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Was wissen Sie über elektrische Fische, Kriminalromane und "Anfang und Ende der Zeit"? Lars Gustafsson und seine Frau Agneta Blomqvist aus Schweden haben ihr eigenes, höchst subjektives Handbuch für das Leben geschrieben, das Persönliches, Biologisches und Literarisches, Kurioses und Kulinarisches vereint. Mal ernsthaft, mal ironisch geben sie Antworten auf alle Lebensfragen. Ein Sammelsurium seltsamen und nützlichen Wissens, von dem Sie bisher nicht ahnten, wie dringend Sie es brauchen werden.

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Produktbeschreibung
Was wissen Sie über elektrische Fische, Kriminalromane und "Anfang und Ende der Zeit"? Lars Gustafsson und seine Frau Agneta Blomqvist aus Schweden haben ihr eigenes, höchst subjektives Handbuch für das Leben geschrieben, das Persönliches, Biologisches und Literarisches, Kurioses und Kulinarisches vereint. Mal ernsthaft, mal ironisch geben sie Antworten auf alle Lebensfragen. Ein Sammelsurium seltsamen und nützlichen Wissens, von dem Sie bisher nicht ahnten, wie dringend Sie es brauchen werden.
Autorenporträt
Lars Gustafsson, 1936 in Schweden geboren, studierte Mathematik und Philosophie in Uppsala und Oxford. Fast zehn Jahre lang war er Kritiker, später Chefredakteur der bedeutenden schwedischen Literaturzeitschrift "Bonniers Litterära Magasin". Seit 1983 lebte der Lyriker, Philosoph und Romancier, dessen Werke mit zahlreichen internationalen Literaturpreisen ausgezeichnet wurden in Austin/Texas. 2009 erhielt er die "Goethe-Medaille", 2014 den "Swedish Academy's Nordic Prize" und 2015 den "Thomas-Mann-Preis" für seine "erzählerische Meisterschaft", so die Jury. Lars Gustafsson verstarb 2016.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.10.2010

Erinnerung an eine Wolke

We are the Champignons: Lars Gustafsson und seine Frau Agneta Blomqvist versammeln in einem Handbuch, was ihnen wichtig ist - und gehen in die Pilze.

Von Jochen Schimmang

Alles, was man braucht? Ein Handbuch fürs Leben? Der schwedische Originaltitel ist ein wenig bescheidener, heißt er doch einfach "Herr Gustafssons familjebok" und verzichtet damit von vornherein auf den Anspruch auf Allgemeingültigkeit, den der deutsche suggeriert. Man könnte auch sagen, der schwedische Titel sei zu bescheiden, weil in ihm die Mitautorschaft von Lars Gustafssons Frau Agneta Blomqvist unterschlagen wird. Aber vielleicht sind sie so, die patriarchalischen Verhältnisse, und alles, was Agneta Blomqvist in diesem Buch unter dem Stichwort "Feminismus" schreibt, kann dagegen nichts ausrichten.

Siebenundneunzig Stichwörter umfasst das gemeinsame Buch, die, wie es sich für ein Lexikon gehört, schön alphabetisch aufgereiht sind. In der deutschen Übersetzung ergibt sich daraus naturgemäß eine andere Reihenfolge als im Original. Hier geht es mit "Abraxas" los und endet mit "Zwillingschaft und andere Liebe". Und wenn auch das Autorenpaar nicht preisgeben möchte, wer welches Stichwort geschrieben hat, so ist es doch bei dem einen oder anderen Artikel nicht schwer herauszufinden.

Da sind zunächst einmal die Stellen, die erkennbar aus Lars Gustafssons Privatuniversum stammen, in diesem Fall vor allem aus seinem letzten Roman "Frau Sorgedahls schöne weiße Arme". In John Archibald Wheeler etwa, "ehemaliger Professor in Princeton und Austin", der gleich in mehreren Artikeln auftaucht, dürfen wir durchaus einen Impulsgeber für die Figur des Stanley Gibbs aus dem Sorgedahl-Roman vermuten, jenen oft etwas abwesenden und vor allem schlecht zuhörenden Professor, der ebenso großartig über die Zeit wie über den Raum dozieren kann. Und der Physiklehrer Nilsson, der unter "Schnee" auftaucht, dürfte dem Physiklehrer Slipsten aus dem Roman Pate gestanden haben. (Die schwedische Originalausgabe des hier vorliegenden Gemeinschaftswerks erschien zwei Jahre vor "Frau Sorgedahl".) Schließlich ergibt sich noch eine Irritation aus dem sehr schönen Text "Erinnerung an eine Wolke", an die Wolke vom 4. Juni 1953 nämlich. Der Hagelsturm, der dieser Wolke folgt, ereignet sich im Roman bereits am 3. Juni 1953. Ist das nun eine besonders krude Form der Fiktionalisierung oder einfach nur eine altersbedingte Gedächtnisschwäche?

