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Angesichts einer zunehmenden Globalisierung befinden sich Gesellschaften im Wandel, müssen Werte immer wieder neu verteidigt und ausgehandelt werden und wird gesellschaftlicher Zusammenhalt durch ein Aufreiben der politischen Mitte zwischen den Rändern bedroht. Orientierungsverlust ist die Folge. Während Populisten auf diese komplexen Problemlagen allzu einfache Lösungen formulieren, will ein zeitgemäßer Konservatismus Veränderungsprozesse für alle erträglich gestalten. Als Anwalt der Mitte versteht er sich als Moderator dieser Prozesse und richtet seinen Blick dabei stets nach vorne, ohne das…mehr

Produktbeschreibung
Angesichts einer zunehmenden Globalisierung befinden sich Gesellschaften im Wandel, müssen Werte immer wieder neu verteidigt und ausgehandelt werden und wird gesellschaftlicher Zusammenhalt durch ein Aufreiben der politischen Mitte zwischen den Rändern bedroht. Orientierungsverlust ist die Folge. Während Populisten auf diese komplexen Problemlagen allzu einfache Lösungen formulieren, will ein zeitgemäßer Konservatismus Veränderungsprozesse für alle erträglich gestalten. Als Anwalt der Mitte versteht er sich als Moderator dieser Prozesse und richtet seinen Blick dabei stets nach vorne, ohne das Gewonnene aus den Augen zu verlieren.Mit Beiträgen von Herrmann Lübbe, Michael Stürmer, Jörg Baberowski, Werner J. Patzelt und vielen anderen unterbreitet dieses Buch Vorschläge, wie Konservatismus gegenwärtig neu vermessen werden kann.
Autorenporträt
Dr. Jörg Baberowski ist Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität Berlin. Er hat zahlreiche Bücher zur Geschichte der Sowjetunion im 20. Jahrhundert und zum Stalinismus veröffentlicht.

Peter Hoeres ist Professor für Neueste Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Dr. Eckhard Jesse ist Professor für Politikwissenschaft an der Technischen Universität Chemnitz.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Stefan Kleie verdankt diesem von Joachim Klose, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sachsen, und Norbert Lammert herausgegebenen Band einen neuen Begriff: "progressiver Konservatismus". Demnach soll unter anderem die Bewahrung der Vergangenheit nicht mehr als Selbstzweck angesehen werden, konservative Ordnungsvorstellungen sollen dynamisiert werden - allerdings vor dem Hintergrund der gültigen Rechtsordnung und der kulturellen Überlieferung, klärt der Kritiker auf. Von den 26 Beiträgern, darunter Werner J. Patzelt, Michael Stürmer oder Joachim Fischer, allerdings nur zwei Frauen, hält sich kaum jemand an diese Vorgabe, fährt Kleie fort: Vielmehr liest er meist die gängige Kritik an der aktuellen Flüchtlings-, Bildungs- und Familienpolitik. Dennoch empfiehlt er die Lektüre schon der "wohltuend sachlichen" historischen Analysen des Konservatismus in der Bundesrepublik wegen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.02.2020

Progressiv muss sein
Ein Sammelband über Konservatismus

Trotz programmatischer Dauerkrise ist "Konservatismus" in den letzten Jahren zu einem strategischen Schlüsselbegriff geworden. Wer hier die Definitionsmacht erringen will, versucht dies oft in Kombination mit einem näher bestimmenden Beiwort. So erfreuen sich seit der "konservativen Revolution" der 1920er Jahre paradoxe Verbindungen großer Beliebtheit. Die für eine Neuausrichtung zentralen sechziger und siebziger Jahre brachten dann "Wertekonservatismus", "Liberalkonservatismus" und "Neokonservatismus" - in Abgrenzung zum überlebten "Nationalkonservatismus". Joachim Klose, Leiter der Konrad-Adenauer-Stiftung in Sachsen und neben Norbert Lammert Herausgeber eines neuen Sammelbandes über den Konservatismus, versucht es nun mit dem "progressiven Konservatismus".

