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The conflict between National Socialism and Ernst Barlach, one of the most important sculptors of the twentieth century, is an unusual episode in the history of Hitler's efforts to rid Germany of 'international modernism'. Barlach did not passively accept the confiscation and destruction of his sculptures. He protested the injustice, and continued his work. Hitler's rejection of modernism, often dismissed as absurd ranting, is instead interpreted as an internally consistent and politically effective critique of liberal Western culture. That some radical national socialists nevertheless…mehr

Produktbeschreibung
The conflict between National Socialism and Ernst Barlach, one of the most important sculptors of the twentieth century, is an unusual episode in the history of Hitler's efforts to rid Germany of 'international modernism'. Barlach did not passively accept the confiscation and destruction of his sculptures. He protested the injustice, and continued his work. Hitler's rejection of modernism, often dismissed as absurd ranting, is instead interpreted as an internally consistent and politically effective critique of liberal Western culture. That some radical national socialists nevertheless advocated a 'Nordic modernism' and tried to win Barlach over indicates the cultural cross-currents running through the early years of the Third Reich. Peter Paret's closely focused study of an artist in a time of crisis seamlessly combines the history of modern Germany and the history of modern art.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.06.2004

Kunst im Spinnennetz der Politik
Peter Paret zeigt Ernst Barlach als Testfall der Nationalsozialisten

Lange Jahre stand im Kunstmuseum der Harvard University Ernst Barlachs kleine Skulptur "Der Rächer" (1914) in der Mitte eines Raumes voller Bilder des deutschen Expressionismus. Im Durchblick aus anderen Galerien sah man schon von weitem den rasenden Mann, der, ein Schwert in beiden Händen, in fliegender Hast die Luft durchschnitt. Man konnte um den Rächer herumgehen und im Umschreiten aus den Augenwinkeln die wilde Farbsymphonie der Bilder von Kirchner und Heckel, von Schmidt-Rotluff und Nolde wahrnehmen.

Kürzlich wurden die Galerien umgestaltet und der "Rächer" in eine Ecke des Raumes gestellt, um den Blick auf ein großes Triptychon von Erich Heckel freizugeben. Die neue Randstellung der Barlach-Skulptur entspricht wohl auch eher Barlachs Verhältnis zum deutschen Expressionismus, dessen kritische Reaktion auf den Ersten Weltkrieg er teilte, dessen revolutionäres Pathos und dessen Aggressivität ihm jedoch fremd waren. Das breite Spektrum der Ironien, das Barlachs Verhältnis zur deutschen Kunst und seine Anfeindung als undeutscher Künstler während der Nazizeit umgibt, wird nun in einem hervorragenden Buch von Peter Paret, Emeritus des Institute for Advanced Study der Princeton University, aufgefächert.

Paret ist es weniger um Barlachs ästhetische Entwicklung und stetig bedrängender werdende soziale Situation in den Jahren von 1933 bis zu seinem Tod im Oktober 1938 zu tun, als vielmehr um eine Darstellung der allmählichen Ausformulierung der nazistischen Kunstpolitik, für die Barlach ein wichtiger Testfall war. Denn einerseits schuf Barlach in seiner mecklenburgischen Abgeschiedenheit Skulpturen, deren formale Eleganz und emotionale Konzentriertheit auf die Skulpturenkunst des deutschen Mittelalters verweisen. In einigen Werken steht Barlach gar der deutschen Volkskunst nahe. Andererseits ist er, insbesondere in seinem graphischen Werk, ganz klar ein Künstler des Expressionismus. Würde die Mühelosigkeit, mit der Barlachs Werke sich zur Tradition der deutschen Kunst in Beziehung setzen ließe, es den Nazi-Ideologen erlauben, ihm seine essentielle Modernität zu vergeben?

Wenn überhaupt, so bot sich doch den Nationalsozialisten in Barlachs Werk die Chance einer Akkommodation mit der Moderne. Sie fand nicht statt. Dabei war Barlachs Startposition gut gewesen. Im August 1924 notierte Goebbels in sein Tagebuch, daß Barlachs "Berserker" ihn gepackt hatte. Doch im Spinnennetz der nazistischen Machtpolitik opferte Goebbels seine Vorlieben stets der Pragmatik der Machtpolitik oder den Vorlieben Hitlers.

Mit undramatischer Klarheit stellt Paret die Entwicklung der nazistischen Kunstpolitik dar, der aufgrund von Hitlers vagen Äußerungen über den zersetzenden internationalen Modernismus zunächst eine präzise Stoßrichtung fehlte. Paret skizziert die Einrichtung der kulturellen Instanzen des Naziregimes. Er erläutert die Rivalität zwischen Goebbels und Rosenberg. Er untersucht die Versuche mittlerer, der nazistischen Studentenbewegung entwachsenen Schergen, eine nordische Moderne zu postulieren, der Heckel, Schmidt-Rotluff, Nolde und Barlach angehören sollten. Und er erklärt das Scheitern dieses Versuches unter dem Druck von Hitlers wachsender Intoleranz gegenüber jeglicher Modernität.

