
Omar El Akkad
Gebundenes Buch
American War (Restauflage)
Roman
Übersetzung: Allié, Manfred; Kempf-Allié, Gabriele
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"American War" - das Buch der Stunde. "Ein gewaltiger Roman", schreibt die renommierteste Literaturkritikerin der USA, Michiko Kakutani. Ein Roman über den nächsten amerikanischen Bürgerkrieg und das dramatische Schicksal einer Familie. Was wird sein, wenn die erschütternde Realität der Gegenwart - Drohnenangriffe, Folter, Selbstmordattentate und die Folgen von Umweltkatastrophen - mit aller Gewalt in die USA zurückkehrt? Vor diesem Hintergrund entfaltet Omar El Akkad mit großer erzählerischer Kraft den dramatischen Kampf der jungen Sarat Chestnut, die beschließt, mit allen Mitteln fÃ...
"American War" - das Buch der Stunde. "Ein gewaltiger Roman", schreibt die renommierteste Literaturkritikerin der USA, Michiko Kakutani. Ein Roman über den nächsten amerikanischen Bürgerkrieg und das dramatische Schicksal einer Familie. Was wird sein, wenn die erschütternde Realität der Gegenwart - Drohnenangriffe, Folter, Selbstmordattentate und die Folgen von Umweltkatastrophen - mit aller Gewalt in die USA zurückkehrt? Vor diesem Hintergrund entfaltet Omar El Akkad mit großer erzählerischer Kraft den dramatischen Kampf der jungen Sarat Chestnut, die beschließt, mit allen Mitteln für das Überleben zu kämpfen. "American War" ist in den USA ein literarisches Ereignis, das schon jetzt mit Cormac McCarthy "Die Straße" und Philip Roth "Verschwörung gegen Amerika" verglichen wird.
Omar El Akkad war Kind, als seine Eltern Ägypten verließen und nach Kanada auswanderten. Der Journalist reist rund um die Welt, um über den Krieg in Afghanistan, die Prozesse in Guantanamo, die Black Lives Matter Bewegung in Ferguson zu berichten. Omar El Akkad lebt mit seiner Familie in Portland, Oregon. »American War« ist sein erster Roman.
Manfred Allié, geboren 1955 in Marburg, übersetzt seit über dreißig Jahren Literatur. 2006 wurde er mit dem Helmut-M.-Braem-Preis ausgezeichnet. Neben Werken von Jane Austen, Joseph Conrad und Patrick Leigh Fermor übertrug er unter anderem Romane von Yann Martel, Richard Powers, Joseph O'Connor, Reif Larsen und Patricia Highsmith ins Deutsche. Er lebt in der Eifel.
Manfred Allié, geboren 1955 in Marburg, übersetzt seit über dreißig Jahren Literatur. 2006 wurde er mit dem Helmut-M.-Braem-Preis ausgezeichnet. Neben Werken von Jane Austen, Joseph Conrad und Patrick Leigh Fermor übertrug er unter anderem Romane von Yann Martel, Richard Powers, Joseph O'Connor, Reif Larsen und Patricia Highsmith ins Deutsche. Er lebt in der Eifel.
Produktdetails
- Verlag: S. Fischer Verlag GmbH
- Artikelnr. des Verlages: 1022351
- 2. Aufl.
- Seitenzahl: 448
- Erscheinungstermin: 25. Juli 2017
- Deutsch
- Abmessung: 224mm x 154mm x 41mm
- Gewicht: 665g
- ISBN-13: 9783103973198
- ISBN-10: 3103973195
- Artikelnr.: 47966067
Herstellerkennzeichnung
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Kai Sina hält Omar El Akkads apokalyptisch-dystopischen Debütroman für das Buch zur Zeit. Gerade die Holzhammermethode des Autors, der laut Sina reißerisch und ohne allzu große Beachtung der Schlüssigkeit seines Textes vorgeht und sämtliche Großprobleme unseres Planeten anpackt, vom Terror bis zum Klimawandel, scheint dem Rezensenten angezeigt, um die heutige Realität engagiert anzuprangern. Den Worst-Case eines inneramerikanischen Bürgerkriegs mit dem Nahen Osten als neuer Weltpolizei kann ihm El Akkad als bösen Scherz verkaufen, so simpel wie effektvoll inszeniert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Unsere Dystopie ist ihre Realität
Omar El Akkads packender Roman "American War" bedient sich einer recht avancierten Holzhammertechnik. Vielleicht ist es genau dafür an der Zeit?