Dessen Ausrichtung auf die Zukunft soll das Ergebnis dreier Verschiebungen gegenüber einem Alltagsverständnis sein: Erstens wird die Bewahrung der Vergangenheit nicht mehr als Selbstzweck betrachtet, sondern dient kompensatorisch der Abfederung beschleunigter Veränderungsprozesse. Zweitens soll eine Dynamisierung konservativer Ordnungsvorstellungen Begriffen wie Leitkultur oder Heimat die Exklusivität und vergangenheitsorientierte Statik nehmen und sie vielmehr zum Objekt ständigen Aushandelns machen. Drittens soll eine teleologische Ausrichtung den szientistischen Determinismus vermeiden und einen Sinnhorizont menschlichen Handels eröffnen, bis hin zum religiösen Glauben.

Alle drei Aspekte dienten der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhaltes und sollen "Beheimatungen" ermöglichen. Heimat im Singular wäre dann das "durchaus störanfällige Ergebnis der Synchronisation und Abstimmung vieler individueller Beheimatungen". Dies alles geschieht - und hier deutet sich die in der Begrifflichkeit angelegte Spannung an - aber nicht im luftleeren Raum, sondern vor dem durchaus normativen Hintergrund der gültigen Rechtsordnung und der kulturellen Überlieferung. Erkennbar geht es Klose dabei darum, den Konservatismus klar von allem Völkisch-Identitären abzugrenzen.

Dass kaum einer der 26 Beiträger - davon lediglich zwei weiblich - Kloses Vorlage folgt, ist ein Indiz dafür, dass auch unter den Autoren weitgehend Uneinigkeit herrscht. Das Kapitel über "Modernen Konservatismus" etwa kann den Anspruch auf programmatische Erneuerung nicht einlösen, allenfalls vertraut klingende Leitbegriffe auf dem Weg dazu formulieren, wie "gerechte Ordnung, Nachhaltigkeit und Patriotismus" (Werner J. Patzelt). Wenn es um konkrete Politikfelder geht, fällt die Bilanz noch ernüchternder aus: An der aktuellen Flüchtlings-, Bildungs- oder Familienpolitik wird kaum ein gutes Haar gelassen, wobei die geradezu zeitlose Feststellung, Konservative seien "heimatlos" (Michael Stürmer), nicht fehlen darf. Für einen Band der Adenauer-Stiftung ist die damit verbundene Kritik an der Politik der Union auffällig; ein Terraingewinn gegenüber der AfD, die "konservativ" ganz ohne definitorische Finessen verwendet, lässt sich so nicht markieren.

Auch wenn der Band eine überzeugende Neubestimmung des Konservatismus schuldig bleibt, lohnt seine Lektüre. Besonders die gegenüber mancher Polemik wohltuend sachlichen historischen Analysen des Konservatismus in der Bundesrepublik sind erhellend. Joachim Fischer etwa stellt den "Protagonisten" der 68er bürgerliche Intellektuelle - von Arendt bis Sternberger - als "Antagonisten" gegenüber, wobei es zwischen beiden Lagern zu einer "Kompromissbildung" gekommen sei. Johann Michael Möller knüpft mit seiner "Verschmelzung" einer bewahrenden und einer emanzipatorischen Lebenseinstellung an Fischer an. Konservativ ist diese Haltung allerdings nur im allerformalsten Sinne, nämlich als "Verfassungspatriotismus, der die Republik in ihrer jetzigen emanzipatorisch libertären Verfassung retten will, weil er sie von den politischen Rändern angegriffen sieht". Demgegenüber zeichnet sich ein ideologischer Konservatismus ab, der als Artikulation eines "kulturellen Selbstbehauptungswillens" vom Rechtspopulismus kaum noch unterschieden werden kann.

STEFAN KLEIE

Joachim Klose und Norbert Lammert (Hrsg.): "Balanceakt für die Zukunft". Konservatismus als Haltung.

Vandenhoek & Ruprecht, Göttingen 2019. 373 S., geb., 37,99 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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