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Wie wir die Chancen des Unvorhersehbaren besser nutzen können, wird hier spannend und unterhaltsam erklärt. Wir haben Bollwerke gegen das Chaos errichtet, aber dem Zufall entkommen wir nicht. Die Schlange, in der man wartet, ist immer die langsamste. Gerade unser Job soll einer Firmenfusion zum Opfer fallen. In einer zunehmend unübersichtlichen Welt scheint das Leben zum Spielball des Zufalls zu werden. Doch der Zufall ist ein Gott mit zwei Gesichtern. Im Englischen bedeutet `chance´ eben auch `Möglichkeit´, ja sogar `Glück´. Während Wissenschaftler früher vor dem Chaos im Universum ...
Wie wir die Chancen des Unvorhersehbaren besser nutzen können, wird hier spannend und unterhaltsam erklärt. Wir haben Bollwerke gegen das Chaos errichtet, aber dem Zufall entkommen wir nicht. Die Schlange, in der man wartet, ist immer die langsamste. Gerade unser Job soll einer Firmenfusion zum Opfer fallen. In einer zunehmend unübersichtlichen Welt scheint das Leben zum Spielball des Zufalls zu werden.
Doch der Zufall ist ein Gott mit zwei Gesichtern. Im Englischen bedeutet `chance´ eben auch `Möglichkeit´, ja sogar `Glück´. Während Wissenschaftler früher vor dem Chaos im Universum erschraken, erkennen sie zunehmend die schöpferische Seite des Zufalls.
Stefan Klein hat mit seinem Buch Glücksformel einen internationalen Bestseller geschrieben. Jetzt erklärt er anhand neuester Forschungsergebnisse, was Zufall ist, wo und wie der Zufall sein Spiel treibt - und warum unserem Gehirn der Glaube an ein Schicksal, einen höheren Plan, so tief einprogrammiert ist. Was sich nicht planen lässt, macht uns Angst. Doch Stefan Kleins neues Buch zeigt, wie wir uns den Zufall zum Freund machen können
Doch der Zufall ist ein Gott mit zwei Gesichtern. Im Englischen bedeutet `chance´ eben auch `Möglichkeit´, ja sogar `Glück´. Während Wissenschaftler früher vor dem Chaos im Universum erschraken, erkennen sie zunehmend die schöpferische Seite des Zufalls.
Stefan Klein hat mit seinem Buch Glücksformel einen internationalen Bestseller geschrieben. Jetzt erklärt er anhand neuester Forschungsergebnisse, was Zufall ist, wo und wie der Zufall sein Spiel treibt - und warum unserem Gehirn der Glaube an ein Schicksal, einen höheren Plan, so tief einprogrammiert ist. Was sich nicht planen lässt, macht uns Angst. Doch Stefan Kleins neues Buch zeigt, wie wir uns den Zufall zum Freund machen können
Stefan Klein, geboren 1965 in München, ist der erfolgreichste Wissenschaftsautor deutscher Sprache. Er studierte Physik und analytische Philosophie in München, Grenoble und Freiburg und forschte auf dem Gebiet der theoretischen Biophysik. Er wandte sich dem Schreiben zu, weil er "die Menschen begeistern wollte für eine Wirklichkeit, die aufregender ist als jeder Krimi". Kleins Werke wurden mehrfach ausgezeichnet und in 25 Sprachen übersetzt. Stefan Klein lebt als freier Schriftsteller in Berlin.