Wer das Leben mit sehr kleinen Kindern kennt, dem sind solche Träume vielleicht bekannt: Man stürzt, das eigene Baby auf dem Arm, eine steile Treppe hinab. Oder: Das Kind fällt ins tiefe Wasser, sinkt wie ein Stein, man versucht es zu ergreifen, bekommt es aber nicht mehr zu fassen. Vermutlich haben diese schwer ertragbaren Träume eine konkrete, vielleicht sogar anthropologisch erklärbare Funktion: Sie schärfen das Gefahrenbewusstsein, dienen also der Vermeidung tatsächlicher Risikosituationen.
Diesen Träumen entspricht im Bereich
Omar El Akkads packender Roman "American War" bedient sich einer recht avancierten Holzhammertechnik. Vielleicht ist es genau dafür an der Zeit?
Wer das Leben mit sehr kleinen Kindern kennt, dem sind solche Träume vielleicht bekannt: Man stürzt, das eigene Baby auf dem Arm, eine steile Treppe hinab. Oder: Das Kind fällt ins tiefe Wasser, sinkt wie ein Stein, man versucht es zu ergreifen, bekommt es aber nicht mehr zu fassen. Vermutlich haben diese schwer ertragbaren Träume eine konkrete, vielleicht sogar anthropologisch erklärbare Funktion: Sie schärfen das Gefahrenbewusstsein, dienen also der Vermeidung tatsächlicher Risikosituationen.
Diesen Träumen entspricht im Bereich
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der Literatur das Genre der Dystopie, also jener pessimistischen bis apokalyptischen Zukunftsentwürfe, die im Zuge der Klimakatastrophe und der radikalen Verschiebung des politischen Koordinatensystems derzeit eine bemerkenswerte Renaissance erleben. Dass George Orwells Klassiker "1984" nach der Wahl Donald Trumps erneut an die Spitzen der Beststellerlisten drang, ist dafür nur ein Indikator.
Ein anderer ist das große Aufsehen, das der ägyptisch-amerikanische Journalist Omar El Akkad mit seinem Debütroman "American War" in den Vereinigten Staaten erregte: Nahezu sämtliche Großprobleme unserer Gegenwart - vom Klimawandel über den Terrorismus und die Gefahr durch hochentwickelte Massenvernichtungswaffen bis zum Versiegen der fossilen Ressourcen - werden in ihm aufgegriffen und hochgerechnet ins ausgehende 21. Jahrhundert.
Herausgekommen ist ein literarisches Worst-Case-Szenario. Im Jahr 2075 sind weite Teile der amerikanischen Küstengebiete überflutet. Aufgrund klimapolitischer Verwerfungen liegen die "roten" Südstaaten in einem verheerenden Bürgerkrieg mit dem "blauen" Norden. South Carolina ist durch eine streng bewachte Mauer von der Außenwelt abgeschottet: Infolge biochemischer Angriffe geht von seinen Einwohnern auf unabsehbare Zeit eine tödliche Ansteckungsgefahr aus. Über dem Süden kreisen Drohnen und werfen willkürlich ihre Bombenfracht ab - die Computer der Nordstaaten-Armee haben die Kontrolle über das Hightech-Waffengerät längst verloren. Geschildert wird eine Welt, die geprägt ist von Armut und Korruption, Massakern und Milizen, Flüchtlingscamps, Foltergefängnissen und Hilfstransporten. Hinzu kommen eine unerträgliche Hitze, verdrecktes Wasser und allgegenwärtiger Schlamm.
Die Bilder, die sich bei der Lektüre dieser Schilderungen vor dem inneren Auge einstellen, sind uns nur allzu vertraut, und als Kriegsreporter in Afghanistan und Beobachter der Prozesse in Guantánamo kennt Akkad sie aus eigener Anschauung. In seinem Roman vollzieht er allerdings eine konsequente Inversion dieses kollektiven Bildarsenals: Im Jahr 2075 sind die sezessionistischen amerikanischen Südstaaten ein riesiges Kriegs- und Mangelgebiet, dessen leidende Bevölkerung auf lebensnotwendige Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist, um nur das alltägliche Existenzminimum sicherzustellen.
