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Der begehrteste französische Literaturpreis, der Prix Goncourt, geht in diesem Jahr an den Schriftsteller Gilles Leroy für "Alabama Song" - einen Roman über das ausschweifende Leben von Zelda Fitzgerald, der Ehefrau des amerikanischen Schriftstellers F. Scott Fitzgerald

Produktbeschreibung
Der begehrteste französische Literaturpreis, der Prix Goncourt, geht in diesem Jahr an den Schriftsteller Gilles Leroy für "Alabama Song" - einen Roman über das ausschweifende Leben von Zelda Fitzgerald, der Ehefrau des amerikanischen Schriftstellers F. Scott Fitzgerald
Autorenporträt
Gilles Leroy wurde 1958 bei Paris geboren und studierte Geisteswissenschaften mit besonderem Schwerpunkt auf der amerikanischen und der japanischen Literatur. Seine oft autobiographisch geprägten Romane erscheinen seit 1990 beim Verlag Mercure de France. Der »Prix Goncourt« für Alabama Song machte Leroy über Nacht zu einem Star der französischen Literaturszene.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.11.2008

Krieger aus Kristall

In seinem Roman "Alabama Song" erzählt Gilles Leroy die Liebes- und Leidensgeschichte von Zelda und F. Scott Fitzgerald aus der Sicht der Ehefrau.

Von Thomas Scholz

Modrig riecht es im amerikanischen Süden, während in Europa der Erste Weltkrieg tobt. Erdrückend und träge steht die Luft über der Stadt und dem Anwesen des Obersten Richters. Selbst die Kapriolen seiner Tochter können die aristokratische Würde der alteingesessenen Familie nicht erschüttern. Als "Southern Belle" hat sie Narrenfreiheit und kostet diese auch aus, indem sie beinahe systematisch die ungeschriebenen Gesetze ihres Standes bricht. Sie trinkt, raucht, fährt Motorrad, rafft die Röcke beim Tanzen viel zu hoch und sorgt dafür, dass ihr unzüchtiges Liebesleben noch von ihrem Ruf in den Schatten gestellt wird. Trotzdem sind die Heiratsanträge für den bezaubernden Lockenkopf reichlich, aber sie willigt ausgerechnet in den Antrag eines Yankees ein.

So wird Zelda Sayre die Frau von F. Scott Fitzgerald. Gemeinsam erfinden sie den Beruf des Berühmtseins, er dandyhaft und maßgeschneidert, sie extrovertiert und schrill, beide meistens betrunken. Der Starautor Amerikas und seine Südstaatenschönheit bieten der Welt, was auch heute noch die Titelseiten der Boulevardblätter füllt. Doch was sie einander zu bieten haben, das bleibt in dem Roman "Alabama Song" von Gilles Leroy so wunderbar schwer zu bestimmen, als steckte man selbst in dieser zerstörerischen Beziehung. Sicher ist nur, dass es keine Liebe ist, denn sie hätte unter dem Druck dieses bizarren Miteinanders früh zerbrechen müssen - an den Drogenexzessen, am Hass gegen den Ehemann, der seine talentierte Ehefrau unterdrückt, ihre Ideen stiehlt und sich damit schmückt; daran, dass sie ihre Liebe bei einem anderen findet, so echt und bedingungslos, wie es Zeldas verschrobene Psyche zulässt; an der gewaltsamen Trennung vom Liebhaber, dem Entzug der Tochter, der Zwangseinweisung in die Psychiatrie, den Elektroschocks und der von Fitzgerald veranlassten Lobotomie. Sie flüchtet in die Malerei, in den Tanz, in die platonische Liebe zur alternden Ballettmeisterin; doch nie flüchtet sie vollends vor ihm, der ihr Leben kontrolliert und ihr noch im Krankenhaus die Schreibmaschine vorenthält, damit sie sein versiegendes Talent nicht durch ihre Leistung bloßstellt.

Und so, wie sich Hass, Verbundenheit und Abhängigkeit im zuletzt kranken Geist der Tochter des Richters vermengen, mischt auch Gilles Leroy die Phasen ihres Lebens nach Belieben, lässt auf den Ball im Jahr 1918 die Therapiesitzung 1941 und darauf den Ehestreit aus 1925 folgen, reflektiert im Dialog mit dem Psychiater, nur um umgehend im inneren Monolog revidiert zu werden. Das Bild einer widersprüchlichen, äußerst komplexen Persönlichkeit baut er so fast mühelos auf, um es dann zu fragmentieren und schlussendlich mit seiner systematischen Zersetzung zu beginnen, der erst Zeldas frühzeitiger Tod ein Ende bereitet.

Wenn sie auf diesem Weg konstatiert, Männer seien wie "Krieger aus Kristall", und in einer Art Selbstdiagnose erkennt, dass das "böse Mädchen in mir ermüdet", dann tritt hier die anmutige Offenheit der Sprache Leroys zutage, welche die unkonventionelle Sichtweise der zerrütteten Schönheit aus Alabama noch intensiver macht. Aus dieser Eindrücklichkeit heraus verlassen wir Zelda nicht etwa im letzten Moment ihres Lebens, sondern auf einem elektrischen Tisch, des nächsten therapeutischen Stromschlags harrend. Doch Gilles Leroy, der für diesen Roman im letzten Jahr den Goncourt-Preis erhielt, lässt uns nicht in der Hilflosigkeit dieses Augenblicks zurück, sondern schließt mit zwei Kapiteln, die nicht mehr dem eigentlichen Roman angehören. Hier kommt der französische Autor selbst zu Wort, schildert die eigene emotionale Anteilnahme an Zeldas Leben während seiner Recherche und dividiert zu guter Letzt Fiktionales und Geschichtliches auseinander. Ein Schritt, durch den man selbst mit einem sanften Bedauern dem faszinierenden Mahlstrom der Fitzgeralds entkommen kann.

- Gilles Leroy "Alabama Song". Roman. Aus dem Französischen übersetzt von Xenia Osthelder. Verlag Kein & Aber, Zürich 2008. 236 S., geb., 19,90 [Euro].

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