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Unser Leben - ein absurdes Spiel?»Ein Sommernachmittag nahm seinen Verlauf, munter und träge zugleich, sorglos und zaudernd. Nichts passierte. Alles passierte.« So lauten die letzten Sätze von Jens Steiners wunderbarem Roman, der sich ganz unterschiedlichen Menschen eines Dorfes zuwendet. Zwar explodiert in der sommerlichen Welt dieses Dorfes eine Fabrik und es wird ein Toter gefunden. Aber die Menschen bleiben merkwürdig unberührt und allein. Alles scheint immer so weiterzulaufen - wie in einem endlosen, absurden Spiel. 'Carambole' ist ein lebenskluger Roman über die tragische Komödie...
Unser Leben - ein absurdes Spiel?»Ein Sommernachmittag nahm seinen Verlauf, munter und träge zugleich, sorglos und zaudernd. Nichts passierte. Alles passierte.« So lauten die letzten Sätze von Jens Steiners wunderbarem Roman, der sich ganz unterschiedlichen Menschen eines Dorfes zuwendet. Zwar explodiert in der sommerlichen Welt dieses Dorfes eine Fabrik und es wird ein Toter gefunden. Aber die Menschen bleiben merkwürdig unberührt und allein. Alles scheint immer so weiterzulaufen - wie in einem endlosen, absurden Spiel. 'Carambole' ist ein lebenskluger Roman über die tragische Komödie unserer Existenz, ein beglückendes Buch voller Verzweiflung und Gelassenheit.Schweizer Buchpreis 2013Longlist Deutscher Buchpreis 2013
Jens Steiner, 1975 geboren, studierte Germanistik, Philosophie und Vergleichende Literaturwissenschaft in Zürich und Genf. Sein erster Roman ¿Hasenleben¿ (2011) wurde für die Longlist Deutscher Buchpreis 2011 nominiert. Zudem wurde ¿Hasenleben¿ mit dem Förderpreis der Schweizerischen Schillerstiftung ausgezeichnet und für den Rauriser Literaturpreis 2012 nominiert. Für das Romanmanuskript ¿Carambole¿ wurde Jens Steiner 2012 mit dem Preis 'Das zweite Buch' der Marianne und Curt Dienemann-Stiftung ausgezeichnet. 2013 gewann er für ¿Carambole¿ den Schweizer Buchpreis und stand erneut auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.
Produktdetails
- Fischer Taschenbücher 3148
- Verlag: BoD - Books on Demand / FISCHER Taschenbuch / S. Fischer Verlag
- Artikelnr. des Verlages: 1018983
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 224
- Erscheinungstermin: 21. Mai 2015
- Deutsch
- Abmessung: 190mm x 125mm x 16mm
- Gewicht: 256g
- ISBN-13: 9783596031481
- ISBN-10: 3596031486
- Artikelnr.: 41648761
Herstellerkennzeichnung
FISCHER Taschenbuch
Hedderichstr. 114
60596 Frankfurt
produktsicherheit@fischerverlage.de
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Gleich noch einmal lesen möchte Jürg Altwegg diesen Roman von Jens Steiner. Das liegt daran, dass der Autor sprachgewaltig und zeitlos erzählen kann, wie Altwegg versichert. Aber auch an den Adoleszenzgeschichten vom Dorf, die den Roman bilden und die laut Rezensent aus wechselnden Perspektiven, ohne Hauptfigur von einer Jugend ohne Handy und Computer erzählen und entlang sexueller Sehnsüchte und Gewalt Hochspannung aufbauen, die sich allerdings nie entlädt. Eine Prosa, die Altwegg in ihrer Dichte und Prägnanz gefangen genommen hat und zappeln lässt.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Jugend ohne Facebook
Schon "Hasenleben", das Debüt, fand viel Beachtung. Jetzt hat Jens Steiner für "Carambole", seinen zweiten Roman, den Schweizer Buchpreis erhalten.
