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From the earliest literary productions of the eighteenth century to the #BlackLivesMatter movement in the twenty-first century, religion--namely Protestant Christianity--has been encoded in black life in North America. Black is a Church invites attention to the surprising alliances, peculiar performances, and at times contradictory ideas and complex institutions that shape the contours black life in the United States.

Produktbeschreibung
From the earliest literary productions of the eighteenth century to the #BlackLivesMatter movement in the twenty-first century, religion--namely Protestant Christianity--has been encoded in black life in North America. Black is a Church invites attention to the surprising alliances, peculiar performances, and at times contradictory ideas and complex institutions that shape the contours black life in the United States.
Autorenporträt
Josef Sorett is Dean of Columbia College and Vice President of Undergraduate Education at Columbia University, where he is also Professor of Religion & African American and African Diaspora Studies. He is the author of Spirit in the Dark: A Religious History of Racial Aesthetics (OUP, 2016).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.07.2023

Die Kirche machte den Bürger
Christliche Quellen: Josef Sorett untersucht, wie der Afroprotestantismus bis heute auch den säkularen Alltag von schwarzen Amerikanern prägt

"No Justice, No Peace" - keine Gerechtigkeit, kein Frieden - auf kaum einer amerikanischen Demonstration gegen Rassismus und soziale Ungerechtigkeit fehlt dieser Ausruf. Justin Jones, einer der beiden schwarzen Abgeordneten, die die Republikaner im Frühjahr aus dem Parlament von Tennessee ausschlossen, rief die Bedeutung der Worte in Erinnerung, als er sie mit dem Bibelvers aus Jeremia 6:14 verknüpfte: ". . . und trösten mein Volk in seinem Unglück, dass sie es gering achten sollen, und sagen: 'Friede! Friede!', und ist doch nicht Friede."

Jones, ehemaliger Theologiestudent, ist einer von vielen Politikern und Aktivisten, die an Traditionen der afroamerikanischen Kirchen anknüpfen, wenn sie Anhänger mobilisieren und ihre Anliegen erklären wollen. Die Beziehungen zwischen Bürgerrechtsbewegung und schwarzen Kirchen haben viele Wissenschaftler untersucht - auch Josef Sorett, Dekan des Columbia College an der Columbia Universität in New York. In seinem neuen Buch, "Black is a Church", nähert er sich den schwarzen Kirchen aus einer anderen Perspektive: Der Religionswissenschaftler will zeigen, wie das afroamerikanische Christentum nicht nur den Protest, sondern viele andere Bereiche des säkularen Lebens und der Identität schwarzer Amerikaner prägte und prägt - selbst dann, wenn sie nicht religiös sind. Den Titel des Buches könnte man grob übersetzen mit "Schwarzsein ist eine Kirche" - wobei "Church" umgangssprachlich häufig verwendet wird, um zu kennzeichnen, was wichtig, schön oder heilig ist. Sorett will zeigen, wie das schwarze Christentum, genauer der dominierende Afroprotestantismus, Alltag, Subjektivität und Kultur bestimmte.

Breiten Raum gibt er dabei literarischen Zeugnissen und Debatten der letzten 250 Jahre. Den Anfang machen die sogenannten slave narratives, das erste eigene literarische Genre der Afroamerikaner. Die Literaturkritik sah diese Schriften ehemals Versklavter stets auch als spirituelle Erzählungen an, weil sie häufig den Weg und die Beziehung der Verfasser zum Christentum beschreiben. Sorett zufolge zeige sich in ihnen aber auch, wie säkulare schwarze Subjektivität von protestantischen Kulturtechniken beeinflusst wurde. Er folgt Henry Louis Gates, der Ende der 1980er-Jahre den ersten typischen Text des Genres identifizierte, den autobiographischen Bericht von James Albert Ukawsaw Gronniosaw, entstanden um 1770. Der Westafrikaner wurde von einem niederländischen Menschenhändler nach Barbados gebracht, später wurde er in New Jersey versklavt. Dieser und andere autobiographische Texte zeichnen den Weg in die Freiheit nach - Bildung und Religiosität spielen dabei oft eine zentrale Rolle.

Sorett betont, dass sich unter schwarzen Christen früh eine Unterscheidung zwischen "guter" und "schlechter" Religiosität herausbilde - schließlich waren auch die Sklavenhalter häufig Christen und begründeten ihr Handeln mit vermeintlich christlichen Anschauungen. Dagegen setzten Befreite und Abolitionisten ein widerständiges Christentum, das aus den biblischen Schriften Hoffnung auf Befreiung schöpfte - aber auch moralische Alltagslehren gegenseitiger Hilfe. Sorett zeigt, dass so auch die Alltagskultur von religiösen Formen beeinflusst war - auch von solchen, die die Menschen aus Afrika mitbrachten und zum Teil in die neue Religion integrierten.

Die Unterhaltungsbranche in ihrer heutigen Form sei ebenfalls nicht ohne die Kirche denkbar - das gilt auch für weiße evangelikale Kirchen, deren "Revival"-Veranstaltungen die öffentliche Kultur seit dem achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert prägten. Für Schwarze waren die Kirchen oftmals die einzigen Orte, wo Unterhaltung, vor allem in Form von Musik und Tanz, stattfinden konnte. Viele ihrer berühmtesten Kulturinstitutionen nahmen ihren Anfang in den Räumen der Kirche - zum Beispiel das Dance Theater of Harlem in den 1960er-Jahren. Ende des neunzehnten Jahrhunderts bildete der Afroprotestantismus laut Sorett bereits ein System sozialer Interaktionen, Normen und Selbstbeschreibungen, das auch die säkulare Kulturproduktion des zwanzigsten Jahrhunderts entscheidend beeinflussen sollte. Der Autor zeigt, wie Bürgerrechtler und Wissenschaftler die Beziehung zum Christentum verhandelten - allen voran W. E. B. Du Bois, der 1903 in "The Souls of Black Folk" die schwarze Kirche im Süden als Zentrum des sozialen Lebens beschrieb.