Unerlässlich ist vor allem die Unterstützung durch das wohlhabende Bouazizi-Reich, das sich aus den heutigen Krisenländern des Nahen und Mittleren Ostens zusammensetzt und nunmehr als "Gravitationszentrum" einer neuen Weltordnung dasteht. Die "armseligen, kleinen Boote, die vom europäischen Ufer herüber nach Süden kommen" und an der Küste vor "Neu-Algier" anlanden, bezeugen dies auf dramatische Weise. Es wirkt daher wie ein böser Scherz, wenn Akkad den Präsidenten der Bouazizi-Union eine Rede an der Ohio State University im Jahr 2081 halten lässt, in der er verkündet, seine Regierung habe "keinerlei Absicht, anderen Nationen ihren Willen aufzuzwingen", denn: "Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Schwierigkeiten, vor denen ihr Land steht, am Ende von den Menschen ausgeräumt werden, die dieses Land ihre Heimat nennen." Erst jüngst hat der gegenwärtige amerikanische Präsident verkündet, in Afghanistan fortan kein "nation building" mehr betreiben zu wollen. Sein Argument: "Am Ende ist es am afghanischen Volk, seine Zukunft in die Hand zu nehmen, seine Gesellschaft zu regieren und einen unbefristeten Frieden zu erzielen." Akkads dystopische Umkehrung eines solchen weltpolitischen Agierens ist ebenso simpel wie effektvoll.
Im Mittelpunkt des Romans steht die durch den Krieg schwer getroffene Familie Chestnut aus Louisiana, vor allem deren Tochter Sarat, die im Handlungsverlauf von einem ebenso intelligenten wie wagemutigen Mädchen zu einer militanten Kämpferin heranwächst. Die von ihr weitgehend in Eigenregie geplanten Aktionen nehmen entscheidenden Einfluss auf den Kriegsverlauf: Ihr tödlicher Sniper-Angriff auf einen hochrangigen Militär des Nordens führt zu einer mörderischen Racheaktion, in deren Folge Sarat festgenommen und in ein Folterlager verbracht wird (die Schilderung der mehrtägigen Licht- und Klangfolter wie auch des Waterboardings sind äußerst detailliert); nach Kriegsende und der Wiedervereinigung von Nord- und Südstaaten, in der sie nichts als Verrat und Lüge erkennt, verbreitet sie einen hochansteckenden Seuchenerreger und tötet dadurch mehr als 100 Millionen Menschen.
Erzählt wird von alldem aus der Rückschau des beginnenden 22. Jahrhunderts, und zwar von Sarats Neffen Benjamin, der sich als Historiker der Erforschung des Zweiten Amerikanischen Bürgerkriegs verschrieben hat: "Mit verbissener Hartnäckigkeit jagte ich jedem Dokument nach, durchforschte jedes längst vergessene Archiv, hielt die Aussage jedes Überlebenden fest." Die Arbeit an der amerikanischen Geschichte ist für Benjamin zugleich die Arbeit an der eigenen Familiengeschichte: Nachdem seine tief verstörte Tante die Folterhaft verlassen hatte, lebte sie zunächst in einer schäbigen Hütte im Garten ihres Bruders. Allein ihrem Neffen gegenüber öffnete sich die völlig in sich gekehrte Frau und auch dies nur in sehr kleinen, vorsichtigen Schritten. Erst in ihrem Abschiedsbrief, den die spätere Attentäterin für Benjamin hinterlegte, nachdem sie ihn ins alaskische Exil hat schaffen lassen, ist ausdrücklich von Liebe die Rede: "Ich habe dich geliebt." Die eigene Tante als Massenmörderin: Dies ist das Lebensthema, mit dem der Historiker ebenso wenig fertig werden kann wie der Neffe, und das schlägt sich auch in der Erzählweise dieses fingierten historischen Romans nieder, der den Leser in einen vergleichbaren Zwiespalt von Sympathie und Schrecken versetzt.
In Analogie zu jenen elterlichen Prophylaxe-Träumen malt "American War" in höchst plastischen Bildern aus, was sich der westlichen Imaginationskraft als konkretes Gesamtbild noch weitgehend entzieht: die verheerenden Konsequenzen der steigenden Meeresspiegel, die drohenden Konflikte durch knapper werdende Energieressourcen, die tödlichen Risiken computerisierter Waffensysteme - und so fort. Die eigentliche Pointe dieses Romans aber besteht darin: Unsere dystopische Imagination ist für andere schon heute Realität, weshalb Akkad für eine entschiedene Haltung der Nichtarroganz plädiert.
