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Anläßlich einer Gedenkfeier lernten sich 1952 Martin Heidegger und Ludwig von Ficker, Publizist, väterlicher Freund, entscheidender Förderer des jungen Dichters Georg Trakl und Herausgeber der Zeitschrift »Der Brenner«, auf der Bühlerhöhe bei Baden-Baden kennen. Die Begegnung hinterließ bei beiden einen tiefen Eindruck und mündete in einen Briefwechsel, der bis 1967, dem Todesjahr Ludwig von Fickers, geführt wurde und hier zum erstenmal kommentiert veröffentlicht wird. Die Briefe belegen, wie vertraut beide mit Trakls Werk waren und wie sehr sie sich gegenseitig schätzten. Briefe und…mehr

Produktbeschreibung
Anläßlich einer Gedenkfeier lernten sich 1952 Martin Heidegger und Ludwig von Ficker, Publizist, väterlicher Freund, entscheidender Förderer des jungen Dichters Georg Trakl und Herausgeber der Zeitschrift »Der Brenner«, auf der Bühlerhöhe bei Baden-Baden kennen. Die Begegnung hinterließ bei beiden einen tiefen Eindruck und mündete in einen Briefwechsel, der bis 1967, dem Todesjahr Ludwig von Fickers, geführt wurde und hier zum erstenmal kommentiert veröffentlicht wird. Die Briefe belegen, wie vertraut beide mit Trakls Werk waren und wie sehr sie sich gegenseitig schätzten.
Briefe und persönliche Begegnungen sowie Heideggers Laudatio bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde an Ludwig von Ficker zeugen von einer herzlichen Beziehung. Besonders zu erwähnen ist der Beitrag »Der Abschied«, in dem Ludwig von Ficker die letzten Wochen Georg Trakls, ihre letzte Begegnung und den Tod des jungen Dichters ergreifend schildert.
Autorenporträt
Heidegger, MartinMartin Heidegger wurde am 26. September 1889 in Meßkirch geboren und starb am 26. Mai 1976 in Freiburg. Er ist einer der einflussreichsten und bedeutendsten Denker des 20. Jahrhunderts.

Ficker, Ludwig vonLudwig von Ficker (1880 - 1967), Herausgeber der Zeitschrift »Der Brenner« (1910 - 1954), in der dichterische, philosophische und theologische Beiträge erschienen, die das Geistesleben entscheidend prägten. Förderer der literarischen Avantgarde, pflegte Kontakt mit Martin Heidegger ebenso wie mit Theodor W. Adorno, Günther Anders und Gabriel Marcel.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.04.2004

Altgier als Editionsprinzip

Die Edition von Briefwechseln folgt oft Gesichtspunkten der Prominenz, also der Neugier. Man erhofft sich einen Blick auf die Hinterbühne der großen Aufführungen. Zutreffend heißt es in Martin Heideggers "Sein und Zeit" über den neugierigen Blick, daß es ihm nicht ums Verstehen dessen geht, was er sieht, sondern bloß darum, es überhaupt zu sehen. Die Neugier sucht "das Neue nur, um von ihm erneut zu Neuem abzuspringen". Dementsprechend verhält es sich mit der Vergangenheit. Mitunter wird das Alte nur gesucht, weil es vergangen ist, nicht um es zu verstehen, sondern um es der Gegenwart einzig und allein aus dem Grund entgegenzuhalten, daß es anders ist als sie. Der Historismus neigt insofern zur Altgier.

Dabei könnte doch, was das historische Interesse an Dokumenten wie Briefwechseln angeht, neben der Frage, ob diejenigen, die einander schrieben, bedeutende Gestalten waren, auch die andere ein Kriterium abgeben, ob bedeutende Gestalten auch bedeutende oder weniger anpruchsvoll: gedankenvolle, beobachtungsdichte, aufschlußreiche Briefe verfaßt haben, die das Verstehen von irgend etwas anderem außer ihnen selbst befördern. Daß das nicht immer der Fall ist, dafür gibt es Beispiele. Nietzsche war ebensowenig ein großer Briefeschreiber wie Hegel, und umgekehrt steht der Rang der Briefe von Friedrich Oelze oder der Madame de Sévigny in einem überaus günstigen Verhältnis zu ihrem nicht vorhandenen literarischen Werk. Wie sollte es auch anders sein, ist doch der Brief in all diesen Fällen kein Genre der Literatur, sondern nur eines der Kommunikation. Wer wollte vom Talent der Mitteilung gleich auf intellektuelle oder literarische Begabung schließen? Darum mag sich Bo tho Strauß auch tausendmal in die Brust werfen, daß "Kommunikation" ein Unwort sei - man braucht es, um Unterschiede zwischen Gattungen des Mitteilens beschreiben zu können. Ob einer interessante Briefe geschrieben hat, verweist auf sein Repertoire des mitteilenden Verhaltens, nicht so sehr auf sein philosophisch-ästhetisches Vermögen.

