Produktdetails
  • Verlag: Piper
  • 1999.
  • Seitenzahl: 165
  • Deutsch
  • Abmessung: 18mm x 121mm x 195mm
  • Gewicht: 256g
  • ISBN-13: 9783492041119
  • ISBN-10: 3492041116
  • Artikelnr.: 07842601
Autorenporträt
Christian Ude, geboren 1947, ist gelernter Redakteur und Rechtsanwalt. 1990 wurde er Bürgermeister, 1993 Oberbürgermeister der bayerischen Landeshauptstadt. Eines weiß der passionierte Münchner Oberradler ganz genau: Auf dem Sattel eines Drahtesels hat man einfach mehr von der Stadt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.05.1999

Chefsatire

MÜNCHEN. Mehrere Jahre lang glaubte Christian Ude ein Doppelleben führen zu müssen. Er wollte Oberbürgermeister von München sein und dabei von seinem Jurastudium profitieren, nebenher aber als Satiriker wirken. Neuerdings hat er gemerkt, daß eine Trennung unsachgemäß ist und er als Stadtoberhaupt eine satirische Existenz führt. In den Kapiteln des Büchleins "Chefsache" geht es, eben weil es sich um Satiren handelt, mit unbedeutenden Ausnahmen tatsächlich um Chefsachen. Der Vereinheitlichung seiner Person hat sich Ude anfangs nur zögernd genähert, wie er denn sein erstes literarisches Werk, verfaßt als Mittvierziger, "Meine verfrühten Memoiren" nannte. Das klang noch nach Ironie, also nach Entschuldigung, obwohl im Ernst nicht einzusehen ist, wieso selbst jüngere Leute, Studenten etwa oder Gymnasiasten, davon Abstand nehmen sollten, sich stilistisch anspruchsvoll zu erinnern. Sogar in der "Chefsache" kann es der mittlerweile 50 gewordene Ude da und dort nicht lassen, sich augenzwinkernd zu verkleinern. Irgendwo spricht er von einem "Schlawiner wie mich" und hat es auch gestattet, daß auf dem Buchumschlag die Rückenlehne des Chefsessels doppelt so hoch ist wie der eigene Oberkörper. Sonst aber entspricht die Satire der Realität und damit der Stil dem Amt. Der Autor hat begriffen, daß die Wirklichkeit längst überdreht ist und seiner Nachhilfe nicht mehr bedarf, und deshalb der Versuchung widerstanden, die Absurdität weiter ad absurdum zu führen. Celibidache, der einstige Dirigent der örtlichen Philharmoniker, ließ sich sein Honorar nicht überweisen, sondern vor dem Heimflug nach Paris auf dem Münchner Flughafen von einem städtischen Mitarbeiter in bar aushändigen. Ude braucht es nur aufzuschreiben. Um Worte muß der Satiriker nicht mehr ringen, denn Adjektive wie "ressortübergreifend" und "interdisziplinär" warten nur darauf, verwendet zu werden, während der mit einem Pilotprojekt beschäftigte Leiter der Steuerungsgruppe des Arbeitskreises "Verwaltungsreform" ohnehin verbal gern behilflich ist. Das "Amt für überflüssige Verwaltungstätigkeiten" steht nicht im Telefonbuch, scheint also eine Erfindung des Autors zu sein. Aber eine einleuchtende. Je mehr der Leser über diese wirklichkeitsnahe Behörde erfährt, desto weniger wird er davon erbaut sein, daß sie im Telefonbuch noch nicht verzeichnet ist. Ude gehört der SPD an, auch der 68er Generation und hat für beide ein paar Eselstritte. Stoiber kommt vor; die CSU wird erwähnt. Diese Partei, die den Verfasser am 13. Juni als Chefsachbearbeiter entthronen möchte, wird indessen nicht mit Hohn und Spott übergossen. Ude meint offenbar, sie sei der Satire und damit überhaupt der Rede nicht wert. (Christian Ude: Chefsache. Satiren. Piper Verlag, München 1999. 165 Seiten, 24,80 Mark.)

Fin.

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