Im Halbschlaf hat er auf dem Bett die Dämmerung abgewartet. Kaum wird es draußen hell, wuchtet er sich in den Rollstuhl und setzt sich ans Fenster. Drei Fernrohre und zwei Spiegel hat er aufgebaut, dazu eine meteorologische Kleinanlage. Von seinem Balkon aus verfolgt er das Dorfleben, wechselt beim Verfolgen der Passanten von einem Fernrohr zum anderen, zusätzliche Spiegel erschließen ihm die toten Winkel zur Straße. So geht es bis zum Abend, seit zwanzig Jahren, "jeder Tag eine Laborsituation".
Allein meistert er seinen Alltag, seit zwanzig
Schon "Hasenleben", das Debüt, fand viel Beachtung. Jetzt hat Jens Steiner für "Carambole", seinen zweiten Roman, den Schweizer Buchpreis erhalten.
Im Halbschlaf hat er auf dem Bett die Dämmerung abgewartet. Kaum wird es draußen hell, wuchtet er sich in den Rollstuhl und setzt sich ans Fenster. Drei Fernrohre und zwei Spiegel hat er aufgebaut, dazu eine meteorologische Kleinanlage. Von seinem Balkon aus verfolgt er das Dorfleben, wechselt beim Verfolgen der Passanten von einem Fernrohr zum anderen, zusätzliche Spiegel erschließen ihm die toten Winkel zur Straße. So geht es bis zum Abend, seit zwanzig Jahren, "jeder Tag eine Laborsituation".
Allein meistert er seinen Alltag, seit zwanzig
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Jahren: "Ausziehen, Darm entleeren, duschen, abtrocknen, rasieren, anziehen. Zähne putzen. Die Prozedur ist eine einzige Demütigung." Aber damit hat er sich abgefunden. Das Einzige, wonach sich der Querschnittgelähmte sehnt, sind Schmerzen - die "wahre Qual, die mir vom Leben erzählt". Er hat sich nach dem Unfall, als er in einem Heim betreut wurde, für dieses Dorf ohne Namen entschieden. Als Einziger seiner Bewohner, die anderen sind einfach da. Mit seinen Fernrohren und Spiegeln erscheint der Rollstuhlfahrer auf seinem Beobachtungsposten als emblematisches Bild des Schriftstellers, der diesen Kosmos mit scharfem Blick empirischen und literarischen Feldforschungen unterzieht.
Jens Steiner nennt sein Buch einen "Roman in zwölf Runden" und gab ihm den Titel "Carambole". Soeben ist er dafür mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet worden, nachdem "Carambole" schon auf der Liste der Kandidaten für den Deutschen Buchpreis gestanden hatte. Schon für seinen Erstling "Hasenleben" hatte der 1975 in Zürich geborene Jens Steiner vor zwei Jahren viel Aufmerksamkeit und Lob bekommen. In "Hasenleben" geht es um eine Kleinfamilie, die Dorfgeschichten des neuen Romans drehen sich um mehrere Biographien. Sie beginnen unter Freysingers Kirschbaum, dem "Hauptquartier" von Manu, Fred und Igor: Ihnen "knickten flugs alle Glieder ein, und sie purzelten ins beschattete Gras". Über die ungewöhnlich konstruierten ersten Sätze stolpert der Leser in dieses Buch, das ihn mit seinem Stil und seiner dichten Prosa bis zum Schluss in Bann hält.
Für Manu, Fred und Igor werden in zwei Wochen die großen Sommerferien beginnen, "und noch immer ist nichts passiert". Schorsch, der eine Generation ältere Außenseiter im Dorf, bei dessen Auftauchen die Bewohner die Straßenseite wechseln, erzählt den Jugendlichen imponierende und unglaubliche Geschichten aus seinem erfundenen Leben. Es gibt Ansätze von sexuellen Sehnsüchten und Gewalt. Die Autobegeisterung stammt aus der Vergangenheit. Steiner beschreibt eine Jugend ohne Computer und Handy. Ihre Gegenwart sind Leere und Langeweile, eine Zukunft jenseits der Sommerferien zeichnet sich nicht ab. Das Dorf, in dem gerade zwei Restaurants geschlossen wurden, bleibt der Horizont. Seine technologische Entwicklung ist auf dem Stand der Fernrohre und des Fernsehens.