Das führt zur Frage, wofür ein Briefwechsel, wenn er intellektuell unergiebig ist, statt dessen aufschlußreich und ein Zeugnis ist. Die vorliegende Edition von knapp sechzig Briefen zwischen Martin Heidegger und Ludwig von Ficker, dem Herausgeber der literarischen Zeitschrift "Der Brenner" und Freund Georg Trakls ("Martin Heidegger, Ludwig von Ficker. Briefwechsel 1952 bis 1967", Klett Cotta Verlag, Stuttgart 2004, 176 S., geb., 22,- [Euro]), fordert zu einer solchen Frage heraus, zur Frage nämlich, wer sich für sie interessieren soll. Heidegger und von Ficker haben sich im letzten Drittel ihres Lebens kennengelernt. Im Oktober 1952 war der Philosoph als Mitwirker am Lärm von 1933 arm an öffentlicher Wirkungsmöglichkeit. Im Kurhaus Bühlerhöhe bei Baden-Baden, das ihm solche bot, einem Salon der Eigentlichkeit - "Wenn sich aber Diskussion meldet, enthält dies höchste Verantwortung, aber auch letzte Gefahr" beschrieb der veranstaltende Kurarzt die Wirkung Heideggers -, trug er über Georg Trakls Lyrik vor. Was genau er dort sagte, ließe sich aus den Briefen, die anschließend gewechselt werden, nicht rekonstruieren. Denn von Ficker und Heidegger diskutieren nicht, bewundern, danken und versichern einander vielmehr des tiefen Eindrucks, den sie gegenseitig voneinander hatten. Sehr verehrter, Ihr ergebener, in wahrer Hochschätzung, in aufrichtiger Verehrung, teuerster - einmal sogar "geliebter" - Freund: manierliche Formen, die aber nicht nur die Schlußzeilen zieren, sondern auch den Gehalt der Briefe selbst erschöpfen.

Wie kommt das? Auf beiden Seiten des Briefwechsels ergab es sich aus unterschiedlichen Gründen. Ludwig von Ficker, der früh Georg Trakls Gedichte druckte und den fallsüchtigen Dichter unterstützte, macht in Heidegger die zweite Begegnung seines Lebens mit einem großen Zeitgenossen, dessen Werk ihn anrührt. In wolkigen Wendungen umschreibt er dieses Angerührtsein immer wieder. "Jedenfalls habe ich das bestimmte Gefühl, daß Einweisungen im Herzen von Mitmenschen, die unterwegs einander notdürftig erkennen, den Geist der Suchenden noch immer auf die Fährte der Wahrheit zu setzen vermögen, die im Wort- und Schweigegehalt der göttlichen Offenbarung geborgen zeitweilig anziehend und beunruhigend gerade in ihrer vorläufigen, ihrer vorübergehenden Verhülltheit ist."

Heidegger hingegen führt den Briefwechsel mehr zeremoniell. Er dankt, teilt ein paar Sprüche aus - "die Weite des Wesentlichen, aus der nur Gott spricht", die "heutige Maßlosigkeit und Willkür im Reden und Schreiben", das "Wagnis einer Zwiesprache mit Hölderlin" -, wünscht Wohlergehen und wird, anders als von Ficker, immer knapper, formeller in seinen Mitteilungen. Auf Versuche, über sein Werk sich auszutauschen, geht er nicht ein. Sein Gegenüber altert zusehends, weiß das, schreibt von "scheußlicher Lethargie" und Abschied, unterstreicht das Erlebnis, das ihm die Begegnung mit Heidegger bedeute. Zwar gab es Reserven. Im Vorwort zitiert der Herausgeber aus einem Brief von Fickers, in dem er Heideggers "Befangenheit dem Christlichen gegenüber" als Lücke seiner Trakl-Deutung bezeichnet. Aber auch diese Differenz tritt, so wenig wie Fickers Bekanntschaft mit Ludwig Wittgenstein, in den Briefwechsel ein. Über Trakl erführe man, hätte der Herausgeber nicht von Fickers dramatische Erinnerung an die letzte Begegnung mit dem Dichter 1914 angefügt, überhaupt nichts und genausowenig über die Zeit, in der die Briefe geschrieben wurden. Briefe als solche kann man nicht kritisieren. Die Edition aber dieser hier war, es sei denn aus Gründen der Vollständigkeit oder der Neugier, alles andere als nötig.

JÜRGEN KAUBE

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die Edition dieses Briefwechsels hält Jürgen Kaube für überflüssig. Sie lasse sich lediglich mit historistischen Vollständigkeitsansprüchen oder mit Neugier rechtfertigen, resümiert er nach seiner Klage darüber, wie uninteressant es ist, was Martin Heidegger und Ludwig von Ficker sich mitzuteilen hatten. Von Ficker umschreibe andauernd "in wolkigen Wendungen" seine Verehrung Heideggers, und Heidegger betreibe den Briefwechsel zeremoniell, dankend, Sprüche austeilend und Wohlergehen wünschend; wobei sich beide fortwährend des tiefen Eindrucks versichern, den sie gegenseitig voneinander hätten - so erschöpfen sich die Briefe restlos in "manierlichen Formen", stöhnt unser enttäuschter Rezensent, der sich eigentlich versprochen hatte, vielleicht etwas Neues über Trakl oder Wittgenstein zu erfahren, mit denen Ludwig von Ficker immerhin befreundet gewesen oder zumindest bekannt war. Aber diese Edition biete nichts dergleichen, beanstandet Kaube; sie folge nur den "Gesichtspunkten der Prominenz, also der Neugier".

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