Mailand und unterstellte das Bistum Chur auf Dauer (bis 1802) dem Erzbistum Mainz. Die frühe Phase der Christianisierung war getragen von Kräften des oberitalischen Raumes. Die Klostergründungen, die Kultbeziehungen, Kunst- und Bauformen sowie die kirchlichen Einrichtungen zeigen, wie sich seit merowingischkarolingischer Zeit die älteren Verhältnisse den gallisch-fränkischen anglichen.Tiefgreifend
war auch der Wandel der Sozial- und Wirtschaftsstruktur Rätiens: Die römische Gutswirtschaft wurde durch die frühmittelalterliche Grundherrschaft mit ihren vielfältigen Abhängigkeits- und Dienstverhältnissen ersetzt. Neben vielen Hinweisen auf Viehwirtschaft (Alpen) erstaunt die Vielzahl von Weinbergen auch in extremen Lagen, von Obst- und Sonderkulturen sowie Mühlen. Handels- und Verkehrsbeziehungen kamen im Frühmittelalter nicht zum Erliegen.Konstanz und Wandel spiegelten sich in den Siedlungsverhältnissen und in den ethnischen und sprachlichen Gegebenheiten. Der archäologische Befund der Grabbeigaben und Trachtbestand - teile im Kernraum Churrätiens lässt auf eine Bevölkerung schliessen, die noch ganz in romanischen Traditionen lebte. Das Sarganserbecken und das Rheintal nördlich der Walenseeroute waren alamannisch-romanische Kontakt- und Interferenzzonen. Sprachlich- ethnisch führte dies ebenfalls zu einer Umpolung.Aus Urkunden, Inschriften, Orts- und Personennamen, Grab- und
Siedlungsfunden, Kirchenbauten oder Wandmalereien und aus den Ergebnissen der historischen Nachbardisziplinen stellt Reinhold Kaiser fünf Jahrhunderte frühmittelalterlicher Geschichte Churrätiens dar, das nicht nur den heutigen Kanton Graubünden (ausser dem Puschlav) und das Fürstentum Liechtenstein, sondern auch Teile der Kantone St. Gallen und Glarus sowie von Vorarlberg, Nordtirol und Südtirol (Vinschgau) umfasste.Im umfangreichen Nachwort setzt er sich kritisch mit den im letzten Jahrzehnt erzielten Forschungsergebnissen auseinander und stellt sie in den Zusammenhang mit dem Grundtext, auf den jeweils verwiesen wird. So lässt sich diese überarbeitete und ergänzte Neuauflage im darstellenden Text als Wanderung durch die Geschichte des frühmittelalterlichen Churrätien lesen und im Nachwort als Wanderung auf den Pfaden der Forschungen der Historiker, Archäologen, Kunsthistoriker, Epigraphiker, Paläographen, Sprachwissenschaftler oder Theologen.
Autorenporträt
Der Autor Reinhold Kaiser, geboren 1943, ist emeritierter Ordinarius für Geschichte des frühen Mittelalters an der Universität Zürich.