Produktdetails
- Verlag: ROWOHLT, REINBEK
- Seitenzahl: 384
- Deutsch
- Abmessung: 215mm
- Gewicht: 589g
- ISBN-13: 9783498035198
- ISBN-10: 3498035193
- Artikelnr.: 12332676
Herstellerkennzeichnung
Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
© BÜCHERmagazin, Anna Gielas
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Der Rezensent Ernst Horst findet Stefan Kleins Buch über den Zufall sehr interessant, auch wenn es leichte Unstimmigkeiten aufzuweisen habe. Das findet der rezensent allerdings vrzeihlich, denn das Buch trage derart viele Ideen aus den verschiedensten gebieten zusammen, dass sie gar nicht zueinander passen könnten. Dafür ist Horst ziemlich beeindruckt von der Informationsdichte des Buches, aus dem "andere drei Bücher gemacht hätten", und er lobt den journalistisch geschulten Autor, der "sehr viel kräftige Nahrung auf ein geringes Volumen eingedampft hat". Klein deckt eine Menge Bereiche ab, die der Zufall berührt. Das Buch gibt "konkrete Lebenshilfe" und behandelt die erstaunliche Unzuverlässigkeit von Prognosen wie es auch Teilbereiche der Physik erklärt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Wenn man es recht überlegt
Gar nicht so hirnverbrannt: Stefan Klein meint, daß alles Zufall ist
Wie Professor Liebig, der Erfinder der künstlichen Fleischbrühe, hat Stefan Klein, der Autor des Buches "Alles Zufall", sehr viel kräftige Nahrung auf ein geringes Volumen eingedampft. Daraus hätten andere drei Bücher gemacht. Man merkt es auch, daß Klein vom Journalismus kommt. Wer die Wissenschaftsseiten der Qualitätspresse regelmäßig liest, kennt vielleicht einen guten Teil des Stoffs, aber hier wird noch einmal anhand der Originalliteratur sorgfältig aufbereitet und systematisiert.
Das Wort Zufall bedeutet für uns zweierlei: Einerseits ist Zufall das Unvorhersehbare. Lottozahlen sind zufällig, auch wenn
Gar nicht so hirnverbrannt: Stefan Klein meint, daß alles Zufall ist
Wie Professor Liebig, der Erfinder der künstlichen Fleischbrühe, hat Stefan Klein, der Autor des Buches "Alles Zufall", sehr viel kräftige Nahrung auf ein geringes Volumen eingedampft. Daraus hätten andere drei Bücher gemacht. Man merkt es auch, daß Klein vom Journalismus kommt. Wer die Wissenschaftsseiten der Qualitätspresse regelmäßig liest, kennt vielleicht einen guten Teil des Stoffs, aber hier wird noch einmal anhand der Originalliteratur sorgfältig aufbereitet und systematisiert.
Das Wort Zufall bedeutet für uns zweierlei: Einerseits ist Zufall das Unvorhersehbare. Lottozahlen sind zufällig, auch wenn
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manche Zeitgenossen zu Unrecht glauben, daß die 13 wieder einmal fällig ist, wenn sie nur lange genug nicht gezogen wurde. Zum anderen verstehen wir unter Zufall eine unerwartete Koinzidenz. Das folgende Beispiel stammt nicht aus dem Buch, aber es hätte gut hineingepaßt. Der Schriftsteller George Mikes war einmal zu einem eher vertraulichen Gespräch in der sowjetischen Botschaft in London. Man versteht, wie verblüfft er war, als er auf dem Heimweg folgende Zeitungsschlagzeile sah: "Mikes in Embassy"! Als er sich von seinem Schrecken erholt hatte, stellte er fest, daß es um einen Abhörfall ging, um Mikrophone ("mikes"). Im Grunde ist so ein Erlebnis auch nichts anderes als ein Zufall der ersten Art, aber es verwirrt uns mehr. Wenn wie am 10. April 1999 die Reihe der Lottozahlen 2, 3, 4, 5, 6, 26 lautet, dann werden wir paranoid. Nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeitsrechnung müssen wir aber auch mit solchen Koinzidenzen rechnen, ja wir sollten uns sogar wundern, wenn sie ausblieben.
Der Zufall ist ein weites Feld, und Klein läßt davon wenig aus. Das Spektrum des Buchs reicht von der Theoretischen Physik bis zur konkreten Lebenshilfe. Man würde sich nicht wundern, wenn auch noch eine CD mit aleatorischer Musik beigeklebt wäre. Eigentlich geht es aber gar nicht um den Zufall. Es geht um das Wechselspiel von Zufall und Gesetzmäßigkeit. Die Evolution beispielsweise beruht auf zufälligen Mutationen des Erbguts. Damit aber in ein paar Milliarden Jahren die Entwicklung von der Amöbe zu Claudia Schiffer erfolgen konnte, mußte Darwins natürliche Zuchtwahl steuernd eingreifen.
"Alles Zufall" besteht aus vier Teilen: "Entstehung", "Wirkung", "Wahrnehmung" und "Strategien". Entstehung: In der Quantenphysik gibt es den wahren Zufall. Albert Einstein wollte nie daran glauben, aber heute ist das in der Physik allgemein akzeptiert. Solche Quanteneffekte wären aber gar nicht notwendig, um uns Zufall vorzugaukeln. Denken wir nur an mathematische Gleichungen, wie sie bei der Modellierung des Wetters verwendet werden. Sie sind so empfindlich, daß kleine Ursachen große Wirkungen hervorbringen. Alles, was weit genug in der Zukunft liegt, entzieht sich deshalb für uns Sterbliche der Berechenbarkeit. Auch die Börsenkurse lassen sich nicht vorhersagen, jedenfalls nicht so präzise, daß man damit auf Dauer Geld verdienen könnte.