Es war Goebbels schließlich, der im März 1936 Barlachs neues Buch mit sechsundfünfzig Zeichnungen konfiszieren ließ. Aber es waren die Schergen der mittleren Ränge, die verkrachten Kunststudenten und mecklenburgischen Beamten, die Barlach das Leben besonders erschwerten. In diesen Jahren erwies sich Barlach als Mann von mutiger Sturheit. Nur einmal machte er einen Fehler, als er den Nazis 1934 zugestand, seinen Namen auf jene öffentliche Erklärung setzen zu dürfen, die Hitlers Vereinigung der Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten guthieß. Dieser Hinweis fehlt in vielen deutschen Barlach-Studien. Barlach hat seinen Fehler bedauert, aber nicht gerechtfertigt. Seinem Freund Willy Katz, der ihn rügte, antwortete er mit den Worten von Pilatus: "Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben."

Es ist das große Verdienst von Peter Parets Studie, Ernst Barlachs bescheidene, introspektive Menschlichkeit zwischen den erbarmungslosen Mühlsteinen der zugreifenden Ideologie einerseits und ihrer kleinbürgerlich fanatischen Exekution andererseits klar aufscheinen zu lassen.

SUSANNE KLINGENSTEIN

Peter Paret: "An Artist against the Third Reich: Ernst Barlach, 1933 - 1938". Cambridge University Press, Cambridge 2003. 191 S., 38 S/W-Abb., geb., 35,- $.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.07.2004

