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Wie kann man Worte finden für das Unaussprechliche? Als Cherry neun Jahre ist, bringt sich ihre Mutter durch einen Sprung aus dem Fenster um. Und das Mädchen quält ein Leben lang die Frage: Hätte sie anders gehandelt, wenn Cherry sich an jenem letzten Abend, als die Mutter sie ins Bett brachte, nicht trotzig von ihr weggedreht hätte?
Lilly Lindner wurde 1985 in Berlin geboren. Bereits mit fünfzehn begann sie autobiographische Texte und Romane zu schreiben. Ihr Debüt "Splitterfasernackt" stand monatelang auf der Bestsellerliste. Zuletzt erschienen von ihr das Jugendbuch "Was fehlt, wenn ich verschwunden bin" und "Winterwassertief".
Produktdetails
- Verlag: Droemer/Knaur
- Artikelnr. des Verlages: 3005339
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 304
- Erscheinungstermin: 24. September 2012
- Deutsch
- Abmessung: 210mm x 135mm x 22mm
- Gewicht: 334g
- ISBN-13: 9783426226223
- ISBN-10: 3426226227
- Artikelnr.: 35648828
Herstellerkennzeichnung
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Ein paar Atemzüge jeden Tag
In ihrem Buch "Bevor ich falle" erzählt Lilly Lindner, wofür es sich zu leben lohnt
Es gibt da diesen leicht überdrehten Ton, diese Kraft aus der Sprachwurzel, wenn Wörter fallen wie "Auszeitschweigen". Oder "Abseitsstille". Man kennt diese Gewichte schon von Lilly Lindners Erstling: "Splitterfasernackt", als Autobiographie lanciert, schildert den Missbrauch der Sechsjährigen durch einen Nachbarn. Mit 13 Jahren fängt sie an zu hungern. Als junge Frau treibt sie ihren Körper durch die Mühlen der Prostitution. Eine Geschichte, so brutal, dass sie ausgedacht wirkt. Das Buch hat es 2011 zum Bestseller gebracht. Jetzt legt die 27 Jahre alte Berlinerin einen Roman vor, nicht minder roh im
In ihrem Buch "Bevor ich falle" erzählt Lilly Lindner, wofür es sich zu leben lohnt
Es gibt da diesen leicht überdrehten Ton, diese Kraft aus der Sprachwurzel, wenn Wörter fallen wie "Auszeitschweigen". Oder "Abseitsstille". Man kennt diese Gewichte schon von Lilly Lindners Erstling: "Splitterfasernackt", als Autobiographie lanciert, schildert den Missbrauch der Sechsjährigen durch einen Nachbarn. Mit 13 Jahren fängt sie an zu hungern. Als junge Frau treibt sie ihren Körper durch die Mühlen der Prostitution. Eine Geschichte, so brutal, dass sie ausgedacht wirkt. Das Buch hat es 2011 zum Bestseller gebracht. Jetzt legt die 27 Jahre alte Berlinerin einen Roman vor, nicht minder roh im
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Stoff und aus dem innersten Dunkel kommend: "Bevor ich falle" wirkt fast noch ausgedachter. Aber es gibt solche Leben.
Wieder geht es um ein Mädchen, das zu viel aushalten muss und zu unterkühlen droht. Sie ist neun Jahre alt, als die Mutter aus dem Fenster springt. Tiefen ziehen die kleine Cherry fortan magisch an. Der Vater, ein Großverleger, der Worte und depressive Künstler hasst, kümmert sich nicht. Mit zwölf schimpft sie jeden gegen die Wand, versteckt hinter einem fulminanten Wortkorsett, das von blitzender Verknüpfungsleistung zeugt. Innen aber wächst das Schuldgefühl, die große Wunde. "Ich war so verletzt, dass ich angefangen habe, mich selbst zu verletzen - dabei wollte ich beim ersten Mal eigentlich nur austesten, ob ich ein Mensch bin und ob ich blute, wenn ich den schmalen Grat zwischen Verstand und Verfall zerschneide."
Das sind starke Sätze jenseits aller Lehrbücher. Sie fassen diese beginnende Sucht nach Selbstzerstörung wie enge Metallringe. Es braucht zwar eine Weile, bis die Ich-Erzählerin mit sich selbst im Zentrum auch die anderen bemerkt, bis sie herausfindet aus dem allzu frechen, verführerisch klingenden, aber leicht gekünstelten Haudraufton. Aber es gibt auch das Innehalten, die Punkte, die das brutale Abgeschnittensein vom Leben markieren und die hohle Stille ausleuchten. Manche Gespräche werden noch etwas breit- und plattgetreten. Und die Lebensretter dieser waidwunden jungen Erzählerin klappen etwas zu lautstark im Roman auf wie Pop-up-Figuren, die eben schnell gebastelt wurden, damit es weitergeht. Aber dann füllen sie sich eben doch mit Wärme, mit Leben.
