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In diesem großformatigen Bildband läßt Henry Ries mit seinen Photographien das Berlin der Jahre 1946 bis 1949 wieder erstehen. Er hat diese Stadt photographisch und journalistisch begleitet: Die berühmtesten Ruinenbilder, die Blockade-Bilder, die um die Welt gingen - alle trugen den Stempel "Photo by Ries".

Produktbeschreibung
In diesem großformatigen Bildband läßt Henry Ries mit seinen Photographien das Berlin der Jahre 1946 bis 1949 wieder erstehen. Er hat diese Stadt photographisch und journalistisch begleitet: Die berühmtesten Ruinenbilder, die Blockade-Bilder, die um die Welt gingen - alle trugen den Stempel "Photo by Ries".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.07.1998

Deutsche Gesichter - Fotografien von Henry Ries aus dem zerstörten Berlin

Als der Regisseur Wolfgang Staudte 1946 seinen später zur Legende gewordenen Film "Die Mörder sind unter uns" drehte, fand er in Berlin Kulissen vor, wie sie kein Filmarchitekt eindringlicher hätte entwerfen können: Trümmerlandschaften, Ansichten einer Geisterstadt, eine symbolisch hochaufgeladene Szenerie, die Staudtes damals noch stark vom Expressionimus beeinflußter Filmsprache sehr entgegenkam. Der Film, der erste, den die DEFA drehte, gilt als einer der wenigen Versuche der frühen Nachkriegsjahre, die unmittelbare Vergangenheit zu bewältigen, die Schrecken des Gestern in jenen Kulissen zu bannen, die sie selbst erschaffen hatten.

Der Fotograf Henry Ries, Sohn gutbürgerlicher jüdischer Eltern, hatte seine Heimatstadt Berlin 1938 verlassen müssen. Sieben Jahre später, im August des Jahres 1945, kehrte er zurück, in amerikanischer Uniform, den Fotoapparat im Gepäck. Unsere Abbildung entstand ein Jahr danach, im Juli 1946. Sie zeigt das einzige surreal wirkende Bild in diesem Band mit Aufnahmen Berlins aus den Jahren 1946 bis 1949, das einzige, das der Stadt einen Zug ins Unwirkliche verleiht und die Folgen der Zerstörung zu ästhetisieren scheint. Aber auch hier dokumentiert Ries nur, was damals in Berlin geschah: Die Aufnahme entstand während der Dreharbeiten zu Staudtes Film. Der Regisseur ließ die Ruinen und Trümmerberge anstrahlen, der Fotograf nutzte das Licht der Scheinwerfer für seine Aufnahme.

Unter den großen Fotografen, die unmittelbar nach dem Endes des Krieges in Berlin arbeiten, Chaldei, Capa, Seidenstücker oder Eschen, gibt es keinen, der so intensiv wie Henry Ries in den Trümmern der zerstörten Stadt nach Spuren neuen Lebens suchte. Der Blick dieses Fotografen galt nicht den dramatischen Zeugnissen der Katastrophe, sondern den Anzeichen des Neubeginns, jenen Signalen, mit denen sich die Rückkehr der Zivilisation ankündigte. Ries dokumentierte die Ereignisse der Zeitgeschichte: Blockade und Luftbrücke oder die Demonstrationen der SED. Aber er fotografierte auch Wirtshaustische im Freien, an denen die Kellnerin "Berliner Weiße mit Schutt" servierte, das blumengeschmückte Fenster einer Mietshausruine, in der nur ein einziger Raum der Zerstörung entgangen war oder den von Pferden gezogenen Pflug im Tiergarten, unmittelbar neben der Statue der Siegesgöttin.

Dennoch sah dieser Fotograf die Spuren, die der Krieg hinterlassen hatte, deutlicher als mancher andere. Er suchte sie dort, wo weder Wiederaufbau, Marshall-Plan noch Wirtschaftswunder sie tilgen konnten: in den Gesichtern der Menschen. Berühmt wurde Henry Ries mit einem Buch, das vor fast einem halben Jahrhundert in Amerika erschien und "German Faces" hieß. Auch in dem vorliegenden Band gehören die Gesichter, in die der nunmehr achtzigjährige Fotograf nach der Katastrophe des Krieges blickte, zu den eindrucksvollsten Aufnahmen. (Henry Ries: "Berlin. Photographien 1946 - 1949. Mit Beiträgen von Henry Ries, Edzard Reuter, Janos Frecot, Helmut Trotnow. Nicolai Verlag, Berlin 1998. 128 S., 107 Abb. in Duotone, geb., 78,- DM.)

HUBERT SPIEGEL

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