Die älteren Figuren sind noch prägnanter gezeichnet. Heinz war fünfzehn Jahre lang Knecht beim Bauern Hartmann. Zwei Söhne streiten sich um das Erbe des Vaters. Der Korbflechter hatte eine Frau, es gab Phasen des Glücks in diesem Dorf. Steiner beschreibt sie nicht weniger intensiv als die kleinen Tragödien und Katastrophen. Aber sie sind schon lange vorbei und der totalen Tristesse gewichen. "Bereits im Mai herrschte eine Bullenhitze, sie raffte die Alten dahin wie die Fliegen, während die Jungen begannen, sich wüsten Trinkgelagen hinzugeben", so beginnt die Runde mit der Kapitelüberschrift "Durchbruch". Eine "Troika" älterer Herren trifft sich regelmäßig, um Carambole zu spielen: "Mit einem kleinen, runden Stein schubst man andere kleine, runde Steine in ein Loch in der Ecke des Spielfeldes. Manchmal schubst man den falschen Stein an. Manchmal ist der falsche Stein der richtige." Einer hat sich als Autodidakt mit Gramsci und seinen Theorien befasst. Ansonsten ist das einzige Buch, das in diesem Roman gelesen wird, der Neckermann-Katalog.
Steiner beschreibt diese Szenen aus wechselnden Erzählperspektiven. Jede bringt neue Elemente ein und die Handlung voran. Die Komposition zeugt von dramaturgischem Können. Steiner verbindet die Dorfgeschichten zu einem Roman ohne Hauptfigur. Sie kreisen um einen großen Zusammenhang, der durchaus fassbar wird. Doch das erwartete Ereignis, die finale Enthüllung, tritt nicht ein. Die Hochspannung, die der Schriftsteller aufbaut und die seine dichte Prosa durchzieht, wird nicht aufgelöst. "Ein Sommernachmittag nahm seinen Verlauf", lauten die letzten Sätze der Runde mit dem Titel "Aus": "Munter und träge zugleich, sorglos und zaudernd. Nichts passierte. Alles passierte."
Schorsch ist tot. Seit Jahren, stellt der Gerichtsmediziner fest, hat er sich ausschließlich mit Katzenfutter ernährt, aber das sei für die Gesundheit keineswegs schädlich. Bär hieß er mit Familiennamen, und mit ihm suggeriert der Autor einen Zusammenhang mit einer real existierenden Privatbank. Dieser Bezug zur Wirklichkeit stört die Wahrnehmung dieses großartigen zeitlosen Romans, dessen Schluss wie auch sein Anfang nicht ganz auf der Höhe seines uneinlösbaren Anspruchs ist. Der sich aber als so reich, dicht, sprachgewaltig erweist, dass man ihn gleich nochmals lesen will. Ohne die falschen Erwartungen.
JÜRG ALTWEGG
Jens Steiner:
"Carambole. Ein Roman in zwölf Runden".
Dörlemann Verlag, Zürich 2013. 224 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jens Steiner nennt sein Buch einen "Roman in zwölf Runden" und gab ihm den Titel "Carambole". Soeben ist er dafür mit dem Schweizer Buchpreis ausgezeichnet worden, nachdem "Carambole" schon auf der Liste der Kandidaten für den Deutschen Buchpreis gestanden hatte. Schon für seinen Erstling "Hasenleben" hatte der 1975 in Zürich geborene Jens Steiner vor zwei Jahren viel Aufmerksamkeit und Lob bekommen. In "Hasenleben" geht es um eine Kleinfamilie, die Dorfgeschichten des neuen Romans drehen sich um mehrere Biographien. Sie beginnen unter Freysingers Kirschbaum, dem "Hauptquartier" von Manu, Fred und Igor: Ihnen "knickten flugs alle Glieder ein, und sie purzelten ins beschattete Gras". Über die ungewöhnlich konstruierten ersten Sätze stolpert der Leser in dieses Buch, das ihn mit seinem Stil und seiner dichten Prosa bis zum Schluss in Bann hält.
