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"Carl Einsteins vielleicht wichtigstes Werk - inspiriert von Mallarmé und Baudelaire mit dem erklärten Ziel, die "Kausalität zu beschämen" inspirierte seinerseits wiederum Gottfried Benn und den Dadaisten Hugo Ball." Redaktion Gröls-Verlag (Edition Werke der Weltliteratur)

Produktbeschreibung
"Carl Einsteins vielleicht wichtigstes Werk - inspiriert von Mallarmé und Baudelaire mit dem erklärten Ziel, die "Kausalität zu beschämen" inspirierte seinerseits wiederum Gottfried Benn und den Dadaisten Hugo Ball." Redaktion Gröls-Verlag (Edition Werke der Weltliteratur)
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.03.2015

Im Varieté
Stefan Kaminski liest
Carl Einsteins „Bebuquin“
Da ist, zum Beispiel, die Schauspielerin Fredegonde Perlenblick. Mit zwei erschrecklich blendenden Scheinwerfern fährt sie in ihrem Auto durch die Nacht, ihr Chauffeur ist ein Rezitator, die Hupe des Automobils lässt das Bühnen-„R“ ertönen und auf dem Dach des Coupés ist ein Kinematograf angebracht und zeigt einen Film, in dem die Schauspielerin sich auszieht, badet und zu Bett geht, unterlegt von dem Reklame-Schriftzug: „Ich trage den Strumpfhalter ,Ideal‘.“
  Als junger Mann von 21, 23 Jahren hat der Kunstkritiker Carl Einstein (1875–1940) von 1906 bis 1909 den Roman „Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders“ geschrieben, einige Kapitel veröffentlichte Franz Blei in seiner Zeitschrift Opale , als Buch erschien er 1912. Er wollte aber eigentlich gar kein Buch sein, der Held hielt sich für vollkommen ungeeignet für den Part eines Romanhelden, und der Autor warf jeder gemessen voranschreitenden Prosa kleine Dynamitstangen zwischen die Beine.
  Sein Prosaideal war die Ausweichbewegung vor einem herannahenden Automobil, das Flackern der Lichtreflexe einer Bogenlampe, an die Stelle der Buchseite sollte die Straße treten, die Bar, das Wachsfigurenkabinett, der Zirkus und das Varieté: „um die Tische verbanden sich die Wiener Rohrstühle zu rhythmischen Girlanden. Die Nase eines Trinkers konzentrierte die Kette jäh. Die Lichter hingen klumpenweise von der Decke und zerplatzen die Wände zu Fetzen.“
  Wer diese Prosa lesen will, der muss ihr quecksilbrige Nervosität in seine Stimme aufnehmen, muss schlank und federnd sprechen, muss stichflammenhaft den Hohn aufleuchten lassen, mit dem der Wundersucher Giorgio Bebuquin die Gesetze der Logik herausfordert, die platonische Metaphysik in die Manege zerrt, die Anrufungen Gottes und die Litaneien parodiert und die Heilspropheten seiner Zeit, „Messiasse der Reinheit, der Wollust, des Pflanzenessens, des Tanzes, hypnotisierende Messiasse und einige andere“ ins Feuilleton entsorgt: „Überlebte Messiasse verwandelte man in Redakteure, zumal ihnen Sensation geläufig war.“
  Stefan Kaminski hat die schlanke, federnde Stimme, die dieser lässigen, von tiefer Unruhe erfassten Prosa gewachsen ist. Mit anstrengungsloser Präzision schlägt er den Fächer aus Dialogszenen, Sottisen, Aphorismen, novellistischen Episoden auf, und wem dabei schwindlig wird, der kann im umfangreichen Begleitheft nachlesen, welche Anspielungen da gerade vorbeigeflogen sind und was es mit den Dilettanten des Untertitels auf sich hat. Nur das Wunder bleibt verlässlich aus: „Herr, gib mir ein Wunder, wir suchen es seit Kapitel eins. Dann will ich normal sein, aber erst dann.“
LOTHAR MÜLLER
Carl Einstein: Bebuquin oder Die Dilettanten des Wunders. Gelesen von Stefan Kaminski. 2 CD’s. 111 Minuten. Textbuch 185 S. Kommentar und Nachwort von Albert Bollinger. Sinus Verlag, Kilchberg 2015. 29,80 Euro.
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