Marktplatzangebote
24 Angebote ab € 0,65 €
  • Gebundenes Buch

Dieser lebenspralle Roman erzählt die Geschichte von Itsik Malpesch: von seiner Kindheit als Sohn eines jüdischen Gänsedaunenfabrikverwalters im russischen Kischinjow, von seiner Liebe zur Metzgerstochter Sascha Bimko und von seiner Odyssee, die ihn nach Amerika bringt, wo er sich zum letzten Dichter jiddischer Sprache ernennt.
Itsik Malpesch liebt schon als Junge Geschichten mehr als Talmudstudien. Statt Süßigkeiten kauft er einem Kameraden "Schuld und Sühne" für eine Kopeke pro Seite ab. Seine zweite Leidenschaft gilt Sascha, der jüdischen Metzgerstochter, die einst das Leben der Familie
…mehr

Produktbeschreibung
Dieser lebenspralle Roman erzählt die Geschichte von Itsik Malpesch: von seiner Kindheit als Sohn eines jüdischen Gänsedaunenfabrikverwalters im russischen Kischinjow, von seiner Liebe zur Metzgerstochter Sascha Bimko und von seiner Odyssee, die ihn nach Amerika bringt, wo er sich zum letzten Dichter jiddischer Sprache ernennt.

Itsik Malpesch liebt schon als Junge Geschichten mehr als Talmudstudien. Statt Süßigkeiten kauft er einem Kameraden "Schuld und Sühne" für eine Kopeke pro Seite ab. Seine zweite Leidenschaft gilt Sascha, der jüdischen Metzgerstochter, die einst das Leben der Familie Malpesch während eines Pogroms rettete. Die Verschollene ist die Muse, der Itsik seine Gedichte widmet. Am Ende seiner Odyssee, die ihn über Odessa nach Amerika führt, beschert ihm das Schicksal nicht nur den wichtigen Kontakt zu Zeitungsverleger Knobloch, der in seiner Bibliothek der unerfüllten Träume jiddische Literatur sammelt. Er trifft auch Sascha Bimko wieder. Doch wie so oft im Leben des Itsik Malpesch ist sein Glück nur von kurzer Dauer.
Autorenporträt
Manseau, Peter
Der Schriftsteller Peter Manseau hat bisher zwei Bücher veröffentlicht und schreibt u.a. für die New York Times und die Washington Post . Außerdem arbeitet er als Redakteur für die Zeitschrift Search , ein Magazin zu Wissenschaft, Religion und Kultur. Er beschäftigt sich intensiv mit Religionswissenschaft und unterrichtet an der Georgetown University. Bibliothek der unerfüllten Träume ist sein erster Roman, der mit dem National Jewish Book Award und der Sophie Brady Medal for Outstanding Achievement in Jewish Literature ausgezeichnet wurde. Manseau lebt mit seiner Familie in Washington.

Razum, Kathrin
Kathrin Razum, geboren 1964, hat Anglistik und Geschichte studiert und arbeitet als freiberufliche Übersetzerin in Heidelberg. Zu den von ihr übersetzten Autor innen gehören Susan Sontag, V.S. Naipaul, T.C. Boyle, Hilary Mantel und Edna O'Brien.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.05.2010

Ein Zimmer nur für Bücher

Peter Manseau hat in seiner kühn konstruierten "Bibliothek der unerfüllten Träume" eine Romanfigur erschaffen, die so echt wirkt, als sei sie direkt dem Schtetl entsprungen.

Wie ich überlebt habe? Ich trieb auf einem Floß aus Wörtern." Im Leben des Itsik Malpesch, den es unter ebenso tragischen wie abenteuerlichen Umständen vom russischen Kischinjow nach Baltimore spült, spielen Buchstaben und Sprachen eine außergewöhnliche Rolle. Sie beruhigen - wie das Jiddisch der Mutter in der Küche, wie das Hebräisch der Heiligen Schriftrolle; sie öffnen Fenster zur Welt, wie das Russisch Dostojewskis, den der Zehnjährige heimlich liest, lange bevor er in einem Schrankkoffer die Reise über den "wortlosen Ozean" nach Amerika antritt.