Ein derart klares Engagement ist in der Literatur heute ziemlich aus der Mode gekommen. Und tatsächlich mag einem einiges in diesem Roman etwas zu apokalyptisch, zu reißerisch, zum Teil auch wenig schlüssig erscheinen. "American War" macht es seinen Kritikern da ziemlich leicht. Aber möglicherweise liegt gerade in der avancierten Holzhammertechnik dieses literarischen Blockbusters die einzig angemessene Reaktion auf die grotesken politischen Debatten in den Vereinigten Staaten, gerade in Bezug auf das Klimaproblem. Akkad entwirft sein albtraumhaftes Erzählbild mit äußerst kraftvollen Strichen - vielleicht ist es gerade dafür nun an der Zeit.
KAI SINA
Omar El Akkad: "American War".
Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2017. 448 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ein anderer ist das große Aufsehen, das der ägyptisch-amerikanische Journalist Omar El Akkad mit seinem Debütroman "American War" in den Vereinigten Staaten erregte: Nahezu sämtliche Großprobleme unserer Gegenwart - vom Klimawandel über den Terrorismus und die Gefahr durch hochentwickelte Massenvernichtungswaffen bis zum Versiegen der fossilen Ressourcen - werden in ihm aufgegriffen und hochgerechnet ins ausgehende 21. Jahrhundert.
Herausgekommen ist ein literarisches Worst-Case-Szenario. Im Jahr 2075 sind weite Teile der amerikanischen Küstengebiete überflutet. Aufgrund klimapolitischer Verwerfungen liegen die "roten" Südstaaten in einem verheerenden Bürgerkrieg mit dem "blauen" Norden. South Carolina ist durch eine streng bewachte Mauer von der Außenwelt abgeschottet: Infolge biochemischer Angriffe geht von seinen Einwohnern auf unabsehbare Zeit eine tödliche Ansteckungsgefahr aus. Über dem Süden kreisen Drohnen und werfen willkürlich ihre Bombenfracht ab - die Computer der Nordstaaten-Armee haben die Kontrolle über das Hightech-Waffengerät längst verloren. Geschildert wird eine Welt, die geprägt ist von Armut und Korruption, Massakern und Milizen, Flüchtlingscamps, Foltergefängnissen und Hilfstransporten. Hinzu kommen eine unerträgliche Hitze, verdrecktes Wasser und allgegenwärtiger Schlamm.
Die Bilder, die sich bei der Lektüre dieser Schilderungen vor dem inneren Auge einstellen, sind uns nur allzu vertraut, und als Kriegsreporter in Afghanistan und Beobachter der Prozesse in Guantánamo kennt Akkad sie aus eigener Anschauung. In seinem Roman vollzieht er allerdings eine konsequente Inversion dieses kollektiven Bildarsenals: Im Jahr 2075 sind die sezessionistischen amerikanischen Südstaaten ein riesiges Kriegs- und Mangelgebiet, dessen leidende Bevölkerung auf lebensnotwendige Hilfe aus dem Ausland angewiesen ist, um nur das alltägliche Existenzminimum sicherzustellen.
Unerlässlich ist vor allem die Unterstützung durch das wohlhabende Bouazizi-Reich, das sich aus den heutigen Krisenländern des Nahen und Mittleren Ostens zusammensetzt und nunmehr als "Gravitationszentrum" einer neuen Weltordnung dasteht. Die "armseligen, kleinen Boote, die vom europäischen Ufer herüber nach Süden kommen" und an der Küste vor "Neu-Algier" anlanden, bezeugen dies auf dramatische Weise. Es wirkt daher wie ein böser Scherz, wenn Akkad den Präsidenten der Bouazizi-Union eine Rede an der Ohio State University im Jahr 2081 halten lässt, in der er verkündet, seine Regierung habe "keinerlei Absicht, anderen Nationen ihren Willen aufzuzwingen", denn: "Ich denke, wir sind uns alle einig, dass die Schwierigkeiten, vor denen ihr Land steht, am Ende von den Menschen ausgeräumt werden, die dieses Land ihre Heimat nennen." Erst jüngst hat der gegenwärtige amerikanische Präsident verkündet, in Afghanistan fortan kein "nation building" mehr betreiben zu wollen. Sein Argument: "Am Ende ist es am afghanischen Volk, seine Zukunft in die Hand zu nehmen, seine Gesellschaft zu regieren und einen unbefristeten Frieden zu erzielen." Akkads dystopische Umkehrung eines solchen weltpolitischen Agierens ist ebenso simpel wie effektvoll.
