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Reisen - was bis vor kurzem noch selbstverständlich war und unbedingt dazugehörte, war seit dem Frühjahr 2020 auf einmal so weit weg. Daher machten sich 25 deutschsprachige Autor_innen auf den Weg - und wir können mit ihnen reisen. Ob erinnerte Reisen, Fantasiereisen, Zeitreisen oder Reisen durch das eigene Zimmer - es sind ganz besondere Postkarten, die wir von ihnen erhalten, anregende, beglückende, gegen den Strich gebürstete, befreiende. Wir reisen mit Weltatlas und Lupe, gehen durch Grenzgebiete und manchmal Wände. Oder verlieren uns einfach Zuhause.
25 namhafte Autorinnen und Autoren
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Produktbeschreibung
Reisen - was bis vor kurzem noch selbstverständlich war und unbedingt dazugehörte, war seit dem Frühjahr 2020 auf einmal so weit weg. Daher machten sich 25 deutschsprachige Autor_innen auf den Weg - und wir können mit ihnen reisen. Ob erinnerte Reisen, Fantasiereisen, Zeitreisen oder Reisen durch das eigene Zimmer - es sind ganz besondere Postkarten, die wir von ihnen erhalten, anregende, beglückende, gegen den Strich gebürstete, befreiende. Wir reisen mit Weltatlas und Lupe, gehen durch Grenzgebiete und manchmal Wände. Oder verlieren uns einfach Zuhause.

25 namhafte Autorinnen und Autoren der deutschen Gegenwartsliteratur haben für dieses Buch so unterschiedliche wie großartige Reisen zu Papier gebracht

So schildert Lutz Seiler in seiner Erzählung "Exit" den Versuch einer Familienzusammenführung in Hoch-Corona-Zeiten. Nachrichten über Checkpoints und von vereitelten "Grenzdurchbrüchen" wecken im Autor unweigerlich Erinnerungen, doch in Sachen Chaos- und Katastrophenkompetenz ist der Ostdeutsche geschult. Und so schmiert der Autor fünf Doppelstullen und macht sich auf die Reise nach Schweden.

Terézia Mora, Büchnerpreisträgerin 2018, hat eine poetische Wegbeschreibung verfasst, die am letzten Haus eines Ortes in Österreich beginnt und ein kleines, weißes Haus in Ungarn zum Ziel hat. Eine Reise durch Grenzgebiete, über eine Staatsgrenze, einmal buchstäblich durch eine Wand. Eine flirrende Anspannung liegt über allem, obwohl es durch eine vertraute Landschaft geht, vorbei an Schafgarbe, Schmetterlingen, versteinerten Schnecken.

Christoph Peters beschreibt in "Plastikkanister" eine Fahrt durch die ägyptische Provinz, entlang von sichtbaren und unsichtbaren Grenzen. Soldaten mit Maschinengewehren säumen den Weg, Wasserbüffel, Wracks und Wüstensand, hin und wieder die Umrisse von Pyramiden am Horizont. Im Auto drei Menschen: der Fahrer, die Übersetzerin und ein deutscher Wissenschaftler. So unterschiedlich die drei Insassen auch sein mögen, eine Frage beschäftigt sie alle: Die Tanknadel sinkt immer weiter, doch nirgends gibt es Benzin - werden sie es bis nach Kairo schaffen?

Diese und eine Auswahl von über zwanzig weiteren Geschichten, die auf dem ARD-Radiofestival 2020 vorgetragen wurden, führen uns vom Sofa aus in alle Welt. Neben Terézia Mora, Lutz Seiler und Christoph Petes haben auch Cihan Acar, Marica Bodrozic, Nora Bossong, Hans Christoph Buch, Helga Bürster, Kenah Cusanit, Yannic Han Biao Federer, Gunther Geltinger, Hans Gerhard, Verena Güntner, Anna Katharina Hahn, Yael Inokai, Lisa Kreißler, Judith Kuckart, Nele Pollatschek, Kerstin Preiwuß, Jaroslav Rudis, Jochen Schimmang, Kerstin Specht, Jackie Thomae, Julia Trompeter und Christine Wunnicke ihre realen oder fiktiven Reisen zu dieser ungewöhnlichen Anthologie beigetragen.

Autorenporträt
Hesse, HannaHanna Hesse, geboren 1984 und aufgewachsen in Oxford und Berlin, studierte Germanistik und Geschichte in Freiburg. Nach Stationen in der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik und im Verlagwesen lebt sie als Redakteurin und Übersetzerin aus dem Englischen in München.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.03.2021