Eines ihrer Elemente, "the Frenzy", ekstatische Formen der Religiosität, hätten Du Bois und andere Wissenschaftler kritisch gesehen und den Protestantismus in eine moderne Richtung bewegen wollen, schreibt Sorett. Schwarzsein in Amerika sei gleichsam zu einer protestantisch-liberalen (oder bürgerlichen) "Formation" geworden: "Schwarze Kirchen machten Bürger aus Mitgliedern, als schwarze Menschen vom Gesetz noch nicht als solche anerkannt waren. Schwarze Kirchen schufen auch Subjekte mit Gender-Identitäten und Klassen", beschreibt der Autor die umfassende Vergesellschaftungsfunktion der Kirchen. Diese hätten letztlich "typisch amerikanisch" funktioniert, indem sie ihren Mitgliedern Normen von Männlichkeit, Weiblichkeit, Klassenidentität und Zivilität anboten. Die Bürgerrechtsbewegung wiederum, die viele untrennbar mit der schwarzen Kirche assoziieren, sei davon oft abgewichen und über weite Strecken in der Minderheit gewesen. Die Rolle der Kirche beim Befreiungskampf der Schwarzen werde heute mystifiziert: Afroamerikanische Christen des zwanzigsten Jahrhunderts seien nicht mehrheitlich so progressiv gewesen wie ihr politisch engagierter Teil. Stets habe es auch die Strömung gegeben, die das Erreichte erhalten wollte und vor der Vehemenz der Proteste zurückschreckte.

Gerade Martin Luther King, der heute oft als "moderat" missverstanden wird, hatte Feinde auch in den schwarzen Kirchen - zu radikal war manchen seine Forderung eines Kampfs gegen die Armut, der Arbeiter aller Hautfarben einen sollte. "In Wahrheit war King mehr die Ausnahme als die Regel schwarzen religiösen Lebens", so Sorett. Bei der Vorstellung von "Black is a Church" in New York erzählte Joy Bivins, Direktorin des Schomburg Center for Research in Black Culture, eine Anekdote, die diesen inneren Konflikt illustriert: Als nach seiner Ermordung eine Straße in Chicago nach King benannt wurde, gab dessen Erzrivale J. H. Jackson Zehntausende Dollar aus, um den Eingang zu seiner Kirche und damit deren Adresse zu ändern. Der schwarze konservative Pastor war Präsident der National Baptist Convention, predigte gegen den zivilen Ungehorsam der Bürgerrechtsbewegung und für "Law and Order" als Weg zur Emanzipation. Es sei eine Verkürzung der Vielfalt innerhalb der schwarzen Kirchen, sie auf ihre politische Rolle zu reduzieren, sagte Sorett.

Sein Buch ist Teil einer anhaltenden Diskussion um "die" schwarze Kirche, ihre vielfältigen Konfessionen und Strömungen, ihre soziale und politische Rolle. Auf der einen Seite sehen viele Fachleute eine Abnahme religiöser Bindungen gerade unter jungen Menschen. Andererseits scheint diese Abkehr sich unter Amerikanern erheblich langsamer zu vollziehen als in anderen westlichen Ländern. Laut dem Pew Research Center bezeichnen sich rund siebzig Prozent der Bürgerinnen und Bürger als Christen, 61 Prozent der weißen und 83 Prozent der schwarzen Erwachsenen gaben 2014 an, sie glaubten an einen Gott. Neben der recht hohen Loyalität zu den Kirchen gibt es aber auch die kritische Auseinandersetzung mit ihnen. Auch in mehrheitlich schwarzen Gemeinden diskutieren Gläubige in den vergangenen Jahren etwa frauenfeindliche Strukturen oder Fälle von sexualisierter Gewalt. So hielten Opfer des R'n'B-Sängers R. Kelly dessen Baptistengemeinde in Chicago vor, den letztlich wegen Sexualstraftaten Verurteilten lange geschützt zu haben. Und schwarze Theologinnen wie Delores S. Williams und Kelly Brown Douglas arbeiten seit Jahrzehnten an einer feministischen - oft "womanist" genannten - Neuorientierung des Glaubens.

Die Verästelungen solcher Diskurse zeichnet Sorett nicht nach, sondern konzentriert sich auf die dominierenden Strömungen des schwarzen Protestantismus. So gelingt ihm ein Überblick über den Einfluss "der" Kirche auf die Geschichte und Gegenwart der Afroamerikaner. Einiges bleibt dabei allerdings thesenhaft - das liegt auch daran, dass sich Sorett stark auf literarische Quellen bezieht und nicht so sehr auf Archivrecherchen, die manches hätten untermauern können. Wenn Sorett etwa ausführt, dass auch säkulare Bewegungen wie Black Lives Matter von den Traditionen und Formen des Protestantismus beeinflusst seien, hätten mehr Beispiele ähnlich dem aus Tennessee diese Beobachtung gestärkt. FRAUKE STEFFENS

Josef Sorett: "Black is a Church". Christianity and the Contours of African American Life.

Oxford University Press, Oxford 2023. 256 S., geb., 29,30 Euro.

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