Im Mittelpunkt des Romans steht die durch den Krieg schwer getroffene Familie Chestnut aus Louisiana, vor allem deren Tochter Sarat, die im Handlungsverlauf von einem ebenso intelligenten wie wagemutigen Mädchen zu einer militanten Kämpferin heranwächst. Die von ihr weitgehend in Eigenregie geplanten Aktionen nehmen entscheidenden Einfluss auf den Kriegsverlauf: Ihr tödlicher Sniper-Angriff auf einen hochrangigen Militär des Nordens führt zu einer mörderischen Racheaktion, in deren Folge Sarat festgenommen und in ein Folterlager verbracht wird (die Schilderung der mehrtägigen Licht- und Klangfolter wie auch des Waterboardings sind äußerst detailliert); nach Kriegsende und der Wiedervereinigung von Nord- und Südstaaten, in der sie nichts als Verrat und Lüge erkennt, verbreitet sie einen hochansteckenden Seuchenerreger und tötet dadurch mehr als 100 Millionen Menschen.
Erzählt wird von alldem aus der Rückschau des beginnenden 22. Jahrhunderts, und zwar von Sarats Neffen Benjamin, der sich als Historiker der Erforschung des Zweiten Amerikanischen Bürgerkriegs verschrieben hat: "Mit verbissener Hartnäckigkeit jagte ich jedem Dokument nach, durchforschte jedes längst vergessene Archiv, hielt die Aussage jedes Überlebenden fest." Die Arbeit an der amerikanischen Geschichte ist für Benjamin zugleich die Arbeit an der eigenen Familiengeschichte: Nachdem seine tief verstörte Tante die Folterhaft verlassen hatte, lebte sie zunächst in einer schäbigen Hütte im Garten ihres Bruders. Allein ihrem Neffen gegenüber öffnete sich die völlig in sich gekehrte Frau und auch dies nur in sehr kleinen, vorsichtigen Schritten. Erst in ihrem Abschiedsbrief, den die spätere Attentäterin für Benjamin hinterlegte, nachdem sie ihn ins alaskische Exil hat schaffen lassen, ist ausdrücklich von Liebe die Rede: "Ich habe dich geliebt." Die eigene Tante als Massenmörderin: Dies ist das Lebensthema, mit dem der Historiker ebenso wenig fertig werden kann wie der Neffe, und das schlägt sich auch in der Erzählweise dieses fingierten historischen Romans nieder, der den Leser in einen vergleichbaren Zwiespalt von Sympathie und Schrecken versetzt.
In Analogie zu jenen elterlichen Prophylaxe-Träumen malt "American War" in höchst plastischen Bildern aus, was sich der westlichen Imaginationskraft als konkretes Gesamtbild noch weitgehend entzieht: die verheerenden Konsequenzen der steigenden Meeresspiegel, die drohenden Konflikte durch knapper werdende Energieressourcen, die tödlichen Risiken computerisierter Waffensysteme - und so fort. Die eigentliche Pointe dieses Romans aber besteht darin: Unsere dystopische Imagination ist für andere schon heute Realität, weshalb Akkad für eine entschiedene Haltung der Nichtarroganz plädiert.
Ein derart klares Engagement ist in der Literatur heute ziemlich aus der Mode gekommen. Und tatsächlich mag einem einiges in diesem Roman etwas zu apokalyptisch, zu reißerisch, zum Teil auch wenig schlüssig erscheinen. "American War" macht es seinen Kritikern da ziemlich leicht. Aber möglicherweise liegt gerade in der avancierten Holzhammertechnik dieses literarischen Blockbusters die einzig angemessene Reaktion auf die grotesken politischen Debatten in den Vereinigten Staaten, gerade in Bezug auf das Klimaproblem. Akkad entwirft sein albtraumhaftes Erzählbild mit äußerst kraftvollen Strichen - vielleicht ist es gerade dafür nun an der Zeit.
KAI SINA
Omar El Akkad: "American War".
Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié. Verlag S. Fischer, Frankfurt am Main 2017. 448 S., geb., 24,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Akkad entwirft ein albtraumhaftes Erzählbild mit äußerst kraftvollen Strichen - vielleicht ist es gerade dafür nun an der Zeit. Kai Sina Frankfurter Allgemeine Zeitung 20170928
„Ein Roman über den nächsten amerikanischen Bürgerkrieg ...“
Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
Amerika 2075 – der Albtraum ist wahr geworden. Der Meeresspiegel steigt, Millionen von Menschen fliehen ins Landesinnere. Der zweite amerikanische …
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„Ein Roman über den nächsten amerikanischen Bürgerkrieg ...“
Inhalt, gemäß Umschlaginnenseite:
Amerika 2075 – der Albtraum ist wahr geworden. Der Meeresspiegel steigt, Millionen von Menschen fliehen ins Landesinnere. Der zweite amerikanische Bürgerkrieg spaltet das Land, die Südstaaten sind von Flüchtlingslagern übersät. In einem der Camps hat die Familie Chestnut nach dem tragischen Tod des Vaters Zuflucht gefunden. Zu Beginn des Krieges ist Tochter Sarat noch ein Kind, sie kennt nichts anderes als Stacheldraht und Trockennahrung. Der ältere Bruder Simon hat sich schon längst einer Rebellengruppe angeschlossen. Im Laufe der Jahre wird Sarat unter dem Einfluss des mysteriösen Albert Gaines ihren eigenen Weg einschlagen. Krieg, Korruption und Folter haben sie hart gemacht, und schließlich radikalisiert sich Sarat und setzt mit einer verheerenden Tat das Leben aller aufs Spiel.
Text von der Buchrückseite:
“American War“ - das Buch der Stunde. Ein Roman über den nächsten amerikanischen Bürgerkrieg und das dramatische Schicksal einer Familie.
Was wird sein, wenn die erschütternde Realität der Kriege und die Folgen von Umweltkatastrophen mit aller Gewalt in die USA zurückkehren? Vor diesem Hintergrund entfaltet Omar El Akkad mit großer erzählerischer Kraft den erbitterten Kampf der jungen Sarat Chestnut, die beschließt, mit allen Mitteln für das Überleben zu kämpfen. Spannend bis zur letzten Seite, brisant und akutell.
„Ein großartiger Roman.“ The new York Times
„Ein Meisterwerk – prägnant, hellsichtig, kraftvoll.“ The Globe and Mail Toronto
„Projizieren wir die aktuelle politische Debatte der USA in die Zukunft, dann landen wir genau bei dem, was wir in Omar El Akkad's Roman 'American War' lesen.“ The Washington Post
„Ein Roman für alle, die die Trump-Ära umtreibt.“ Washington Post
Meine Meinung:
Ich muss gestehen, dass ich mich beim Kauf des Buches von den Inhalts- und Klappentexten habe leiten lassen.
Das Buch ist meiner Meinung nach vom Marketing hochstilisiert, aber eigentlich nur ein mittelprächtiger Zukunftsroman – weder politisch ambitioniert noch sprach- oder erzähltechnisch eine Glanzleistung.
Ich war zwar beim Lesen neugierig worauf die Story am Ende hinauslaufen würde, aber ehrlich gesagt, wurde mir beim Lesen zunehmend langweilig.
Ein Grund war, dass ich die Zuordnung von Personengruppen und Ländern bzw. Regionen, nicht immer nachvollziehen konnte, obwohl auf den ersten Seiten Karten der Vereinigten Staaten und der Freien Südstaaten um 2075 dargestellt ist.
Es war nicht so, dass es an Details gemangelt hätte; nein, der Autor hat vieles sehr detailliert – und gelungen - beschrieben:
„In manchen Winterstürmen suchte die ganze Familie Zuflucht auf der Verandea; das Vordach hing durch, es tropfte, aber es ersparte ihnen den unerträglichen Lärm, der bei schwerem Regen im Inneren des Containers dröhnte, wie die Steeldrums bei einem Calypso.“ (S. 19)
Aber die wichtigen logischen Zusammenhänge haben mir oftmals gefehlt.
Mein größter Kritikpunkt ist, dass viele Handlungen der Figuren auf der Gefühlsebene dem Leser nicht erläutert wurden, so dass vieles für mich als Leser oftmals nicht nachvollziehbar blieb:
Warum schloss sich der Bruder Simon den Rebellen an? Hatte er Langeweile? Hatte er einen neuen Freund oder eine besondere Bezugsperson bei den Rebellen gefunden? Oder war er von dessen Zielen überzeugt?
Ähnliche Fragen stellten sich mir bei der Sinneswandlung von Sarat.
Dazu möchte ich anmerken, dass die Story eigentlich aus der Sicht des Neffen nach dem Durchforsten von Sarats Nachlässen und anderen historischen Quellen viele Jahre nach den eigentlichen Ereignissen geschrieben wurde.
Aber stilistisch wurde dies, meiner Meinung nach, nicht konsequent durchgehalten, so dass sich bei mir so einige Male Verwunderung einstellte.
An einigen - wenigen - Stellen konnte der Autor mich mit seinem reflektierten Text positiv überraschen.
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