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Numerous studies concerning transitional justice exist. However, comparatively speaking, the effects actually achieved by measures for coming to terms with dictatorships have seldom been investigated. There is an even greater lack of transnational analyses.
This volume contributes to closing this gap in research. To this end, it analyses processes of coming to terms with the past in seven countries with different experiences of violence and dictatorship. Experts have drawn up detailed studies on transitional justice in Albania, Argentina, Ethiopia, Chile, Rwanda, South Africa and Uruguay.…mehr

Produktbeschreibung
Numerous studies concerning transitional justice exist. However, comparatively speaking, the effects actually achieved by measures for coming to terms with dictatorships have seldom been investigated. There is an even greater lack of transnational analyses.

This volume contributes to closing this gap in research. To this end, it analyses processes of coming to terms with the past in seven countries with different experiences of violence and dictatorship. Experts have drawn up detailed studies on transitional justice in Albania, Argentina, Ethiopia, Chile, Rwanda, South Africa and Uruguay. Their analyses constitute the empirical material for a comparative study of the impact of measures introduced within the context of transitional justice.

It becomes clear that there is no sure formula for dealing with dictatorships. Successes and deficits alike can be observed in relation to the individual instruments of transitional justice - from criminal prosecution to victim compensation. Nevertheless, the South American states perform much better than those on the African continent. This depends less on the instruments used than on political and social factors. Consequently, strategies of transitional justice should focus more closely on these contextual factors.
Autorenporträt
Peter Hoeres and Hubertus Knabe, Julius-Maximilians-Universität of Würzburg, Würzburg, Germany.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.05.2023

Was kommt nach der Befreiung?
Schwierigkeiten bei der Überwindung von Diktaturen und der Aufarbeitung des Unrechts

Den Übergang von Gewalt- und Willkürherrschaft zu rechtsstaatlicher Demokratie richtig zu organisieren ist die große Herausforderung, vor der Staaten und Gesellschaften stehen, die ein autoritäres oder diktatorisches Regime hinter sich gelassen, einen Bürgerkrieg durchgemacht haben oder gar von einem Genozid betroffen waren und nun vor der schwierigen Aufgabe der Überwindung der anhaltenden oder jedenfalls noch fortwirkenden Folgen von schwerstem Unrecht stehen. Deren Opfer fordern mit Recht Aufklärung der begangenen (Regierungs-)Verbrechen, die strafrechtliche Verurteilung der dafür Verantwortlichen, materielle und/oder immaterielle Entschädigung und vor allem Garantien dafür, dass es keinen Rückfall in die Barbarei mehr geben wird. Eine gesamtgesellschaftliche Perspektive zielt dagegen auf Befriedung und Versöhnung und kann dabei in Konflikt mit den berechtigten Anliegen der Opfer geraten.

Muss hier jedes Land seinen eigenen Weg suchen und finden, oder lassen sich aus den historischen Erfahrungen mit der Praxis von transitional justice in verschiedenen Staaten und Kontinenten allgemeine Schlüsse ziehen, welche Instrumente unter welchen Rahmenbedingungen geeignet sind, Opfern wenigstens ein Mindestmaß an Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und zugleich zu politischer Stabilität sowie rechtsstaatlichen und demokratischen Verhältnissen beizutragen?

Der hier anzuzeigende Sammelband, der sieben jeweils demselben Analyseschema folgende Länderberichte (zu Äthiopien, Ruanda, Südafrika, Albanien, Argentinien, Chile und Uruguay) enthält, die von einer historischen Einführung (Hoeres) und einer vergleichenden Auswertung (Knabe) gerahmt werden, präsentiert die Ergebnisse eines Würzburger Forschungsprojekts, das sich der Frage gewidmet hat, welche Instrumente der Vergangenheitsbewältigung sich in den vergangenen Jahrzehnten bewährt haben.

Tatsächlich sieht die Abfolge der Maßnahmen - bei aller kontextabhängigen Varianz im Einzelnen - häufig wie folgt aus: Dem freiwilligen oder erzwungenen Macht- und Elitenwechsel folgen die Freilassung politischer Gefangener und die gleichzeitige Amnestierung aller oder jedenfalls der meisten Täter. Nach einer politischen Konsolidierung werden auf Druck von besonders engagierten Opfer- und Menschenrechtsgruppen Wahrheitskommissionen und/oder Gerichte zur Ermittlung und/oder strafrechtlichen Ahndung von Verbrechen tätig und erste Entschädigungen für einzelne Opfergruppen geleistet. Früher gewährte Amnestien und Immunitäten werden teilweise zurückgenommen und damit der Weg für Strafverfolgung in einigen Fällen geebnet. Schließlich werden Entschädigungsleistungen hinsichtlich des Begünstigtenkreises und ihres Umfangs ausgeweitet und eine Erinnerungspolitik etabliert.