Sie sprechen mit ihrem Hasen, wie Scratch, der Rockstar, für den Cherry Songtexte schreibt. Oder sie betreiben geradezu vorbildhaft, ganz ohne Übergriffe, Fürsorge aus großzügigem Herzen, wie Landon, Cherrys ehemaliger Schwimmtrainer, der sie an einem trostlosen Weihnachtsabend im Berliner Grunewald von der Straße aufliest. Einige Jahre wohnt Cherry bei ihm und übersteht so diese verschwommene Zeit bis zum Schulabschluss, immer mit Auffangbecken. In der ersten eigenen Wohnung trifft sie beim Ritzen die Pulsschlagader. Aber es geht doch immer irgendwie weiter, und es zieht einen auch weiter, der kühlen, klaren Sprache wegen, die auch der Erzählerin den Weg zurück ins Leben weist. "Ich habe mich großartig über die Zeit verteilt. Jeden Tag ein paar Atemzüge. So schwer ist das gar nicht." Lilly Lindner erzählt schonungslos offen vom täglichen Kampf gegen das Verschwindenwollen. Sie sagt, wofür es sich lohnt, trotzdem zu bleiben.
ANJA HIRSCH
Lilly Lindner: "Bevor ich falle". Roman.
Droemer Verlag, München 2012. 312 S., geb., 16,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wieder geht es um ein Mädchen, das zu viel aushalten muss und zu unterkühlen droht. Sie ist neun Jahre alt, als die Mutter aus dem Fenster springt. Tiefen ziehen die kleine Cherry fortan magisch an. Der Vater, ein Großverleger, der Worte und depressive Künstler hasst, kümmert sich nicht. Mit zwölf schimpft sie jeden gegen die Wand, versteckt hinter einem fulminanten Wortkorsett, das von blitzender Verknüpfungsleistung zeugt. Innen aber wächst das Schuldgefühl, die große Wunde. "Ich war so verletzt, dass ich angefangen habe, mich selbst zu verletzen - dabei wollte ich beim ersten Mal eigentlich nur austesten, ob ich ein Mensch bin und ob ich blute, wenn ich den schmalen Grat zwischen Verstand und Verfall zerschneide."
Das sind starke Sätze jenseits aller Lehrbücher. Sie fassen diese beginnende Sucht nach Selbstzerstörung wie enge Metallringe. Es braucht zwar eine Weile, bis die Ich-Erzählerin mit sich selbst im Zentrum auch die anderen bemerkt, bis sie herausfindet aus dem allzu frechen, verführerisch klingenden, aber leicht gekünstelten Haudraufton. Aber es gibt auch das Innehalten, die Punkte, die das brutale Abgeschnittensein vom Leben markieren und die hohle Stille ausleuchten. Manche Gespräche werden noch etwas breit- und plattgetreten. Und die Lebensretter dieser waidwunden jungen Erzählerin klappen etwas zu lautstark im Roman auf wie Pop-up-Figuren, die eben schnell gebastelt wurden, damit es weitergeht. Aber dann füllen sie sich eben doch mit Wärme, mit Leben.
Sie sprechen mit ihrem Hasen, wie Scratch, der Rockstar, für den Cherry Songtexte schreibt. Oder sie betreiben geradezu vorbildhaft, ganz ohne Übergriffe, Fürsorge aus großzügigem Herzen, wie Landon, Cherrys ehemaliger Schwimmtrainer, der sie an einem trostlosen Weihnachtsabend im Berliner Grunewald von der Straße aufliest. Einige Jahre wohnt Cherry bei ihm und übersteht so diese verschwommene Zeit bis zum Schulabschluss, immer mit Auffangbecken. In der ersten eigenen Wohnung trifft sie beim Ritzen die Pulsschlagader. Aber es geht doch immer irgendwie weiter, und es zieht einen auch weiter, der kühlen, klaren Sprache wegen, die auch der Erzählerin den Weg zurück ins Leben weist. "Ich habe mich großartig über die Zeit verteilt. Jeden Tag ein paar Atemzüge. So schwer ist das gar nicht." Lilly Lindner erzählt schonungslos offen vom täglichen Kampf gegen das Verschwindenwollen. Sie sagt, wofür es sich lohnt, trotzdem zu bleiben.
ANJA HIRSCH
Lilly Lindner: "Bevor ich falle". Roman.