Für Manu, Fred und Igor werden in zwei Wochen die großen Sommerferien beginnen, "und noch immer ist nichts passiert". Schorsch, der eine Generation ältere Außenseiter im Dorf, bei dessen Auftauchen die Bewohner die Straßenseite wechseln, erzählt den Jugendlichen imponierende und unglaubliche Geschichten aus seinem erfundenen Leben. Es gibt Ansätze von sexuellen Sehnsüchten und Gewalt. Die Autobegeisterung stammt aus der Vergangenheit. Steiner beschreibt eine Jugend ohne Computer und Handy. Ihre Gegenwart sind Leere und Langeweile, eine Zukunft jenseits der Sommerferien zeichnet sich nicht ab. Das Dorf, in dem gerade zwei Restaurants geschlossen wurden, bleibt der Horizont. Seine technologische Entwicklung ist auf dem Stand der Fernrohre und des Fernsehens.
Die älteren Figuren sind noch prägnanter gezeichnet. Heinz war fünfzehn Jahre lang Knecht beim Bauern Hartmann. Zwei Söhne streiten sich um das Erbe des Vaters. Der Korbflechter hatte eine Frau, es gab Phasen des Glücks in diesem Dorf. Steiner beschreibt sie nicht weniger intensiv als die kleinen Tragödien und Katastrophen. Aber sie sind schon lange vorbei und der totalen Tristesse gewichen. "Bereits im Mai herrschte eine Bullenhitze, sie raffte die Alten dahin wie die Fliegen, während die Jungen begannen, sich wüsten Trinkgelagen hinzugeben", so beginnt die Runde mit der Kapitelüberschrift "Durchbruch". Eine "Troika" älterer Herren trifft sich regelmäßig, um Carambole zu spielen: "Mit einem kleinen, runden Stein schubst man andere kleine, runde Steine in ein Loch in der Ecke des Spielfeldes. Manchmal schubst man den falschen Stein an. Manchmal ist der falsche Stein der richtige." Einer hat sich als Autodidakt mit Gramsci und seinen Theorien befasst. Ansonsten ist das einzige Buch, das in diesem Roman gelesen wird, der Neckermann-Katalog.
Steiner beschreibt diese Szenen aus wechselnden Erzählperspektiven. Jede bringt neue Elemente ein und die Handlung voran. Die Komposition zeugt von dramaturgischem Können. Steiner verbindet die Dorfgeschichten zu einem Roman ohne Hauptfigur. Sie kreisen um einen großen Zusammenhang, der durchaus fassbar wird. Doch das erwartete Ereignis, die finale Enthüllung, tritt nicht ein. Die Hochspannung, die der Schriftsteller aufbaut und die seine dichte Prosa durchzieht, wird nicht aufgelöst. "Ein Sommernachmittag nahm seinen Verlauf", lauten die letzten Sätze der Runde mit dem Titel "Aus": "Munter und träge zugleich, sorglos und zaudernd. Nichts passierte. Alles passierte."
Schorsch ist tot. Seit Jahren, stellt der Gerichtsmediziner fest, hat er sich ausschließlich mit Katzenfutter ernährt, aber das sei für die Gesundheit keineswegs schädlich. Bär hieß er mit Familiennamen, und mit ihm suggeriert der Autor einen Zusammenhang mit einer real existierenden Privatbank. Dieser Bezug zur Wirklichkeit stört die Wahrnehmung dieses großartigen zeitlosen Romans, dessen Schluss wie auch sein Anfang nicht ganz auf der Höhe seines uneinlösbaren Anspruchs ist. Der sich aber als so reich, dicht, sprachgewaltig erweist, dass man ihn gleich nochmals lesen will. Ohne die falschen Erwartungen.
JÜRG ALTWEGG
Jens Steiner:
"Carambole. Ein Roman in zwölf Runden".
Dörlemann Verlag, Zürich 2013. 224 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Buch
Ein Roman mit Zugabe
«Die Idee eines Textes, der ästhetisch innovativ ist und ein kleines Stück Menschheitsgeschichte darstellt» ist für den Schweizer Autor Jens Steiner Grund des literarischen Schreibens, wie man auf seiner Homepage nachlesen kann. Beides findet sich …
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Ein Roman mit Zugabe
«Die Idee eines Textes, der ästhetisch innovativ ist und ein kleines Stück Menschheitsgeschichte darstellt» ist für den Schweizer Autor Jens Steiner Grund des literarischen Schreibens, wie man auf seiner Homepage nachlesen kann. Beides findet sich in diesem neuen, seinem zweiten Roman, der soeben in seiner Heimat den Buchpreis 2013 gewonnen hat, von der Jury in der Laudatio als ein Werk « von großer poetischer Kraft« gewürdigt. Mich hat der artifizielle Sprachstil dieses eigenwilligen Romans, der aus zwölf nur vage ineinander verwobenen, episodenhaften Erzählungen besteht, unwillkürlich an Franz Kafka erinnert, weniger unheilschwanger und bedrückend zwar, aber ähnlich absurd und unergründlich.