Unter einem
neuen Himmel
Eine Anthologie übers Reisen: Wie
es war, sein könnte und eh nie ist
„Der Mann hielt seine Bild-Zeitung so, dass Richard die Schlagzeile auf der ersten Seite erkennen konnte: Corona ist k.o. – Doch jetzt rollt die Terrorwelle!“ Auch im postpandemischen Familienurlaub wartet also kein Happy End. Cihan Acar gönnt seinem Protagonisten in der Geschichte „Grand Bliss Resort“ stattdessen eine sonnenbeschienene Ehekrise in künstlicher Idylle. Derweil sieht sich Ines in Christine Wunnickes Story „Wie Urlaub“ plötzlich „in einem renovierten Altbau in einer mittelgroßen Stadt“ von zwei Nachbarn gebeten, deren Wohnungen zu hüten, während sie nach Portugal und Ungarn fahren. „Vor einigen Jahren war behördlich empfohlen worden, auf Reisen zu verzichten; streng genommen gehörten dazu auch Wege in der Stadt. Anders als die meisten folgte Ines der Order bis heute, da sie ihr vernünftig erschien.“ Geradezu ein Abenteuer also für Ines, nebenan die Pflanzen zu gießen – Auftakt einer absurd-komischen Alltagsflucht.
Zwei der Episoden, die in „Ansichtskarten. 25 Geschichten über das Reisen“ zu lesen sind, einem mosaikhaften Buch mit einer wunderbaren Mischung der Autorinnen und Autoren. Entsprechend unterschiedlich blitzt auch das Weltereignis Corona in den Kapiteln durch.
Kerstin Spechts „Pipo tanzt“ etwa erzählt Fragmente einer Fernbeziehung, bis „sie“ an einem Junitag den Himmel über ihrem Garten ganz neu wahrnimmt: „Er ist blau und rein. Er sieht erholt aus. (...) Keine Kondensstreifen, aber auch keine Weite mehr zur Verfügung. Die Welt im Kleinen suchen, in der Nähe.“ Auch Marica Bodrožić beschreibt in „Das befristete Dasein der Gleichgültigen“ einen ungekannten Anblick: „Die Sonne ist jetzt sehr stark, weil die Flugzeuge ihr die Sicht nicht mehr verdecken.“
In Lutz Seilers „Exit“ wird das Drama konkreter, als er als „Reisender in Liebe“ im April 2020 versucht, sich zu seiner Frau nach Stockholm durchzuschlagen. Sein Ton schwankt zwischen tiefem Staunen, dem Gefühl, nicht mehr zu verstehen, was eigentlich geschieht, „draußen im Leben, in der Pandemie“, und leisem Sarkasmus, geschmückt mit Wörtern wie „Chaoskompetenz“ und „Maskenglück“.
In Julia Trompeters „Ein schwarzes Meer“ sieht sich die Erzählerin als Corona-Variante von Spitzwegs „Armem Poeten“, eine junge Mutter auf einem Balkon anstatt des ältlichen Mannes in der Dachkammer. „,Wo ist Mama?‘, wird der Kleine fragen, (…) ,Mama ist im Urlaub‘, wird Ernesto sagen, ,lass sie noch ein bisschen, ja?‘“ Und so springen in dieser eroberten Zeit die Erinnerungen zwischen allen möglichen Reisen. Fast ungläubig ist die arme Poetin, jemals dieser Mensch gewesen zu sein, der in der Welt war, spontan, frei, abenteuerlustig – nun, da sie dem geliebten Kind im Lockdown jede Minute fürs Nachdenken und Schreiben abringen muss. In Verena Güntners „Aneta“ geht es ebenfalls um das Reisen als Vergangenheit, um einen Griechenland-Trip, denn „die vielen Tage drinnen dehnen sich, spannen den Bogen zu dem, was war und einmal möglich schien, immer weiter auf“.
Doch die „Ansichtskarten“ sind keine reine Corona-Literatur. „Heimkehr eines Badegastes“ oder „Partisanenhaus“ brauchen für ihre Tragik kein Virus. Und die Herausgeberin Hanna Hesse gönnt den Lesenden auch Fluchten. Etwa Terézia Moras poetische Wegbeschreibung „Wie du gehen musst“ durch eine sommerliche Landschaft zwischen Österreich und Ungarn, in der sich Fantasie, Erdgeschichte und Alltagsszenen mischen.
Ein herzzerreißender Triest-Trip mit einem alten „Baedeker“ in der Nebenrolle, die Nostalgie eines nie erlebten Interrail-Flirts und ein Hipsterstreit um die Authentizität vermeintlich südafrikanischer Souvenirlöffel finden ebenso Platz. So führen diese „Ansichtskarten“ tatsächlich auf eine unvorhersehbare Reise. Die Erzählungen wurden zunächst als Hörstücke beim ARD-Radiofestival veröffentlicht. Als Buch nun könnte man sie sich gut als Urlaubslektüre einpacken. Bald, irgendwann.
IRENE HELMES
„Die Sonne ist jetzt sehr stark,
weil die Flugzeuge ihr die Sicht
nicht mehr verdecken.“
Hanna Hesse (Hrsg.):
Ansichtskarten.
25 Geschichten
über das Reisen.
Knesebeck Verlag,
München 2021.
352 Seiten, 25 Euro.

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Es gibt eine Menge Corona-Geschichten in dieser Anthologie, findet Rezensentin Irene Helmes, aber gottlob nicht nur. Selbst diese sind noch unterschiedlich genug, meint sie, und die schriftstellerischen Beobachtungen in der Natur und in sozialen Beziehungen, ob in Griechenland oder Triest, ob bei Eltern und Kinder oder Ehepartnern, variieren heftig. Jedenfalls aber scheint das Thema "Reisen als Vergangenheit" immer durch - und das sollte, so die dem Reisen und diesem Bändchen gewogene Kritikerin, doch möglichst bald ein Ende finden und das Reisen wieder Gegenwart werden.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Ein mosaikhaftes Buch mit einer wunderbaren Mischung der Autorinnen und Autoren. [...] So führen diese "Ansichtskarten" auf eine unvorhersehbare Reise. [...] Als Buch könnte man sie sich gut als Urlaubslektüre einpacken. Bald, irgendwann.«
Irene Helmes, Süddeutsche Zeitung