Der Kunstnapoleon und der Einsame von Güstrow
Neues über die Kunsthändler und Verleger Paul und Bruno Cassirer und über Ernst Barlach im Dritten Reich
Ausstellungen gehen und die Erinnerung daran schwindet. Kataloge bleiben und beschweren das Regal mit Kunstdruckpapier. Unter Termindruck produziert, mit schnellen Aufsätzen garniert, haben sich viel Kunstkataloge vom Buch wie von der Wissenschaft gleichermaßen entfernt und sind nur noch Bildband. Um so auffallender, wenn eine Ausstellung an entlegenem Ort einen Katalog zeitigt, der nach Ausstattung und Inhalt den Namen Buch verdient. Ein solch herausragend schönes Buch hat die Ernst Barlach Stiftung Güstrow dem Kunsthändler und Verleger Paul Cassirer gewidmet. Dem Berliner Kunsthändler und Verleger, der sich selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten nach dem ersten Weltkrieg um „vollständige Friedensausstattung” seiner Editionen bemühte und damit seinen Büchern und Mappenwerken, wie der Kritiker Karl Scheffler feststellte, eine „kleine Unsterblichkeit” sicherte, diesem Bibliophilen also einen üblichen Katalog zu widmen, wäre eine Beleidigung gewesen. So besticht der Katalog „Berlin SW-Victoriastraße 35” mit festem, glatt bezogenem Kartoneinband, elegantem Vorsatz nach historischem Vorbild, festem griffigem Papier und klarem Satzspiegel. Fadenheftung ist selbstverständlich, der bedruckte Pergamentumschlag schützt, informiert und schmückt. (Gestaltung Britta Mathhies).
Die im letzten Herbst im Ausstellungsforum und Graphikkabinett der Ernst Barlach Stiftung Güstrow gezeigte Schau war die erste über Paul Cassirer. Das Buch reiht sich ein in die jüngere Forschungsliteratur über Kunsthändler und Sammler der Moderne in Deutschland. Es bietet ein facettenreiches Bild des Mäzens, Verlegers, Publizisten, Politikers, Erziehers und Kaufmanns. In allen Aufsätzen wird die „vielfach verknotete und geschichtete Wesenheit” (Barlach) des streitbaren „Kunstnapoleons aus der Victoriastraße” (Walden) ausgelotet. Der zusammen mit seinem Cousin Bruno 1898 gegründete, von Henry van de Velde eingerichtete Kunstsalon war nichts weniger als die Keimzelle der Kunststadt Berlin. Durch einen Vertrag mit dem Pariser Händler Durand-Ruel und Verbindungen zu Bernheim Jeune, war es Bruno Cassirer möglich, französische Impressionisten in reicher Auswahl, aber auch den gänzlich unbekannten van Gogh in Berlin zu präsentieren. Bald hieß es, die deutschen Händler und die Museumsdirektoren hätten die Preise der Impressionisten in die Höhe getrieben. Der Liebermann-Streit 1910, wie auch der so genannte „Künstlerstreit” um van Goghs Mohnfeld, das 1911 für 30 000 Mark an die Bremer Kunsthalle ging, sind bekannt. Der von dem Worpsweder Maler Carl Vinen initiierte „Protest deutscher Künstler” lieferte noch Jahre später Stoff für nationalsozialistische Diffamierungen des Cassirer-Kreises.
Von besonderem Interesse sind die Recherchen von Carsten Meyer-Tönnesmann zu Cassirers Hamburger Dependance, die 1903 eröffnet und 1907 bereits wieder geschlossen wurde. Grund für das Scheitern: Kunsthallendirektor Lichtwark, sonst häufig gesehener Gast in der Berliner Galerie, duldete keinen neuen Kunsterzieher neben sich. - Die besondere Förderung autonomer Bildhauerei nimmt Ursel Berger unter die Lupe, wobei die unterschiedliche Vertragsgestaltung mehr als aufschlussreich ist. Ähnlich Bernheim jeune wusste Cassirer Künstler wie August Gaul und Ernst Barlach durch ein Jahresfixum existentiell abzusichern aber auch an sich zu binden. Bei Barlach, der nur langsam arbeitete, ein Wagnis. Schließlich kaufte Cassirer die wichtigsten Werke Barlachs selbst. Eva Caspers macht sich an die „Rekonstruktion einer verschütteten Geschichte” und eruiert die wichtigsten Sammler Barlachs, die meist während der Weltwirtschaftskrise oder vor der Emigration ihre Schätze wieder verkaufen mussten. Rahel E. Feilchenfeldt widmet dem zeitweiligen Verlagsleiter und Stellvertreter Cassirers, Leo Kestenberg, ein einfühlsames Portrait. Ausführlich werden das Kunstbuch-, Zeitschriften- und Belletristikprogramm beleuchtet. Einen besonderen Schwerpunkt bildet das Engagement Cassirers für den Schriftsteller Barlach, dessen erster Verleger er war. So verbindet das schöne Ausstellungsbuch wissenschaftlich Neues, historisch Interessantes und bibliophil Begehrenswertes in einer eindrucksvollen Zusammenschau.
Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Peter Paret, der im Katalog mit einem feinsinnigen Aufsatz zur schwierigen Freundschaft zwischen Cassirer und Barlach vertreten ist, bei der Cambridge University Press einen kleinen Band mit dem Titel „An Artist against the Third Reich, Ernst Barlach 1933-1939” veröffentlicht hat. Auch wenn der Titel in Kombination mit der Abbildung der 1910 geschaffenen Figur des Berserkers befremdet, weil aktiver Widerstand nachweisbar nicht die Sache des Einsamen von Güstrow war, so ist die Rekapitulation der Umstände, unter denen Barlachs Kunst zum Politikum und zögerlich von den Nationalsozialisten als „entartet” abgestempelt wurde, durchaus lesenswert.
Paret erläutert, wie die Mahnmale mit ihrer unheldischen Haltung die Nationalsozialisten zunächst in Mecklenburg, dann auch in Berlin provozierten. Auch wenn Barlach sich als unpolitischer Künstler fühlte, seine Denkmale wirkten im öffentlichen Raum als politische Aussage. Totenmale ohne Heldengedenken, das widersprach dem neuen Totenkult. Einsame, in sich gekehrte, Gestalten entsagten dem neuen Kollektivzwang. Das Allgemeinmenschliche galt als politischer Affront. Paret zeigt, wie die zunächst „opake” und widersprüchliche Kunstpolitik der Nazis sich 1935 zu einer Doktrin verfestigte. Barlach erscheint in diesem Prozess als tragischer Fall. Hatte nicht Cassirer an dem „allzu deutschen Wesen” von Barlachs Figuren mitunter Anstand genommen? Nun schien er den Ideologen deutscher Art und Kunst „innerlich fremd”.
IRA MAZZONI
Berlin SW-Victoriastraße 35. Ernst Barlach und die Klassische Moderne im Kunstsalon und Verlag Paul Cassirer. Ernst Barlach Stiftung, Güstrow 2003, 311 Seiten mit zahlr. Abb., 25 Euro.
PETER PARET: An Artist against the Third Reich. Ernst Barlach 1933-1938. Cambridge UP, Cambridge 2004. 191 Seiten, 35 Dollar.
Ernst Barlach: „Pieta” (1932)
Abb. aus dem Band von Peter Paret
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'In this fine study of the artist in the Third Reich, Peter Paret reminds us that modern populist dictatorships like the Nazi regime do not want mere political passiveness and acquiescence, rather they crave participation and acclamation.' Christopher R. Browning, University of North Carolina, Chapel Hill