Das in Indien und umgebenden Ländern als Volkssport betriebene Brettspiel Carrom wird in der Schweiz Carambole genannt, eine Art Fingerbillard für zwei oder vier Personen, das für diesen Roman nicht nur als bedeutungsschwerer Titel dient, sondern auch im Untertitel seine Spuren hinterlassen hat, «Ein Roman in zwölf Runden». Eigentliche Hauptfigur ist die in Lethargie versunkene Dorfgemeinschaft eines namenlos bleibenden Ortes, dessen Seele zu ergründen Ziel dieser Geschichte ist. Aus der Einwohnerschaft rekrutiert sich eine Vielzahl von Protagonisten, jeder für sich Teil eines Puzzles, dessen Lösung sich als nicht gerade einfach erweist. Mitdenken ist also angesagt bei dieser insoweit schwierigen Lektüre, die in einer allerdings klaren und unkomplizierten Sprache geschrieben ist, nicht unbedingt selbstverständlich ja bei jungen und kreativen Romanciers. Wir erfahren von teils tragischen Lebensgeschichten, von schuld- und schamvoll verborgenen Geheimnissen, von wichtigen und nichtigen Erlebnissen der Figuren, das alles berichtet in personaler Erzählform und aus ständig wechselnden Perspektiven. Verzweiflung und Verlorenheit allenthalben, die Figuren sind äußeren Kräften ausgeliefert, werden herumgeschubst wie die runden Steine bei titelgebenden Brettspiel, einem unergründlichen Plan folgend, der innerhalb weniger Tage vor einem nicht näher definierten zeitlichen Hintergrund abläuft, in dem Handy und Computer noch nicht vorkommen.
Die zwölf mit kurzen Titeln versehenen Kapitel, jedes eine separate Story, in der gelegentlich schon bekannte Protagonisten erneut auftauchen, haben ihre eigene Thematik, sie reihen sich zunächst ohne erkennbare Bezüge aneinander. Man begegnet darin Figuren wie den drei Schülern, auf die die Leere der Sommerferien zukommt. Da ist der Außenseiter Schorsch, nach dessen Tod festgestellt wird, dass er sich von Katzenfutter ernährt hat, da ist der Rollstuhlfahrer am Fenster, der mit gleich drei Fernrohren und zwei Spiegeln das Dorfleben beobachtet, zwei Söhne sind sich spinnefeind wegen des Streits um das Erbe des Vaters, es gibt viele andere skurrile Typen mehr. Die Stimmung bei allen Geschichten ist melancholisch, regelrecht düster, lähmend und deprimierend, es ist wahrlich unerfreulich, was man da liest.
«Er suchte im Gedächtnis nach einem frohen Gedanken» heißt es mal im Text. Ich fand den frohen Gedanken in diesem Roman nur im siebten Kapitel. Da trifft sich eine Troika aus drei Männern zum Carambole, jeder genießt seinen ganz speziellen Lieblingsdrink, man spricht über Antonio Gramsci und Epiktet. «Freut euch eurer Torheit, denn dahinter wartet das Unglück. Und hinter dem Unglück kommt nichts mehr», heißt es an einer Stelle. Hinter den zwölf Kapiteln kommt für den interessierten Leser dann doch noch was, eine erfreuliche Zugabe nämlich. Er findet, so er sucht, auf der Homepage des Autors ein nettes dreizehntes Kapitel, das geeignet ist, zumindest auf elektronischem Wege die Lektüre als weniger bedrückend ausklingen zu lassen. Man muss allerdings das Passwort kennen, also aufmerksam die zwölf papiernen Kapitel gelesen haben!
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