Der menschenrechtliche Fokus richtet sich zumeist auf Fragen der strafrechtlichen Verfolgung und alternativer Methoden der Aufarbeitung der Verbrechen, etwa durch Wahrheitskommissionen wie in Südafrika nach dem Ende des Apartheidregimes. Aber Fragen der Restitution und der Rehabilitation, der Anerkennung und - soweit möglich - des Ausgleichs erlittenen Unrechts sowie die Pflege der Erinnerung an die Verbrechen sind nicht weniger wichtig.

Die strafrechtliche Verfolgung und Ahndung jedenfalls der schwersten Verbrechen ist dabei, das zeigt der Ländervergleich, unverzichtbar, zur Sühne, aber auch als vertrauensbildende Maßnahme, um die Ernsthaftigkeit der Umkehr zu signalisieren. Dafür müssen allerdings rechtliche Hindernisse beseitigt, etwa das Rückwirkungsverbot eingeschränkt werden (vergleiche Art. 7 Abs. 2 EMRK). Bei Massenverbrechen mit einer großen Zahl an Beteiligten wie dem Genozid in Ruanda stößt die Strafjustiz indes an kapazitäre Grenzen. Amnestien oder Straferlasse können sinnvoll sein und befriedend wirken, wenn sie nicht eine Kultur der Straflosigkeit befördern, sondern gezielt und begrenzt zur Anwendung kommen. Die Erfahrungen mit dem alternativen Weg der Wahrheitskommission, der in Südafrika beschritten wurde, sind eher ernüchternd. Viele, auch schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen wurden weder öffentlich verhandelt noch strafrechtlich verfolgt, und auch die erhoffte gesellschaftliche Aussöhnung wurde so nicht erreicht.

Die individuelle Strafverfolgung muss mit einer allgemeinen Aufklärung und historischen Aufarbeitung der Verbrechen einhergehen, die deren ganzes Ausmaß und die politischen Strukturen und Verhaltensmuster, die sie ermöglicht haben, in das gesellschaftliche Bewusstsein heben.

Große Bedeutung kommt den verschiedensten Formen der individuellen Wiedergutmachung zugunsten der Opfer zu, für die der Staat verantwortlich zeichnet: Wiederherstellung des Status quo ante (zum Beispiel Wiedereinstellung in den öffentlichen Dienst, Repatriierung von Exilanten); soweit dies unmöglich ist, stattdessen finanzielle Kompensation, aber auch Rehabilitierung durch Sozialleistungen und immaterielle Genugtuung. All dies erfolgt häufig, wenn überhaupt, erst mit erheblicher Verzögerung und unzureichend, was viele Opfer oder deren Angehörige unbefriedigt zurücklässt.

Wiedergutmachung schließt Gedenkfeiern und Ehrungen für die Opfer und eine darüber hinausgehende, dem Vergessen und Verdrängen entgegenwirkende staatliche und gesellschaftliche Erinnerungskultur ein, die im räumlichen wie im übertragenen Sinne feste, authentische und glaubwürdige Orte des Gedenkens braucht.

Letztlich geht es bei allen Instrumenten und Methoden von transitional justice darum, zu verhindern, dass sich vergleichbare Verbrechen und das, was dafür ursächlich war, noch einmal ereignen könnten. Das allerwichtigste Heilmittel ist daher der Aufbau verlässlicher staatlicher Institutionen und einer gewaltenteilenden politischen Ordnung, zu der insbesondere eine unabhängige Justiz, aber auch freie Medien gehören. Nur so kann wirksam und nachhaltig ausgeschlossen werden, dass Rechtsstaatlichkeit und Demokratie ephemere Erscheinungen bleiben, die erneut von autoritärer oder gar totalitärer Herrschaft abgelöst werden, unter der Gewalt und Unrecht regieren. CHRISTIAN HILLGRUBER

Peter Hoeres/Hubertus Knabe (Hrsg.): After Dictatorship. Instruments of Transitional Justice in Post-Authoritarian Systems.

De Gruyter Oldenbourg Verlag, Berlin 2023. 566 S., 89,95 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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