Wirkung: Der Paläontologe Steven Jay Gould hat es immer wieder betont: Wenn wir den Film der Evolution vier Milliarden Jahre zurückspulen und dann neu starten könnten, dann würde sich das Leben vermutlich ähnlich wie beim ersten Mal entwickeln, aber nicht genauso. Es sind meistens die kleinen Populationen, in denen sich innovative Mutationen zuerst verbreiten. Hier finden die neuen Lebewesen eine Schonfrist, bis sie so weit perfektioniert sind, daß sie größere Bereiche erobern können. Auf Einzelheiten kommt es dabei oft nicht an. Das Bessere ist hier nicht immer der Feind des Guten. Im Überlebenskampf sind auch sonst zufällige Strategien angesagt. Der Hase schlägt Haken, um nicht gefressen zu werden. Der Kommandant eines Atom-U-Boots bestimmt seine Route durch Würfeln, damit der Feind seine Position nicht erraten kann.
Wahrnehmung: Die Art, wie wir Menschen (und andere Lebewesen) auf den Zufall reagieren, entstand durch Evolution. Deshalb leben wir in dieser Hinsicht noch immer in der Steinzeit. So schnell ist die Evolution nicht. Auf jeden Fall funktioniert unser Verstand nicht wie ein unbestechlicher Computer. Wenn wir uns eine Folge von zufälligen Münzwürfen ausdenken sollen, dann versagen wir kläglich. Die rechte und die linke Hemisphäre unseres Gehirns verfolgen überdies noch unterschiedliche Strategien. Die rechte Hälfte assoziiert, die linke sucht nach Gesetzmäßigkeiten. Viele von uns haben kein besonderes Talent zur Minimierung von komplexen Risiken. Deshalb kommt es immer wieder zu Fehlleistungen wie der Riesterrente oder der Autobahnmaut.
Strategien: Der letzte Teil des Buchs beschäftigt sich damit, wie man dem Zufall ein Schnippchen schlagen kann. Natürlich ist davon auch vorher schon die Rede; so genau kann man Theorie und Praxis nicht trennen. Die Welt zu verbessern ist ein langwieriger und mühseliger Prozeß, aber vielleicht können wir auf diesem Weg ja doch ein wenig voranschreiten. Auf jeden Fall dürfen wir nicht immer an Patentrezepte glauben. Vieles in "Alles Zufall" geht gegen die Intuition. Ein Beispiel: Die Einführung des Antiblockiersystems ABS für Kraftfahrzeuge hat die Gefahren des Straßenverkehrs nicht verringert. Wer ABS in seinem Auto hat, fährt - statistisch gesehen - risikoreicher und gewinnt deshalb vielleicht Zeit, aber keine Sicherheit. Zu perfekte Technik macht unaufmerksam. Deshalb enthält die Metalldetektor-Pforte am Flughafen einen Zufallsgenerator, der manchmal falschen Alarm auslöst. Dadurch bleibt das Personal wachsam. In der numerischen Mathematik gibt es das Konzept des (nach dem Spielkasino benannten) "Monte-Carlo-Verfahrens". Hier simuliert man unbekannte Daten einfach durch zufällige Werte. Der Autor erinnert hier an das antike Orakel. Er hätte auch die Astrologin erwähnen können, die von 1981 bis 1988 den Terminkalender des amerikanischen Präsidenten absegnen mußte.
Das Buch ist nicht aus einem Guß. Es trägt eine große Zahl von Ideen aus vielen Gebieten zusammen. Da kann es nicht ausbleiben, daß nicht alles aneinanderpaßt. Der Zufall der wissenschaftlichen Welt wiederholt sich in ihrem Abbild. Ein Beispiel sollte genügen, um das zu verdeutlichen: Ein mehrfach aufgegriffenes Thema ist die geringe Zuverlässigkeit von Prognosen. Im fünften Kapitel lesen wir etwas über die Zulassung von Studenten zum Medizinstudium an der Universität Houston im Jahr 1970: Kandidaten, die die Universität gründlich geprüft und für gut befunden hatte, schnitten im Studium und im Beruf keinen Deut besser ab als andere, die man nachträglich noch dazunahm. Solche Tests sind offenbar wenig aussagekräftig. Im Kapitel 15 geht es dann um die deutschen Abiturienten, die das falsche Studienfach wählen und als Studienabbrecher enden. Um dieses Problem zu entschärfen, wird allen künftigen Studenten geraten, sich gründlichst zu informieren. Diese Binsenweisheit klingt plausibel, aber gibt es auch eine empirische Grundlage dafür? Warum hat dann in Houston die Prognose des Studienerfolgs nicht funktioniert? Ängstliche Gemüter verzichten vielleicht auch ganz auf ein Studium, wenn sie zu lange grübeln, und bereuen das dann ein Leben lang. Kurz darauf, im Kapitel 16, bekommen wir dann wieder den Rat, dem Zufall in unserem Leben mehr Raum einzurichten: "Experimente statt Effizienz". Vielleicht sollten wir in Zweifelsfällen doch noch unsere Astrologin befragen.
ERNST HORST
Stefan Klein: "Alles Zufall". Die Kraft, die unser Leben bestimmt. Rowohlt Verlag, Reinbek 2004. 377 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Zufall ist ein weites Feld, und Klein läßt davon wenig aus. Das Spektrum des Buchs reicht von der Theoretischen Physik bis zur konkreten Lebenshilfe. Man würde sich nicht wundern, wenn auch noch eine CD mit aleatorischer Musik beigeklebt wäre. Eigentlich geht es aber gar nicht um den Zufall. Es geht um das Wechselspiel von Zufall und Gesetzmäßigkeit. Die Evolution beispielsweise beruht auf zufälligen Mutationen des Erbguts. Damit aber in ein paar Milliarden Jahren die Entwicklung von der Amöbe zu Claudia Schiffer erfolgen konnte, mußte Darwins natürliche Zuchtwahl steuernd eingreifen.
"Alles Zufall" besteht aus vier Teilen: "Entstehung", "Wirkung", "Wahrnehmung" und "Strategien". Entstehung: In der Quantenphysik gibt es den wahren Zufall. Albert Einstein wollte nie daran glauben, aber heute ist das in der Physik allgemein akzeptiert. Solche Quanteneffekte wären aber gar nicht notwendig, um uns Zufall vorzugaukeln. Denken wir nur an mathematische Gleichungen, wie sie bei der Modellierung des Wetters verwendet werden. Sie sind so empfindlich, daß kleine Ursachen große Wirkungen hervorbringen. Alles, was weit genug in der Zukunft liegt, entzieht sich deshalb für uns Sterbliche der Berechenbarkeit. Auch die Börsenkurse lassen sich nicht vorhersagen, jedenfalls nicht so präzise, daß man damit auf Dauer Geld verdienen könnte.
Wirkung: Der Paläontologe Steven Jay Gould hat es immer wieder betont: Wenn wir den Film der Evolution vier Milliarden Jahre zurückspulen und dann neu starten könnten, dann würde sich das Leben vermutlich ähnlich wie beim ersten Mal entwickeln, aber nicht genauso. Es sind meistens die kleinen Populationen, in denen sich innovative Mutationen zuerst verbreiten. Hier finden die neuen Lebewesen eine Schonfrist, bis sie so weit perfektioniert sind, daß sie größere Bereiche erobern können. Auf Einzelheiten kommt es dabei oft nicht an. Das Bessere ist hier nicht immer der Feind des Guten. Im Überlebenskampf sind auch sonst zufällige Strategien angesagt. Der Hase schlägt Haken, um nicht gefressen zu werden. Der Kommandant eines Atom-U-Boots bestimmt seine Route durch Würfeln, damit der Feind seine Position nicht erraten kann.
Wahrnehmung: Die Art, wie wir Menschen (und andere Lebewesen) auf den Zufall reagieren, entstand durch Evolution. Deshalb leben wir in dieser Hinsicht noch immer in der Steinzeit. So schnell ist die Evolution nicht. Auf jeden Fall funktioniert unser Verstand nicht wie ein unbestechlicher Computer. Wenn wir uns eine Folge von zufälligen Münzwürfen ausdenken sollen, dann versagen wir kläglich. Die rechte und die linke Hemisphäre unseres Gehirns verfolgen überdies noch unterschiedliche Strategien. Die rechte Hälfte assoziiert, die linke sucht nach Gesetzmäßigkeiten. Viele von uns haben kein besonderes Talent zur Minimierung von komplexen Risiken. Deshalb kommt es immer wieder zu Fehlleistungen wie der Riesterrente oder der Autobahnmaut.