Im New York dieser späten Zwanziger, "das Babel vor dem Turmbau", gehen ihm schließlich die Ohren über. Und es braucht noch Jahre und eine Liebe, bis Itsik Malpesch, der Dichter, seine jiddischen Verse einem der ersten Übersetzer der Stadt anvertraut: Er soll sie ins Englische übertragen, in ebenjene Sprache, die Itsik Malpesch sich lange weigert zu lernen. "Sie klauen dir deine jüdische Seele", hatte ein Freund gewarnt. Aber die Zeiten ändern sich, und mit ihnen verändert sich allmählich auch dieser verzaubernd naive, tollkühne Erzähler. Inzwischen ist er über neunzig und gewillt, die "Bibliothek der unerfüllten Träume" zu retten: Bücher von Juden aus der Alten Heimat wie er, die einst hier an Land gingen mit dem Traum von einem Haus mit einem eigenen Zimmer nur für Bücher.

Itsik Malpesch mag eine fiktive Figur sein; aber er wirkt so echt, als wäre er direkt dem Schtetl der Erzählungen Scholem Alejchems entsprungen, durch Meere getrieben, dem Tod immer gerade von der Schippe gesprungen; und als halte jemand die Hand über ihn. Er sagt, er sei getragen vom Glauben an die Macht der Worte. So erzählt er: klar, unverblümt, manchmal selbst verwundert über die Lebenswunder. Und wenn ein Abgrund zu tief, zu schmerzlich ist, reimt er rasch eine Ode darauf und fälscht alles ein wenig ab. Dichter wie er wissen, dass auch die Erzählung ihres eigenen Lebens eine Inszenierung ist. Je romanhafter, desto wirkungsvoller.

Allein dieser starken Erzählerstimme wegen überzeugt diese Prosa. "Bibliothek der unerfüllten Träume" ist das erstaunliche Romandebüt von Peter Manseau. Gleich mehrfach wurde der in Amerika lebende Autor dafür ausgezeichnet. Drei Sachbücher zum Thema Religion hatte er bislang vorgelegt; außerdem in "Vows" seine eigene bizarre Verwurzelung reflektiert. Sein Roman, von Kathrin Razum souverän übersetzt, spiegelt in der Lebensgeschichte eines osteuropäischen Auswanderers die Wege des Judentums im zwanzigsten Jahrhundert. Aber er geht darüber hinaus. Manseau, Sohn eines katholischen Priesters und einer ehemaligen Nonne, erforscht als Religions- und Literaturwissenschaftler, wie Sprache die Menschen formt und verändert. Er sucht in seinem verschlungenen Roman nach Antworten - auf zwei Erzählebenen.

Einerseits liest man gebannt die Memoiren jenes Itsik Malpesch, "Barde" einer vergessenen Sprache. Da ist Chaim, der Mitschüler in der Talmudschule, der dem kleinen Itsik für eine Kopeke ausgerissene Dostojewski-Seiten verkauft - "die Sprache der Christen und Antisemiten"; nicht zufällig übrigens "Schuld und Sühne". Da ist die Gänsedaunenfabrik in Kischinjow, wo Itsik sich morgens unter dem Geschrei der Vögel die Kopeke erarbeitet, neben dem Vater. Und die schreckliche Nacht, in der die Mitarbeiter des Vaters durch die jüdischen Häuser ziehen. Er ist dreizehn, als die Mutter ihn mit Kleingeld und etwas zu essen auf den Weg schickt, um ihn zu schützen. Die Odyssee des Itsik Malpesch beginnt. "Khappers" sind im Land unterwegs auf der Suche nach jüdischen Jungen für die Front. Aber Itsik gelingt die Flucht nach Odessa, wo er in der Setzerwerkstatt einer jüdischen Zeitung arbeitet. Doch die Reihen lichten sich.

Malpesch bleibt stets auf Augenhöhe seines erlebenden, jüngeren Ichs. Was er nicht wissen kann, erzählt er durch andere. Die Kapitel seines Lebens überschreibt er mit den Buchstaben des hebräischen Alphabets. Immer wieder unterbricht die Niederschriften derjenige, der sie übersetzt hat: ein junger Archivar, der als Mitarbeiter einer gemeinnützigen jüdischen Organisation täglich Tonnen von Büchern sortiert, die als Schenkungen aus der ganzen Welt eintreffen. Das Jiddische fasziniert ihn. Und so wie Itsik als Kind russische Ladenschilder seines Viertels entzifferte, erschließt sich der junge, katholische Amerikaner über die Schutzumschläge eine verblühende Sprache - "um zu etwas Neuem zu werden".

