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Gegensätzlichere Naturelle lassen sich kaum denken als der von den Dämonien der Natur und des Menschen angezogene Maler und Zeichner Alfred Kubin (1877-1959) und Hermann Hesse (1877-1962), der ebendiese Kräfte in seinen Erzählungen und Gedichten zu bändigen versuchte. Doch war es das Kraftfeld gerade dieser Unterschiede, das sie zusammengeführt hat. Beide waren Außenseiter, die in selbstgewählter Zurückgezogenheit weitab vom zeitgemäßen Kulturbetrieb gelebt und produziert haben und die Jahre des Nationalsozialismus in Repression und finanzieller Not erlebten: Hermann Hesse im Tessin in…mehr

Produktbeschreibung
Gegensätzlichere Naturelle lassen sich kaum denken als der von den Dämonien der Natur und des Menschen angezogene Maler und Zeichner Alfred Kubin (1877-1959) und Hermann Hesse (1877-1962), der ebendiese Kräfte in seinen Erzählungen und Gedichten zu bändigen versuchte. Doch war es das Kraftfeld gerade dieser Unterschiede, das sie zusammengeführt hat. Beide waren Außenseiter, die in selbstgewählter Zurückgezogenheit weitab vom zeitgemäßen Kulturbetrieb gelebt und produziert haben und die Jahre des Nationalsozialismus in Repression und finanzieller Not erlebten: Hermann Hesse im Tessin in Montagnola, Alfred Kubin im österreichischen Zwickledt bei Wernstein am Inn.
Autorenporträt
Hermann Hesse, geboren am 2.7.1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltendeutschen Missionars und der Tochter eines württembergischen Indologen, starb am 9.8.1962 in Montagnola bei Lugano.

Er wurde 1946 mit dem Nobelpreis für Literatur, 1955 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Nach einer Buchhändlerlehre war er seit 1904 freier Schriftsteller, zunächst in Gaienhofen am Bodensee, später im Tessin.

Er ist einer der bekanntesten deutschen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Alfred Kubin, geboren 1877 in Leitmeritz (Böhmen), gestorben 1959 in Wernstein am Inn, war einer der bedeutendsten und fruchtbarsten Illustratoren des 20. Jahrhunderts.

Volker Michels, geboren 1943, trat nach dem Studium der Medizin und Psychologie 1969 als Lektor für deutsche Literatur in die Verlage Suhrkamp und Insel ein, wo er sich u. a. auch als Herausgeber für zahlreiche Autoren der Gegenwart und Vergangenheit eingesetzt hat. Insbesondere widmete er sich den Werken und Briefen von Hermann Hesse, dessen literarischen und bildnerischen Nachlass er in mehr als hundert Themenbänden veröff entlicht und 2005 mit der Edition einer zwanzigbändigen Gesamtausgabe abgeschlossen hat.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.06.2008

Der reine Bezirk
Hermann Hesse und Alfred Kubin im Briefwechsel
„Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst”, bemerkt Goethe, „und man verknüpft sich nicht sicherer mit ihr als durch die Kunst.” Dieser paradoxe Umstand hat seine Reize und seine Widrigkeiten. Jene hatte Goethe vorwiegend im Sinn. Für diese war die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts eine ergiebige Zeit. Von nichts anderem handelt der Briefwechsel, den Hermann Hesse und Alfred Kubin zwischen 1928 und 1952 führten: wie man durch Kunst vor der Welt zu flüchten versucht, wie man sich immer wieder in ihr verfängt, und wie beides in Misshelligkeiten führt.
Dem sollte ja eigentlich nicht so sein: „Rein blieb noch der Bezirk des Schaffens”, schrieb Kubin an Hesse – im Herbst 1944. Der Künstler lebt auf dem Lande; er meidet Gesellschaft; er lebt seiner Kunst und dem Geiste; er hält sich aus der Politik heraus: Dies war dem Schriftsteller Hesse und dem Zeichner Kubin ihr Entwurf von Glück. Nur: die Welt ließ sie nicht nach dieser Fasson glücklich werden. Sie wollte sehen, ob ihre Kunst ideologisch brauchbar war, unbrauchbar oder gar verwerflich; sie enthielt ihnen für ihre Kunst Geld vor oder gewährte es ihnen; sie zeichnete sie aus oder beschimpfte sie.
Dies misslich zu finden, bestätigten Hesse und Kubin einander unentwegt. In die scheußlichen Händel der Welt verstrickt zu werden durch etwas so Schönes wie die Kunst – das wollte den beiden partout nicht in den Kopf. Und dass die Kunst des jeweils anderen schön sei, sehr schön, das mussten sie einander immer wieder sagen. Es ließ sie die Korrespondenz auch dann aufrecht erhalten, wenn sonst nicht viel zu sagen war.
Kubin äußerte sich in dieser Angelegenheit salbungsvoller und betulicher; eine „ganz tiefwirkende Freude und Ermunterung” habe er „gespürt – – auch noch aus den erschütternden Zeilen heraus, welche sie Hugo Ball weihten”. Das Einführungskapitel zu Hesses „Glasperlenspiel” las er „mit Andacht”. „Juwelen in ihrem Geschmeide” erblickte Kubin in drei Gedichten des Freundes aus dem Jahr 1937 – „wer könnte sonst so alle Vergänglichkeitsschauer in Reimen beschwören?” Bei Hesse, über Kubin urteilend, tut es hingegen schon einmal ein schlichtes „wunderschön”.
Aber aus dem unterschiedlich nuancierten Ton wurden nie Differenzen in der Sache. Denn ein Selbstgefühl teilten die beiden Weggefährten des Jahrgangs 1877: Es „habe der Mensch von heute wirklich gar nichts mit uns gemein”. Der Satz Hesses stammt aus dem Jahr 1939; aber das Empfinden, welches er artikulierte, datierte nicht erst aus der Ära der Nazis, eher aus den Jahren des Ersten Weltkriegs. In einem der frühesten Briefe fasste Hesse zusammen, was ihn mit Kubin verband: „Denn hierin geht es mir wie Ihnen: ich sehe nur ganz Wenige, die nach dem Krieg und mitten im Zerfall unsrer Sitte und Kultur übrig sind und etwas vom Gewesenen bewahren”.
Unheimlich kann einem die Korrespondenz zwischen Kubin und Hesse dadurch werden, dass das Wahre, Gute, Schöne, welches die beiden der Barbarei entgegensetzten, allenthalben sich von dieser angefressen zeigt. „Ich bin unglücklich aber immer wieder, wenn ich meine arme Frau leiden sehe an dem Konflikt, daß nun mal ihre Mutter eine, wenn auch getaufte Jüdin war, wenn auch eine der edelsten”, schreibt Kubin 1933 an Hesse. Ein doppeltes „wenn auch”. So also sahen das die Aufrechten im Lande: einen Gegensatz zwischen Judesein und Edelsein setzten sie voraus, gestanden dieses freilich als mildernden Umstand jenem gegenüber zu, und litten doch an inneren Konflikten, als ob die von außen aufgezwungenen nicht genug gewesen wären. „Außerhalb des Tages” hat der Herausgeber, Hesse zitierend, diese Korrespondenz überschrieben. Außerhalb des Tages steht man innerhalb der Nacht. ANDREAS DORSCHEL
HERMANN HESSE/ALFRED KUBIN: Außerhalb des Tages und des Schwindels. Briefwechsel 1928-1952. Herausgegeben von Volker Michels. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2008. 341 Seiten, 24,80 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Andreas Dorschel gruselt's ein wenig bei der Lektüre dieser Briefe. Dass die Kunst schwer sei, weil die Weltflucht mit ihr nicht gelingen will, erfährt er wieder und wieder, wenn Felix Kubin und Hermann Hesse sich gegenseitig in den Himmel loben. Der eine betulicher als der andere, doch im Grunde ohne Differenzen. Für Dorschel wird die Korrespondenz dadurch nicht spannender. Unheimlich findet er, dass die Briefe erkennen lassen, wie das Gute, Schöne, Wahre von der Barbarei anno 1933 "angefressen" wird und noch die "Aufrechten im Lande", Kubin und Hesse, Judesein und Edelsein als Gegensatz betrachten. Dann, meint Dorschel, wird's richtig finster außerhalb des Tages.

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