Droemer Verlag, München 2012. 312 S., geb., 16,99 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Anja Hirsch hat sich an den immer etwas überdrehten Ton dieser Autorin gewöhnt. Was wie Lilly Lindners Debüt zum Beststeller wird, muss zwar nicht gleich gut sein, Hirsch jedoch nimmt sich das neue Buch der Autorin möglichst unvoreingenommen vor. Und siehe da: Das Dunkel von frühem Missbrauch, Prostitution und Todessehnsucht, das Lindner wiederum durchmisst, wirkt echt auf die Rezensentin. Sogar die zunächst wie Pappkameraden auftretenden Nebenfiguren erwachen zum Leben, meint Hirsch. Die kühle Sprache fesselt sie an die Story, die am Ende gar nicht so hoffnungsfrei scheint.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH
Meine Meinung:
Dies ist tatsächlich mein erstes Buch von Lilly Lindner, denn bisher sind ihre Bücher zwar hoch gelobt wurden, aber immer an mir vorbei gegangen. Umso gespannter war ich auf dieses Buch, und ich muss sagen, es ist wirklich etwas ganz anderes.
Zunächst musste ich …
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Meine Meinung:
Dies ist tatsächlich mein erstes Buch von Lilly Lindner, denn bisher sind ihre Bücher zwar hoch gelobt wurden, aber immer an mir vorbei gegangen. Umso gespannter war ich auf dieses Buch, und ich muss sagen, es ist wirklich etwas ganz anderes.
Zunächst musste ich feststellen, dass das Cover sehr schlicht gehalten ist, was ich aber entsprechend dem Thema im Buch gut finde. Die Mischung aus blau und türkis hat es mir auch direkt beim ersten Blick auf das Buch angetan.
"Aber Erwachsene rennen ja auch alle vier Jahre los, um ihre Stimme abzugeben. Bildlich gesehen ist das ein Stillleben. Aber genau genommen ist es einfach nur Politik."
(Seite 51)
Im Buch wird die Geschichte von Cherry erzählt, oder eher Cherry selbst erzählt ihre Geschichte, mit viel Gefühl und Wortgewalt. So erfahren wir am Anfang, wie ihre offensichtlich depressive, gefühlssüchtige Mutter Selbstmord begeht und ihr cholerischer, gefühlskalter Vater ihr dafür die Schuld gibt und sie allumfassend von sich stößt. Da hier natürlich stets nur ihre Sicht beschrieben wird, haben wir als Leser nur einen subjektiven Blick, und können nur versuchen Cherry und ihre Gefühle zu verstehen. Leider ging es mir oft so, dass ich keine Verbindung zu Cherry aufbauen konnte, einige ihrer Entscheidungen konnte ich einfach nicht nachvollziehen, und ich musste dann einfach damit leben, dass Cherry solche fatalen Fehler begeht und ich als Leser hilflos dabei zu sehen muss.
"Du weißt nicht, wie sich Stille anfühlt. Bis sie dich anbrüllt."
(Seite 93)
Eine entscheidende Rolle in Cherry's Leben spielt Landon, ihr ehemaliger Schwimmlehrer. Er ist sowas wie der Fels in der Brandung, denn er fängt sie auf bevor sie fällt. Er war für mich so was wie der Held der Geschichte, zumindest er hat versucht Cherry immer wieder zurück ins Leben zu befördern, da ihr Vater dazu nicht in der Lage war.
Die Chance ihres Lebens erhält Cherry von Scratch, welche genau das ist, möchte ich an dieser Stelle noch nicht verraten, denn damit würde ich zu weit nach vorne greifen. Allerdings muss man klar feststellen, dass es Cherry leichter fällt Bindungen zu Männer aufzubauen, was sicherlich daran liegt, dass sie vor allem eine neue Vaterfigur sucht, denn ihr Vater hat leider total versagt.
Inhaltlich beschäftigt sich das Buch mit vielen schweren Themen, Themen die dem Leser dann schwer im Magen liegen, aber von Lilly Lindner leider manches mal nur teilweise erklärt werden. So kommt es zu Konflikten wo die Lösung ausbleibt oder nicht erklärt wird, oder eben auch ein Ende was so offen ist, dass man verzweifelt nach weiteren Seiten am Ende des Buches sucht.
"Gefühle sind lautlose Gestalten. Aber sie haben eine schweigende Stimmgewalt."
(Seite 271)
Das wohl beste an dem Buch ist seine Wortgewalt, selten habe ich ein Buch gelesen was so toll mit Wörtern und deren Bedeutung spielt, egal ob englisch oder deutsch, hier werden Wörter auf ihre kleinsten Teilchen auseinander genommen und neu geordnet. Dies wäre definitiv eines der Bücher welches ich nochmal lesen würde, nur um alle versteckten Wortspielchen aufs neue zu lesen. Allerdings wäre am Ende wieder eine Wortleere wo eigentlich das Ende sein sollte, ein Abspann oder irgendwas was uns als Leser zeigt, welche Richtung die Geschichte nehmen wird.
Fazit:
Von mir gibt es 4 Sternchen für dieses wortgewaltige Buch, dass leider in Sachen Tiefe durch seine Flut an Worten verloren hat. Wer aber gern mit Worten spielt und eine einfache Story bevorzugt, dafür aber sehen möchte wie Worte anders wirken können, für den ist dieses Buch genau das richtige.
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