Strategien: Der letzte Teil des Buchs beschäftigt sich damit, wie man dem Zufall ein Schnippchen schlagen kann. Natürlich ist davon auch vorher schon die Rede; so genau kann man Theorie und Praxis nicht trennen. Die Welt zu verbessern ist ein langwieriger und mühseliger Prozeß, aber vielleicht können wir auf diesem Weg ja doch ein wenig voranschreiten. Auf jeden Fall dürfen wir nicht immer an Patentrezepte glauben. Vieles in "Alles Zufall" geht gegen die Intuition. Ein Beispiel: Die Einführung des Antiblockiersystems ABS für Kraftfahrzeuge hat die Gefahren des Straßenverkehrs nicht verringert. Wer ABS in seinem Auto hat, fährt - statistisch gesehen - risikoreicher und gewinnt deshalb vielleicht Zeit, aber keine Sicherheit. Zu perfekte Technik macht unaufmerksam. Deshalb enthält die Metalldetektor-Pforte am Flughafen einen Zufallsgenerator, der manchmal falschen Alarm auslöst. Dadurch bleibt das Personal wachsam. In der numerischen Mathematik gibt es das Konzept des (nach dem Spielkasino benannten) "Monte-Carlo-Verfahrens". Hier simuliert man unbekannte Daten einfach durch zufällige Werte. Der Autor erinnert hier an das antike Orakel. Er hätte auch die Astrologin erwähnen können, die von 1981 bis 1988 den Terminkalender des amerikanischen Präsidenten absegnen mußte.
Das Buch ist nicht aus einem Guß. Es trägt eine große Zahl von Ideen aus vielen Gebieten zusammen. Da kann es nicht ausbleiben, daß nicht alles aneinanderpaßt. Der Zufall der wissenschaftlichen Welt wiederholt sich in ihrem Abbild. Ein Beispiel sollte genügen, um das zu verdeutlichen: Ein mehrfach aufgegriffenes Thema ist die geringe Zuverlässigkeit von Prognosen. Im fünften Kapitel lesen wir etwas über die Zulassung von Studenten zum Medizinstudium an der Universität Houston im Jahr 1970: Kandidaten, die die Universität gründlich geprüft und für gut befunden hatte, schnitten im Studium und im Beruf keinen Deut besser ab als andere, die man nachträglich noch dazunahm. Solche Tests sind offenbar wenig aussagekräftig. Im Kapitel 15 geht es dann um die deutschen Abiturienten, die das falsche Studienfach wählen und als Studienabbrecher enden. Um dieses Problem zu entschärfen, wird allen künftigen Studenten geraten, sich gründlichst zu informieren. Diese Binsenweisheit klingt plausibel, aber gibt es auch eine empirische Grundlage dafür? Warum hat dann in Houston die Prognose des Studienerfolgs nicht funktioniert? Ängstliche Gemüter verzichten vielleicht auch ganz auf ein Studium, wenn sie zu lange grübeln, und bereuen das dann ein Leben lang. Kurz darauf, im Kapitel 16, bekommen wir dann wieder den Rat, dem Zufall in unserem Leben mehr Raum einzurichten: "Experimente statt Effizienz". Vielleicht sollten wir in Zweifelsfällen doch noch unsere Astrologin befragen.
ERNST HORST
Stefan Klein: "Alles Zufall". Die Kraft, die unser Leben bestimmt. Rowohlt Verlag, Reinbek 2004. 377 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Broschiertes Buch
Die Macht des Zufalls
Es ist nicht alles Zufall, aber der Zufall spielt im Leben eine weitaus größere Rolle, als uns bewusst ist. Stefan Klein erläutert im ersten Teil des Buches was Zufälle sind und wie sie entstehen. Er unterscheidet zwei Bedeutungen von Zufällen. …
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Die Macht des Zufalls
Es ist nicht alles Zufall, aber der Zufall spielt im Leben eine weitaus größere Rolle, als uns bewusst ist. Stefan Klein erläutert im ersten Teil des Buches was Zufälle sind und wie sie entstehen. Er unterscheidet zwei Bedeutungen von Zufällen. Zufällig ist, was wir nicht anders erklären können oder wollen. Die Kausalität ist keinesfalls aufgehoben, nur vermögen wir die Ursachen des Geschehens nicht vollständig zu erklären. Die zweite Bedeutung von Zufall hat etwas mit Koinzidenzen zu tun. Das Zusammenfallen von Ereignissen erscheint uns auffällig. Bei einer Verkettung von Ereignissen können wir nicht wissen, ob diese wirklich zufällig zustande gekommen sind. Man kann den Zufall nicht beweisen.