Wie aber kann man "zu etwas Neuem" werden, ohne das Eigene zu verraten? Peter Manseau spielt das an mehreren Figuren durch - traditionell jüdisch erzogene Literaten aus Osteuropa, die in der Neuen Welt ankern; Knobloch, der durch Ausbeutung zu Geld kommt; Chaim, den Itsik in den Tiefen New Yorks als eine Art Herr der Diebe und Waisenjungs wiedertrifft; und: Herschl Schweig, der zum Christentum konvertierte und so frech ist, das Neue Testament ins Jiddische zu übersetzen. Alle drei sind auf ihre Art flexibel; Überlebenskünstler auf der Suche nach Boden unter den Füßen. Itsik Malpesch passt sich zwar auch an; aber er braucht immer etwas länger. Und er wird sich ausgerechnet am Schwächsten von jenen dreien rächen. Auch diese "Beichte" findet sich in den Aufzeichnungen des alten Mannes, die in Rechnungsbüchern stehen. Neben dem Drama der Geschichte erzählt sich in diesen Memoiren das Drama des Überlebenden - als Bilanz. Zugpferde dieser bis nach Israel sich verästelnden Geschichte sind die großen Fragen, sind Schuld, Scham, Schicksal. Peter Manseau bringt sie keineswegs leichtfertig zueinander in Beziehung.

Der Roman ist kühn konstruiert. Und obwohl Manseau souverän alle Fäden aufgehen lässt, bleibt er bewundernswert komplex. Das liegt auch an der Rolle, die er dem jungen Übersetzer einräumt: Er hinterfragt, betont, relativiert, nennt literarische Einflüsse. Und er hat seine eigenen, kleinen Geheimnisse. Sie werden sich mit den Lebenslinien des alten Mannes kreuzen, dem er bei der Rettung der Bibliothek auf abenteuerliche Weise zu helfen versucht.

Peter Manseau spannt sein Netz weit. Und es ist unverkennbar, dass nicht zuletzt religiöse Diskurse die Kulisse seines Romans bilden, aber stets unangestrengt. Identität, insbesondere religiöse Identität, gibt er zu verstehen, ist eine Variable, ein Sehnen, geprägt von den Sprachen, die wir sprechen. Den Schreibimpuls zum Roman gab seine eigene Arbeit als Archivar. Jahrelang befuhr der Autor selbst mit einem Lastwagen die Ostküste, um jiddische Bücher einzusammeln. Über diese Menschen wollte er schreiben: ältere Juden, die an das Ende ihrer Lebenszeit kamen und voller Angst waren, die Welt könnte die Sprache, in der sie lebten, vergessen. Sein Roman führt ins Herz dieser Menschen.

ANJA HIRSCH

Peter Manseau: "Bibliothek der unerfüllten Träume". Roman. Aus dem Amerikanischen von Kathrin Razum. Verlag Hoffmann und Campe, Hamburg 2009., 448 S., geb., 23,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Fast ehrfürchtig wirkt Anja Hirschs Kritik des Romandebüts von Peter Manseau, und sie bewundert nicht nur den Protagonisten der "Bibliothek der unerfüllten Träume" als erstaunlich authentisch, sondern preist auch die "kühne Konstruktion" des Romans. Der amerikanische Autor, der bislang mit Sachbüchern zum Thema Religion und einem autobiografischen Buch hervorgetreten ist, präsentiert die Erinnerungen des Itsik Malpesch, der aus dem russischen Kischinjow über Odessa nach Baltimore flieht und im New York der 1920er Jahre zum Dichter wird, derartig überzeugend, dass man glauben könnte, es gebe ihn wirklich, so die Rezensentin beeindruckt. Immer wieder unterbrochen werden diese Memoiren von einem Archivar, der sie übersetzt hat und mit Reflexionen über Religion, Sprache und Literatur erweitert, erklärt sie. So entfaltet dieses vielschichtige Buch nicht nur die beeindruckende Biografie eines jüdischen Auswanderers und mit ihr Fragen nach "Schuld, Scham, Schicksal", lobt die Rezensentin. Auch faszinierende Gedanken zu "religiöser Identität" und der Angst vor dem Verlust der eigenen Sprache hat Hirsch in diesem Roman gefunden, der nicht nur überzeugend übersetzt sei, sondern dessen Original auch mit Preisen ausgezeichnet wurde, wie sie wissen lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH