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Die in diesem Band vorgelegten Studien über die Beziehungen der Deutschen zu den Fremden in ihrem Lande beginnen im späten 19. Jahrhundert und reichen bis in die Gegenwart; sie lassen den historischen Kontext für die Ereignisse in der Zeit des Nationalsozialismus deutlich werden. Die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik gegenüber den als "minderwertig" angesehenen ethnischen und sozialen Gruppen richtete sich in erster Linie gegen Nichtdeutsche - mehr als 95% der Opfer der Mordpolitik des NS-Regimes waren "Ausländer". Zwar wurde diese Politik von vielen Deutschen direkt…mehr

Produktbeschreibung
Die in diesem Band vorgelegten Studien über die Beziehungen der Deutschen zu den Fremden in ihrem Lande beginnen im späten 19. Jahrhundert und reichen bis in die Gegenwart; sie lassen den historischen Kontext für die Ereignisse in der Zeit des Nationalsozialismus deutlich werden.
Die nationalsozialistische Verfolgungs- und Vernichtungspolitik gegenüber den als "minderwertig" angesehenen ethnischen und sozialen Gruppen richtete sich in erster Linie gegen Nichtdeutsche - mehr als 95% der Opfer der Mordpolitik des NS-Regimes waren "Ausländer". Zwar wurde diese Politik von vielen Deutschen direkt oder indirekt mitgetragen; konzipiert und in Gang gebracht wurde sie jedoch von politisch hochmotivierten Funktionseliten auf der Grundlage präzise benennbarer weltanschaulicher Konzeptionen, die vor allem während der Jahre nach dem Ersten Weltkrieg unter der bürgerlichen lugend Deutschlands verbreitet und radikalisiert wurden.
Grundlage dieser Vorstellungen war die Annahme, daß nicht das Individ uum, sondern das "Volk" als Subjekt der Geschichte anzusehen sei. Diese im Kern gegen die Grundlagen der bürgerlichen Gesellschaft gerichteten Vorstellungen ließen sich als legitimierende und dynamisierende Faktoren ohne Schwierigkeiten mit den herkömmlichen Zielsetzungen des deutschen Kontinentalimperialismus verknüpfen und entfalteten ihre Wirksamkeit, als ihre Träger als junge Nachwuchselite des Nationalsozialismus in Spitzenstellungen des Regimes einrückten.
Die in diesem Band versammelten historischen Studien untersuchen die Zusammenhänge zwischen ideologischer Grundlage, wirtschaftlichem Nützlichkeitsdenken und politischer Praxis im Umgang mit den "Fremden" im Verlaufe dieses Jahrhunderts.
Autorenporträt
Ulrich Herbert, geb. 1951, ist Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Freiburg. Er hat zahlreiche Publikationen insbesondere zur Geschichte der Fremdarbeiter und der Zeit des Nationalsozialismus vorgelegt. 1996 erschien die vielbeachtete Biographie Best. 1999 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 14.11.1995

Deutsch rasserein
Über Arbeit, Volkstum, Weltanschauung im Nationalsozialismus

Ulrich Herbert: Arbeit, Volkstum, Weltanschauung. Über Fremde und Deutsche im 20. Jahrhundert. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 1995. 272 Seiten, 26,90 Mark.

Wo immer Rassenhaß und Fremdenfeindlichkeit wirksam werden, haben sie spezifische Ursachen und Anlässe. Auch das Verhältnis der Deutschen zu Fremden im eigenen Land und zu Mitbürgern, die als fremd empfunden werden, ist von eigener Art. Es fußt auf dem Bewußtsein von einer ethnisch fundierten Einheit des deutschen Staatsvolkes. Dieses wiederum hat seine historischen Wurzeln in den Entwicklungen, die schließlich zur Entstehung der "verspäteten Nation" der Deutschen geführt haben, und findet bis heute seine rechtliche Stütze in dem ethnisch definierten deutschen Staatsangehörigkeitsrecht.

Die Erforschung der exzessiven rassistischen Fremdenfeindlichkeit im Deutschland der Nazizeit setzte - sieht man von der mörderischen Systematik des Holocaust ab - erst relativ spät ein. Der Freiburger Historiker Ulrich Herbert behandelt in seinem Buch über das Verhältnis von Deutschen zu Fremden im 20. Jahrhundert, in dem er neun Aufsätze aus den letzten Jahren zusammengefaßt hat, markante Teile dieser Thematik. Sein Ausgangspunkt ist eine dreifache Fragestellung: Was wird in Deutschland gemeinhin und mit welchen Auswirkungen als "fremd" und was als "deutsch" verstanden? Auf welcher ideologischen Grundlage kam es zu dem exzessiven und mörderischen Rassen- und Fremdenhaß in Nazi-Deutschland? Und wie wurden (in engem Zusammenhang mit ihm) in Deutschland Arbeit und Leistungsfähigkeit von Deutschen einerseits und von Ausländern andererseits bewertet?

Der zeitliche Bogen spannt sich von den Anfängen völkisch-rassistischen Denkens und einer Beschäftigung von unterprivilegierten ausländischen Arbeitern (vor allem aus Polen) in Deutschland zu Beginn des Jahrhunderts bis zu den (nur kursorisch behandelten) Problemen des heutigen Umgangs mit ausländischen Arbeitnehmern und Asylbewerbern. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt bei dem Zusammenhang zwischen deutschem Rassismus und der Arbeit von Ausländern in und für Deutschland bis hin zu deren Vernichtung durch Arbeit. Nachgezeichnet wird die Entwicklung von einem "Radauantisemitismus" (mit seinem Höhepunkt 1938 in der sogenannten Reichskristallnacht") zu einem als "wissenschaftlich" verstandenen Antisemitismus mit seinem Höhepunkt im Holocaust. Bemerkenswert ist die Darstellung der Schwierigkeiten, die die Nazi-Ideologen hatten, als sie während des Zweiten Weltkrieges für die Kriegsindustrie ausländische Arbeitskräfte benötigten, gleichzeitig aber "die deutsche Rasse rein halten" wollten. Und deutlich wird, wie sich im Kriege eine gewisse (amtlich geschürte) Angst in der deutschen Bevölkerung gegenüber den vielen ausländischen Zwangsarbeitern mit einer Lethargie gegenüber deren Unterdrückung und Vernichtung verband.

Kritisch, da als zu restriktiv, sieht der Autor die deutschen Verfahren für Wiedergutmachung an den im Zweiten Weltkrieg zur Arbeit in Deutschland gezwungenen Ausländern und die einschlägige, das Unrecht und die Grausamkeiten häufig minimierende Rechtsprechung (für die er Beispiele gibt). Er findet es beunruhigend, daß hier nur "gezahlt wurde, damit endlich Ruhe gegeben wird, ohne den Gegenstand der Forderung selbst öffentlich und nachdenklich zu debattieren".

Angesichts der Bedeutung des Themas und dessen, was der Autor zu ihm zu sagen hat, hätte man sich statt einer Aufsatzsammlung ein systematisches Werk gewünscht. Denn zuzustimmen ist dem Fazit des Autors zur Rezeption des Nationalsozialismus in Deutschland: "Mit dem zunehmenden Abstand von diesem Berg an Geschichte wird seine Größe erst sichtbar, und vieles, was wir heute als spezifisch nationalsozialistisch ansehen, galt vordem als solches nicht, wie die Verfolgung der sogenannten ,Asozialen', der ,Zigeuner' . . ., oder auch die Heranziehung von Millionen ausländischer Zwangsarbeiter. Die ,Vergangenheitsbewältigung' in Deutschland war und ist also ein Prozeß der kontinuierlichen Selbstvergewisserung über die fortwirkenden Traditionen der NS-Vergangenheit, deren Ausmaß und Gestalt sich nur schrittweise erschließen." HANS ARNOLD

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