Ums Alter - was beim Alter des Autorengespanns nicht verwundert - geht es nämlich auch in diesem Lexikon, und wir lernen an einer Stelle in einem launigen Artikel, dass Cicero unrecht hatte, und lesen an einer anderen den schönen und zutreffenden Satz von Agneta Blomquist: "Das Paradox ist, dass wir nicht alt werden wollen, aber lange leben möchten."

Um enzyklopädisches Wissen geht es also nicht in diesem Lexikon, eher um das, was sich im Lauf eines langen Lebens im Bewusstsein seiner Autoren abgelagert hat und für würdig befunden wird. Anrührend ist das Stichwort "Erdener Straße", jene Straße, in der Walther Rathenau ermordet wurde, und amüsant, wenn auch nicht überraschend, ist die Tatsache, dass der Berlin-Liebhaber Lars Gustafsson vor allem West-Berliner geblieben ist, genauer noch: Charlottenburger, der das Herz der deutschen Hauptstadt rund um den Savignyplatz verortet.

In zwei Stichwörtern finden sich französische Meisterdenker in äußerst konzentrierter Form resümiert. Der Artikel über "Ältere Photographien" läuft am Ende auf ein abstract von Roland Barthes' "Die helle Kammer" hinaus, ob gewollt oder ungewollt, sei dahingestellt. Herrn Gustafsson persönlich mag man bei seiner stupenden Bildung gar nicht unterstellen, dass ihm irgendetwas, was er schreibt, ungewollt unterläuft. Auf der anderen Seite ist der Mann ja auch ein Poet, und Poeten passiert schon einmal einfach etwas.

Und dann gibt es den überaus lesenswerten Artikel über "Privilegien", der jenseits aller moralischen Attitüde auf der Höhe der Zeit ist. An dessen Ende findet sich unter dem Begriff "Problemformulierungsprivilegien" eine konzise Zusammenfassung der Foucaultschen Diskurstheorie, hier nun aber keinesfalls ungewollt, denn Gustafsson (in dem ich den Verfasser des Artikels vermute) nimmt explizit auf Foucaults Antrittsvorlesung am Collège de France Bezug.

Das schwächste Stichwort (auch ein Gustafsson-Verehrer sollte ab und zu etwas zu meckern haben) ist zum Glück recht kurz geraten. Es heißt "Freud" und beginnt: "Doktor Sigmund Freud war der Meinung . . .". Die Figur "Doktor Freud" oder "Doktor Sigmund Freud" kennt man nun schon länger, das ist etwa auf dem Niveau wie der Automatismus "FC St. Pauli / Freudenhaus der Liga". Bei "Dr. Freud war der Meinung . . ." weiß man sofort, dass es nun Saures gibt. Was dann unter diesem Stichwort folgt, ist auch recht dünn. Freudianer würden wohl von einem Abwehrmechanismus sprechen, aber das muss man hier nicht vertiefen.

Es ist zudem eine lässliche Sünde, eine vorübergehende Formschwäche, könnte man sagen. Ansonsten ist dieses Familienlexikon vergnüglich, lehrreich (was man alles über Pilze lernt!), zuweilen skurril, sehr ernsthaft und auf jeden Fall lesenswert. Ein Lexikon sollte man nun allerdings nicht in einer Woche in sich reinfressen, dazu ist es nicht da. Siebenundneunzig Stichwörter ergeben acht Stichwörter pro Monat, das macht dann ein Jahr Lesezeit, und für den ersten Tag des kommenden Jahres bleibt noch das letzte Stichwort übrig. Da geht es um eine sehr ernste Sache: die Liebe.

Lars Gustafsson / Agneta Blomqvist: "Alles, was man braucht". Ein Handbuch für das Leben. Aus dem Schwedischen von Verena Reichel. Hanser Verlag, München 2010. 315 S., geb., 21,50 [Euro] .

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Das Lexikon ist tot, es lebe das Lexikon. Aber bitte so eines wie das laut Sven Hanuschek tatsächlich sehr private von Lars Gustafsson und seiner Frau Agneta Blomqvist. Hanuschek blättert darin und entdeckt in der zwar alphabetischen, doch "chaotischen Zufallsordnung" Einträge zur schwedischen Pilzkunde wie zur Beschaffenheit von Gießkannen. Die Autoren interessiert's und Hanuschek lässt sich anstiften zu einer, wie er findet, amüsanten, anregenden Leseerfahrung entlang der Lebensstationen der Autoren, rein in die schwedischen Wälder, in die Sprachphilosophie und schließlich sogar in den Kosmos des Zusammenlebens zwischen Mann und Frau. So liest sich das Leben von A bis Z, meint Hanuschek.

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