In „Der Irrtum des Nostradamus“ stellt der Autor fest, dass Prognosen über längere Zeiträume in dynamischen Systemen unmöglich sind, weil anfängliche Unsicherheiten über die Zeit exponentiell anwachsen. Er resümiert, dass es kein Widerspruch ist, dass die Dinge nach (physikalischen) Gesetzen verlaufen und wir sie dennoch nicht vorhersagen können. Bedeutet das, dass alles nach Plan verläuft? Könnte ein Überwesen mit den Fähigkeiten eines Laplace' schen Dämon den Lauf der Welt in alle Zukunft berechnen? Unter diesen Voraussetzungen eines metaphysischen Determinismus wäre Freiheit eine Illusion. Die Zukunft wäre restlos in der Vergangenheit enthalten. - In der Quantenmechanik liegt der Zufall in den Naturgesetzen begründet. Damit ist dem Laplace' schen Dämon der Garaus gemacht.
Der zweite Teil des Buches steht unter dem Motto „Der Zufall als Schöpfer“. Hier geht es u.a. um die Bedeutung des Zufalls während der Evolution. Hier tritt der Zufall in Form von Mutationen auf. Autor Klein erläutert anhand von Beispielen den Unterschied zwischen der zufallsbedingten Evolution und einer Evolution nach Plan. Der Zufall fördert Kreativität und erweist sich als Motor der Evolution. Der Preis dafür ist Unberechenbarkeit und damit Unsicherheit. Aber anders ist Freiheit nicht zu haben. Darwin hat den Menschen die Vorstellung genommen, dass die Entwicklung allen Lebens nur auf ihn abzielte.
Im dritten Teil des Buches geht es um den Umgang mit Zufällen. Wir neigen dazu Zusammenhänge zu sehen, wo es keine gibt. Das Gehirn interpretiert ständig und ständig verwechseln wir Koinzidenz mit Kausalität. Muss man sich da noch wundern, dass Verschwörungstheorien wie Pilze aus dem Boden schießen? Die selektive Wahrnehmung zählt zu den wichtigsten Tricks des Gehirns, den Zufall zu leugnen. Auch räumt Autor Klein mit der Vorstellung auf, dass Tumore eine Folge verdrängter Sorgen seien. Klein lässt Erkenntnisse der Hirnforschung und der Psychologie einfließen, setzt sich mit Fragen der Wirtschaft auseinander und rügt den übergroßen Wunsch nach Verlässlichkeit als die eigentliche Ursache der deutschen Krankheit, die dem Land ein niedriges Wirtschaftswachstum und eine hohe Arbeitslosigkeit beschert.
Der vierte Teil des Buches zeigt Wege auf, sich vor verhängnisvollen Fehlschlüssen zu schützen. Wir können uns den Zufall zum Freund machen. Wenn aber harmlose Details auf unvorhergesehene Weise zusammenwirken, sind wir machtlos. Kleinigkeiten können zur Katastrophe führen, wie der Autor anhand von Beispielen erläutert. Es ist daher kein Zufall, dass die NASA bei ihrem Raumfahrtprogramm mit alten Rechnern arbeitet, da man deren Fehler kennt. Auch ist es nicht immer sinnvoll, Straßen zu begradigen, weil dann die Wachsamkeit nachlässt und eher mehr als weniger Unfälle passieren. Als wichtiges Rezept bei komplexen Abhängigkeiten empfiehlt der Autor, kleine Schritte zu gehen. Die Evolution ist ein Beispiel für dieses Erfolgsrezept.
Stefan Klein deckt eine große Bandbreite ab. Er beleuchtet den Zufall aus unterschiedlichen Perspektiven. Auch wenn viele Erkenntnisse aus anderen Büchern schon bekannt sind, ist es doch diese besondere Fokussierung, welche das Buch lesenswert macht.
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